Kitabı oku: «Das Wunder der Heilung», sayfa 2

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Naga Babas und Yogis

Innerhalb der Kumbh Mela badeten an astrologisch bestimmten Tagen Hunderttausende oder Millionen Pilger im Heiligen Fluss Ganges. Heute war wieder so ein Tag und ich beschloss, nach Haridwar zu fahren, das circa 24 Kilometer von Rishikesh entfernt liegt. In Haridwar angekommen, lief ich lange durch die Straßen und nahm die verschiedensten Eindrücke von Pilgern auf. Da kamen ganze Familien in ihren schönsten Kleidern bis hin zu Bettlern, Familien mit Kranken, einige im Rollstuhl oder auf Liegen, ganz alte Leuten saßen auch auf dem Boden und das alles auf engstem Raum.

Auf einmal fühlte ich eine gewaltige Energie in mir und ich begann zu laufen, so viel Power auf einmal hatte ich noch nie gespürt. Ich lief parallel zu einer abgesperrten Zone, die mit einem Zaun und Tausenden von Polizisten vom normalen Publikum abgesperrt war. Plötzlich sah ich sie zu Tausenden: die Naga Babas (das heißt: mit nichts als einem Lendenschurz und heiliger Asche bekleidete Sadhus, heilige indische Mönche, die während der ganzen Kumbh Mela zugegen sind und aus den entlegensten Orten Indiens zusammenkommen), die Meister und Yogis, die zum Teil seit Jahrzehnten nicht aus ihren Höhlen oder aus dem Himalaya gekommen waren. Die seit Jahrzehnten am Meditieren waren, abgeschieden von allen Menschen und der Zivilisation, manche wie Tiere, manche ganz edel aussehend, doch ein Leuchten ging von ihnen allen aus. Einige hatten Rastahaare bis zum Boden, manche hatten zur Feier des speziellen Baderituals im Ganges die Haare geschnitten. Sie alle kamen, ohne dass man sie gerufen hätte, sie waren nur einem inneren Ruf gefolgt, an diesem Tag ihre Höhlen zu verlassen, um zu baden und sich spirituell zu reinigen, um danach wieder zurückzukehren. Das war ein wahnsinniges Erlebnis und ein gewaltiges Energiebeben in mir.

Manche Yogis waren absichtlich verkrüppelt, um symbolisch das Leid der Menschheit und der Erde zu tragen und manche aus anderen spirituellen Gründen. Wieder andere hatten ein Bein hochgebunden, und dies seit Jahrzehnten. Ich dachte noch, wie kann man sich so etwas antun und warum? Einige, so schien es, liefen gar nicht mehr auf dem Boden, sondern schwebten leicht darüber. Es gab alles, was man sich nur vorstellen kann, und auch was jenseits jeder Vorstellung ist. Doch da waren sie. Yogis mit unermesslichen Kräften und speziellen Fähigkeiten, den Siddhi (Fähigkeiten wie, sich an anderen Orten zu materialisieren, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein, übers Wasser zu laufen, Knochenbrüche und unheilbare Krankheiten durch eine Berührung zu heilen und vieles Unglaubliche mehr). Da würden wir im Westen von Wundern sprechen und von Dingen, die unmöglich sind. Ich sage euch, diese Kräfte gibt es wirklich, auch wenn ich das damals noch nicht glauben konnte. Der Zug der Yogis hatte mich so in den Bann gezogen, ich war wie hypnotisiert, setzte mich nieder und schaute stundenlang zu, mich faszinierte dieser Anblick.

Am Abend fuhr ich, überflutet von Eindrücken, zurück nach Rishikesh in meinen kleinen Ashram, um alles Erlebte und Erfahrene zu verdauen. Die Eindrücke waren gigantisch für mich. So vieles, von dem ich geglaubt hatte, dass es nicht möglich sei, hatte ich heute gesehen und erlebt. Das Erlebte setzte wiederum eine gigantische Transformation bei mir in Gang. Es zerstörte mein bisheriges Bild vom Leben und der Welt. Es war sehr intensiv und gleichzeitig auch sehr sanft und liebevoll, trotzdem musste ich es erst einmal verarbeiten.

