Kitabı oku: «Das beste von Nikolai Gogol», sayfa 16

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III

Das Gut Pan Danilos liegt zwischen zwei Bergen in einem engen Tale, das zum Dnjepr hinunterführt. Nicht groß ist das Haus: wie die Hütte des einfachen Kosaken sieht es von außen aus und hat bloß eine Stube; es ist aber genug Raum darin für ihn, für sein Weib, für die alte Magd und für die zehn ausgewählten Burschen. An den Wänden entlang ziehen sich oben eichene Borde hin. Viele Schüsseln und Kochtöpfe stehen darauf, auch silberne Becher und goldene Pokale, sowohl geschenkte wie auch im Kriege erbeutete. Unter den Borden hängen an den Wänden kostbare Musketen, Säbel, Gewehre und Lanzen; willig und gegen Willen sind sie aus den Händen der Tataren, Polen und Türken in die Hände Pan Danilos gekommen; darum ist auch manche Scharte an ihnen zu sehen. Wenn er sie anschaut, kann er sich aller seiner Gefechte erinnern. Unten an den Wänden entlang lauf en glattgehobelte eichene Bänke; vor der Ofenbank hängt an Stricken, die durch einen Ring an der Decke gezogen sind, die Wiege. In der ganzen Stube ist der Fußboden glatt gestampft und mit Lehm bestrichen. Auf den Bänken schläft Pan Danilo mit seiner Frau, auf der Ofenbank die alte Magd; in der Wiege spielt und schläft das kleine Kind; auf dem Fußboden nächtigen die Burschen. Der Kosak schläft am liebsten auf der bloßen Erde unter freiem Himmel; er braucht weder Kissen noch Federbett: er bettet sich frisches Heu unter den Kopf und streckt sich im Grase aus. Er liebt es, wenn er nachts erwacht, den hohen gestirnten Himmel zu sehen und vor der nächtlichen Kühle, die seine Kosakenknochen erfrischt, zu erschauern; er dehnt und reckt sich, murmelt etwas im Schlafe, steckt sich seine Pfeife an und wickelt sich fester in seinen warmen Pelz.

Es war nicht mehr früh, als Burulbasch nach dem gestrigen Trinkgelage erwachte; als er aufgestanden war, setzte er sich auf die Bank in die Ecke und begann einen türkischen Säbel, den er vor kurzem eingetauscht hatte, zu schleifen; Pani Katerina stickte indessen ein seidenes Tuch mit goldenen Fäden.

Plötzlich trat Katerinas Vater in die Stube. Verdrießlich und finster, mit einer ausländischen Pfeife zwischen den Zähnen ging er auf seine Tochter zu und begann sie streng auszufragen, warum sie gestern so spät nach Hause gekommen sei.

»Darüber sollst du, Schwäher, mich und nicht sie befragen! Nicht die Frau, der Mann hat Antwort zu stehen! So ist es einmal Sitte bei uns, nimm es mir nicht übel!« antwortete Danilo, immer noch seinen Säbel schleifend. »Vielleicht sind in manchen heidnischen Ländern andere Sitten – das weiß ich nicht.«

Das mürrische Gesicht des Schwähers färbte sich rot, und seine Augen funkelten wild. »Wer soll denn sonst auf die Tochter aufpassen, wenn nicht der Vater?« murmelte er vor sich hin. »Dich frage ich jetzt: wo hast du dich so spät bei Nacht herumgetrieben?«

»Das ist etwas anderes, teurer Schwäher! Darauf will ich dir sagen, daß ich schon lange nicht mehr in dem Alter bin, wo man von Weibern in Windeln gewickelt wird. Ich verstehe im Sattel zu sitzen, auch mit dem scharfen Säbel umzugehen, und noch manches andere verstehe ich … Ich verstehe es auch, niemandem darüber, was ich tue, Rechenschaft zu geben.«

»Ich sehe, Danilo, ich weiß es, du suchst Hader! Wer heimlich tut, der hat gewiß böse Absichten.«

