Kitabı oku: «Der sechste Sinn», sayfa 16
Der sechste Sinn
Wir sind auf Braendholt, und dort ist es gut sein; es ist der 22 April, Tines und Thomas Klems Hochzeitstag.
Wir kennen fast die ganze Gesellschaft; vor der Mitte des Tisches sitzt die Braut in Weiß, lieblich lächelnd wie eine Braut sein soll; neben ihr der Bräutigam in goldgestickter Uniform, die seinem Schwiegervater bedeutenden Respekt abnötigt.
Dann ist die ganze Familie Busgaard da, Monny in Rosa, einfach bezaubernd mit ihrem Verlobten stud. jur. Arthur Franck, Großhändler Franck senior, der den Wein und die Zigarren geliefert hat, ein dicker Herr vom Schützenbrudertypus, Klemmesen, der rot ist vom Essen und Wein, seiner Aussichten Schwiegersohn zu werden beraubt, aber sehr zufrieden darüber, das keines der Mädchen einen Landmann bekommen hat. Klemmesen bereitet sich so halb und halb darauf vor stationär auf Braendholt zu werden. Es sind viele Gäste da, aber wir halten uns an die, die wir kennen und da besonders an einen, den wir am allerbesten kennen, unsern Freund Kreisrichter Heiden.
Er sieht sehr vornehm in dem schwarzen Frack aus, Heiden geht nie in Uniform, und der große weiße Schlips ist zierlich unter dem glattrasierten Kinn geknotet.
Er steht neben Tante Mus, er führt nämlich die Frau des Hauses zu Tisch, da keine Verwandten des Bräutigams anwesend sind. Kreisrichter Heiden redet, mit seinem stillen guten Lächeln, den Kopf ein wenig auf die Seite geneigt und die hübschen blauen Augen auf die Braut gegenüber gerichtet.
»Liebe Frau Klem, recht so, sehen Sie mich an mit Ihren lieben klaren Augen, die mir am ersten Tage, als ich dieses Haus betrat, entgegenleuchteten, wie die kleinen treuen Blumen, genannt Vergißmeinnicht. Liebe Frau Klem, Martine Luthera, nicht wahr, so lautete der Name, den Sie zum Andenken an den großen Reformator gleichen Namens tragen?«
Thomas fiel ihm ins Wort:
»Sie sollten wissen, Herr Kreisrichter, daß meine Gattin, zufolge königlicher Bewilligung, die Sie selber ihr mitgeteilt haben, das Recht erworben hat, den Vornamen Cäcilia zu führen. –«
Der Kreisrichter lachte: »Richtig! Cäcilia, die orgelspielende Heilige. Für Ihre Zukunft ist mir nicht bange.
Als Erbteil von Ihrer Mutter erhielten Sie zum Wiegengeschenk das Gleichgewicht des heitern Sinnes, der die Menschen über die Wellengipfel und -Täler dahin trägt, und wo Sie schreiten, folgt Ihnen Glück und Sonnenschein.
Für Sie ist mir nicht bange. Freundeswort und Freundeslächeln werden Ihre Begleiter auf dem Lebenswege sein.
Aber Sie lieber Klem, ja, warum nicht ehrlich zu Ihnen sprechen an diesem Tage, wo Sie einen neuen Kurs steuern. Das, was uns beide zusammengeführt hat, ist nicht erfreulicher Art. Es sind nur wenige Tage her, seit ich am Bollwerk stand und ein Schiff mit vielen Menschen an Bord fortgleiten sah, vielen die dem großen Unbekannten entgegenglitten, dem zweifelhaften Glück und der sichern Enttäuschung. Und unter diesen vielen war einer, dessen Namen wir nicht nennen, aber einer, dem ich alles Gute wünsche, weil er bereut hat, was er verbrach.
Es war seine törichte Handlung, die uns beide in diesem Hause zusammenführte; dadurch lernte ich Sie kennen, und Sie haben meine Freundschaft gewonnen; mag sie nicht viel wert für Sie sein, es ist das einzige, was ich zu verschenken habe!
Lassen Sie mich Ihnen sagen, ich glaube nicht, daß Glück in dem Beruf, den Sie erwählt haben, zu finden ist. Sie kennen die primitiven Menschentypen, zwei davon sind der Hirt und der Jäger. Ich betrachte mich als Hirt, aber Sie sind Jäger. Und es ist Ihre Jägernatur, die Sie in Ihrem Berufe anspornt. Doch der Jäger tötet, und es ist viel Wild in dem Jagdrevier, das Sie durchstreifen. Darf ich Ihnen heute eins sagen.
Lassen Sie die Jagd nie bei sich zum Sport werden, so daß Sie vergessen, daß es edles Wild ist, das Sie jagen. Ich habe Sie bei der Jagd gesehen, ich habe die Jagdfreude bemerkt, wenn das Wild im Garn zappelt. Sie werden sagen, die Zeit verlangt nicht nach Weichherzigkeit, nach törichter Milde gegen den Verbrecher, nach Warmbiertheorien, sondern nach einer festen Hand, nach einem kalten Hirn und wachem Auge.