Versöhnung mit meiner Familie

Ich war nun bald einen Monat in Rishikesh und Ostern stand vor der Tür. Ich ging weiterhin morgens zu Yogi ins Yoga, tagsüber zum Philosophieren ins Swiss Cottage und abends vor dem Schlafen meditierte ich. Es kam der Gründonnerstag, ich meditierte über meine Mutter und versöhnte mich wie immer am Ende der Meditation mit ihr. Danach schlief ich ein. Am nächsten Morgen wachte ich auf und machte einen Spaziergang. Gegen Mittag überkam es mich dann, mir wurde schlecht und ich bekam Fieber. Irgendetwas musste raus und wurde innerlich verbrannt und aufgelöst. Am Abend ging es mir schon ein wenig besser und ich konnte im Bett über meinen Vater meditieren. Da hatte sich so einiges bei mir angestaut, da unser Verhältnis nicht immer das Beste war, eigentlich ganz normal bei einem pubertierenden Jungen, dass es da nicht einfach ist zwischen Vater und Sohn, aber ich konnte auch da viel loslassen.

Am nächsten Morgen erwachte ich wiederum ganz frisch, jedoch holte mich auch an diesem Tag die Meditation des Vorabends ein und ich bekam wieder hohes Fieber, so hoch, dass ich am Abend kaum im Sitzen meditieren konnte. Während ich also im Schneidersitz dasaß, kippte ich immer wieder seitlich auf meine Rippen. Ich meditierte an dem Abend über Gott, ihn hatte ich bisher vergessen. In der Schule hatte ich noch öfter an ihn gedacht, auch war er mir über die spannenden Geschichten von Jesus immer sehr nahe gewesen. Danach kamen die Zeiten, in denen die Mädchen und der Ausgang viel wichtiger wurden, sodass ich ihn nach und nach vergessen hatte. Auch mit ihm machte ich zum Schluss mein Versöhnungsritual, danach schlief ich ein.

In der Nacht erwachte ich mit den schlimmsten Bauchkrämpfen, die ich je hatte, und das über Stunden. Mein Körper litt Höllenquallen, doch innerlich fühlte ich mich immer freier und unberührter gegenüber meinem Körper. Ich spürte ihn zwar, merkte jedoch ganz genau, dass mein Wesen und der Körper nicht dasselbe sind, sondern dass ich in diesem Körper wohne, aber ansonsten vollkommen losgelöst von ihm bin.

Meine Freunde aus dem Swiss Cottage hörten von meinem Leid, machten sich Sorgen und kamen vorbei. Als sie mich sahen, wollten sie mich sofort ins Spital bringen, aber ich beruhigte sie und konnte sie davon überzeugen, dass dieser Zustand bald vorbei sein würde, das fühlte ich ganz stark. Hier ist anzufügen, dass sich in mir in diesem Monat in Indien sehr viel getan hatte. Ich war am Erwachen aus dem langen Schlaf der Unbewusstheit und der Illusionen. Meine Intuition erwachte, meine Hellsichtigkeit, mein Hellfühlen und auch mein Hellhören wurden langsam geweckt. Es war alles also vollkommen natürlich.

Es war Ostersonntag und am Ostermontag gab es wieder einen astrologisch vorbestimmten spirituellen Badetag mit rituellen Waschungen bei der Kumbh Mela. Dorthin wollte ich unbedingt, meine Meditationsreihe über meine Familie war fast abgeschlossen, es fehlte nur noch mein geliebter Bruder Marco, daher war ich bereit für die rituellen Waschungen und war bereit zur Reinigung von allen weltlichen Sünden. Ich ging in die Küche des Ashrams, dort saß der Yogi, er sah mich an und sagte, dass er mir nun meinen spirituellen Namen geben würde. Er machte eine Puja (ein indisches Ritual) mit mir und taufte mich auf den Namen Dev Bhavananda. Nun hatte ich zwei Namen und beide gefallen mir.