»Du kannst dir denken, was dir gefällt«, erwiderte Danilo. »Auch ich habe meine Gedanken. Ich war noch, Gott sei Dank, an keiner unehrlichen Tat beteiligt; immer stand ich für unseren rechten Glauben und für die Heimat ein; nicht so wie manche Landstreicher, die sich Gott weiß wo herumtreiben, während die rechtgläubigen Christenmenschen ihr Blut verspritzen, und die später herkommen, um das Korn zu ernten, das sie gar nicht gesät haben. Sie sind sogar schlechter als die Unierten: niemals blicken sie in die Kirche Gottes hinein. Solche Leute sollte man doch ordentlich ins Gebet nehmen und befragen, wo sie sich herumgetrieben haben.«

»He, Kosak! Weißt du … Ich schieße schlecht; bloß auf hundert Klafter trifft meine Kugel das Herz; ich fechte nicht viel besser: ich haue den Menschen in Stücke, die viel, viel kleiner sind als die Körner, aus denen man Brei kocht.«

»Ich bin bereit«, sagte Pan Danilo und schwang seinen Säbel kühn durch die Luft, als hätte er schon früher gewußt, wozu er ihn geschliffen.

»Danilo!« schrie Katerina auf, ihn bei der Hand packend und sich an ihn hängend. »Bedenke doch, du Wahnsinniger, gegen wen du die Hand erhebst! Vater, dein Haar ist schneeweiß, und doch erhitzt du dich wie ein dummes Kind!«

»Weib!« rief Pan Danilo drohend. »Du weißt, ich mag das nicht leiden; kümmere dich um deine Weibergeschäfte!«

Furchtbar klirrten die Säbel. Eisen schlug gegen Eisen, die Funken sprühten über den Kosakenköpfen wie Staub. Weinend lief Katerina in die Kammer, warf sich aufs Bett und hielt sich die Ohren zu, um das Säbelgeklirr nicht zu hören. Die Kosaken fochten aber nicht so schlapp, daß man das Waffengeklirr auf diese Weise ersticken könnte. Katerinas Herz wollte in Stücke springen; sie hörte in ihrem ganzen Körper die Säbelhiebe.

»Nein, ich halte es nicht aus, ich halte es nicht aus … Vielleicht springt schon ein Blutquell aus dem weißen Leibe; vielleicht ist schon mein Liebster ohnmächtig, und ich liege noch hier!« Ganz bleich und schwer atmend ging sie wieder in die Stube.

Gleichmäßig und furchtbar fochten die Kosaken; keiner von ihnen konnte den anderen bezwingen. Bald dringt Katerinas Vater vor, und Pan Danilo weicht zurück; bald dringt Pan Danilo vor, und der finstere Vater muß zurückweichen, und sie stehen beide wieder gleich. Es kocht. Sie holen aus … Hui, wie die Säbel klirren … Zerbrochen fliegen die beiden Klingen auf die Seite.

»Gott, ich danke dir!« sagte Katerina und schrie gleich wieder auf: sie sah, daß die Kosaken nach den Musketen griffen. Sie richteten die Feuersteine und spannten die Hähne.

Pan Danilo schoß und traf nicht. Jetzt zielte der Vater … Er war alt und sah nicht so scharf wie ein Junger, und doch zitterte seine Hand nicht. Der Schuß krachte … Pan Danilo wankte, hellrotes Blut färbte den linken Ärmel seines Kaftans.

»Nein«, rief er aus. »So billig verkaufe ich mein Leben nicht. Der rechte Arm und nicht der linke ist der Herr. Ich habe an der Wand eine türkische Pistole hängen: noch nie im Leben ist sie mir untreu gewesen. Komm von der Wand herab, alter Kamerad! Erweise dem Freund einen Dienst!« Danilo streckt die Hand nach der Pistole aus.

