STILLER TOD

Abonelik
Seriler: Dan Taylor #3
0
Yorumlar
Parçayı oku
Okundu olarak işaretle
STILLER TOD
Yazı tipi:Aa'dan küçükDaha fazla Aa

Stiller Tod
Rachel Amphlett

übersetzt von Wolfgang Schroeder

© Copyright 2015 Rachel Amphlett

Keine Vervielfältigung oder Weitergabe ohne Genehmigung.

Die Namen, Charaktere und Ereignisse in diesem Buch werden fiktiv verwendet.

Jede Ähnlichkeit mit tatsächlich lebenden oder toten Menschen, Ereignissen oder Orten ist rein zufällig.

Impressum

Deutsche Erstausgabe

Originaltitel: THREE LIVES DOWN

Copyright Gesamtausgabe © 2019 LUZIFER-Verlag Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Cover: Michael Schubert

Übersetzung: Wolfgang Schroeder

Lektorat: Astrid Pfister

Dieses Buch wurde nach Dudenempfehlung (Stand 2019) lektoriert.

ISBN E-Book: 978-3-95835-441-8

Du liest gern spannende Bücher? Dann folge dem LUZIFER Verlag auf

Facebook | Twitter | Pinterest

Um keine Aktion, News oder Angebote zu verpassen,

empfehlen wir unseren Newsletter.

Für weitere spannende Bücher besuchen Sie bitte

unsere Verlagsseite unter luzifer-verlag.de

Sollte es trotz sorgfältiger Erstellung bei diesem E-Book ein technisches Problem auf deinem Lesegerät geben, so freuen wir uns, wenn du uns dies per Mail an info@luzifer.press meldest und das Problem kurz schilderst. Wir kümmern uns selbstverständlich umgehend um dein Anliegen und senden dir kostenlos einen korrigierten Titel.

Der LUZIFER Verlag verzichtet auf hartes DRM. Wir arbeiten mit einer modernen Wasserzeichen-Markierung in unseren digitalen Produkten, welche dir keine technischen Hürden aufbürdet und ein bestmögliches Leseerlebnis erlaubt. Das illegale Kopieren dieses E-Books ist nicht erlaubt. Zuwiderhandlungen werden mithilfe der digitalen Signatur strafrechtlich verfolgt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Inhaltsverzeichnis

Stiller Tod

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Danksagung

Über die Autorin

Kapitel 1

Captain Matt Ryan presste seinen Rücken gegen die harte Oberfläche des Notsitzes im Heck des Lynx MK9 Hubschraubers. Als der Helikopter scharf nach rechts abdrehte, versuchte er, die aufsteigende Übelkeit zu ignorieren.

Normalerweise störte es Matt nicht, wenn ihm während eines Fluges schlecht wurde, das war schließlich jedem schon irgendwann einmal passiert. Doch der Sanitäter, der ihm gegenübersaß, war neu im Team … jung und ohne Kampferfahrung, und er hatte bestimmt keine Lust darauf, seinem kommandierenden Offizier dabei zuzusehen, wie dieser in den Gang zwischen die Sitze kotzte.

Also hob Matt den Kopf etwas und grinste sein Gegenüber an. »Na, schon nervös, Thompson?«

Es war nicht zu erkennen, ob der Sanitäter noch bleicher wurde. Er wischte sich den Mund mit dem Ärmel ab und rief dann über den Lärm der Rotoren: »Nur ein wenig, Sir.«

Matt blinzelte ihm beruhigend zu. »Daran gewöhnt man sich nie«, schrie er zurück, »ich zum Beispiel kotze immer kurz vor der Landung.«

»Deshalb sitzen wir ihm auch nicht mehr gegenüber!«

Der Zwischenruf kam von einem großen Soldaten, der sich ein Stück weiter in Richtung Rumpf in einen Sitz gequetscht hatte. Die Männer neben Matt brachen in Gelächter aus.

Erleichtert bemerkte er, wie sich der junge Sanitäter anschloss und dankte Sergeant Simon Blake insgeheim dafür, dass er die Stimmung ein bisschen aufgelockert hatte.