Am Sonntagabend konnte ich nicht einschlafen, ich war so voller Energie, dass ich mich entschloss loszulaufen, die ganze Nacht Richtung Harridwar zu laufen, um dort am Ostermontag in der Früh mein lang erwartetes spirituelles Bad im Ganges zu nehmen. Ich packte meine sieben Sachen und lief los. Per Zufall lief ich am Swiss Cottage vorbei, es war ungefähr 23 Uhr, da kamen Pati, Hanuman und der Italiener Paolo gerade heraus. Wir sahen uns kurz in die Augen, verstanden uns wortlos und liefen gemeinsam in Richtung Harridwar. Wir liefen stundenlang, ohne zu reden, jeder war versunken in seine Gedanken und seinem Wesen. Ich meditierte über meinen Bruder, mit dem ich die letzten fast 20 Jahre verbracht hatte, in denen wir viel zusammen erlebten. Ich schaute dem vor mir laufenden Pati auf die Fersen und war in einem tranceähnlichen Zustand der Meditation.

Gegen fünf Uhr morgens erreichten wir die Gates, die am Ganges aufgebaut waren. Es war wie in einem religiösen Film, Millionen von Menschen waren am Pilgern und Baden, überall standen Scheinwerfer, es fehlten nur die Kameras. Ich setzte mich irgendwo nieder und beendete meine Versöhnungsmeditation mit meinem Bruder. Ein Polizist wurde auf mich aufmerksam, trat zu mir und pfiff sehr laut auf seiner Trillerpfeife. Ich war so tief versunken, dass ich ihn zwar hörte, mich aber nicht bewegen konnte. Er kam mit der Pfeife fast direkt an mein Ohr und pfiff abermals; da er jedoch keine Regung bei mir sah, ließ er davon ab und ging weg.

Nachdem ich langsam zu mir kam, stand ich auf und ging über die Treppen in den Ganges. Ich tauchte dreimal in den Fluss und kam wieder heraus. Dann trocknete ich mich ab und wartete auf die anderen drei, die auch gebadet hatten. Nun, ich weiß nicht genau, was im Wasser passiert war, jedoch war es anschließend bei mir im Kopf sehr still und das dauerte fast fünf Monate an. Ich sah meine Umwelt plötzlich ganz anders, oder sagen wir besser ganz neu an. Alles leuchtete, jeder Baum, jede Pflanze, sogar die Steine am Boden hatten alle eine leuchtende Aura. Da es still war in meinem Kopf, war jeder Moment neu, ich war auf einmal im Jetzt angekommen, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft. Ich hatte mit meinem bisherigen Leben abgeschlossen, meinem Leben im Materialismus.

Wir liefen dann zu den Bussen und auf der Treppe gab es ein leichtes Gedränge. Plötzlich kamen ungefähr acht Polizisten und begannen, mit ihren Schlagstöcken wahllos auf die Leute – egal ob Kinder oder Erwachsene oder ältere Menschen – einzuschlagen. Ich stand gerade auf der obersten Treppenstufe, als die Polizisten loslegten. Ganz aus dem Nichts heraus nahm ich meine Finger in den Mund und begann so laut es ging zu pfeifen. Neben dem Ton kam auch so viel Energie aus mir heraus, dass alle Polizisten sofort aufhörten, auf die Leute einzuschlagen. Sie schauten mich verdutzt an, verweilten noch kurz und gingen dann weg. Ich war sehr erstaunt über mein Handeln und auch über das Geschehene, es kam mir vor, als hätte ich nicht selbst gehandelt, sondern als wäre aus mir heraus gehandelt worden.

Wir liefen weiter zu den Bussen und fuhren nach Rishikesch zurück. In meinem Zimmer angekommen, setzte ich mich aufs Bett und schaute zufällig auf meine Handflächen. Erschrocken sah ich genauer hin, hatte ich doch noch ein paar Tage zuvor meine Handlinien vom Yogi lesen lassen und meine Linien genau gesehen. Nun waren sie alle gelöscht. Meine Handlinien waren weg, es waren nur noch die drei Hauptlinien da. In den nächsten Monaten kamen dann neue Linien hinzu. Erschöpft und erstaunt legte ich mich hin und schlief ein. Ich schlief fast zwei Tage durch, so müde war ich. Na, das spirituelle Leben kann auch müde machen.