»Danilo!« rief Katerina verzweifelt aus. Sie ergriff seinen Arm und warf sich ihm zu Füßen. »Nicht für mich fleh’ ich dich an. Meinem Schicksal entrinne ich nicht: unwürdig ist das Weib, das den Tod des Mannes überlebt; der Dnjepr, der kühle Dnjepr wird mein Grab sein … Aber schau deinen Sohn an, Danilo! Schau deinen Sohn an! Wer wird das arme Kind in seinen warmen Arm nehmen? Wer wird es liebkosen? Wer wird es lehren, auf einem rabenschwarzen Rosse dahinzufliegen, für Freiheit und Glauben zu kämpfen, zu trinken und zu zechen wie ein wahrer Kosak? Geh zugrunde, mein Sohn, verdirb! Dein Vater will nichts von dir wissen! Schau, wie er sein Gesicht von dir wendet. Ja, jetzt kenne ich dich! Du bist ein Tier und kein Mensch. Du hast ein Wolfsherz und den Sinn der listigen Schlange! Ich dachte, daß du ein Tröpflein Erbarmen hast, daß in deinem steinernen Leibe ein Funke menschlichen Gefühls glimmt! Wie wahnsinnig habe ich mich getäuscht! Das wird dir nur Freude bringen. Deine Knochen werden im Grabe vor Freude tanzen, wenn die verruchten Polen deinen Sohn ins Feuer werfen, wenn dein Sohn unter dem Messer oder in siedendem Wasser liegt und schreit. Ja, ich kenne dich! Dann wirst du froh sein, aus dem Grabe aufzustehen und mit der Mütze das Feuer anzufachen, das unter ihm lodert!«

»Halt, Katerina! Komm her, teurer Iwan, laß dich küssen! Nein, mein Kind, niemand soll dir ein Haar krümmen. Du wirst zum Ruhme deiner Heimat aufwachsen; wie der Sturmwind wirst du an der Spitze deiner Kosaken dahinfegen, mit einer Samtmütze auf dem Kopfe, mit einem scharfen Säbel in der Hand. Vater, gib mir die Hand! Wollen wir, was gewesen, vergessen! Wenn ich vor dir etwas verbrochen habe, so will ich meine Schuld bekennen. Aber warum gibst du mir nicht die Hand?«

So sprach Danilo zu Katerinas Vater, der immer noch auf einem Fleck stand und dessen Gesicht weder Zorn noch Versöhnung zeigte.

»Vater!« rief Katerina. Sie umarmte und küßte ihn. »Vater, sei nicht unerbittlich, verzeihe Danilo, er wird dir keinen Kummer mehr bereiten!«

»Nur dir zu Gefallen, Tochter, vergebe ich ihm!« erwiderte er mit seltsam funkelnden Augen und küßte sie.

Katerina fuhr leicht zusammen: so seltsam kamen ihr sein Kuß und das Funkeln seiner Augen vor. Sie lehnte sich gegen den Tisch, auf dem ihr Gemahl seinen verwundeten Arm verband. Danilo sagte sich aber, daß er schlecht und nicht nach Kosakenart gehandelt habe, als er um Vergebung gebeten, ohne sich einer Schuld bewußt zu sein.

IV

Ein neuer Tag brach an, doch ein Tag ohne Sonne: der Himmel war trüb, und ein feiner Regen ging auf die Felder, Wiesen, Wälder und den breiten Dnjepr nieder. Pani Katerina erwachte, aber nicht freudig war ihr Erwachen: ihre Augen waren verweint, und es war ihr so traurig und unruhig zumute. »Mein Mann, mein lieber Mann! Einen wunderlichen Traum habe ich gehabt!«

»Was für einen Traum, meine liebe Pani Katerina?«

»Der Traum war so wunderlich und dabei so lebhaft, als ob ich wachte. Mir träumte, mein eigener Vater sei jenes Ungeheuer, das wir beim Hauptmann gesehen haben. Aber ich bitte dich, trau dem Traume nicht: man träumt doch allerhand Unsinn! Mir träumte, ich stand vor ihm, zitterte vor Entsetzen, und bei jedem Worte aus seinem Munde stöhnte mir jede Ader im Leibe. Wenn du nur gehört hättest, was er sprach…«

