Kitabı oku: «Hull Storys», sayfa 3

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Sie lächelten einander zu, dann ging Robert hinüber zum Fähranleger. Lina Malinowski stand im Ruderhaus.

Die Fähre war besetzt mit Rollers-Fans die nach Westchapel zurückfuhren. Es wurden Spirituosen gekauft, reichlich Spirituosen! Lina gab über die Bordlautsprecher bekannt, dass der Genuss von Alkohol an Bord verboten sei. Entrüstetes Gemurmel der Fährgäste, offensichtlich wollten sie die im Westcorner-Inn angeheizte Musikdröhnung etwas nachbrennen lassen.

7.

Der Fähranleger in Chapel lag in hellem Mondlicht. Die Wasseroberfläche im Hafen beruhigte sich schnell, nachdem die Fähre wieder abgelegt hatte, leer. Denn zu dieser Nachtzeit schien niemand mehr in die City fahren zu wollen. Robert schlenderte an der gebogenen Pier entlang Richtung Boganson-Cottage. Der Pub, rechter Hand, lag in tiefem Nachtschlaf. Auch der Wind war eingeschlafen, in den Platanen raschelte kein Blatt. Robert betrat sein Cottage, das er nie verschloss, pflegte sich und ging zu Bett.

Durch die Fensterläden fielen Streifen Tageslicht, als er aufwachte. Es war Sonntag, gegen 11 Uhr.

Robert duschte, kleidete sich mit Jacket und Hose, darunter ein Hemd, das nicht in den Hosenbund gesteckt wurde. Dazu wählte er einen passenden Hut.

In bester Laune ging er zum Pub, er wollte zum Lunch etwas essen. Das Chapel-Inn war gut besetzt. Er schaute nach einem freien Tischplatz. In der rechten Raumseite in einer großen Nische nahe der Eingangstüre stand ein runder Tisch mit acht Sitzplätzen. Mehrere Personen besetzten den Tisch. Eine junge Frau winkte ihm zu, es war Jennifer O’Toole. Neben Jennifer saß eine weitere junge Frau. Sie hatte Ähnlichkeit mit Raffaela Conte, die ebenfalls am Tisch saß. Die junge Frau wurde Robert als Claudia Conte vorgestellt. Eine Frau in Roberts Alter stellte sich als Rose O’Toole vor, Jennifers Mutter. Rose gehörte zu der Art Frauen, bei deren Anblick sich Roberts Herzschlag für einen Augenblick beschleunigte. Sie trug intensiv rotes, schulterlanges gelocktes Haar. Huskyaugen, weiche ebenmäßige Gesichtszüge mit einigen Sommersprossen, vollschlanker Körper waren ihre äußeren Merkmale.

Eine weitere Frau im gleichen Alter stellte sich als Betty Coleman vor. Jennifer erklärte, dass Rose und Betty beide ihre Mütter seien. Das verwirrte Robert einen Augenblick, bis er begriff, dass die beiden Frauen ein gleichgeschlechtliches Paar waren. Betty Coleman trug weißblondes glattes Haar und ihre blauen Augen in einem scharf geschnittenen Gesicht hatten etwas raubtierhaftes. Sie war etwa 1,70 Meter groß, extrem schlank, trotzdem wirkte sie kräftig, muskulös. Robert registrierte, dass Betty der Typ Frau war, „um die Mann dreimal vorsichtig herumging, bevor Mann sie ansprach“.

Jennifer berichtete munter, dass sie und ihre Rollers Robert am Vorabend im Westcorner-Inn kennengelernt hatten. Sie bezeichnete Robert als Bassisten, mit dem sie zusammenarbeiten wollten, wenn die nächste Probesession positiv verlaufen werde.

