Kitabı oku: «Es darf gelacht werden Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte»

Yazı tipi:

In Erinnerung an


Werner Schwier

(Mitte 1950er-Jahre)


Heinz Caloué

(1966)


Gert Mechoff

(1971)


Hartmut Neugebauer

(1990er-Jahre)

Nobert Aping

Es darf gelacht werden

Von Männern ohne Nerven und Vätern der Klamotte

Lexikon der deutschen TV-Slapstickserien Ost und West


Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Diese Publikation wurde durch die Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst, Bonn gefördert

Bisher sind von Norbert Aping im Schüren Verlag erschienen

Das Dick und Doof Buch (2004, 2. Auflage 2007)

Laurel und Hardy auf dem Atoll (2007)

Liberty Shtunk! Charlie Chaplin und die Nationalsozialisten (2011)

Charlie Chaplin in Deutschland 1914–1924. Der Tramp kommt ins Kino (2014)

Das kleine Dick und Doof Buch (2014, neu verfasste und aktualisierte Taschenbuchausgabe)

Schüren-Verlag GmbH

Universitätsstraße 55 · D-35037 Marburg

www.schueren-verlag.de

© Schüren 2021

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Fabian Ruhrländer

Gestaltung: Erik Schüßler

Umschlaggestaltung: Erik Schüßler unter Verwendung von Screenshots aus MÄNNER OHNE NERVEN und VÄTER DER KLAMOTTE (Vorderseite) und einem Foto aus ES DARF GELACHT WERDEN (Rückseite, © hr / Kurt Bethke)

ISBN Print 978-3-7410-0339-4

ISBN epub 978-3-7410-0136-9

Inhalt

Vorwort von Stephan Graf von Bothmer

Danksagung

Zu diesem Buch

Vom Kino zu den ersten Serien

Slapstickserien breiten sich aus

Verstreute Quellen

Neuer Ansatz und Inhalt

Ein langer Weg ins Fernsehen

I. Slapstick!

Europa

Eine Lanze für den US-Slapstick

Mack Sennett & Co.

Frauen im Slapstick

Slapstick in Deutschland

II. Stummfilm-Präsentation

Der Film-Erklärer

Musik und Stummfilm

III. Wiederbelebung

Walter Jerven und seine filmhistorische Sammlung

Ferdinand Althoffs Ur-Kino

Althoffs «Filmidyll»

Jervens GLANZ UND ELEND DER FLIMMERKISTE

Jervens Filmgeschichte der Fliegerei

IV. Aufbruch nach dem Zusammenbruch

Friedrich Martin

Werner Schwier

Kintopp anno dazumal

Exkurs: MENSCH, SO’N KINTOPP! EIN FERNSEHKABARETT

Charlie Chaplins Lachparade

Charly Dühlmeyer

Raritäten aus der Flimmerkiste leben weiter

… UND DAS IST AUCH GUT SO!

Gerd F. Reetz: RARITÄTEN AUS DER FLIMMERKISTE im Kino

Abkürzungsverzeichnis

Lexikonteil

Anhänge

1. Chronologie nach Serienbeginn

2. Ausländische Serien als Vorlagen, ARD- und ZDF-Serien in Österreich und der Schweiz

3. Fernsehschaffende und einige Firmen

4. Zuschauerforschung

5. Komiker und einige Produzenten

6. Walter Jerven und Ferdinand Althoff: Zensurentscheidungen

7. Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Vorwort Und die Musik?

Slapstick – Klamauk oder Kunst? Norbert Aping gehört zu den deutschsprachigen Experten des Slapsticks. Er hält die Erinnerung an dieses Genre wach und hilft, viele seiner Facetten wieder zu entdecken. Ich wünsche Ihnen viel Freude und erkenntnisreiche Lesestunden mit Norbert Apings neuem Werk. Es ist von einer Akribie, die ihresgleichen sucht, von einer Präzision, die fasziniert und von einer inneren Erkenntnis getragen, die mitreißt. Vielen Dank dafür! Hoch lebe die Kunst des Slapsticks!