»Was sprach er denn, meine goldene Katerina?«

»Er sprach: ›Schau mich an, Katerina, ich bin doch schön! Mit Unrecht sagen die Leute, ich sei häßlich. Ich werde dir ein gar trefflicher Mann sein. Schau nur, wie meine Augen blicken!‹ Mit diesen Worten richtete er seinen flammenden Blick auf mich, ich schrie auf und erwachte.«

»Ja, Träume sagen manches Wahre. Weißt du übrigens, daß es hinter dem Berge nicht mehr so ruhig ist? Ich glaube gar, die Polen haben sich wieder gezeigt. Gorobetz ließ mir ansagen, ich solle wachsam sein. Er macht sich unnütze Sorgen: ich schlafe auch ohnehin nicht. Meine Burschen haben in dieser Nacht zwölf Schanzen errichtet. Wir wollen die Herren von der Reichsversammlung mit Pflaumen aus Blei empfangen, und die königliche Schlachta soll unter unseren Peitschen tanzen.«

»Weiß mein Vater davon?«

»Er sitzt mir auf dem Halse, dein Vater! Ich kann ihn bis zur Stunde nicht ergründen. Er hat wohl nicht wenig Sünden in den fremden Ländern begangen. Wahrlich, was mag das für einen Grund haben: er lebt hier schon einen Monat und war noch nie lustig, wie es einem Kosaken ziemt! Er weigerte sich, Met zu trinken! Hörst du, Katerina, er wollte nicht den Met trinken, den ich den Brester Juden abgenommen habe! He, Bursche!« rief Pan Danilo. »Lauf, mein Junge, in den Keller und bring mir vom jüdischen Met! Nicht mal Schnaps will er trinken! Verflucht! Mir scheint, Pani Katerina, daß er an unseren Heiland nicht glaubt. He? Wie gefällt dir das?«

»Gott weiß, was du sprichst!«

»Es ist doch wirklich seltsam, Pani!« fuhr Danilo fort, den tönernen Krug aus der Hand des Kosaken nehmend. »Selbst die Katholiken trinken Schnaps; nur die Türken trinken keinen. Was, Stetzko, hast du im Keller einen ordentlichen Schluck Met genommen?«

»Ich habe nur einen Tropfen gekostet, Pan!«

»Du lügst, Hundesohn! Ich sehe ja, wie die Fliegen über deinen Schnurrbart hergefallen sind! Deinen Augen sehe ich an, daß du einen halben Eimer ausgesoffen hast. Ach, diese Kosaken! Was das für ein tolles Volk ist! Alles gibt er dem Freunde her, aber den Schnaps trinkt er immer ganz allein aus. Ich war ja schon lange nicht mehr berauscht, Pani Katerina. Nicht wahr?«

»Das nennst du lange! Und am vorigen …«

»Fürchte nicht, fürchte nicht, ich trinke nicht mehr als diesen einen Krug. Da kommt ja schon der türkische Abt!« sagte er durch die Zähne, als er den Schwäher erblickte, der sich bückte, um durch die Tür zu kommen.

»Was soll das heißen, meine Tochter?!« sagte der Alte, indem er sich die Mütze vom Kopfe nahm und seinen Gürtel, an dem ein Säbel mit seltsamen Steinen hing, zurechtrückte. »Die Sonne steht schon hoch, und noch ist dein Mittagessen nicht fertig.«

»Das Mittagessen ist fertig, Pan Vater, gleich werden wir es auftragen. Hol die Schüssel mit den Klößen aus dem Ofen!« sagte Pani Katerina zu der alten Magd, die das Holzgeschirr abwischte. »Wart, ich hol’ sie lieber selbst. Ruf du die Burschen.«

Alle setzten sich im Kreise auf den Boden: der Vater der Wand mit den Heiligenbildern gegenüber, Pan Danilo ihm zur Linken, Pani Katerina ihm zur Rechten; dann folgten die zehn der allertreuesten Burschen in blauen und gelben Kaftans.