»Noch fünf Minuten!«

Die Meldung, die aus seinem Kopfhörer dröhnte, holte ihn augenblicklich in die Realität und zu dem Auftrag zurück, den sie zu erledigen hatten. Im Inneren des Hubschraubers breitete sich Stille aus, als jeder den Plan ein letztes Mal rekapitulierte. Seit einer guten Stunde flogen sie nun schon durch die Dunkelheit, die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden, kurz nachdem sie den deutschen Luftraum verlassen hatten. Inzwischen nutzte der Pilot die volle Kapazität der Nachtflugsichtgeräte seines Hubschraubers.

 

Der Helikopter begann jetzt schnell abzusteigen und als Matts Ohren mit einem Ploppen den Druck ausglichen, sagte ihm seine Erfahrung, dass sie gerade die Grenze überquert hatten.

Das war sozusagen ihr Point of no Return.

Stattdessen drängte der Hubschrauber weiter vorwärts, seine Motoren trieben ihn durch die Nacht. Matt stellte sich vor, wie sich die getarnte Außenhaut des Helikopters in die Landschaft einfügte und sie unsichtbar durch das Gebirge flogen, das ihnen den Weg zu ihrem Ziel wies.

Er hatte die letzten achtundvierzig Stunden damit verbracht, über topologische Karten und anschließend über den Bauplänen des Gebäudes zu brüten, um die Mission mit seinen Vorgesetzten zu planen, die Risiken zu diskutieren und seine Taktik für den Fall, dass alles glatt verlief, aber auch für die Möglichkeit, dass die Mission fehlschlug, darzustellen.

Irgendwann war der Generalmajor von dem Fenster zurückgetreten, durch das er einige Zeit gestarrt hatte, und hinter ihm war auf dem Fluss der dunkle Umriss der HMS Belfast aufgetaucht.

»Ist es das Risiko wirklich wert?«, hatte er gefragt.

Ein zweiter Mann hatte abrupt seinen Stuhl vom Tisch zurückgeschoben und Matt hatte kalten Stahl in seinen Augen glitzern sehen, bevor der Mann antwortete.

»Ja, das ist es«, hatte er gesagt. »Wir werden bedroht und er ist enttarnt worden. Wir brauchen ihn hier. Und zwar jetzt.«

Das Treffen war nach zwei Stunden beendet worden, nachdem der Plan fertiggestellt worden war.

Matts Magen zog sich instinktiv zusammen, als der Helikopter mit einem schnellen, Übelkeit erregenden, Sinkflug begann.

»Zwei Minuten!«

»Macht euch für den Ausstieg bereit!«, schrie Matt.

Die letzte Minute war wie immer nervenaufreibend, obwohl er wusste, dass der Auspuff des Lynx mit Diffusern ausgestattet war, die verhindern sollten, dass ein feindliches Radar ihre Hitzesignatur aufspüren konnte. Aus dem gleichen Grund war der Lynx auch in der Lage, die eigene elektronische Signatur zu verzerren.

Sie flogen so leise und unsichtbar wie nur möglich und dazu in einem der schnellsten Luftfahrzeuge der Army.

Adrenalinschübe schossen durch seinen Körper, als er sich den Zweck ihrer Mission noch einmal vergegenwärtigte: Holt ihn da raus. Bringt ihn nach London zurück, und zwar lebend.

»Tot ist keine Option«, hatte der mysteriöse Mann bei der Besprechung gesagt und Matt dabei angestarrt. »Haben Sie das verstanden?«

»Ja, Sir.«

Matt hatte bereits gestanden, als der Mann seinen Stuhl nach hinten geschoben hatte und den Raum verließ. Sobald die Tür wieder zugefallen war, hatte sich Matt an seinen Vorgesetzten gewandt. »Was ist hier los, Sir?«

Der Generalmajor hatte mit den Schultern gezuckt. »Zur Hölle, wäre schön, wenn ich das selbst wüsste, Soldat. Ich weiß auch nicht mehr als Sie.«

Was bedeutete, so gut wie nichts.