Am Tisch herrschte darauf hin Stille, die durch Raffaela Conte aufgelöst wurde: „Meine Tochter Claudia und Jennifer sind Freundinnen. Sie besuchen gemeinsam die Highschool. Jennifer und ihre Eltern haben bei uns übernachtet, damit sie nicht in der Nacht zurück nach Eastchurch fahren mussten!“

Sie bat Robert am Tisch Platz zu nehmen. Robert nahm dankend an und bestellte bei Dora das Tagesmenü. Raffaela ermunterte Robert, etwas von sich zu erzählen. In schnellen Zügen berichtete er seinen Lebenslauf bis zur Gegenwart. Die beiden jungen Frauen schauten beeindruckt.

Raffaela erwähnte, dass die O’Toole-Farm Obst und Gemüse für die Agrargenossenschaft produziere. Inzwischen wurde der Lunch serviert. Das Gespräch floss in Richtung Agrartechnik.

Claudia und Jennifer verabschiedeten sich nach dem Essen aus der Runde. Jennifer erinnerte Robert noch einmal an den Termin am Mittwoch der folgenden Woche.

Nachdem Claudia und Jennifer den Pub verlassen hatten, sprach Betty Coleman ein Thema an, das sie offensichtlich bedrückte: „Wir wünschen uns Jennifer als unsere Nachfolgerin auf der O’Toole-Farm. Wir haben versucht, sie durch Erziehung in die Richtung zu lenken. Nun sieht es seit einiger Zeit so aus, als würde Jennifer in die Musikszene gleiten und unser gemeinsames Ziel aus den Augen verlieren!“

Schweigen am Tisch!

Robert berichtete: „Heute Nacht habe ich ihre Tochter am Schlagzeug erlebt. Ich bin kein professioneller Musiker, aber ich war beeindruckt von ihrer Schlagtechnik an den Drums und dem Energiestrom, mit dem sie die Menschen im Pub in ihren Bann zog. Sie mir als Farmerin vorzustellen, fällt mir schwer!“

Betty Coleman schoss vernichtende Blicke auf Robert. Genau das wollte sie über Jennifer nicht hören.

Rose O’Toole mischte sich ein: „Jenny ist achtzehn Jahre alt, bald macht sie Abitur. Sie wird einen Weg gehen, den wir nicht mehr beeinflussen können, vor allem nicht mit Druck. Wir warten die weitere Entwicklung ab!“

Schweigen am Tisch!

Raffaela gab der Bedienung ein Zeichen, bestellte eine Runde Kaffee mit Whisky. Die Spannung löste sich und das Gespräch verallgemeinerte. Robert schaute Rose O’Toole mehrmals für Bruchteile von Sekunden an. Er spürte das Verlangen, eine Beziehung mit einer bürgerlichen Frau zu haben. In seinen Jahren als Kapitän pflegte er in Häfen auf verschiedenen Kontinenten wiederkehrende Beziehungen zu großartigen Frauen, aber ihm war bewusst, dass diese Frauen als Prostituierte berufsmäßig großartig waren.

Im Falle der Rose O’Toole gab es Klarheit. Sie war mit Betty Coleman fest verbunden. Die beiden Frauen führten ein hartes Arbeitsleben auf der Farm und waren sehr abhängig voneinander.

Als Rose einmal seinen Blick wahrnahm, fühlte Robert Schamröte in seinem Gesicht aufsteigen.

In dem Augenblick löste sich die Tischrunde auf, man verabschiedete sich. Robert war erleichtert.

Er machte Dora das Bezahlzeichen. Sie signalisierte, dass Robert in ein monatliches Zahlungssystem aufgenommen war, bei dem die Verzehrkosten gesammelt und im Folgemonat abgerechnet werden.

Robert verließ das Chapel-Inn und ging hinüber zum Rathaus. Er wollte Reverend O’Bready sprechen und die paradoxe Frage diskutieren, wie man eine dauerhafte, familiäre Beziehung zu einer Frau gestaltet, ohne mit ihr zusammenzuleben. Es war Sonntag, Josh O’Bready arbeitete im Bürgermeisterbüro. Robert fragte, ob Josh etwas Zeit für ein privates Gespräch habe?

