Kitabı oku: «Parodontologie von A bis Z», sayfa 3
Literatur
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Ätiologie
Peter Eickholz
Gingivitis | 3 |
Gesunde Gingiva
Klinisch entzündungsfreie gesunde Gingiva hat eine feste Konsistenz, der Gingivarand verläuft girlandenförmig, die Papillen füllen die Interdentalräume aus und bluten bei Sondierung nicht. Bei hellhäutigen Menschen ist entzündungsfreie Gingiva rosa, bei dunkelhäutigen Menschen finden sich häufig melaninpigmentierte Areale (Abb. 1). Histologisch stellt sich die Situation differenzierter dar. Bei völliger Entzündungsfreiheit finden sich keine bzw. nur vereinzelte Entzündungszeichen; man spricht von normaler Gingiva. Das Saumepithel haftet der Zahnoberfläche über Hemidesmosomen an. Auch bei normaler Gingiva finden sich im Saumepithel vereinzelte Leukozyten (neutrophile Granulozyten und Makrophagen) (Abb. 2)1. Histomorphometrisch setzt sich die völlig entzündungsfreie Gingiva zu etwa 30 % aus oralem Epithel, zu etwa 10 % aus Saumepithel und zu 60 % aus Bindegewebe zusammen. Ein solcher völlig entzündungsfreier Zustand erfordert allerdings eine perfekte Plaquekontrolle, die fast nur unter experimentellen Bedingungen, wenn die individuelle Mundhygiene über mehrere Wochen durch häufige professionelle Zahnreinigungen unterstützt wird, erreicht werden kann. Deshalb ist er selbst bei Personen mit effektiver individueller Mundhygiene, die vereinzelt immer noch geringe Mengen von bakterieller Plaque auf den Zähnen aufweisen, nicht zu finden. Bei effektiver individueller Mundhygiene zeigt die Gingiva ebenfalls keine klinischen, aber bereits histologische Entzündungszeichen; man spricht von klinisch gesunder Gingiva. Das histologische Erscheinungsbild der klinisch gesunden Gingiva entspricht in etwa dem Bild der initialen Läsion2.
Abb. 1a und b Klinisch entzündungsfreie Gingiva: a) Frau im Alter von 24 Jahren, b) Frau im Alter von 41 Jahren.
Abb. 2 Klinisch normale Gingiva: Bakterielle Plaque setzt Stoffwechselprodukte wie Fettsäuren, N-Formyl-MethionylLeucyl-Phenylalanin (FMLP) und Lipopolysaccharide (LPS) gramnegativer Bakterien frei. Diese antigenen Substanzen induzieren in den Saumepithelzellen die Produktion verschiedener Entzündungsmediatoren wie Interleukin-8 (IL-8), IL-1α, Prostaglandin E2 (PGE2), Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α). Neurale Komponenten des Epithels setzen Neuropeptide frei, die die Gefäße beeinflussen. Die bakteriellen Antigene und die epithelialen Produkte aktivieren perivaskuläre Mastzellen, die Histamin freisetzen, und Endothelzellen zur Freisetzung von IL-8, das ein Chemotaxin für neutrophile segmentkernige Granulozyten (PMN) ist (modifiziert nach Kornman et al.4).