Ein Nachtrag, später erfuhr ich, dass an diesem Badetag am Ostermontag rund acht Millionen Menschen im Ganges waren. Es war ein ganz besonderer Tag: Alle Planeten standen in einer Linie und an diesem Tag fließt laut den Veden (Urschriften der indischen Weisen) der Nektar der Unsterblichkeit durch den Ganges. Na, wenn sich das nicht großartig und spirituell anhört, dann weiß ich auch nicht.

Die Reise an die Quelle des Ganges

Einige Tage nach unserem Bad im Ganges zog es mich hinauf in den Himalaya, an die Quelle des Ganges nach Kedernath, einem heiligen Platz Shivas, von da kann man den circa zehn Kilometer langen Bergweg hinauf zur Quelle laufen, zum Gletschertor Gaumukh, wo der Ganges aus dem Eis eines Gletschers entspringt. Meine drei Weggefährten – Paolo, Hanuman und auch Pati – kamen mit und wir fuhren zuerst mit einem Postjeep einige Stunden in den Himalaya. Schon die Fahrt diese engen Straßen hinauf war ein großes Abenteuer. Aufgrund der Kumbh Mela waren enorm viele Pilger in Bussen, Vans und Privatautos, mit dem Fahrrad und auch zu Fuß unterwegs. Unser Schlafplatz am Abend war eine kleine Pilgerpension mit einer warmen Quelle. Wir badeten noch ein wenig und gingen danach schlafen.

Mitten in der Nacht erwachte ich und hörte eine Stimme meinen Namen rufen. Ich hatte keine Angst, obwohl ich sie nicht kannte, war es eine mir sehr vertraute Stimme. Ich verließ mein Zimmer und ging zu der warmen Quelle, dort stand ein leuchtender Mann. Aus allen Poren seines Körpers floss Licht. Er sprach eine Weile mit mir und gab mir einige Unterweisungen und Aufgaben mit auf den Weg. Danach verschwand er vor meinen Augen, er löste sich einfach auf. Mein ganzer Körper zitterte vor Aufregung, Energie und von dem gerade Erlebten. Es sprengte mein bisheriges Bewusstsein, was möglich ist und was nicht. Alle meine Vorstellungen von dem, was real und nicht real war, relativierten sich in einem Augenblick. Liebe Leser, das alles gibt es wirklich, wir sind alle viel mehr als wir denken und viel mehr, als wir zu sein scheinen. Wir sind grenzenlose Energie und es ist nichts unmöglich. Es gibt in Indien ein Sprichwort »India: everything is possible«, Indien – alles ist möglich. Nun, heute weiß ich, dass das für überall auf der Welt gilt: Alles ist jederzeit möglich.

Am nächsten Morgen warteten wir auf eine Mitfahrgelegenheit weiter hoch Richtung Kedernath. Eine Familie in einem Kleinbus nahm uns dann schlussendlich mit. Wir fuhren wiederum einige Stunden hoch in den Himalaya. Als wir über eine schmale Brücke fahren wollten, kam uns ein Lastwagen in hohem Tempo entgegen, der ohne Rücksicht auf die kleineren Fahrzeuge fuhr. Unser Fahrer musste ausweichen, und, oh Schreck, das Auto wurde von einer Leitplanke der Brücke an der Seite regelrecht aufgeschlitzt. Wir hatten großes Glück, dass auf der Seite, wo die Leitplanke bis ins Innere des Kleinbusses drang, niemand saß. Nach dem Schock mussten wir kurz anhalten, die Chauffeure schrien sich an und jeder sagte jedem seine Meinung, wer da nun Schuld sei. In Indien ist das immer so eine Sache, da es keine Verkehrsregeln gibt, obwohl, besser gesagt, es gibt sie schon, doch keiner befolgt sie, gilt hier die Hupe und das stärkere und größere Fahrzeug hat Vorfahrt. Nun gut, ich weiß nicht mehr, wie es ausgegangen ist, jedoch fuhren wir dann mit einer offenen Autoseite mehrere Stunden weiter bis nach Kedernath.