Josh bedauernd: „Leider nein, Robert. Ich arbeite augenblicklich unter Zeitdruck!“

Josh nahm einen Terminplan und bot einen Termin in der kommenden Woche Donnerstag von 11 bis 12 Uhr an. Robert bedankte sich und verließ das Rathaus.

Zu Hause auf der Küchenanrichte hatte Conchita den „Hull-Sunday“, eine regionale Wochenendzeitung, für ihn abgelegt. Er rief Conchita an, bedankte sich für die Zeitung und beschrieb ihr seinen Zeitplan für die kommende Woche.

Montag: Termin in der DF-Werft, ganztags

Dienstag: Besuch der Hull-Weststadt, ganztags

Mittwoch: Termin in der Musikfakultät der UNI, mittags bis abends

Donnerstag: Termin mit Reverend O’Bready von 11 bis 12 Uhr

Freitag: Testamentseröffnung in der DF-Werft, ganztags

Samstag: offen

Sonntag: offen

Conchita lud Robert für Sonntag zum Essen ein. Robert bedankte sich und sagte zu. Ihm war bewusst, dass Conchitas Familie an Neuigkeiten interessiert war. Das verstand er gut und er hatte ja versprochen, die Familie auf dem Laufenden zu halten.

Der Hull-Sunday bestand geschätzt zu achtzig Prozent aus Anzeigenwerbung. Im Veranstaltungskalender fand Robert die „Hull-City-Rollers“ mit einem Auftritt im Story-Ville, Mittwoch, 29. Mai angezeigt. Er staunte, wer im Story-Ville auftrat, erhielt damit den Ritterschlag als etablierte Größe in der Hull-Öffentlichkeit.

Robert verstand jetzt, dass die Rollers dringend einen Bassisten benötigten. Bei dem Gedanken, mit den Rollers im Story-Ville auftreten zu können, lief ihm ein angenehm kalter Schauer über den Rücken.

Während seiner Seefahrtzeit hatte er an die tausend Samplings in den verschiedensten Musikrichtungen gesammelt und diese mit seinen Bassinstrumenten immer wieder bespielt. Ein gutes Gehör für Musik und eine ausgefeilte Basstechnik waren das Ergebnis. Auch spielte er bei mehrtägigen Hafenaufenthalten in Jazzformationen als Bassist. Er würde am Mittwoch zur Übungssession seine eigene E-Bassgitarre mitnehmen, eine Rickenbacher 4003 FG.

Die Hull-Sunday enthielt auch eine Werbeanzeige der DF-Werft. Es wurden Dinghys von zehn bis dreißig Fuß Länge angeboten (ein Fuß entspricht etwa dreißig Zentimetern).

Im Hull Country wurden Dinghys gleichbedeutend mit Autos benutzt, denn das Kanal- und Wasserverkehrsnetz war gut ausgebaut, sowohl für den fließenden als auch für den ruhenden Bootsverkehr. DF-Dinghys waren hochwertig, das wusste Robert, aber auch hochpreisig. Er musste möglichst bald ein Dinghy anschaffen, um seine Mobilität zu verbessern.

Spät am Abend legte Robert die Hull-Sunday beiseite und ging schlafen.

8.

Robert erwachte gegen sieben Uhr am Montag, dem 5. Mai. Das Geräusch von Schiffs- und Bootsmotoren im Chapel-Harbour klang wie vertraute Musik in seinen Ohren. Eine neue Arbeitswoche lag vor den Menschen im Hull-Country. Am Himmel zeigten sich Schönwetterwolken, die im Zusammenspiel mit der Sonne fantasievolle Licht- und Schatteneffekte auf der Sundoberfläche erzeugten.

Robert empfand Anspannung in Erwartung des heutigen Gespräches mit seiner Cousine Susan.

Er pflegte sich, wählte eine konservative zivile Kleidung mit Anzug, Hemd und Krawatte, ging ohne Frühstück zum Fähranleger. Frühstücken wollte er in der Stadt, nachdem er sich erkundigt hatte, wie sein Termin in der DF-Werft mit öffentlichen Bootsverkehren sicher einzuhalten war.

