Kitabı oku: «Kraftvoll beten», sayfa 4

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Einfach und erfreulich soll es sein!

Manche beten lieber zu Beginn des Tages, so wie es Jesus oft tat: „Am nächsten Morgen stand Jesus vor Tagesanbruch auf und zog sich an eine einsam gelegene Stelle zurück, um dort allein zu beten.“16 Andere finden es morgens schwierig und nehmen sich am Abend Zeit, bevor sie schlafen gehen. Das machte Jesus auch: „Abends verließ er die Stadt und verbrachte die Nächte am Ölberg.“17 Pendler beten oft eine halbe Stunde im Auto oder im Zug oder versorgen sich mit Gottes Wort. Vielbeschäftigte Mütter von Kleinkindern finden es vielleicht am einfachsten, sich während des Tages kleine Zeit-Häppchen zu nehmen. Susanna Wesley, die Mutter von John und Charles (und unser „Gebets-Vorbild“ am Ende dieses Kapitels) pflegte sich die Schürze über den Kopf zu ziehen. Immer wenn sie das tat, wussten ihre zehn – richtig: zehn – Kinder, dass sie betete und nicht gestört werden durfte.

Egal, welche Tageszeit für dich am besten sein mag – um vom sporadischen, spontanen Ansatz zu einer nachhaltigen, verändernden Gebetsgewohnheit zu wechseln, gibt es einen Schlüssel: Halte dein Beten so einfach und erfreulich wie möglich.

Einfach. Die Entscheidung, bis an dein Lebensende täglich vor Sonnenaufgang aufzustehen und eine Stunde lang ununterbrochen Fürbitte zu tun, wird sich schwerlich als tragfähig erweisen. Viel besser wäre ein erreichbares Ziel – anfangs vielleicht nur eine Viertelstunde täglich zu einem geeigneten Zeitpunkt an einem günstigen Ort. Du wirst angenehm überrascht sein, wie leicht das ist und wie oft du die Stille Zeit überziehen wirst. Mehr noch: Bleibst du zwei Monate lang dabei, könnte es nach der Aussage von Psychologen eine lebenslange Gewohnheit werden.18

Erfreulich. Es ist auch wichtig, die tägliche Andacht so schön wie möglich zu machen. Meistens freue ich mich auf meine Momente der Stille, in denen ich mit dem Herrn allein bin, morgens mit einem großen Becher Kaffee in der Hand, mittags, wenn ich eine Pause einlege und das Vaterunser bete, und spätabends beim Spaziergang unter Sternen. Ich bin gespannt, wenn ich die Bibel aufschlage und überlege: „Was wird mir der Herr heute sagen?“ Es ist ein Vorrecht, meine Anliegen mit dem lebendigen Gott besprechen zu können.

Ich werde oft gefragt, wie mein persönlicher Gebetsrhythmus aussieht. Erst wollte ich etwas so Privates nicht preisgeben, aber dann habe ich beschlossen, es doch zu tun – ganz einfach in der Hoffnung, dass es anderen Menschen helfen kann, ihre eigene einfache, erfreuliche Gebetsstruktur zu entwickeln. Vorsorglich muss ich aber zwei Dinge sagen. Erstens: Denke bitte nicht, du müsstest meine Routine kopieren. Meine Umstände und Vorlieben sind möglicherweise ganz anders als deine. Zweitens: Du musst verstehen, dass ich es oft nicht schaffe. Oft ist viel los und ich lasse mich leicht ablenken. Wenn das passiert, versuche ich, mich nicht dafür herunterzumachen. Ich fühle mich überhaupt nicht weniger geliebt oder berufen oder nützlich für den Herrn. Ich stehe einfach nur wieder auf und fange von vorn an.

Normalerweise esse ich drei richtige Mahlzeiten am Tag und versuche, daran angelehnt, mich auch geistlich dreimal täglich zu nähren: morgens, mittags und abends.

Morgens: Stille Zeit. Fast jeden Morgen beginne ich meinen Tag, indem ich kurz in der Bibel lese und bete. Ich wechsele etwa vierteljährlich zwischen verschiedenen Andachtsbüchern, die ich gut finde. Dazu gehören Nicky Gumbels „Bible in One Year“, das „Celtic Daily Prayer“ der Northumbria Community und die „Divine Hours“ von Phyllis Tickle.19

Mittags: Vaterunser. Jeden Mittag erinnert mich die Weckfunktion meiner Uhr daran, eine Pause zu machen und das Vaterunser zu beten. Das ist etwas, was ich ziemlich schnell (und, wenn ich in der Öffentlichkeit bin, im Stillen) mache, aber manchmal schaffe ich es, langsamer zu beten und jede Zeile persönlich zu nehmen und tiefer zu ergründen.