Dort war es wieder einmal so, dass es fast keine Unterkünfte gab. Trotzdem fanden wir ziemlich rasch etwas in einem Hare Krishna Ashram. Alles war sehr einfach eingerichtet, und wer schon mal in Indien war, kennt sicherlich das Gefühl, wie es ist, wenn die Matratze und das Kissen leben. Am Abend saßen wir wieder beieinander und philosophierten wie so oft über Gott und die Welt. Ich schaute ganz verträumt Pati an, als ich plötzlich ein ganz altes Gesicht in ihm sah, es änderte sich dann rasch zu einem ganz jungen Gesicht, wurde wieder älter zu einem römischen Gesicht mit Helm und Lanze, danach zu einem chinesischen Greis, und das wiederholte sich mehrmals mit verschiedenen Personen in männlichen und weiblichen Formen. Ich sah auf einmal und in kürzester Zeit mehrere Reinkarnationen von Pati, und das alles im Hier und Jetzt. Das zeigte mir, dass wir, so wie wir sind, im Hier und Jetzt, Hunderte von verschiedenen Reinkarnationen gleichzeitig in uns tragen und dass sie von Zeit und Raum unabhängig sind. Diese Visionen verschwanden, so wie sie gekommen waren.

Am nächsten Morgen war es ziemlich neblig und noch sehr kalt, obwohl wir bereits April hatten. Die Wege hinauf in den Himalaya waren erst vor einigen Tagen wieder begehbar geworden. Pati und ich waren die Einzigen, die die Wanderung hinauf zur Quelle in Angriff nahmen, die anderen blieben zurück und warteten auf uns. Nach fast sechs Stunden Fußmarsch kamen wir oben in einem kleinen Ashram an, wo wir übernachteten, um am nächsten Morgen ganz in der Früh zum Gletscher weiterzulaufen. Ich war fast am Verhungern und der Hüter des Ashrams gab mir einen kleinen Teller mit kaltem Reis mit Wasser und etwas Ungesalzenem darin, es schmeckte widerlich, doch was isst man nicht alles, wenn man Hunger hat. Übrigens aß ich seit ungefähr zwei Monaten kein Fleisch mehr. Da es in Rishikes und Umgebung kaum Fleisch gab, wurde ich Zwangsvegetarier und behielt das dann gleich bei. In Indien gibt es sowieso fast 700 000 Vegetarier, nun sind es halt 700 000 und einer.

Am nächsten Morgen liefen Pati und ich los. Der Weg wurde immer schmaler, steil im Felsen überquerten wir oft Reste von Lawinen oder es kamen Steinschläge herunter. Ganz achtsam und aufmerksam nahmen wir Schritt für Schritt. Unglaublich, aber wahr, manchmal begegneten wir Pilgern, Babas, Sadhus und Yogis, die kaum bekleidet und barfuss durch Schnee, Eis und Felsen liefen. Plötzlich kam über uns ein Felsen ins Rutschen und schob eine Steinlawine mit, die direkt auf uns zu rollte. Pati schrie auf und ich sah schon unser Leben an uns vorbeirauschen. Plötzlich stand ein Yogi neben uns, nahm Pati und mich bei der Hand und wie durch ein Wunder standen wir plötzlich ein paar Hundert Meter weiter vorn in Sicherheit. Ohne mit der Wimper zu zucken, schaute uns der Yogi kurz an, nickte und ging seinen Pilgerweg weiter. Was war das nun? Pati und ich schauten uns an und konnten nicht begreifen, was gerade passiert war. Wie kamen wir hierhin? Vorhin standen wir noch weit weg von hier auf dem Weg, der gerade von einer Steinlawine überrollt wurde. Das ist doch nicht möglich! Doch, das ist es!

Nach einigen Minuten der Erholung und der Verarbeitung des unfassbaren Erlebnisses liefen wir weiter. Mein Leben war von diesem Moment an noch einmal umgekrempelt. Schon wieder war etwas geschehen, was nach meinem bisherigen Weltbild nicht möglich war und trotzdem passierte. Von nun an galt, dass alles möglich ist, und das Wort unmöglich habe ich aus meinem Verstand gestrichen. Wir liefen weiter bis zur Quelle des Ganges, die auf circa 4800 Metern über dem Meer liegt. Wir verweilten ein wenig an diesem heiligen Kraftplatz und liefen dann wieder zurück.