Am Steuer der Fähre stand Don. Sie begrüßten sich durch Handzeichen, während das Ablegemanöver die volle Aufmerksamkeit des Kapitäns erforderte. Auf halber Strecke zum Westcorner blickte Robert zurück, in die südliche Westbay. Im Frühdunst sah er den Teil des Inselkopfes, der von Boganson-Cottage aus nicht sichtbar war. Grau-schwarz stiegen Klippen fast senkrecht aus der Westbay auf zum Leuchtturm. Zahlreiche Seevögel kreisten vor der Steilwand.

Am Westcorner Pier verließ Robert die Fähre kurz vor 9 Uhr und schaute zum Westcorner-Inn. Der Pub war nicht geöffnet. Es war zu früh! Dann fiel ihm ein, dass der Pub montags geschlossen war. Er ging zu den Wassertaxi-Liegeplätzen und erkundigte sich nach Fahrmöglichkeiten und Fahrzeiten. Es gab eine Wasserbuslinie, die in Westhull einen Rundkurs in Endlosschleife fuhr.

Damit konnte Robert zum Central Place gelangen und von dort einen Wasserbus nehmen, der den Eastchannel bis in die East-Bay befuhr. Die DF-Werft lag am südlichen East Boulevard.

Robert stieg in den Westhull-Wasserbus zum Central Place. Er freute sich darauf, die Stadt in aller Ruhe vom Boot aus betrachten zu können. Es ging am Sund-Pier vorbei an der Stadtlinie, die er von Boganson-Cottage aus morgens im Frühdunst als flache Linie erkannte.

Der Sund Boulevard war dicht besetzt mit Schiffsbedarfsgeschäften, kleineren Supermärkten, Pubs und Bordellhäusern (das Anschaffen auf Straßen und Plätzen im Hull-Country ist untersagt). Die Pier war fast vollständig mit Arbeitsschiffen und Yachten aller Klassen und jeden Alters belegt.

Die Einfahrt vom Sund in den Central-Channel überspannte eine weite Bogenbrücke mit einer Durchfahrthöhe von acht Meter. Sie verband die Weststadt mit der östlichen Stadt. Auf der rechten, östlichen Seite des Central-Channel reihten sich Bankhäuser, Handelszentralen, Reedereien aneinander. Auf der linken westlichen Kanalseite zweigten etwa alle 200 Meter Stichkanäle in die westliche Stadt ab. In diesem Stadtgebiet gab es extravagante Villen mit Gärten und vornehme Stadthäuser.

Der Central-Place, ein weitläufiger Platz mit einer ellipsenförmigen Grundfläche, beherbergte als dominantes Gebäude die St. Andrew Cathedral gegenüber der Einmündung des Central-Channels, das Rathaus, das Opernhaus, das Story-Ville, Museen und Hotels.

Ein kreisrundes Hafenbecken, der „Circle“, in Platzmitte bildete den Kanalknotenpunkt der Stadt.

Das Story-Ville, ein Rundbau im klassizistischen Baustil, befand sich auf dem Eckpunkt Central-Channel und West Channel. Auf der gegenüberliegenden Seite, am Eingang zum West Channel, lag das Hotel-Restaurant „Amiral“.

Robert erreichte den Central-Place gegen 11.30 Uhr. Der Wasserbus zur Eastbay fuhr alle dreißig Minuten und benötigte eineinhalb Stunden. Grob gerechnet blieben bis zu seinem Termin, 15.00 Uhr, etwa zwei Stunden. Zeit genug, hier am Central-Place in Ruhe ein Frühstück einzunehmen. Das Amiral bot eine schöne Außengastronomie am Central-Place mit Blick auf den Circle. Robert wählte einen schattigen Platz, von dem aus er das geschäftige Treiben um sich herum beobachten konnte. Das Frühstück wählte er mit Toast, Ham and Eggs und warmen Bohnen in Tomatensauce, dazu Tee.