Abends: Examen. Vor dem Zubettgehen setze ich mich oft schweigend hin oder gehe kurz mit den Hunden raus, um den Tag zu verarbeiten. Das ist meine eigene Version einer alten Gebetshilfe des heiligen Ignatius namens „Examen“ (oder „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“, siehe Kapitel 10). In diesen Momenten klage und juble und flehe ich nicht: Ich bringe meine Seele zur Ruhe, denke dankbar an den Tag zurück, der nun zu Ende geht, und bereite mich innerlich auf den Schlaf vor.

Zwischen diesen drei Fixpunkten flechte ich Beten auch auf andere Weise in mein Alltagsleben ein. Zum Beispiel bemühe ich mich, dreimal pro Woche im Fitnessstudio nicht nur meinen Körper zu trainieren, sondern auch meine Seele, indem ich Anbetungsmusik, Predigten oder interessante Podcasts höre, während ich auf dem Crosstrainer schnaufe. Beim Abendessen hat unsere Familie das Ritual entwickelt, das große, klobige Festnetztelefon auf dem Tisch kreiseln zu lassen. Dem, auf den es dann zeigt – auch wenn das ein nichtchristlicher Gast ist – werden zwei große Privilegien gewährt: Er darf das Tischgebet sprechen (Gott für das Essen danken) und jedem Einzelnen am Tisch irgendeine Frage stellen. Wir hatten schon alle möglichen Verhöre im Lauf der Jahre: peinlichstes Erlebnis? Früheste Erinnerung? Das Schlimmste, was du je gegessen hast? Das Ungezogenste, was du je getan hast? Es ist eine wunderbare Regel, die alle in die Sakramente der Gemeinschaft und des Danks einbezieht.

Das sind also die einfachen, erfreulichen Gewohnheiten, die meinen Tag durchsetzen und mir die Gegenwart und Gesprächsbereitschaft Gottes stärker bewusst machen. Wenn du Mäuschen spielen könntest, wärst du wahrscheinlich nicht beeindruckt, so einfach und kurz sind meine Gebetszeiten oft, so oft vergesse ich auch mal eine, so nebensächlich ist das meiste, was ich mit dem Herrn bespreche, und so oft muss ich sagen: „O Herr, es tut mir wirklich leid.“

* * *

In diesem Kapitel habe ich drei der wichtigsten Bausteine des christlichen Gebetsverständnisses dargelegt: Einfachheit, Ehrlichkeit und Ausdauer. Ich habe dich auch ermutigt, deine eigene einfache, erfreuliche Gebetsgewohnheit zu entwickeln, z. B. täglich Stille Zeit zu halten.

Aber vielleicht ist es gar nicht deine größte Schwierigkeit, Raum und Zeit zum Beten zu finden. Vielleicht betest du schon regelmäßig. Du findest es aber etwas trocken und sehnst dich nach mehr Tiefgang. Gehen wir also den ersten Schritt im „P.R.A.Y.“-Prozess. Wie kaum etwas anderes steht diese Schlüsselerkenntnis für ein tieferes, erfüllteres Gebetsleben unserem Instinkt und unserer Kultur entgegen, ganz leicht wird sie ignoriert: Um anzufangen muss man aufhören. Um im Gebet voranzukommen, müssen wir lernen innezuhalten („Pause“)!

Weiterführende Literatur: Gary Thomas, Sacred Pathways (dt.: Neun Wege, Gott zu lieben).

VORBILD IM EINFACHEN GEBET
Susanna Wesley

Mutter des Methodismus

Die Gesundheit von Susanna Wesley, die als „Mutter des Methodismus“ gilt, war angegriffen, ihre Ehe mit einem mittellosen Prediger zutiefst dysfunktional, sie verlor neun Kinder im Säuglingsalter und zog zehn weitere fast allein auf. Ihr Haus wurde niedergebrannt. Zweimal. Ihr Mann wurde inhaftiert. Zweimal. Und dennoch haben ihre einfachen, ehrlichen, ausdauernden Gebete zweifellos die Welt verändert.