Matt schob diese Erinnerungen zur Seite und konzentrierte sich jetzt darauf, die Ausrüstung, die an seinem Kampfanzug befestigt war, ein letztes Mal zu überprüfen.

Auf Befehl des Missionsleiters waren alle Abzeichen von ihrer Kleidung entfernt worden. Selbst die Tarnanzüge, die sie trugen, war die eines anderen Landes.

»Es fühlt sich nicht richtig an, wenn ich nicht die Krone Ihrer Majestät am Körper trage«, hatte Blake gegrummelt. Das Team hatte zwar gelacht, aber Matt wusste, was er eigentlich damit hatte sagen wollen. Natürlich hatte er schon an einer Reihe von Geheimmissionen teilgenommen, aber diese hier war eindeutig anders.

Der ganze Aufwand nur für einen einzigen Mann? Und was, wenn etwas schieflief?

Als er diese Frage seinem kommandierenden Offizier gestellt hatte, hatte ihn der ältere Mann eindringlich angeschaut.

»Scheitern ist keine Option«, hatte dieser geantwortet.

Matt atmete aus, schloss für einen Moment die Augen und ließ seinen Hals knacken, um sich auf den bevorstehenden Ausstieg vorzubereiten. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie dieses Mal wenigstens normal landen würden und nicht mit den Fallschirmen abspringen mussten.

»Sechzig Sekunden!«

Er hörte, wie der Sergeant zuerst auf der Steuerbordseite die Schiebetür öffnete und dann auf der anderen Seite. Der Wind pfiff durch die gähnenden Öffnungen und als Matt seine Augen wieder öffnete, begannen sie sofort zu tränen. Er zog sich die Schutzbrille über das Gesicht, stand auf und nickte dem Sanitäter aufmunternd zu. »Los geht’s, Thompson. Der Tanz beginnt«, schrie er, während das Brüllen der Maschinen seine Worte genauso schnell wieder verschluckte, wie er sie aussprach.

Der junge Mann nickte und sprang mit weit aufgerissenen Augen auf die Füße.

Matt wandte sich an das restliche Team. »Okay, ihr habt das in den letzten vierundzwanzig Stunden oft genug durchgespielt. Jetzt wird es ernst. Jeder weiß, was er zu tun hat. Zieht es durch. Kommt da heil wieder raus und kehrt dann hierhin zurück. Verstanden?«

»Ja, Sir!«

Die Männer schoben ihre Nachtsichtgeräte vor die Augen und griffen nach den Haltebändern, die über ihren Köpfen herabhingen, während der Bordschütze sein Maschinengewehr auf das Gebäude richtete, das sich vor ihnen abzeichnete.

Matt lehnte sich so weit vor, bis er aus der Steuerbordschiebetür einen ersten Blick auf das Gefängnis werfen konnte, in das sie in Kürze einbrechen würden.

Die beiden Wachtürme, die früher über den Gefängnismauern gethront hatten, waren längst eingestürzt, der ständige Ansturm der eisigen Elemente hatte ihren Verfall beschleunigt. Die äußeren Mauern wirkten ebenfalls verlassen.

Offensichtlich erwartete niemand, dass irgendjemand aus diesem trostlosen Ort ausbrechen, geschweige denn in ihn einbrechen würde.

Als der Helikopter vom Himmel fiel und seine Räder hart auf dem Boden aufprallten, stabilisierte der Pilot den Hubschrauber mit einem Manöver wie aus dem Lehrbuch, bevor er die Rotoren langsamer laufen ließ.

»Los, raus, raus!«, drängte Matt, während er schnell aus dem Helikopter stieg und seinen Körper von dem Abwind wegdrehte, den die Rotoren über ihm erzeugten.

Der Hubschrauber war in einem großen ummauerten Bereich gelandet. Aus dem Briefing wusste Matt, dass dies der Innenhof des Gefängnisses war. Seine Füße wirbelten beim Laufen Staub und kleine Steine auf.