»Ich mag diese Klöße nicht!« sagte der Vater, nachdem er ein wenig gegessen und dann den Löffel weggelegt hatte. »Sie haben gar keinen Geschmack!«

– Ich weiß, daß dir Judennudeln besser schmecken –, dachte Danilo bei sich. »Warum sagst du, Schwäher,« fuhr er laut fort, »daß die Klöße keinen Geschmack haben? Sind sie denn schlecht zubereitet? Meine Katerina macht solche Klöße, wie sie selbst der Hetman selten zu essen bekommt. Man soll doch Klöße nicht verschmähen: es ist eine christliche Speise! Alle Heiligen und alle gottgefälligen Leute haben stets Klöße gegessen.«

Der Vater versetzte kein Wort; auch Pan Danilo verstummte.

Nach den Klößen wurde ein gebratener Eber mit Kraut und Pflaumen aufgetragen. »Ich mag kein Schweinefleisch!« sagte Katerinas Vater, indem er das Kraut allein aus der Schüssel herausholte.

»Wie kann man kein Schweinefleisch mögen?« sagte Danilo. »Nur die Türken und Juden essen kein Schweinefleisch.«

Noch finsterer blickte der Vater.

Er nahm sich nur etwas vom Mehlbrei mit Milch und trank statt des Schnapses von einem schwarzen Wasser, das er in einer Flasche am Busen trug.

Nach dem Essen legte sich Danilo hin und schnarchte bis zum Abend. Als er erwachte, setzte er sich an den Tisch und schrieb Botschaften an das Kosakenheer; Pani Katerina saß indes auf der Ofenbank und schaukelte mit dem Fuße die Wiege. So sitzt Pan Danilo da, blickt mit dem linken Auge auf das Papier und mit dem rechten nach dem Fenster. Er sieht draußen die Berge und den Dnjepr schimmern; hinter dem Dnjepr blauen die Wälder; über den Wäldern strahlt der heitere Abendhimmel in mildem Glanz. Pan Danilo ergötzt sich aber weder am fernen Himmel noch am blauen Walde: er blickt auf die vorspringende Landzunge, auf der das alte Schloß dunkel in die Luft ragt. Es ist ihm, als ob im Schlosse ein schmales Fensterchen aufleuchte. Aber alles ist still; es ist ihm wohl nur so vorgekommen. Man hört nur unten dumpf den Dnjepr rauschen und die Schläge der plötzlich erwachten Wellen an drei Seiten hintereinander widerhallen. Der Strom ist nicht in Aufruhr; er brummt nur und murrt wie ein mürrischer Greis; nichts will ihm gefallen, alles hat sich hier so verändert; still kämpft er gegen die Berge, Wälder und Wiesen auf seinen Ufern und trägt seine Klagen gegen sie ins Schwarze Meer.

Da erscheint plötzlich mitten im Dnjepr ein schwarzes Boot, und im Schlosse leuchtet es wieder auf. Danilo tut einen leisen Pfiff, und auf den Pfiff kommt der treue Bursche gelaufen. »Nimm, Stetzko, rasch einen scharfen Säbel und eine Büchse und folge mir!«

»Du gehst fort?« fragte Pani Katerina.

»Ich gehe, Frau. Ich muß nachsehen, ob alles in Ordnung ist.«

»Ich fürchte mich, allein zu bleiben. Mich überkommt der Schlaf; wie, wenn ich heute wieder denselben Traum habe? Ich weiß sogar nicht sicher, ob es nur Traum war – so lebendig sah ich alles!«

»Die Alte bleibt bei dir; und im Hausflur und im Hofe schlafen die Kosaken.«

»Die Alte ist schon eingeschlafen, und den Kosaken vertraue ich nicht sehr. Höre, mein Pan Danilo, schließe mich in der Kammer ein und nimm den Schlüssel zu dir. Dann werde ich mich nicht so sehr fürchten; die Kosaken sollen aber vor der Tür schlafen.«

»Es sei, wie du sagst!« erwiderte Danilo, indem er den Staub von der Büchse wischte und Pulver auf die Pfanne schüttete.