Susanna Wesley bewies eindrückliche Führungsqualitäten, lange bevor ihre Söhne John und Charles berühmt wurden. Als ihr Mann, der Pfarrer von Epworth, wegen finanzieller Misswirtschaft ins Gefängnis kam und sein Vertreter auf der Kanzel in der Evangeliumsverkündigung kläglich versagte, nahm Susanna die Dinge selbst in die Hand. Sie begann in der Küche eine Sonntagsschule für ihre eigenen Kinder zu halten, aber so viele Nachbarn wollten daran auch teilnehmen, dass die Versammlung sehr bald in die Scheune verlegt werden musste. Es dauerte nicht lang, da kamen jeden Sonntag 200 Menschen, um Susanna anzuhören, die Predigten las, Psalmen sang und Gebete sprach. Die beinahe leere Kirche nebenan kümmerte derweil vor sich hin.

Susanna unterrichtete ihre Kinder täglich sechs Stunden und erzog ihre Töchter in gleicher Weise wie ihre Söhne. Zusätzlich widmete sie jedem Kind eine Stunde pro Woche ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Wie um alles in der Welt schaffte sie das bloß? Wie überlebte sie den Verlust von neun Kindern und das Herzeleid einer instabilen Ehe, ohne zu zerbrechen oder verbittern? Und wie führte sie einen so turbulenten Haushalt und richtete gleichzeitig eine Sonntagsschule ein und unterrichtete zehn Kinder, von denen zwei zu internationalem Einfluss und Ruhm gelangen sollten?

Susanna Wesley war vor allem eine Frau des Gebets. Da, wo sie täglich auf den Herrn wartete, bekam sie immer wieder neue Kraft.20

Aber leicht war das alles nicht. Sie konnte sich im Haus nirgends zum Beten zurückziehen. Wenn Susanna also Zeit mit dem Herrn verbringen wollte, zog sie sich die Schürze über den Kopf. Damit war sie in ihrem Gebetsraum und ihre Kinder wussten, dass sie nicht gestört werden durfte. Auf diese Weise schüttete sie Gott ihr Herz aus, betrauerte ihre verstorbenen Kinder, leistete Fürbitte für ihren unerträglichen Mann und betete für jedes ihrer Kinder mit Namen. Gewaltiger hätten solche einfachen, unter einer Schürze geflüsterten Gebete einer Mutter kaum erhört werden können.

Susanna Wesley ist ein Beispiel für die weltverändernde Macht des einfachen, ausdauernden Gebets. Sie merkte, dass sie berufen war, Menschen zu Jüngern zu machen – nicht in fremden Ländern, sondern unter ihrem eigenen kleinen „Volksstamm“ zu Hause. Und dieser Aufgabe widmete sie sich ohne Unterlass. Indem sie treu für diese zehn Kinder betete, wurde Susanna Wesley, eine Hausfrau mit einem schwierigen Leben in einer kleinen englischen Provinzstadt, zur Mutter von heute etwa achtzig Millionen Methodisten in über 130 Nationen.

Ein Gebet von Susanna Wesley

Hilf mir, Herr, nicht zu vergessen, dass Religion nicht auf Kirche oder Gebetskammer beschränkt bleiben und auch nicht nur in Gebet und Meditation ausgeübt werden soll, sondern dass ich überall in deiner Gegenwart bin. Möge ich deshalb stets nach sittlichen Maßstäben reden und handeln. Möge sich alles, was in meinem Leben geschieht, als nützlich und förderlich erweisen. Mögen alle Dinge mich lehren und mir Gelegenheit geben, tugendhaft zu handeln, täglich zu lernen und dir immer ähnlicher zu werden. Amen.

SCHRITT 1: RUHE
Entschleunigung und Fokus

Seid still und erkennt, dass ich Gott bin. (Psalm 46,11 L)

Um anfangen zu können, muss man aufhören. Um voranzukommen, müssen wir innehalten. Dies ist der erste Schritt zu einem tieferen Gebetsleben: Leg deine Wunschliste weg und warte. Sitz still. Schweige. Sei ganz da in Raum und Zeit, sodass sich deine abgelenkten Sinne in Gottes ewiger Gegenwart sammeln können. Schweigen und Stille bereiten Geist und Seele darauf vor, von einem Ort des größeren Friedens, des Glaubens und der Anbetung aus zu beten. Tatsächlich ist das an sich schon eine wichtige Form des Gebets.