Initiale Läsion: akute entzündliche Reaktion
Die Umsatzrate des Saumepithels ist generell hoch und seine Zellen sind durch weniger Desmosomen verbunden als andere orale Epithelien. Eine verstärkte bakterielle Exposition erhöht diese Umsatzrate, die Interzellularräume weiten sich und ermöglichen somit einen verstärkten Ausstrom von Sulkusflüssigkeit sowie Leukozytenmigration. Die initiale Läsion zeigt bereits 24 Stunden nach Beginn der Plaqueakkumulation eine Dilatation der Gefäße des dentogingivalen Plexus. Es wird direkt benachbart zum Saumepithel vermehrt Blut in den mikrovaskulären Plexus gebracht. Der hydrostatische Druck wird erhöht und es öffnen sich Spalten zwischen den Endothelzellen der Kapillaren. Die Gefäßpermeabilität erhöht sich, sodass es zur Exsudation von Flüssigkeit und Proteinen in das Gewebe kommt (Abb. 3). Die Folge ist eine vermehrte Exsudation von Sulkusflüssigkeit. Durch die Exsudation ins Gewebe und den Sulkus können schädigende Substanzen mikrobiellen Ursprungs verdünnt werden. Bakterien und deren Produkte werden aus dem Sulkus hinausgespült. Die Menge der exsudierten Sulkusflüssigkeit (Sulkusflüssigkeitsflussrate) ist proportional zum Schweregrad der Entzündungsreaktion. Parallel mit den Gefäßveränderungen kommt es nach 2 bis 4 Tagen zu einer vermehrten Migration von neutrophilen Granulozyten und Monozyten/Makrophagen aus dem subepithelialen Gefäßplexus durch das subepitheliale Bindegewebe (s. Abb. 3). Adhäsionsmoleküle wie das „Intercellular Adhesion Molecule-1“ (ICAM-1) und das „Endothelial Leukocyte Adhesion Molecule-1“ (ELAM-1), die durch proinflammatorische Zytokine (Interleukin-1β [IL-1β], Tumornekrosefaktor-α [TNF-α]) aktiviert wurden, ermöglichen den Leukozyten, sich an der Gefäßwand der postkapillären Venolen anzuheften, um dann hindurchzutreten (Diapedese). Die vermehrte Extravasation der Leukozyten erfordert eine erhöhte Anheftungsrate dieser Zellen an die Gefäßwände. Proinflammatorische Stimuli (Lipopolysaccharide [LPS], IL-1β, TNF-α) führen nicht nur zu erhöhter Gefäßpermeabilität und Expression von Leukozytenadhäsionsmolekülen, sondern auch zur Ausschüttung anderer proinflammatorischer Zytokine, wie IL-8, in die Blutbahn, durch die ein Rollen der Leukozyten induziert wird. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes zwischen Leukozyten-Integrinen und Endothelzelladhäsionsmolekülen (z. B. ICAM-1) (Abb. 4).
Abb. 3 Initiale Läsion: Bei Persistieren der in Abb. 2 dargestellten Mechanismen verstärken die Serumtranssudation aus den Gefäßen ins Gewebe und die Aktivierung von Serumproteinen wie Komplementfaktoren die Entzündungsreaktion und die Aktivierung der Endothelzellen. Es werden vermehrt neutrophile segmentkernige Granulozyten (PMN) und Monozyten angelockt. Aktivierte Makrophagen produzieren eine Vielzahl von Entzündungsmediatoren (Interleukin-1β [IL-1β], IL-1 Rezeptorantagonist [IL-1ra], IL-6, IL-10, IL-12, Tumornekrosefaktor-α [TNF-α], Prostaglandin E2 [PGE2], Matrix-Metalloproteinasen [MMP], Interferon-γ [IFN-γ]) und Chemotaxine (Monozyten-Chemotaxis-Protein [MCP], Makrophagen-inflammatorisches Protein [MIP], „regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted“ [RANTES]). N-Formyl-Methionyl-Leucyl-Phenylalanin (FMLP), Lipopolysaccharide (LPS) (modifiziert nach Kornman et al.4).
Abb. 4 Diapedese der Leukozyten: Die Endothelzellen der Venolen werden durch Lipopolysaccharide (LPS), Interleukin-1β (IL-1β) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) aktiviert und exprimieren „Endothelial Leukocyte Adhesion Molecule-1“ (ELAM-1). Leukozyten exprimieren Sialy-Lewis-X, das eine lose Bindung mit ELAM-1 eingeht und so zu einer Verlangsamung der Leukozytenbewegung führt. Die resultiert in einer rollenden Bewegung entlang der Epitheloberfläche. Leukozytäre Anheftungsrezeptoren (CD11/18) bilden dann eine feste Bindung zum „Intercellular Adhesion Molecul-1“ (ICAM-1) aus (Adhäsion). Dies veranlasst den Durchtritt der Leukozyten zwischen den Endothelzellen nach extravaskulär (Extravasation) (modifiziert nach Kornman et al.4).