Der treue Stetzko stand schon in seiner ganzen Kosakenrüstung fertig da. Danilo setzte die Lammfellmütze auf, schloß das Fenster, verriegelte die Tür, drehte den Schlüssel um und ging zwischen den schlafenden Kosaken leise hinaus, den Bergen zu.

Der Himmel hatte sich fast völlig aufgeheitert. Ein frischer Wind wehte kaum wahrnehmbar vom Dnjepr herüber. Nur das Stöhnen der Möwe störte allein die Grabesstille. Doch plötzlich vernahm man ein Rascheln … Burulbasch versteckte sich mit seinem treuen Diener leise hinter den Dornenbüschen, die einen Verhau verdeckten. Jemand, in rotem Kaftan, mit zwei Pistolen im Gürtel und einem Säbel an der Seite, kam vom Berge herab. – »Es ist der Schwäher!« sagte Pan Danilo, aus dem Busch hervorlugend. »Wohin und wozu mag er wohl um diese Stunde gehen? Sei auf der Hut, Stetzko, paß gut auf, welchen Weg der Herr Vater nehmen wird.« Der Mann im roten Rock kam zum Ufer herab und ging auf die Landzunge zu. »Ach so, da geht er also hin!« sagte Pan Danilo. »Was meinst du, Stetzko, geht er nicht geradeswegs zum Neste des Zauberers?«

»Ja, gewiß an keinen anderen Ort, Pan Danilo! Sonst würden wir ihn auf jener Seite wieder herauskommen sehen; er ist aber dicht vor dem Schlosse verschwunden.«

»Wart, wir wollen von hier herauskriechen und dann seinen Spuren nachgehen. Es muß wohl etwas dahinterstecken. Nein, Katerina, ich hab’s dir doch gleich gesagt, daß dein Vater kein guter Mensch ist; sein ganzes Gebaren ist nicht wie das eines rechtgläubigen Christen.«

Schon stehen Pan Danilo und sein treuer Bursche auf der Landzunge. Und schon sind sie wieder verschwunden: der dichte Wald, der das Schloß umgibt, hält sie verborgen. Schwach schimmert ein Fenster im Obergeschoß; unten stehen die Kosaken und überlegen, wie sie eindringen können: sie sehen weder Tor noch Tür; der Zugang ist wohl vom Hofe aus, aber wie kommt man in den Hof? Sie hören von ferne Ketten rasseln und Hunde umherlaufen.

»Was überlege ich noch lange?« sagte Pan Danilo, als er eine hohe Eiche vor dem Fenster erblickte. »Bleib hier, mein Junge! Ich will auf die Eiche steigen: von ihrem Wipfel werde ich ins Fenster schauen können.«

Er nahm seinen Gürtel ab, legte auch den Säbel weg, damit er nicht klirre, und stieg an den Ästen hinauf. Das Fenster war noch immer erleuchtet. Er setzte sich auf einen Ast dicht vor das Fenster, hielt sich mit einer Hand am Baumstamme fest und blickte hinein: im Zimmer brannte kein Licht, und doch war es darin hell. An den Wänden waren seltsame Zeichen gemalt; auch Waffen hingen an den Wänden, lauter wunderliche Waffen, wie sie weder Türken noch Krimer Tataren, weder Polen noch rechtgläubige Christen, noch die tapferen Schweden tragen. Unter der Decke flatterten Fledermäuse hin und her, und ihre Schatten huschten über die Wände, die Türen und die Dielenbretter. Nun ging, ohne zu knarren, die Tür auf. Ein Mann in rotem Rock kam herein und trat vor den Tisch, der mit einem weißen Tuche bedeckt war. »Er ist’s, der Schwäher!« Pan Danilo kletterte etwas tiefer hinunter und schmiegte sich noch fester an den Baumstamm.