Darin haben Sie recht! Aber Sie jagen Menschen, und wenn der Jagdeifer Sie fortreißt, und Ihr Herz klopft bei dem Siege, den Sie gewonnen, oder zu gewinnen hoffen, so bitte ich Sie, einen Augenblick innezuhalten und daran zu denken, was sie, die an Ihrer Seite sitzt, wohl sagen wird. Ich glaube, sie wird dasselbe sagen wie ich, der alte Kreisrichter, der nur dazu taugt, den Därmen toter Säugetiere Töne zu entlocken, die Sie in die Flucht jagen.
Sie wird zu Ihnen sagen: denke daran, Thomas Klem, daß es Menschen sind, die Du jagst! Gute Jagd, heißt es bei Kipling unter den Tieren der Dschungeln, gute Jagd, aber nicht Jagd allein um der Jagd willen.
Ja, das sind die Worte, lieber Klem – gute Jagd!«
Busgaard hielt es für Unsinn, was der gute Kreisrichter gesagt hatte, aber Tine nickte dem Kreisrichter freundlich zu und Tante Mus sagte ihm geradezu Dank für die Worte, die er gesprochen hatte.
Thomas war gnädig – warum sollte er nicht gnädig sein an seinem stolzen Glückstage? Kreisrichter Heiden hatte seine eigne Methode, sie hatte sich jedenfalls einmal als probat erwiesen.
Thomas erhob sich und richtete seine Worte an den Kreisrichter.
»Lieber Herr Kreisrichter! Dank für den Zuruf! Es könnte nicht besser sein; Sie haben richtig gesehen, ich bin Jäger. Und auch darin haben Sie recht, ich treibe die Jagd um der Jagd willen! Aber ist das eigentlich etwas Böses. Jedes Ding wird von mir um seiner selbst willen betrieben; das hat mir das Leben hell und die Jahre, die vergangen sind, reich gemacht, und das soll mir, wenn alles gut geht, das Leben und die kommenden Jahre hell und reich machen. Ich bin ein Mensch und als Mensch erhielt ich meine fünf Sinne. Ich gebrauche meine Augen und sehe, ich beurteile mit dem Blick die Dinge um mich, die lebenden wie die toten, sowie den Platz der Dinge im Raum um mich herum. Ich sehe das Neue und vergleiche es in meinem Innern mit dem, was ich früher gesehen habe. Ich habe gelernt, mich auf meinen Blick zu verlassen, und ich verlasse mich fernerhin darauf.
Ich kann nicht das Gras wachsen hören, das können nur die ganz Hellhörigen; aber ich kann die Menschen reden hören, und kann wohl auf ihre Worte acht geben. So wie ich auf Ihre Worte acht gegeben habe, lieber Kreisrichter, und mich ihrer erinnern werde! Ich bin nicht nur Jäger, sondern auch ein Stück von einem Jagdhund. Die Fährte des Wildes ist für mich von großer Bedeutung; ich stehe, wenn ich die Nähe des Wildes wittere. Ich bin ein Mann mit wachen Sinnen. Und dies sage ich Ihnen, Herr Kreisrichter, damit Sie begreifen, wenn ich einmal so bin, wie ich bin, so muß ich tun, was ich tue.
Sie machen Musik, das machen Sie gut! Sie spielen auf vielen Saiten, und Sie spielen mit Gehör; ich habe Sie selber auf Saiten spielen hören, daß ich alles andere vergaß und nur Ihrem Spiel lauschte.
Sie haben mich gelehrt, eine Kunst zu begreifen, die ich früher nicht beachtet habe; wer weiß, ob ich mich nicht einmal einfinde, um Trio mit Ihnen zu spielen!
Aber – das kleine unselige aber, was Sie so groß machten, und ich so klein mache, die Freude über meine Sinne dürfen Sie mir nicht rauben! Es sind meine Sinne, die mich zu dem machen, was ich bin.«
»Der Mann mit dem sechsten Sinn,« fiel Busgaard lärmend und explosiv ein.
Thomas nickte.
»Mit dem untrüglichen primitiven ländlichen Instinkt des Landmannes triffst Du, Onkel Bus, der Mann ohne ihn, aber vollgestopft mit Instinkten, das richtige, und sagst das Wort, das gesagt werden soll. – Ich bin der Mann mit dem bewußten sechsten Sinn. Vielleicht ist es das, was mich zum Jäger macht; ich bin Jäger, Herr Kreisrichter Heiden – und darum sage ich Dank für den Zuruf gute Jagd!
Ich will gute Jagd.«
Tine blickte bewundernd zu ihm auf; sie liebte ihren Jäger, sie war ja selbst eine Art Jagdbeute, meinte sie. Kreisrichter Heiden dagegen schüttelte sein lockiges Haupt.
»Sie nennen sich der Mann mit dem sechsten Sinn, lieber Kollege! Gestatten Sie mir, daß ich opponiere. Der sechste Sinn ist wirklich noch gar nicht wissenschaftlich konstatiert.«
»Im Gegenteil,« sagte Thomas, und sein Gesicht war ein großes siegesstolzes Lächeln. »Ich bin so glücklich, Ihnen sagen zu können, was der sechste Sinn ist. Ich weiß es nämlich aufs Tüpfelchen genau. Der sechste Sinn ist nichts weiter als der Sinn, die fünf zu brauchen, die man hat!«