Er schaute nicht zurück … das musste er auch nicht. Er wusste auch so, dass seine Männer direkt hinter ihm waren und ihre Positionen einnehmen würden, um ihm und dem Helikopter Deckung zu geben, während er das kleinere Team, einschließlich des Sanitäters, zu ihrem Ziel führen würde.

In der Kabine war gerade noch Platz für einen Patienten auf einer Krankentrage.

Die eisige Temperatur ließ seinen Atem wie Dampf wirken, als er über den kahlen Boden rannte und seine Finger durch die dünne Bergluft bereits taub wurden. Er legte die Hand um sein Gewehr und hob es an die Brust, bevor er sich mit der Schulter an der gegenüberliegenden Wand abstützte und sich umdrehte, bereit, bei Bedarf Deckung zu geben.

Als Blake neben ihm zum Stehen kam, warf er einen Blick auf die verlassenen Wachtürme und runzelte die Stirn.

»Kannst du etwas erkennen?«

»Negativ, Sir.«

Matt tippte kurz auf das Mikrofon, das er mit schwarzem Isolierband an seine Körperpanzerung geklebt hatte. »Alpha One, bestätige … der Bereich scheint verlassen.«

»Verstanden.«

»Wo sind denn alle?«, zischte Blake.

Matt bedeckte sein Mikrofon. »Das hier ist ein altes sowjetisches Gefängnis«, murmelte er. »Die CIA hat es für Auslieferungsoperationen verwendet, bis sie aufgeflogen sind. Der Geheimdienst vermutet, dass es seither von jemandem für seine eigenen Zwecke genutzt wird.« Er ließ seine Hand wieder auf das Gewehr sinken und fühlte die vertraute Oberfläche, dann überprüfte er die Verbindung zur Helmkamera und holte tief Luft. »Okay«, sagte er und wandte sich an die Männer neben ihm. »Bleibt wachsam. Los geht’s.«

Sie liefen hintereinander an der Mauer entlang, bis Matt langsamer wurde und seine Faust in die Luft reckte. Er rief sich noch einmal die Baupläne in Erinnerung und war froh, dass es seinen Vorgesetzten gelungen war, sie zumindest bis hierhin mit den richtigen Informationen zu versorgen.

Neben ihm versperrte eine stabile Metalltür den Zugang zum Gebäude. Er winkte Blake heran und trat schnell zur Seite, als der Mann eine Sprengschnur aus seiner Weste zog und eine kleine Sprengladung an der Tür befestigte. Er wartete, bis Blake ein paar Schritte nach hinten machte, dann gesellte er sich zu Thompson, der seitlich neben dem Gebäude stand und wandte den Kopf ab.

Die Explosion war kurz, aber effektiv.

Das Schloss an der Tür wurde von der Explosionskraft des Plastiksprengstoffs weggesprengt und die Männer betraten nun nacheinander das Gebäude ohne weitere Zwischenfälle. Matt befahl dem letzten Mann, die Tür wieder zu schließen und sie zu bewachen.

»Wir sind drin«, murmelte er über seine Sprechverbindung. »Sind jetzt zu den Zellen unterwegs.«

»Der Geheimdienst sagte, er ist im inneren Block. Die Lagepläne zeigen eine Treppe auf sechs Uhr. Geht dann zwei Treppen tiefer.«

»Verstanden.«

»Runter!«

Matt duckte sich sofort, denn die Dringlichkeit in Blakes Tonfall ließ keinen Raum für Diskussionen, also blieb er in der Hocke und drehte sich auf seinen Zehenspitzen von einer Seite zur anderen, wobei er sein Gewehr weiterhin im Anschlag hielt.

Schüsse hallten von den Wänden wider und Matt bemerkte nun einen Schatten, der zu Boden sank. Danach hörte er das Geräusch von Metall, das auf den Beton aufschlug, als dem Getroffenen seine Waffe aus den Händen glitt, kurz bevor sein Körper endgültig zusammenbrach.