Gegen 13 Uhr erschien an seinem Tisch ein elegant gekleideter Herr, Alter etwa sechzig Jahre, mit lichtem, schwarzem Haupthaar. Er lächelte und stellte sich vor: „Antonio Romani, ich bin der Eigentümer des Amiral. Bitte verzeihen Sie, neuen Gästen unseres Hauses stelle ich mich persönlich vor. Darf ich fragen, ob Sie sich wohlfühlen bei uns?“

Robert reagierte etwas überrascht: „Ja, sehr angenehm, Mr. Romani! Aber woher wissen Sie, dass ich ein neuer Gast bin?“

„Mein Personal hat Anweisung, mir jeden Gast sofort zu zeigen, der erstmalig gesehen wird. Und glauben Sie mir, wir haben uns noch nie geirrt!“

Robert lächelte anerkennend. Antonio Romani wirkte natürlich freundlich, Robert war er sofort sympathisch.

Er stand von seinem Platz auf, reichte Romani die Hand und stellte sich vor: „Robert Finnly, Bürger im Hull-Country seit Anfang Mai. Bitte nehmen Sie doch einen Augenblick Platz, Mr. Romani!“

Antonio Romani, angenehm berührt, setzte sich zu ihm.

Er sagte: „Wissen Sie, Mr. Finnly, ich bin zum Inventar dieser Stadt geworden, jeder kennt mich. Von meinen Gästen werde ich Antonio genannt. Es würde mich freuen, wenn auch Sie bald zum Kreis der vertrauten Personen gehören.“

„Sehr gerne, Mr. Romani!“ Robert berichtete von sich und seiner zurzeit ungewissen Zukunft. Es machte ihm nichts aus, diesem doch eigentlich fremden Menschen seine Situation zu schildern. Romani berichtete von sich, seiner Familie und dem Gastronomiebetrieb, er war, wie Robert auch, völlig offen.

Robert schaute auf die gewaltige Turmuhr von St. Andrew und erschrak. Es war fast 14 Uhr, zu spät für eine Fahrt mit dem Wasserbus. Romani bemerkte sein Schreckmoment und fragte nach. Robert erklärte ihm das Problem. Romani winkte einen Angestellten heran und gab Anweisungen in italienischer Sprache. Dann sagte er lächelnd: „Mr. Finnly, das Problem lösen wir gemeinsam. Warten Sie bitte ein paar Minuten!“ Romani bat ihn, ihm zu folgen. Sie gingen zur Pier und einige Minuten später legte ein schickes Dinghy mit Amiral-Werbung an.

Romani mit freundlicher Geste: „Steigen Sie ein, Mr. Finnly, mein Sohn Angelo fährt Sie zum East Boulevard.“ Während sie ablegten, fiel Robert ein, dass die finanzielle Seite zu regeln sei. Das Frühstück war auch nicht bezahlt.

Romani rief lachend: „Später, Mr. Finnly, später!“

Das Dinghy fuhr in den Eastchannel, vorbei am Universitätscampus in Midle-East-Channel, in die Eastbay, und legte um 14.50 Uhr an der Pier der DF-Werft an. Robert bedankte sich bei Angelo und wollte ihm zwanzig Dollar geben.

Angelo wehrte ab: „Entschuldigen Sie bitte, Sir, ich bin der Sohn des Chefs, ich darf das Geld nicht annehmen!“

Kurz vor 15 Uhr betrat Robert die Lobby des DF-Geschäftshauses und meldete sich an. Eine Dame holte ihn ab und führte ihn in den Raum, der als „Kontor“ bezeichnet wurde.

Anwesend waren ein Notar, Susan van Daelen und ihr Mann Dick van Daelen.

Susan begrüße Robert sitzend, reserviert, kühl. Dick van Daelen erhob sich und begrüßte Robert freundlich mit Händedruck. Der Notar, im Alter von etwa siebzig Jahren, zeigte keinerlei Regung, während er ständig in seine Unterlagen schaute.