Mein eigener Weg dorthin war allerdings nicht so einfach. Ich hatte lange nur Kunst mit ernstem Inhalt für ernste Kunst gehalten. Meine Welterkenntnis geht wie immer durch die Musik: Ich bekam den Auftrag, vier Laurel-Hardy-Filme neu zu vertonen und in der Komischen Oper Berlin ein Konzert mit diesem Programm zu geben. Leider fand ich die Filme – ich konnte sie nur auf einem winzigen Fernseher, der auf meinem Flügel stand, in denkbar schlechter VHS-Qualität sehen – gar nicht witzig. Was für eine Enttäuschung! Ich habe also die Filme seziert und mir vorgenommen, die Aufgabe rein kompositionstechnisch zu lösen: diese Entwicklung beginnt hier und endet dort, diesen Moment will ich betonen und so weiter. Ob ich das selbst lustig finde, steht auf einem anderen Blatt.

Ich gehe also auf die Bühne in der Komischen Oper, die Leinwand ist gigantisch, der Flügel ein Traum, der Saal prall gefüllt mit Menschen …

… Gespannte Stille …

… Der Film beginnt …

… Ich spiele …

Die Leute biegen sich vor Lachen. Sie kringeln sich auf den Stühlen. Auch ich falle fast von meiner Klavierbank vor Lachen. Wie kann das so unfassbar komisch sein? Wie kommen Laurel und Hardy auf diese abstrusen Ideen? Wie schaffen sie es, immer noch einen drauf zu setzen? Das ist so gut gemacht, wie konnte ich so unfassbar arrogant sein, Slapstick nicht für Kunst zu halten?

Ich habe an dem Abend etwas völlig anderes gespielt als zu Hause. Man muss dazu zwei Dinge über meine Kompositionsweise wissen: a) Ich komponiere Wirkungen und keine Noten: Wenn ich einen bestimmten Blick oder eine Geste betonen möchte, nehme ich mir genau das vor. Ich lasse aber offen wie ich das mache. Ich kann plötzlich laut spielen – aber auch plötzlich sehr leise, in Dur oder in Moll. b) Meine Komposition ist kein Schal, sondern ein Netz. Sie ist keine feste Abfolge von Tönen, sondern lässt immer Optionen, zwischen denen ich spontan wählen kann. Und jede Entscheidung führt zu weiteren Optionen.

Nehmen wir die Szene, in der Stan & Ollie einer Dame einen Weihnachtsbaum verkaufen wollen. Die Dame möchte aber keinen Weihnachtsbaum. Stan fragt, ob vielleicht ihr Ehemann einen Weihnachtsbaum kaufen möchte. Die Dame erwidert, sie hätte keinen Mann. «Wenn Sie einen Mann hätten, würde er einen Weihnachtsbaum kaufen?» Natürlich geht die Sache schief.

Welche der vielen musikalischen Möglichkeiten die Beste ist, steht gar nicht fest. Denn jedes Publikum tickt anders! Es ist wie schaukeln, die Bewegung alleine nützt nichts. Man muss seine Bewegungen genau auf die Bewegung der Schaukel abstimmen. So ist es auch mit der Filmmusik. Es geht nicht um die Frage «Welche Musik passt zum Film?» In Wirklichkeit geht es um die Frage: «Welche Musik passt zum Publikum?» Und diese Frage kann man nur mit dem Publikum und deshalb nur aus dem Moment heraus entscheiden. So schaukeln Publikum, Musik und Film sich in einer großen Rückkopplungsschleife gegenseitig hoch.

Die Musik kann bei Stan und seiner Idee sein oder bei der Dame, die schockiert ist. Die Musik kann aber auch beim Beobachter der Szene sein, der alles kommen sieht, bei der Hitze, bei Ollie, oder bei der grotesk nicht vorhandenen Weihnachtsstimmung.