3: Entschleunigung und Fokus
Wie man still wird vor Gott


Alle Probleme der Menschheit wurzeln in der Unfähigkeit des Menschen, schweigend allein in einem Zimmer zu sitzen. (Blaise Pascal, Pensées)1

Die menschliche Seele ist wild und scheu. Der Psalmist vergleicht sie mit einem Hirsch, der nach frischem Wasser lechzt.2 Die keltische Volkstradition stellte sie als edles und scheues Wild dar. Der Lärm des Lebens verschreckt sie, sie weigert sich, auf Kommando hervorzukommen wie manches sklavisch ergebene, gezähmte Haustier. Aber wenn wir still sind, zeigt sie sich, neugierig und quicklebendig.

Wie im Leben hat auch im Gebet alles seine Zeit, „Schweigen und Reden“ (Pred. 3,7). Wenn wir den, der im „leisen Säuseln“ spricht, besser verstehen wollen, müssen wir uns mit der Stille anfreunden.3 Wenn wir die Gegenwart dessen zu Gast haben wollen, der sagt: „Seid still und erkennt, dass ich Gott bin“, müssen wir selbst präsenter sein.4 Wir erwarten, dass er mit Donnerstimme spricht, aber meistens flüstert er. Wir erwarten, dass er in Nagelstiefeln kommt, aber er geht auf Zehenspitzen und versteckt sich in der Menge. Wir erwarten, dass er außergewöhnlich ist, aber er kommt „als unser Leben verkleidet“ zu uns.5

Man beginnt also das Beten am besten damit, dass man aufhört zu beten. Innehält. Still wird. Seine Gebetsliste aus der Hand legt und Gott seine Agenda überlässt. Genügend lange nicht mehr zu Gott spricht, um das Wunder zu erahnen, wer er wirklich ist. Dass man still ist vor dem Herrn und auf ihn wartet.6

* * *

Wenn ich, als unsere Söhne noch ziemlich klein waren, nach einer mehrtägigen Reise wieder nach Hause kam, wurde ich manchmal von ihrem Geschrei begrüßt: „Dad, hast du mir was mitgebracht?“, oder: „Dad, Danny will nicht teilen!“, oder sogar: „Dad, was gibt’s zum Abendessen?“

„Schön, dass ihr mich so vermisst habt!“, rief ich dann in Richtung Kinderzimmer. „Nimmt mich vielleicht auch mal wer in den Arm?“ Ich wollte, dass sie zuerst anerkannten, dass ich wieder da war, bevor sie mich mit Bitten bombardierten. Sie sollten mich anschauen und einfach sagen: „Willkommen zu Hause, Daddy!“

In gewisser Weise hält es Jesus auch so in den ersten Zeilen des Vaterunsers. Bevor wir mit einer langen Liste loslegen mit all dem, was wir brauchen – das tägliche Brot, Vergebung der Sünden, Befreiung vom Bösen –, sollen wir, so sagt er, innehalten, Gott liebevoll mit „Unser Vater“ und ehrerbietig mit „Geheiligt werde dein Name“ ansprechen.

Das Gebet kann leicht zu einer Fortsetzung meiner allzu häufig hektischen Lebensweise werden. Abgelenkt und getrieben komme ich in den Vorhof des Königs – ohne mich darauf einzustellen, ohne Einleitung, ohne langsamer zu werden oder meine Augen zu ihm zu erheben, um seinem Blick zu begegnen. Aber die Weisen lehren uns, dass wahres Gebet nicht so sehr etwas ist, was wir sagen oder tun; es ist etwas, was wir werden. Nicht Transaktion, sondern Beziehung. Und deshalb beginnt das Gebet damit, dass wir ihn, zu dem wir kommen, angemessen begrüßen.