Susan eröffnete das Gespräch mit der Frage: „Bist du informiert über den finanziellen Status unserer Firma?“

„Nein!“

„Unsere Firma hat sich konsolidiert, nachdem mein Vater die Geschäftsleitung im Jahr 2000 übernahm. Ohne Kenntnis des testamentarischen Inhalts erhebt meine Familie den unteilbaren Anspruch auf die Vermögenszugewinne der Firma seit diesem Datum. Unsere Familie erachtet es als gerecht, wenn die bis zu dem Zeitpunkt vorhandenen Vermögenswerte der Finnly-Werft zwischen dir und uns aufgeteilt werden!“

Robert nickte bedächtig und sagte: „Das, Susan, ist für mich selbstverständlich!“

Susan fragte: „Denkst du daran, wieder in die Firma einzutreten, z. B. in der technischen Führungsebene?“

„Das werde ich nicht tun. Die Gründe, denke ich, müssen wir hier jetzt nicht erörtern!“, erwiderte Robert.

„Was ist dann deine Vorstellung zum Erbe, Robert?“, fragte sie.

„Ich will die Erbschaft formell ablehnen, wenn wir uns über einige Punkte vorab einigen!“

„Und die sind?“

„Die Wohnung meiner Eltern im Finnly-Stadthaus möchte ich mit einem lebenslangen Wohnrecht nutzen. Weiterhin bitte ich die DF-Werft, mir ein DF-Dinghy aus dem Bestand gebrauchter Boote kostenlos zu überlassen!“

Schweigen!!!

Susan: „Und weiter?“

Robert: „Das ist alles!“

Susan: „Entschuldige Robert, bist du gesund?“

„Ja, Susan, ich befinde mich im Vollbesitz meiner geistigen und körperlichen Kräfte!“

Susan schaute ihn skeptisch an: „Dürfen wir deine Forderungen vertraglich festlegen?“

„Ja, ich bitte darum!“

„Herr Notar, ist es Ihnen möglich, das hier Besprochene vor dem 10. Mai vertragsreif zu gestalten?“, fragte Susan zu dem Notar gewandt.

„Sehr wohl, Madam, Mittwoch in dieser Woche kann ich den Parteien die entsprechenden Vertragsunterlagen vorlegen!“

Robert fragte: „Geht das bis Mittwoch, 12 Uhr?“

Der Notar bestätigte den Terminwunsch.

„Habt Ihr ein Dinghy für mich, schon heute?“, fragte Robert.

Dick van Daelen schaute Robert nachdenklich an: „Ja Robert, ich kann dir einige Dinghys zeigen lassen. Die Daten des von dir gewählten Dinghys gebe ich dem Herrn Notar zur Einarbeitung in den Vertrag!“

„Aber ich habe eine Frage an dich. Wir haben Probleme, qualifizierte Kapitäne für die Übergabe und Einweisung der bei uns gekauften Schiffe an unsere Käufer zu finden. Du bist, davon bin ich überzeugt, prädestiniert für diese Aufgabe. Können wir in diesem Bereich ins Geschäft kommen?“

Robert überlegte: „Vielleicht, wenn Ihr mich nicht einstellen wollt. Auf Honorarbasis kann ich mir den Job vorstellen. Wo ist denn der Übergabepunkt für die Schiffe?“

Dick erklärte: „Die Schiffe liegen zur Übergabe an der DF-Pier in der Westbay, direkt vor dem Finnly-Stadthaus.“

Robert fragte nach: „Ist das ein Fulltime-Job?“

„Muss nicht sein. Wenn du das auf Honorarbasis machst, sind alle Varianten denkbar!

„Klingt gut! Ich überlege das und habe vielleicht noch Fragen dazu. Können wir Mittwoch darüber sprechen?“, fragte Robert.

„Gut, ich schlage vor, das Gespräch über den Kapitäneinsatz gemeinsam mit dem Geschäftsführer unseres Tochterunternehmens, der „Hull-Travel-Shipping“, Bal Johnson, bei dem Termin mit dem Notar im Finnly-Stadthaus zu führen!“, meinte Dick.

Die anwesenden Personen stimmten dem zu.