Matts Blick fiel auf Thompson, der immer noch mit erhobenem Gewehr und bleichem Gesicht dastand.

»Gute Arbeit, Soldat«, sagte er. »Konzentriert bleiben.«

»Sir.«

»Treppe«, sagte Blake. »Irgendwo müssen hier noch mehr Leute sein.«

Matt ging im Kopf die Pläne des Gebäudes durch und rief sich den Grundriss vor Augen, den er im Besprechungsraum genau studiert hatte.

Eine Etage tiefer befand sich direkt an der Treppe ein Raum, von dem der Geheimdienst glaubte, dass er zu Lagerzwecken genutzt wurde. In früheren Zeiten waren dort auch Gefangene untergebracht worden, aber damit hatte man bereits vor zwanzig Jahren aufgehört.

Der richtige Spaß fing aber erst im darunterliegenden Stockwerk an.

Blake ging voran, während Matt beim Abstieg die Nachhut bildete.

Als Matt den Fuß der Treppe erreichte, schob er sich die Nachtsichtbrille auf die Stirn und spähte dann über Blakes Schulter in den schwach beleuchteten Gang hinein.

Links von ihnen verlief eine kahle, verputzte Wand, deren Oberfläche feucht glänzte. Auf der gegenüberliegenden Seite entdeckte er eine Reihe schwerer, verschlossener Stahltüren, deren dunkle Lackierung abgeplatzt war und sich abschälte.

»Welche davon?«, zischte Blake.

»Die vierte«, antwortete Matt. Am Ende des Korridors erregte plötzlich etwas seine Aufmerksamkeit. »Jemand kommt!«

Die drei Männer gingen augenblicklich in die Hocke, verteilten sich und richteten ihre Waffen auf die beiden Gestalten, die aus dem Schatten des Kellerzellenblocks aufgetaucht waren.

Matt zuckte zusammen, als neben ihm Mauerwerk aus der Wand gesprengt wurde und das Gewehrfeuer ihrer Feinde durch den Korridor dröhnte.

Er zog den Abzug seines eigenen Gewehres durch und fühlte einen Moment der Befriedigung, als einer der Wachposten zu Boden stürzte und sein Bein umklammerte.

Neben ihm feuerte Blake eine kurze Salve auf die zweite Wache ab und die Silhouette des Mannes wurde von den auftreffenden Kugeln herumgeschleudert, bevor er am Boden zusammensackte.

Die erste Wache versuchte inzwischen, auf seine Waffe zuzukriechen, die er fallen gelassen hatte, während er immer noch sein Bein umklammert hielt.

Matt stand auf, visierte ihn mit seinem Gewehr an und feuerte.

 

Im Korridor wurde es nun still. Matt gab Blake ein Zeichen, die Rückendeckung zu übernehmen und lief auf die Männer am Boden zu.

Er rechnete nicht damit, bei ihnen irgendwelche Identifikationsmerkmale zu finden, und er wurde nicht enttäuscht. Also wandte er sich von den Leichen ab, rannte zu Blake und Thompson zurück und deutete auf die vierte Stahltür.

Blake zog eine zweite Sprengschnur aus der Tasche, aber Matt tippte ihm auf den Arm und hielt die Schlüssel hoch, die er einem der Toten abgenommen hatte.

»Wir machen es dieses Mal leiser. Reduziert auch das Risiko, die Ware zu beschädigen«, sagte er und klimperte leise mit dem Schlüsselbund in seiner Hand.

»Macht aber auch weniger Spaß«, brummte Blake und trat zur Seite.

Matt brauchte zwei Versuche, bis er den richtigen Schlüssel gefunden hatte, dann drückte er die Klinke hinunter und stieß die Tür auf.

Die drei Männer traten bei dem Gestank, der ihnen aus der Finsternis entgegenschlug, unwillkürlich einen Schritt zurück.

»Jesus«, flüsterte Matt.