Der Schwäher hatte aber nicht Zeit, darauf zu achten, ob jemand zum Fenster hineinblickte oder nicht. Finster und schlechter Laune trat er herein und riß das Tuch vom Tische: plötzlich war das ganze Zimmer von einem stillen, durchsichtigen, blauen Lichte durchflutet; die Wellen des blaßgoldenen Lichtes, das den Raum vorher erfüllt hatte, vermischten sich aber nicht mit diesem neuen bläulichen Lichte: sie fluteten wie in einem blauen Meere und verästelten sich wie die Adern im Marmor. Der Alte stellte auf den Tisch einen Topf und begann Kräuter hineinzuwerfen.

Pan Danilo blickte aufmerksamer hin und sah plötzlich den roten Rock nicht mehr; der Mann hatte jetzt weite Pluderhosen an, wie sie die Türken tragen; im Gürtel steckten Pistolen; auf dem Kopfe hatte er eine wunderliche Mütze, die mit seltsamen Zeichen bemalt war: es waren aber weder russische noch polnische Schriftzeichen. Er blickte ihm ins Gesicht – auch das Gesicht war verändert: die Nase war länger geworden und hing über die Lippen herab; der Mund dehnte sich in einem Augenblick bis an die Ohren; aus dem Munde guckte ein Hauer hervor und neigte sich zur Seite; vor ihm stand derselbe Zauberer, den er auf der Hochzeit beim Hauptmann gesehen hatte.

– Wahr ist dein Traum, Katerina! sagte sich Burulbasch.

Der Zauberer beginnt um den Tisch herumzugehen; die Zeichen an den Wänden verändern sich in einem fort, und die Fledermäuse huschen noch wilder und schneller auf und ab, hin und her. Das bläuliche Licht wird immer schwächer und ist beinahe ganz erloschen. Und die Stube ist jetzt von einem schwachen rosigen Schimmer erleuchtet. Das wunderbare Licht ergießt sich mit einem leisen Klingen über alle Winkel; plötzlich ist es verschwunden, und in der Stube ist es stockfinster. Man hört nur ein Rauschen, wie wenn der Wind in stiller Abendstunde singend über dem Wasserspiegel kreist und die silbernen Weiden tiefer ans Wasser drückt. Und Pan Danilo scheint es, als ob im Zimmer der Mond strahle und die Sterne flimmern; als ob ein dunkelblauer Himmel darin aufleuchte und ein kühler nächtlicher Hauch sein Gesicht berühre. Und dann scheint es Pan Danilo (nun zupfte er sich am Schnurrbart, um nachzuprüfen, ob es nicht ein Traum sei), als sähe er in der Stube keinen Himmel mehr, sondern sein eigenes Schlafgemach: er sieht seine eigenen tatarischen und türkischen Säbel hängen; an den Wänden entlang ziehen sich Borde mit Geschirr und Hausgerät; auf dem Tische stehen Brot und Salz; auch die Wiege hängt von der Decke herab … doch statt der Heiligenbilder starren ihn entsetzliche Fratzen an; und auf der Ofenbank … aber jetzt senkt sich ein Nebel über das Bild, und in der Stube wird es wieder finster. Und dann füllt sich der ganze Raum wieder mit wunderbarem Klingen und mit rosigem Lichte, und wieder steht der Zauberer in seinem seltsamen Turban mitten in der Stube. Das Klingen wird immer lauter und tiefer; das rosige Licht greller, und etwas Weißes, das einer Wolke gleicht, schwebt mitten in der Stube, und es scheint Pan Danilo, als sei die Wolke gar keine Wolke, als stünde eine Frau da; woraus ist sie aber gebildet? Ist sie nicht aus Luft gewebt? Warum steht sie so da, ohne die Erde zu berühren und ohne sich auf etwas zu stützen, während das rosige Licht und die Zeichen an der Wand durch sie hindurchschimmern? Da bewegt sie den durchsichtigen Kopf: still leuchten ihre blaßblauen Augen; die Locken fließen ihr wie ein hellgrauer Nebel über die Schultern; die Lippen sind blaßrot und gemahnen an die erste kaum sichtbare Morgenröte, die sich über den durchsichtigen weißen Morgenhimmel ergießt; die dunkeln Brauen sind kaum zu erkennen … Ach! Das ist ja Katerina! Und Danilo fühlte, wie seine Glieder erstarrten; er wollte etwas sagen, aber die Lippen bewegten sich lautlos.