Die Leukozyten wandern dann entlang von Konzentrationsgradienten, vermittelt durch chemotaktische Reize der Plaquebakterien (z. B. N-Formyl-Methionyl-Leucyl-Phenylalanin [FMLP], LPS) bzw. der Wirtszellen (z. B. IL-8, Komplementfaktor C5a, Leukotrien B4), zum Sulkus, wobei sie durch die im Saumepithel ubiquitär vorhandenen Adhäsionsmoleküle unterstützt werden3. Diese Granulozyten sind noch zur Phagozytose und zur Zerstörung von Bakterien in der Lage und formen eine Barriere gegen das apikale und laterale Vordringen der Bakterien (erste Verteidigungslinie) (s. Abb. 3). Erkrankungen, bei denen die Adhäsion und Diapedese der Leukozyten gestört ist (z. B. Leukocyte-Adhesion-Deficiency-Syndrom) oder die Zahl der neutrophilen Granulozyten nicht nur im extravasalen Gewebe, sondern generell stark reduziert ist, wie bei familiärer Neutropenie, führen bei bakterieller Exposition zu raschen und schweren Zerstörungen der parodontalen Gewebe, was die große Bedeutung dieser Zellgruppe für die Abwehr der bakteriellen Exposition veranschaulicht.
Während die Leukozyten das Gewebe verlassen und in den Sulkus wandern, werden die Lymphozyten im Gewebe zurückgehalten (s. Abb. 3). Die meisten Lymphozyten können auf ihrer Oberfläche CD44-Rezeptoren exprimieren, die es ihnen erlauben, sich an Strukturen des Bindegewebes zu binden. Um lokale zellvermittelte oder humorale Immunreaktionen ausführen zu können, müssen T- und B-Lymphozyten im Gewebe verbleiben. Es entsteht ein subepitheliales Infiltrat (Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten, neutrophile Granulozyten), das etwa 5 % des gingivalen Bindegewebes einnimmt. Im Verlauf der frühen Läsion halten die entzündlichen und immunologischen Reaktionen des Wirts die mikrobiologische Exposition in Schach, ohne dass es zur Gewebezerstörung kommt. Das histologische Bild der initialen Läsion entspricht der Situation klinisch gesunder Gingiva und ist als physiologischer Zustand anzusehen.
Frühe Läsion: Immunantwort
Etwa 4 bis 7 Tage nach Beginn der Plaqueakkumulation geht die initiale in die frühe Läsion über. Eine genaue Zeitangabe ist für die Situation beim Menschen nicht möglich, weil hier starke interindividuelle Variationen bestehen. Die Dilatation der Gefäße persistiert, während sich die Zahl der durchbluteten Gefäße im subepithelialen Endstromgebiet durch Aktivierung bisher nicht durchbluteter Kapillaren erhöht.
Die Zahl der neutrophilen Granulozyten, die die Gefäße verlassen und durch Bindegewebe sowie Saumepithel in den Sulkus wandern, nimmt zu. Auch die Zahl subepithelialer Leukozyten erhöht sich. Allerdings steigt jetzt die Zahl der Makrophagen (Abb. 5). Neben ELAM-1, das selektiv die Extravasation der neutrophilen Granulozyten und einiger Lymphozytensubpopulationen unterstützt, wird das Gefäßzelladhäsionsmolekül-1 exprimiert, das selektiv an Monozyten bindet. Makrophagen, die Lipopolysacchariden ausgesetzt wurden, produzieren verschiedene Zytokine (Interferon-γ, TNF-α, „transforming growth factor“[TGF]-γ, IL-1α/β, IL-6, IL-10, IL-12, IL-13) und zahlreiche Chemokine, z. B. Matrix-Metalloproteinasen (MMPs), Prostaglandin E2 (PGE2)4. Einige dieser Faktoren, insbesondere IL-1β, TNF-α und PGE2 spielen eine große Rolle in der parodontalen Läsion (Abb. 6). Die Makrophagen verändern das lokale Milieu wesentlich. Durch die Produktion von Chemokinen werden weitere Makrophagen und Lymphozyten angelockt. Durch die Produktion von IL-1β, MMPs, PGE2 und anderen Zytokinen wird der Abbau von Kollagen begünstigt. IL-1β steigert die Produktion von Kollagenase in gingivalen sowie desmodontalen Fibroblasten und reduziert die Kollagensynthese. PGE2 verringert die Kollagensynthese in Gingivafibroblasten. Schließlich werden CD4+-T-Lymphozyten durch die Makrophagen aktiviert und zu T-Zellen differenziert, die Zytokine produzieren, um die B-Zelldifferenzierung und Antikörperproduktion zu unterstützen.