Der musikalische Fortgang ändert sich mit der Entscheidung: Sehe ich das Unglück kommen, kann ich nicht überrascht sein, habe aber den Thrill, darauf zuzurasen. Eine völlig andere Musik, als wenn ich ganz bei Stan bin, der begeistert von der Idee ist – und falle um so tiefer, wenn es schief geht. Die Entscheidung ändert vor allem auch das Erlebnis des Zuschauers/Hörers.

Diese Entscheidungen lasse ich aber offen, bis ich auf der Bühne am Flügel sitze. Dann entscheide ich spontan und authentisch. Denn ich sehe im Film ja auch immer etwas anderes, bei jedem Konzert entdecke ich Zusammenhänge, die mir bisher noch gar nicht aufgefallen waren. So kann die Musik mit jedem Konzert komplexer werden und gleichzeitig die großen Linien finden.

Also auf zu vielen neuen Entdeckungsreisen mit dem Slapstick. Norbert Apings lebhafte Beschreibungen zeigen, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, das Vergnügen und Lachen gemeinsam zu genießen, das uns die Komiker geschenkt haben.

Berlin im November 2020

Stephan Graf von Bothmer

Danksagung

Ohne Hilfe geht es einfach nicht! Viele freundliche Menschen haben mir, ohne zu zögern, geholfen. Ohne Heinz Caloués Freundschaft und seine Arbeitsunterlagen, die er mir hinterlassen hat, hätte ich nicht hinter die Kulissen seiner ZDF-Slapstickserien blicken können. Dafür kann ich ihm wahrscheinlich nicht genug danken.

Die Nachlässe von Conny Schumann, Konrad Elfers und Charly Dühlmeyer haben zur Beleuchtung von Hintergründen im besonderen Maße beigetragen. Mein herzlicher Dank geht an Jutta Gries, Marianne Eckart und Christine Dühlmeyer.

Das gilt auch für die Kulturschaffenden und ihre Hinterbliebenen, die sich die Zeit genommen haben, geduldig meine Fragen zu beantworten: Helga Bernetti, Hans-Jürgen Diedrich, Wolfgang Draeger, Eckart Dux, Hanns Eckelkamp, Delle Haensch, Wolfgang F. Henschel, Wolfgang Hess, Bruno Joas, Jiří Kanzelsberger, Marlies Kirchner, Lily Köhler, Rudolf Krause, Ernst Liesenhoff, Gert K. Müntefering, Hartmut Neugebauer, Hans Posegga, Dr. Gert Rabanus, Peter Schirmann, Dr. Reinhold G. Schuenzel, Eberhard Storeck, Heinz Sturm, Andrea Wagner und Thomas Wagner. Leider sind einige von ihnen im Laufe von 24 Jahren, die seit den ersten Interviews im Jahr 1996 vergangen sind, verstorben. Meine Gedanken sind bei ihnen.

Angelika Goergey (Zimmermann) hat mich seit Ende der 1990er-Jahre, als sie noch bei der KirchGruppe tätig war, immer wieder tatkräftig unterstützt. Ich danke ihr herzlich für Ihre Freundschaft und ihren kreativen Einfallsreichtum.

Steve Massa, Slapstickspezialist par excellence, hat mir im besonderen Maße geholfen, wenn es galt, abgelegene Filme zu identifizieren und Lücken zu schließen. Auch dieses Mal hatte Professor Dr. Ulrich Rüdel wertvolle filmhistorische Hinweise parat. Rolf Aurich hat mir Informationen gegeben, Fotos überlassen und den Kontakt zu Heinrich Lewinski vermittelt, der mir Materialien zur Verfügung gestellt hat. Ohne Rolf Aurichs Hinweis auf die Akten der HR-Intendanz wäre mir der Hintergrund der zweiten Staffel von ES DARF GELACHT WERDEN und wohl auch der Zusammenhang mit den 1965 und 1966 im Regionalprogramm des HR gesendeten Folgen der COMEDY CAPERS verborgen geblieben. Die Larry-Semon-Expertin Dr. Claudia Sassen half, Semon-Rätsel zu lösen. Richard M. Roberts verdanke ich Informationen über Jack Saunders’ Tätigkeiten vor seinen Slapstickserien sowie über den ungefähren Umfang der Serie THE LAUGH-A-BITS. Dr. Günter Krenn hat mir eine Spur zu einigen Folgen der WWF-Serie THEO LINGEN PRÄSENTIERT aufgezeigt und Hans-Peter Blechinger mir ihre Besichtigung ermöglicht. Stephan Graf von Bothmer war spontan bereit, das Vorwort zu verfassen. Mein Freund Rainer Dick hat mich vor rund zwanzig Jahren auf mehreren Recherchereisen begleitet. Gemeinsam haben wir am 15. November 1997 Heinz Caloué interviewt. An sie alle geht mein herzlichster Dank!