Das Gleichnis vom rasenden Windhund und dem wilden Hundefresser-Stuhl

Eines sonnigen Morgens erlebte die malerische, kopfsteingepflasterte Hauptstraße von Guildford ein außergewöhnliches Spektakel: Ihre beschauliche Ruhe wurde vom lauten Jaulen eines Hundes und einem seltsamen, metallischen Scheppern jäh durchbrochen. Ein Windhund kam um die Ecke geschossen, den langen Schwanz zwischen die Beine geklemmt. Inmitten von schreienden Passanten raste er hin und her, fast verrückt vor Angst, unerbittlich verfolgt von einem dieser billigen Bistrostühle aus Chrom. Der Stuhl, der am anderen Ende der Hundeleine hing, wirkte ganz wie ein lebendiges Wesen, wie eine tänzelnde Schlange, die hinter dem entsetzten Hund herjagte, ihn anfiel und biss. Vielleicht saß der Besitzer noch im Café, wartete in aller Unschuld auf sein Frühstück und ahnte nichts von der verzweifelten Situation seines vierbeinigen Freundes. Eine Bewegung muss schuld gewesen sein, dass der Stuhl ruckte, weshalb der Hund aufsprang, weshalb der Stuhl hüpfte, weshalb der Hund losjagte, weshalb der Stuhl einen Satz machte, weshalb der Hund jaulte, weshalb die Passanten schrien, weshalb der Hund immer hektischer raste, unablässig verfolgt von diesem schauerlichen Stück Metall und all diesen schreienden Fremden, die ihn zu packen versuchten. Je schneller er rannte, desto wilder wurde der metallische Verfolger, desto höher sprang er, desto härter schlug er auf, desto lauter knallte und schepperte und klapperte er auf dem Kopfsteinpflaster. Soweit ich weiß, ist der Hund noch heute auf der Flucht.

Wir alle können leben wie dieser rasende Windhund. Von irrationalen Ängsten getrieben und orientierungslos, von ganzen Rudeln blutdürstiger Bistrostühle verfolgt, viel zu panisch, um einfach stehen zu bleiben. Und so spricht Gott mit fester Stimme in die Disharmonie des menschlichen Tuns. Der Meister gebietet dem Geschöpf: „Sitz!“ Jesus tadelte den Sturm. „Er lässt mich lagern“, wie es der berühmte Psalm ausdrückt [im Englischen in Form einer Anweisung: „He makes me lie down“, A. d. Ü.]. Und natürlich fällt es uns extrem schwer zu gehorchen. Tun wir es jedoch, dann rückt alles wieder in die richtige Perspektive, aus Schreckgespenstern werden wieder Bistrostühle.

Wie kommt es, dass so viele Leute heute das Einfache am Marathonlauf attraktiv finden, Langstreckenradsport betreiben oder angeln? Angeln ist nach wie vor das beliebteste Hobby in Großbritannien. Dass so viele Achtsamkeit, Yoga und den Kult der Entrümpelung praktizieren? (Ironischerweise sind gerade diese schlichten Dinge heute alles Multimillionen-Dollar-Geschäfte.) Warum ziehen wir uns Abend für Abend das Netflix-Angebot rein, ohne groß darüber nachzudenken, und sehen im 7-Uhr-34-Zug nach Waterloo unverwandt auf unsere Smartphones wie Mönche auf Ikonen? Wir scheinen uns immer mehr zu Aktivitäten hingezogen zu fühlen, die den ständigen Anforderungen der Welt Einhalt gebieten und uns zwingen, ein paar Ewigkeits-Momente lang die Konzentration auf eine einzige, einfache Sache zu richten. Hot-Yoga? Tetris? Ein Seeufer in strömendem Regen? Egal was – Hauptsache, es bringt diese nervtötenden Bistrostühle zur Ruhe.

Gott versteht unser tiefes Bedürfnis nach Stille, Ordnung und der Freiheit, nicht die letzte Verantwortung zu tragen, denn so hat er uns geschaffen: für ein einfaches, in Zeitabschnitte gegliedertes, friedliches Leben. Er selbst ruhte und richtete den Sabbat ein. Jeden lädt er ein, innezuhalten: „Seid still und erkennt, dass ich Gott bin.“7 Das lateinische Wort für dieses „Seid still“ lautet vacate – es ist genau das Wort, von dem unser Wort Vakanz (unbesetzter Arbeitsplatz) oder das englische Wort für Ferien, vacation, kommen. Mit anderen Worten: Gott lädt uns ein, frei zu nehmen, Urlaub zu machen, zu entspannen, Freizeit zu genießen, denn in diesem Kontext ist seine Gegenwart erfahrbar. Vielleicht könnten wir den Vers so umschreiben: „Warum nimmst du nicht einmal frei vom Gott-Spielen und lässt mich zur Abwechslung Gott sein?“

DU MUSST STILLE UND EINSAMKEIT SUCHEN, ALS HINGE DEIN LEBEN DAVON AB, DENN IN GEWISSER WEISE IST ES TATSÄCHLICH SO.