Abb. 5 Frühe Läsion: Zusätzlich zur in Abb. 3 dargestellten Aktivierung von Serumproteinen und Makrophagen erscheinen B- und T-Lymphozyten sowie Plasmazellen. Aktivierte T-Lymphozyten produzieren Zytokine wie Interleukin-2 (IL-2), IL-3, -4, -5, -6, -10 und -13 sowie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), Transformierender Wachstumsfaktor β (TGF-β), Interferon-γ (IFN-γ) und Chemotaxine wie Monozyten-Chemotaxis-Protein (MCP), Makrophagen-inflammatorisches Protein (MIP), „regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted“ (RANTES). Plasmazellen treten vermehrt im Gewebe auf und produzieren Immunglobuline (z. B. IgG) und Zytokine (z. B. IL-6, TNF-α). Einige der neutrophilen segmentkernigen Granulozyten (PMN) im Gewebe werden aktiviert und setzen IL-1α, -1β, -6, -8, TNF-α, Leukotriene (LT) und Matrix-Metalloproteinasen (MMP) frei. Fibroblasten produzieren Kollagen, MMP und Gewebeinhibitoren der MMPs (TIMP). N-Formyl-Methionyl-Leucyl-Phenylalanin (FMLP), Lipopolysaccharide (LPS), Prostaglandin E2 (PGE2) (modifiziert nach Kornman et al.4).
Abb. 6 Interleukin-1β (IL-1β) als Mediator parodontaler Destruktion: IL-1 wird von, durch entzündliche Reize aktivierten Makrophagen und Fibroblasten freigesetzt. Es induziert die Produktion von Matrix-Metalloproteinasen (z. B. Kollagenase) durch Fibroblasten, stimuliert die Osteoklasten und hemmt Osteoblasten, was schließlich zur Gewebezerstörung führt.
Langerhanszellen im Saumepithel nehmen antigenes Material mikrobiellen Ursprungs auf und transportieren es in lymphatische Gewebe, wo die Antigene den Lymphozyten präsentiert werden. Diese Lymphozyten wandern zum Ort der mikrobiellen Exposition. Dort wandeln sich B-Lymphozyten in Plasmazellen um, die spezifische Antikörper bilden bzw. die T-Lymphozyten werden aktiviert, um die B-Zelldifferenzierung zu unterstützen. Antikörper können lokal und systemisch gebildet werden. Sie wirken protektiv durch die Verklumpung von Mikroorganismen. Im Zusammenwirken mit dem Komplementsystem durch Lyse der Bakterien und durch Markierung von Keimen (Opsonierung) ermöglichen sie eine effektive Phagozytose durch neutrophile Granulozyten.
Durch Zytokine erhöht sich die Zahl der Lymphozyten, die in der frühen Läsion zusammen mit neutrophilen Granulozyten die vorherrschende Gruppe von Leukozyten darstellen, während nur wenige Plasmazellen vorhanden sind. Das Infiltrat nimmt in der frühen Läsion etwa 15 % des Volumens des gingivalen Bindegewebes ein.