Besondere Unterstützung und großzügige Hilfe habe ich im Deutschen Rundfunkarchiv (Standorte Frankfurt am Main und Potsdam-Babelsberg) erfahren. Ich danke aufs Herzlichste Dr. Jörg-Uwe Fischer, Susan Geißler, Susanne Hennings, Karin Langer und Christina Voigt. Gleiches gilt für Christof Schöbel (Deutsches Filminstitut und Filmmuseum, Frankfurt am Main), Dr. Veit Scheller (Unternehmensarchiv des ZDF) sowie Cordula Döhrer (Bibliothek der Stiftung Deutsche Kinemathek e.V., Berlin) und Ute Klawitter (Bundesarchiv-Filmarchiv, Berlin-Lichterfelde).

Unterstützt haben mich außerdem: Cindy Hesse (Hans-Bredow-Institut, Hamburg), Sabine Rittner (Historisches Archiv des BR), Hans Hauptstock, Bettina Kuhlmann, Petra Witting-Nöthen (allesamt: Historisches Archiv des WDR), Sabine Jansen (Unternehmensarchiv des HR), Andreas Gumz (Unternehmensarchiv des NDR), Barbara Kerb (Multimediales Archiv des ORF, Wien), Dr. Christian Vogg (Dokumentation und Archive des SRF). Schon vor Jahren konnte ich mit Unterstützung von Inge Kempenich, Christa Brück und Dr. Christiane Heinemann (Hessisches Hauptstaatsarchiv), allesamt Wiesbaden, Akten der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und der Filmbewertungsstelle sichten und auswerten. Ihnen allen danke ich ebenfalls ganz besonders.

Meine Lebensgefährtin Marlies Paske hat mein Manuskript geduldig gegengelesen. Dadurch hat sie mich vor vielen Fehlern bewahrt und Sätze verhindert, die dann doch etwas zu lang waren. Für ihre enorme Hilfe und all die Unterstützung, die sie mir ohnehin gegeben hat, danke ich ihr ganz besonders herzlich.

Der Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst, Bonn, danke ich sehr für die Förderung. Wie auch bei meinen vorangegangenen Büchern war die Zusammenarbeit mit meiner Verlegerin Dr. Annette Schüren und dem Gestalter Erik Schüßler vorbildlich. Chapeau!