Susan bedankte sich bei dem Notar und bat ihren Mann, Robert gebrauchte Dinghys zu zeigen.

Dick telefonierte mit dem Hafenmeister der DF-Werft. Sie verließen das Kontor und ließen sich in den Werfthafen fahren. Im Liegebereich der Gebrauchtboote trafen sie auf den Hafenmeister, der über das Anliegen Roberts bereits informiert war.

Der Hafenmeister führte sie zu einem Dinghy und erklärte: „Das ist das Dinghy ihres Großvaters, Mr. Boganson!“

Dick ergänzte: „Dein Großvater hatte es selbst konzipiert und die Werft mit dem Bau beauftragt. Nachdem er verstarb, ging das Dinghy in den Besitz der Werft zurück, da es noch nicht vollständig bezahlt war!“

Das Dinghy war ein flaches Doppelrumpfboot, zwanzig Fuß lang und neun Fuß breit. Das Vorderschiff hatte einen festen Aufbau mit Steuerstand. Im überwiegend offenen Bootsteil ließ sich eine Überdachung mit Plane und Spriegel entfalten. Im Heck des Bootes befand sich ein Schacht mit zwei Außenbordmotoren, Johnson-Motoren, mit je 40 PS. Der Bootsrumpf glänzte in der blauen Finnly-Farbe.

Robert staunte! Das Dinghy erfüllte die klassischen Anforderungen eines Auslieferungsbootes für kleinere Stückgutfrachten im Kanalnetz.

Robert taxierte das Dinghy: „Rein optisch sieht es gut aus. Ist es technisch in Ordnung?“

„Es ist vollkommen in Ordnung. Wir müssen nur eine neue Starterbatterie einbauen!“, sagte der Hafenmeister.

Dick erwähnte: „Es gab einige Interessenten an dem Dinghy. Allerdings mussten wir diese Sonderanfertigung, obschon gebraucht, mit 30.000 Dollar bewerten. Du kannst es im Rahmen unserer soeben getroffenen Vereinbarung haben, Robert!“

Robert war beeindruckt – das Dinghy seines Grandpa? Ja, das war ein Glücksgriff.

Er stimmte dem Deal zu und Dick gab dem Hafenmeister die Order, das Dinghy sofort betriebsbereit an die Finnly-Pier vor dem Geschäftshaus zu legen.

Dick und Robert fuhren zurück in die Geschäftsleitung. Robert fragte Dick: „Wie ist die Firmenleitung zurzeit organisiert?“

„Susan ist Vorstand Finanzen und Vertrieb und ich bin Vorstand Technik!“

„Und, kommt Ihr miteinander zurecht?“, fragte Robert nach.

Dick meinte: „Ja, wir haben uns arrangiert! Und, Robert, entschuldige bitte das Verhalten von Susan. Die Geschehnisse mit deinen Eltern und dann auch mit dir haben die Finnlys traumatisiert!“

Robert nickte: „Klar Dick, das verstehe ich und mein Verzicht auf ein Erbe soll auch ein Stück Wiedergutmachung sein, obschon das nicht das Hauptmotiv meines Verzichts ist! Wenn es so läuft, wie heute vereinbart, seid ihr endgültig von meinem Finnly-Familienzweig befreit!“

Dick nickte sinnend: „Danke Robert, ich finde das sehr ordentlich von dir!“

Die beiden lächelten sich zu und es schien der Beginn einer Freundschaft zwischen den beiden Männern zu sein.

Dick telefonierte mit seiner Frau. Der Notar war abgereist. Sie einigten sich darauf, mit Robert ein schnell organisiertes Essen im Kontor einzunehmen. Ein Lieferservice brachte asiatische Speisen. Es herrschte eine steife Stimmung, als sie mit dem Essen begannen. Robert erwähnte, dass sein Grandpa Knuth bemerkenswerte Ideen zu seinem Dinghy gehabt hatte. Dick bestätigte das und brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass dieses Dinghy jetzt wieder in der Hand der Familie sei.

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