Regungslos stand der Zauberer auf einem Fleck. »Wo bist du gewesen?« fragte er, und die Gestalt, die vor ihm stand, erbebte.

»Oh, warum hast du mich gerufen?« stöhnte sie leise. »Mir war so froh zumute. Ich war an der Stätte, wo ich zur Welt gekommen war und wo ich fünfzehn Jahre gelebt hatte. Oh, wie herrlich war’s da! Wie grün und duftig ist die Wiese, auf der ich als Kind gespielt habe! Auch die Feldblumen sind noch dieselben, auch unser Haus und Gemüsegarten! Wie herzlich umarmte mich meine gute Mutter! Wie liebevoll sah sie mich an! Sie herzte mich, sie küßte mich auf den Mund und auf die Wangen, sie kämmte meine blonden Locken mit einem dichten Kamm … Vater!« Sie richtete ihre blassen Augen auf den Zauberer.

»Vater, warum hast du meine Mutter ermordet?«

Der Zauberer drohte wütend mit dem Finger. »Bat ich dich denn, davon zu sprechen?« Die durchsichtige Schöne erbebte. »Wo ist jetzt deine Pani?«

»Meine Pani Katerina ist eben eingeschlafen, und ich flatterte freudig empor und flog davon. Schon lange wollte ich meine Mutter sehen. Ich war plötzlich wieder fünfzehn Jahre alt und so leicht wie ein Vöglein. Warum hast du mich gerufen?«

»Weißt du noch, was ich dir gestern gesagt habe?« fragte der Zauberer so leise, daß Pan Danilo es kaum hören konnte.

»Ich weiß es noch. Aber was gäbe ich wohl darum, um es wieder zu vergessen. Die arme Katerina! Sie weiß vieles von dem nicht, was ihre Seele weiß.«

– Das ist Katerinas Seele! – sagte sich Pan Danilo; aber er wagte noch immer nicht, sich zu rühren.

»Tu Buße, Vater! Ist es dir denn nicht entsetzlich, daß nach jedem deiner Morde die Toten aus den Gräbern steigen?«

»Du kommst schon wieder mit diesen Dingen!« unterbrach sie der Zauberer zornig. »Ich werde meinen Willen durchsetzen, ich werde dich zwingen, das zu tun, was ich von dir verlange. Katerina wird mich lieben! …«

»Du bist ein Ungeheuer und nicht mein Vater!« stöhnte sie. »Nein, du wirst deinen Willen nicht durchsetzen! Mit deinen höllischen Zauberkünsten kannst du freilich meine Seele heraufbeschwören, um sie zu quälen; aber nur Gott allein kann sie zwingen, ihm zu Willen zu sein. Nein, solange ich in ihrem Leibe bin, wird sich Katerina niemals zu einer so verruchten Tat entschließen. Vater! Die Stunde des Gerichts ist nahe! Und wenn du auch nicht mein Vater wärest, niemals würdest du mich zwingen können, meinem lieben, treuen Mann untreu zu werden. Und selbst wenn mir mein Mann nicht so lieb und treu wäre, würde ich ihn niemals betrügen: Gott liebt die meineidigen und treulosen Seelen nicht.«

Da richtete sie ihre blassen Augen auf das Fenster, hinter dem Pan Danilo saß, und starrte unverwandt hinaus …

»Wo schaust du hin? Wen siehst du dort?« schrie der Zauberer.

Das Luftgespenst Katerinas erbebte. Pan Danilo war aber schon längst wieder auf der Erde und schlich mit seinem treuen Stetzko in seine Berge. – Furchtbar, furchtbar! – sagte er zu sich selbst, und eine ungewohnte Angst erfüllte sein Kosakenherz. Bald war er wieder auf seinem Hofe, wo die Kosaken noch fest schliefen, außer einem einzigen, der die Pfeife rauchend Wache hielt. Der Himmel war ganz mit Sternen besät.

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13 kasım 2024
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9788026823018
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