Norbert Aping

Zu diesem Buch

Es fing alles ganz harmlos an. In den 1980er-Jahren hatte ich mir einen Atari gegönnt, und das war der endgültige Abschied von der Schreibmaschine. Als Liebhaber von Slapstickserien schaute ich regelmäßig in die Hörzu, die seit 1960 neben dem Fernseher lag. Und manchmal, ziemlich sporadisch, notierte ich mir auf Karteikarten etwas dazu, ohne dass es dabei ein System gab. In den 1990er-Jahren begann ich meine Recherchen zu Laurel und Hardy in Deutschland, und dabei rückten die TV-Serien in den Fokus. Alles, was ich dazu finden konnte, floss in eine Datei ein. Da der Schwerpunkt auf den beiden Komikern lag, ging es vor allem um ihre Filme. Was ich darüber hinaus erfuhr, hielt ich aber weiterhin fest. Nach der Veröffentlichung meines Dick und Doof Buches 2004, in dessen Teil IV es unter anderem um zahlreiche Slapstickserien im deutschen Fernsehen Ost und West geht, wollte ich den Blick auf die Serien über Laurel und Hardy hinaus erweitern. Aber die Recherchen zu Laurel und Hardys letztem Spielfilm ATOLL K und mein daraus entstandenes zweites Buch «kamen dazwischen». So führten die Serien in meiner angewachsenen Datei ein Dämmerdasein. Ich schloss sie erst im Herbst 2014 vorläufig ab und begann mit der Planung der Recherche, die ich daraufhin 2015 intensivierte. 2016 änderten sich die Prioritäten schlagartig durch aufeinander folgende schwere Krankheitsfälle in der Familie, sodass ich die Recherchen bis auf Weiteres einstellen musste. Schrittweise konnte ich sie im Verlauf des Jahres 2018 wieder aufnehmen. Die Nachforschungen erwiesen sich als komplex, und die Fragen bekamen ständig Kinder. Das erfasste schließlich auch wieder Laurel und Hardy.

Ohne Archivmaterialien wie Infratest-Indizes und Unternehmensakten hätte ich wohl nie die Serien CINEMATOGRAPHEN-THEATER (Bayerisches Werbefernsehen, 1959) und COMEDY CAPERS (Hessisches Werbefernsehen, 1965 und 1966) gefunden. Eine weitere Entdeckung war PRESTISSIMO (ARD-Kinderprogramm, 1971 und 1972), die als Anhängsel einer Musiksendung begann. Das Gebiet der Slapstickserien in der DDR war schließlich umfangreicher als bisher angenommen.

Vom Kino zu den ersten Serien

Klassische US-Komiker aus der Stummfilmzeit wie Chaplin, Buster Keaton, Laurel und Hardy und Harold Lloyd, aber auch Komiker wie Monty Banks, Charley Chase, Lupino Lane, Larry Semon und Ben Turpin waren in der Weimarer Republik Kino-Magneten gewesen. Schon vor über 100 Jahren gelang es, das Publikum selbst in schwierigsten Zeiten mit entwaffnender Unbefangenheit und schier unerschöpflichem Erfindungsreichtum zum Lachen zu bringen. Keaton, Lloyd und Laurel und Hardy konnten sich auch im Dritten Reich behaupten, das Komiker-Duo noch bis 1938. Es entstand in Deutschland ein Slapstick-Vakuum, das nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der 1950er-Jahre in der Trizone und dann in der Bundesrepublik Deutschland letztlich nur von Laurel und Hardy und Chaplin etwas gefüllt werden konnte, gefolgt von Pat und Patachon im großen Abstand. In der DDR hingegen kam nur ein einziges Chaplin-Programm in die Lichtspielhäuser, das man aus der Bundesrepublik angekauft hatte.

Abgesehen davon waren US-Slapstickfilme der Stummfilmzeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur in Deutschland mehr oder weniger in Vergessenheit geraten. Im Fernsehen beider deutscher Staaten kamen nur sehr sporadisch sehr wenige Slapstickfilme oder Ausschnitte daraus ins Programm. Informationen dazu sind im Hauptteil des Buches unter den Stichwörtern «Vorläufer im bundesdeutschen und im DDR-Fernsehen» zusammengetragen. Als Robert Youngson Anfang 1958 seinen ersten Kompilationsfilm THE GOLDEN AGE OF COMEDY mit Ausschnitten aus stummen Slapstickgrotesken der Studios von Mack Sennett und Hal Roach in die US-Kinos brachte, konnte er das Interesse des breiten Publikums an diesem Genre wieder erwecken. Seine Zusammenstellung führte vor, wie erfindungsreich, originell und unkonventionell diese Filme sind, und die Kinogänger lachten wieder lauthals in den Kinos.