Durch die ebenfalls zytokinvermittelte Verschiebung des Bindegewebestoffwechsels zu kollagenabbauenden Prozessen kommt es zur Degeneration von Fibroblasten und zur Auflockerung der Kollagenstruktur durch das Infiltrat in lateraler und apikaler Richtung. Die Basalzellen des Sulkus- und Saumepithels proliferieren in einer Art Versuch, die Barriere gegen die Mikroorganismen zu verstärken. Es kommt zur Ausbildung von Retezapfen, die im koronalen Bereich in das subepitheliale Infiltrat ausstrahlen. Etwa 2 Wochen nach Beginn der Karenz oralhygienischer Maßnahmen findet sich subgingival bakterielle Plaque.
Etablierte Läsion
Die etablierte Läsion entspricht dem Zustand der chronischen Gingivitis (Abb. 7). Die gingivale Exsudation sowie die Größe des subepithelialen Infiltrates erhöhen sich und erreichen etwa 1 Monat nach Beginn der Plaqueakkumulation ein Maximum, das über lange Zeiträume stabil bleiben kann. Es finden sich nun zahlreiche Plasmazellen im koronalen Anteil und gefäßnah innerhalb des Infiltrates (Abb. 8). Im Unterschied zum Hundemodell, bei dem 3 bis 4 Wochen nach Beginn der Plaqueakkumulation ein von Plasmazellen dominiertes Infiltrat beobachtet wird, konnten beim Menschen noch nach 6 Monaten ungehinderter Plaqueakkumulation ein Plasmazellanteil von nur 10 % beobachtet werden5. Ein Dominieren der Plasmazellen scheint beim Menschen den Übergang von der etablierten (Gingivitis) zur fortgeschrittenen Läsion (Parodontitis) zu markieren6.
Abb. 7 Klinisch manifeste plaqueinduzierte Gingivitis: interdental oraler Biofilm. Der Gingivarand ist ödematös und gerötet, ein Stippling ist nicht zu erkennen, die Interdentalpapillen sind geschwollen, approximal der Zähne 41 und 42 tritt eine Spontanblutung auf1.
Abb. 8 Etablierte Läsion: Die Menge der Entzündungsmediatoren im Gewebe nimmt zu. Fibroblasten setzen Interleukin-1β (IL-1β), IL-6, -8 sowie Prostaglandin E2 (PGE2), Tumornekrosefaktor-α [TNF-α], Kollagen, Matrix-Metalloproteinasen (MMP) und Gewebeinhibitoren der MMPs (TIMP) frei. Monozyten-Chemotaxis-Protein (MCP), Makrophageninflammatorisches Protein (MIP), „regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted“ (RANTES), transformierender Wachstumsfaktor β (TGF-β), Interferon-γ (IFN-γ), neutrophile segmentkernige Granulozyten (PMN), Leukotriene (LT), Immunglobulin G (IgG), Interleukin-1-Rezeptorantagonist (IL-1ra) (modifiziert nach Kornman et al.4).
Die Proliferation des Saumepithels mit Ausbildung von Retezapfen nimmt zu und es geht Kollagen verloren. Der das Infiltrat begrenzende Anteil des Epithels ist nun dünner und fragiler als das Saumepithel und bildet kein epitheliales Attachment zur Zahnoberfläche aus7. Dieses Taschenepithel weist einen hohen Anteil in die Tasche wandernder Leukozyten auf. Es weist eine höhere Permeabilität als das Saumepithel auf und kann an einzelnen Stellen vorübergehend ulzerieren.
Im Unterschied zur Parodontitis, die alle Anteile des Parodonts betrifft und dabei den Zahnhalteapparat zerstört, bleibt die Gingivitis auf die Gingiva beschränkt und kann nach Beseitigung der ätiologischen Faktoren vollständig ausheilen, d. h. es ist eine Restitutio ad Integrum möglich. Der Übergang von chronischer Gingivitis in eine Parodontitis wurde beim Menschen nicht experimentell provoziert. Epidemiologisch konnte aber gezeigt werden, dass eine chronische Gingivitis, die lange genug persistiert, in eine Parodontitis übergehen kann8. Die chronische Gingivitis kann über Zeiträume von unterschiedlicher, in manchen Fällen unbegrenzter Dauer stationär bleiben, geht aber in vielen Fällen in eine Parodontitis mit Zerstörung von Anteilen des Zahnhalteapparates über. Der Parodontitis geht immer eine Gingivitis voraus, wogegen eine Gingivitis nicht zwangsläufig in eine Parodontitis übergehen muss1.