Unterwegs machten wir einen kleinen Abstecher zu einer Höhle, in der seit Jahrzehnten ein Yogi im Schnee sitzend meditiert, keiner weiß so genau, wie lange er da schon sitzt, es müssen aber sicherlich schon ein paar Jahrzehnte sein, da einige ihn als Kinder besuchten und später dann mit ihren Kinder wiederkamen. Schon verrückt, dass es so etwas gibt, und ich sage euch, es gibt in Indien Hunderte solcher Phänomene mit Yogis und Babas. (Übrigens gibt es sie auf der ganzen Welt, auch bei uns in der Schweiz.) Hier ist aber auch anzumerken, dass es auf diesem Gebiet viele Scharlatane gibt, die die Leute nur um ihr Geld bringen möchten und damit ihre Macht ausnützen. Es ist immer gut, auf seine Intuition zu hören und sich nicht von gewissen Äußerlichkeiten blenden zu lassen.

Zurück in Kedernath trafen wir unsere Freunde wieder. Wir übernachteten noch einmal im Hare Krishna Ashram und begaben uns am folgenden Morgen auf die Rückreise nach Rishikesh. Mittlerweile pilgerten von der Kumbh Mela Hunderttausende Leute durch den Himalaya zu vielen verschiedenen Kraftplätzen und heiligen Orten. Es war daher schwierig, eine Möglichkeit für die Rückfahrt zu finden, also entschlossen wir uns zu einem neuen großen Abenteuer: auf dem Dach eines Busses die schmalen Straßen hinunterzufahren. Wir mussten sehr aufpassen, da oft Leitungen oder sonstige Kabel quer über die Straße hingen. Zumeist legte ich mich einfach hin und genoss die frische Luft, die Aussicht und das gigantische Ambiente der kraftvollen und hohen Berge. Plötzlich flog ein riesiger Adler über unseren Bus und begleitete uns eine Weile. Seine Spannweite war sehr groß, es war ein prachtvolles Lebewesen, so etwas Schönes hatte ich noch nie gesehen. Seit dem Bad im Ganges in Haridwar vor einigen Tagen war die Welt für mich nicht mehr so wie vorher. Ich sah alles mit den Augen eines Kindes im Körper eines jungen Mannes. Jeder Moment war neu und alles sah so wunderbar aus, jede Pflanze und jeder Baum leuchtete. Ich spürte auch bei allem – seien es Pflanzen, Tiere oder Steine und auch bei Menschen, dass sie ein Teil von mir waren, ich spürte sie tief in meinem Herzen.

Am späten Abend kamen wir dann am Fuße des Himalayas in Rishikesh an. In meinem Zimmer fand ich eine kleine Kugel. Auch diese spürte ich tief in mir, das war irgendwie ein komisches Gefühl. So, als fühlte ich die Kugel als Teil von mir. Ich nahm sie in die Hand, sie hing an einem Faden. Ich hielt sie am Faden in die Luft und rein durchs Atmen oder durch die Verbundenheit mit mir, begann die Kugel zu schwingen, ohne dass ich meine Hand bewegte. Immer schneller drehte sie sich im Kreis, dann ließ ich die Schnur los und die Kugel schwebte und drehte sich weiter. Die Physik und alles in der Schule Gelernte, was möglich sei – auch in Bezug auf die Schwerkraft – löste sich in einem Moment auf. Ich erschrak und die Kugel fiel zu Boden. Kurz darauf versuchte ich es gleich noch einmal, aber es funktionierte nicht mehr. Gut, ich brachte die Kugel am Faden zum Schwingen, konnte sie jedoch nicht loslassen, ohne dass sie zu Boden fiel. Daher stellte ich fest, dass ich sie nicht mit meinem Willen steuern kann, sondern dieses Phänomen in einem Moment der Gedankenfreiheit und Willenlosigkeit geschieht. Es geschieht, weil es ganz einfach geschieht. Mit dieser Erkenntnis ließ ich mich todmüde in mein Bett fallen und schlief bald ein.