Youngsons THE GOLDEN AGE OF COMEDY erlebte unter dem Titel KINTOPPS LACHKABINETT im Dezember 1959 seine bundesdeutsche Premiere und war so erfolgreich, dass die Kompilation bis zum Frühjahr 1961 in den Kinoprogrammen blieb. Die US-Fortsetzung WHEN COMEDY WAS KING vom Februar 1960 wurde schon Anfang Juni des Jahres in der Bundesrepublik mit dem Titel ALS LACHEN TRUMPF WAR gestartet (Aping, Dick und Doof, S. 314–322). In der DDR liefen Youngsons beide Filme in umgekehrter Reihenfolge 1963 und 1964 in den dortigen Kinos, und THE GOLDEN AGE OF COMEDY wurde als LACHPARADE neu bearbeitet (Aping, Dick und Doof, S. 363–366). Diese Kompilationen hatten in beiden deutschen Staaten die Wirkung eines Katalysators. In die Zeit vor der bundesdeutschen Erstaufführung von KINTOPPS LACHKABINETT fallen die ersten zaghaften bundesdeutschen Versuche, Slapstick als Serie ins Fernsehen zu bringen. Das geschah nicht im ARD-Hauptprogramm, sondern 1959 im Werbefernsehen, das nur regional empfangen werden konnte. 1956 hatte es in Bayern begonnen. Aber die Produktionen des Bayerischen und des Westdeutschen Werbefernsehens, das CINEMATOGRAPHEN-THEATER und AUS DER FLIMMERKISTE, gestartet im April bzw. Oktober 1959, verschwanden schnell wieder.

Hier kommt der künftige Medien-Mogul Leo Kirch ins Spiel. Er hatte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit den verschiedensten Waren Handel getrieben und dann enorme Möglichkeiten im Handel mit Filmrechten erkannt. 1956 war er mit dem Fellini-Spielfilm LA STRADA (1954) dort erfolgreich eingestiegen. Im selben Jahr hatte sein Partner Hans Andresen die deutschen Aufführungsrechte für fast sämtliche kurzen Tonfilme von Laurel und Hardy aus den USA erworben. Da der Verleiher Erich J. A. Pietrek umfassend über deutsche Kinorechte an Filmen des Duos verfügte, nicht aber auch über TV-Rechte, war Kirch bis auf Weiteres auf jene beschränkt. 1956 ließen sich die Filme im bundesdeutschen Fernsehen jedoch nicht platzieren (Aping, Dick und Doof, S. 329–331).

Seitdem hatte sich jedoch die Fernsehlandschaft politisch verändert. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer suchte seit Mitte der 1950er-Jahre nach Möglichkeiten, das Fernsehen politisch zu nutzen. Dies ließ sich nach seiner Überzeugung bei der ARD und den Landesrundfunkanstalten, allesamt öffentlich-rechtlich organisiert, nicht durchsetzen. Das mündete am 5. Dezember 1958 in die Gründung der Freies Fernsehen GmbH, um ein zweites, kommerziell gestütztes bundesdeutsches Fernsehprogramm zu lancieren. Es scheiterte schließlich. Nachdem Adenauer im Herbst 1959 keine Mehrheit für ein neues Rundfunkgesetz erreicht hatte, das das Nebeneinander von ARD und einem solchen zweiten Programm rechtlich ermöglichen sollte, wurde Ende Juli 1960 die Deutschland-Fernsehen GmbH staatlich gegründet. An ihr sollten der Bund zu 51 % und die Länder zu 49 % beteiligt sein. Die Deutschland-Fernsehen GmbH sollte Inhaberin der Senderlizenz für ein zweites TV-Programm werden und sich durch Werbeeinnahmen finanzieren. Für die Vergabe der Lizenz war damals das Bundespostministerium zuständig. Das neue Programm sollte mit Produktionen der Freies Fernsehen GmbH gestaltet werden. Im Herbst 1960 klagten einige Bundesländer vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Gründung der Deutschland-Fernsehen GmbH, weil sie ihre Rundfunkhoheit verletzt sahen (Hickethier, S. 114–117; Böttger, S. 33–37). Im Urteil vom 28. Februar 1961 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Gründung für verfassungswidrig (2 BvG 1, 2/60). Daraufhin beschlossen die Ministerpräsidenten der Bundesländer, ein zweites deutsches Programm als gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts ins Leben zu rufen. Es sollte von der ARD unabhängig sein. Auf diese Weise entstand das ZDF. Um die Zeit bis zum Sendebeginn des ZDF zu überbrücken, vereinbarten die Ministerpräsidenten weiter, von Anfang Juni 1961 bis zum 30. Juni 1962 ein zweites öffentlich-rechtliches ARD-Programm bundesweit auszustrahlen. Im Mai 1961 wurde ein regionaler Testlauf des HR vorgeschaltet. ARD2 sendete schließlich bis zum 31. März 1963. Am Tag danach nahm das ZDF seinen Sendebetrieb auf (Wehmeier, S. 30–33).