Die Rolle der neutrophilen Granulozyten
Die segmentkernigen neutrophilen Granulozyten stellen die erste Verteidigungslinie gegen die bakterielle Exposition dar. Sie finden sich in parodontal gesundem Gewebe, bei Gingivitis und Parodontitis. Ihre Zahl nimmt mit zunehmendem Fortschreiten der Erkrankung zu und erreicht bei Parodontitis ihr Maximum. Die neutrophilen Granulozyten werden durch chemotaktische Konzentrationsgradienten von Produkten der bakteriellen Plaque (z. B. FMLP, LPS) oder durch Botenstoffe von Wirtszellen (z. B. Interleukin-8, Komplementfaktor C5a, Leukotrien B4) angelockt und wandern entlang dieser Konzentrationsgradienten von den sulkusnahen Blutgefäßen durch Bindegewebe und Saumepithel in den gingivalen Sulkus oder in die gingivale bzw. parodontale Tasche. Auf dem Weg durch das Gewebe leiten Adhäsionsmoleküle (ICAM-1, ELAM-1) die Wanderung der neutrophilen Granulozyten. Nach Verlassen des Gewebes und Wanderung in den Sulkus bzw. in die Tasche nähern sie sich den Mikroorganismen und heften sich ihnen an. Viele Bakterien müssen durch spezifische Antikörper markiert (opsoniert) werden, um von den neutrophilen Granulozyten erkannt und aufgenommen (Phagozytose) werden zu können. Die Plasmamembran der neutrophilen Granulozyten fließt um die Mikroorganismen, um sie schließlich in sogenannten Phagosomen einzuschließen. Ein neutrophiler Granulozyt kann mehrere Mikroorganismen gleichzeitig einschließen. Synchron mit der Phagozytose der Mikroorganismen wandern Granula (Lysosomen) des neutrophilen Granulozyten zum Phagosom und verschmelzen mit ihm. Diese Lysosomen enthalten antimikrobielle Substanzen, z. B. Myeloperoxidase, Lysozym, Laktoferrin, Elastase. Diese Substanzen töten die Bakterien und lösen sie auf. Vor der völligen Umschließung des Bakteriums können Inhaltsstoffe der Lysosomen in die Umgebung des neutrophilen Granulozyten gelangen. Dies hilft bei der Zerstörung nicht phagozytierter Mikroorganismen, kann aber auch zu Gewebezerstörungen führen. Neutrophile Granulozyten haben eine primär protektive Funktion. Sie sind zur Phagozytose und zur Zerstörung von Bakterien in der Lage (Abb. 9). Die Granula der neutrophilen Granulozyten enthalten aber auch Enzyme, die Gewebe zerstören können, wie Elastase. Gelingt es den Granulozyten, die bakterielle Exposition zu einem frühen Zeitpunkt zu beherrschen, kommt es nur zu oberflächlichen Gewebedestruktionen und es kann sich eine Homöostase einstellen (granulozytäre Clearence). Bestimmte Parodontalpathogene verfügen aber über Mechanismen, die Funktion der neutrophilen Granulozyten zu stören bzw. außer Kraft zu setzen, wie das Leukotoxin von Aggregatibacter actinomycetemcomitans.
Abb. 9 Antikörper in der Abwehr von Mikroorganismen: 1) Verhinderung der Adhäsion von Mikroorganismen an Schleimhäuten durch Abschilferung von Epithelzellen und sekretorisches Immunglobulin A (IgA) im Speichel, 2) Komplementaktivierung durch spezifische Antikörper, 3) Opsonierung von Mikroorganismen als Voraussetzung für deren Phagozytose durch Leukozyten10.