Eugene Peterson sagt, „die grundlegende Entscheidung des Lebens ist selten, wenn überhaupt je, ob man an Gott glaubt oder nicht, sondern ob man ihn anbetet oder mit ihm konkurriert“.8 Einer der Hauptunterschiede zwischen dir und Gott ist, dass Gott nicht meint, er wäre du! In den Momenten der Stille zu Beginn einer Gebetszeit liefern wir uns Gott aus, beenden unsere Konkurrenz zu ihm, verabschieden uns von unserem Messiaskomplex und hören auf, die Welt retten zu wollen. Wir geben die Erwartung auf, dass sich alles um unsere Vorlieben dreht; wir richten unsere Prioritäten wieder auf den Herrn aus und erkennen mit einem Seufzer der Erleichterung an, dass er die Zügel in der Hand hält und nicht wir. Erstaunlicherweise dreht sich die Erde ganz prima auch ohne unser Dazutun. Langsam richten sich unsere zerstreuten Gedanken mehr auf die Mitte aus. Die Bistrostühle kommen endlich zur Ruhe.

Sela

Das Wort sela erscheint 71-mal in den Psalmen, dem hebräischen Gebetbuch. Vielleicht war es eine technische Anweisung für die, die den Psalm aufsagten, oder für die Musiker, die ihn spielten, aber keiner weiß wirklich mit Sicherheit, was es ursprünglich bedeutete oder warum es da steht. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Anweisung, „innezuhalten“ und die Bedeutung der gebeteten Worte zu „wägen“.

Wann immer möglich, versuche ich zu Beginn einer Gebetszeit Sela zu praktizieren, indem ich ein paar Minuten still dasitze (oder manchmal laufe), ohne irgendetwas zu sagen oder zu tun. Das geht natürlich am besten in einer ruhigen Umgebung, aber auch in einem überfüllten Zug lässt sich Ruhe finden, ebenso am Schreibtisch in einem geräuschvollen Büro und erst recht unbeobachtet in der modernen Einsiedlerklause: einer Toilette. Vor dem Beten still innezuhalten hilft uns, unsere zerstreuten Gedanken zu sammeln und uns mit Herz und Verstand auf die Anbetung vorzubereiten.

Hast du ein Smartphone, dann stelle es jetzt am besten auf Flugmodus. So beugst du nicht nur Unterbrechungen vor, sondern übst auch dein Gehirn im Ausschalten von Ablenkungen, sodass du stärker präsent bist, wann und wo auch immer du dich im Gebet Gott zuwendest.

Vor Beginn innezuhalten klingt simpel – kaum ein eigenes Kapitel wert –, aber es ist selten einfach. Ohne Ausnahme rebelliert mein Inneres gegen Stille aller Art. Der Windhund rast. Die Versuchung, mich kopfüber auf meine Gebetsliste zu stürzen, ist fast unwiderstehlich. In der ungewohnten Stille treten tyrannische Forderungen und Ablenkungen auf wie eine Blaskapelle, die in meinem Schädel herummarschiert. Ein Augustinermönch beschreibt das einprägsam als das „innere Chaos in unserem Kopf – wie eine wilde Cocktailparty, bei der wir uns wie der verlegene Gastgeber vorkommen“.9

Ich kann nicht genug betonen, wie wichtig es für dein geistliches, mentales und körperliches Wohlbefinden ist, dass du lernst, das unablässige Geschwätz der Welt täglich ein paar Minuten lang zum Schweigen zu bringen und in der Tiefe deiner Seele still zu werden. Du musst Stille und Einsamkeit suchen, als hinge dein Leben davon ab, denn in gewisser Weise ist das so. Wenn du gestresst bist, setzen deine Nebennieren das Hormon Cortisol frei, was die Fähigkeit zu klarem Denken und gesunder Entscheidungsfindung beeinträchtigt. Aber wenn du ruhig dasitzt, senkt sich der Cortisolspiegel und die Dinge werden klarer. Das herumwirbelnde Sediment des Lebens setzt sich recht schnell ab. Du wirst dir deiner eigenen Gegenwart in Raum und Zeit und auch der sanften, einnehmenden Gegenwart Gottes stärker bewusst.

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