1959 hatte Kirch über seine Firmen Sirius-Film GmbH bzw. Beta Film GmbH & Co. Vertriebsgesellschaft (Beta Film) der ARD über die Degeto GmbH (Degeto) Senderechte für Kinospielfilme und fremdsprachige TV-Serien verkauft. Nach der Gründung der Deutschland-Fernsehen GmbH sah er eine reale Chance, das 1956 erworbene Laurel-und-Hardy-Paket ans Fernsehen zu verkaufen. Zu Kirchs Geschäftsmodell gehörte nicht nur der Lizenzverkauf, sondern auch die Lieferung deutscher Fassungen von fremdsprachigen Filmen und Serien, die bisher nicht deutsch synchronisiert worden waren. Mit der 1960 gegründeten und in München ansässigen Beta Technik Gesellschaft für Filmbearbeitung mbH (Beta Technik) verdiente er ein zweites Mal Geld. Im Herbst 1960 begannen dort die Arbeiten an der deutschen Fassung der Laurel-und-Hardy-Filme. Sie waren im April 1961 nach dem Aus des Adenauer-Fernsehens abgeschlossen, als die vorproduzierten Programme der Freies Fernsehen GmbH bereits brach lagen. Aus dem Lizenzgeschäft von 1959 kannte Kirch den ehemaligen Pfarrer Werner Hess, der seit Dezember 1960 als Fernsehdirektor des Hessischen Rundfunks amtierte. Hess wurde im April 1962 zum Intendanten des Senders gewählt und übernahm den Vorsitz des Aufsichtsrates der Degeto. Der HR-Fernsehdirektor plante für den Testlauf von ARD2 Slapstickfilme ins Programm zu bringen (Aping, Dick und Doof, S. 331–344, 346–348). Kirch saß an der Quelle – zumal gemunkelt wurde, Hess und er hätten so etwas wie ein familiäres Verhältnis zueinander gepflegt (Radtke, 52, 53).

In dieser Situation kam Werner Schwier in den Blick. Seit Beginn der 1950er-Jahre war er gemeinsam mit dem Pianisten Konrad Elfers als Film-Erklärer live mit Stummfilmen aufgetreten, die er ironisch kommentierte. Näheres dazu ist in dem Abschnitt EIN LANGER WEG INS FERNSEHEN nachzulesen. Schwier war 1959 nach seinem Ausscheiden beim Göttinger Filmverleih Neue Filmkunst Walter Kirchner zur Beta Film gekommen. Auf Ankaufsreisen unter anderem in die USA erweiterte er ihren Filmstock um zahlreiche stumme Slapstickfilme. Die Idee für die Gestaltung des geplanten Slapstickprogramms stammte von Schwier, sodass er den Serien-Klassiker ES DARF GELACHT WERDEN aus der Taufe hob. Nach einer Findungsphase von einigen Monaten nahm die Serie die Gestalt an, die aus CHARLIE CHAPLINS LACHPARADE von 1957 bekannt war. ES DARF GELACHT WERDEN hatte mit Einschaltquoten von bis zu 80 % pro Folge enormen Erfolg und machte den Slapstick auf den deutschen Bildschirmen populär.

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871 s. 86 illüstrasyon
ISBN:
9783741001369
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