Im trüben Licht des Korridors ließ er seinen Blick über den Boden gleiten, bis er ein Knäuel zerlumpter Kleidung entdeckte und ein paar große Füße, die aus einem Ende des Haufens herausragten. Als sich seine Augen an die schwache Beleuchtung gewöhnt hatten, bemerkte er zwei Hände, die sich auf einer nackten Brust ineinander krallten und deren Haut fleckig und zerkratzt war. Schließlich blieb Matts Blick am Gesicht des Mannes hängen, das verletzt und zerschlagen war, die Augen waren durch die Prellungen, die die Wangenknochen und die Augenhöhlen umgaben, fast zugeschwollen.

Blake fluchte leise und wandte sich dann wieder dem Korridor zu. Wütend richtete er seinen Gewehrlauf abwechselnd auf die beiden Enden des Gangs.

Matts Finger tasteten die Wand des Raumes ab, bis er einen Lichtschalter fand, der aber nicht funktionierte. Sein Blick ging zur Zellendecke, aus der zwar einige Kabel hervorragten, an die jedoch keine Lampe angeschlossen war.

Er schluckte. Offensichtlich waren die Entführer des Gefangenen entschlossen gewesen, den Mann daran zu hindern, sich selbst das Leben zu nehmen. Zumindest so lange, bis sie mit ihm fertig waren.

»Auf geht’s«, murmelte er zu Thompson. »Sehen wir nach ihm.«

Matt ging neben der zusammengerollten Gestalt in die Hocke und winkte den Sanitäter zu sich.

»Schnelle Einschätzung«, sagte er. »Kann er bewegt werden?«

Thompson hockte sich neben ihn hin und nahm eine kleine Taschenlampe aus seiner Weste. Dann strich er mit dem Strahl über den Mann, der durch seine geschwollenen Augenlider blinzelte und abwehrend die Hände hob, um seine Augen vor dem blendenden Licht zu schützen.

Der Sanitäter ließ seine Hände über den Körper des Gefangenen gleiten und suchte nach schweren Verletzungen, die seine blutbefleckte Kleidung verbergen könnte.

Matt griff in sein Kampfgeschirr und zog ein kleines, rechteckiges elektronisches Gerät hervor, das er nun einschaltete. Der Bildschirm blitzte beim Booten einmal kurz auf, dann leuchtete der Touchscreen auf der Vorderseite permanent auf und tauchte sein Gesicht in ein grünes Licht.

Er streckte die Hand aus, richtete das Gerät auf den Mann und hob dann vorsichtig eine Hand des Gefangenen so weit an, bis dessen Zeigefinger auf dem Touchscreen lag. Matt hielt die Hand des Mannes so lange ruhig, bis aus dem Gerät ein tiefer Piepton ertönte, dann drehte er den Bildschirm um und überprüfte das Ergebnis.

Er hatte den Fingerabdruck des Mannes erfasst, die Windungen und Falten seiner Haut waren gescannt und ausgewertet worden.

Das Ergebnis war bestätigt.

Matt zuckte beim Anblick der Schnittwunden und blauen Flecken im Gesicht des Mannes zusammen, dann schaltete er das Gerät aus, steckte es wieder in sein Kampfgeschirr und fragte sich, ob der Gefangene selbst gehen konnte oder getragen werden musste.

Blake trat näher, sein Gewehr zielte auf die offene Zellentür. »Ist er es?«

»Ja.« Matt beugte sich zu dem Sanitäter hinunter. »Was ist?«

Der Mann drehte sich um, Schweiß lief ihm über das Gesicht. »Ich kann keine komplizierten Frakturen entdecken, Sir. Allerdings kann ich nicht garantieren, dass er keine inneren Verletzungen hat. Seine Beine sind mit Brandwunden übersät, die wahrscheinlich von Zigaretten stammen, und auf die Schnitte an seinem Arm hat man anscheinend Bleichmittel oder Ähnliches gegossen.«

»In Ordnung, wir rücken ab.« Matt stand auf und deutete auf Blake. »Hilf mir, ihn zu stützen. Lass uns von hier verschwinden.«

Er tauchte unter einen der Arme des Gefangenen, wartete, bis Blake dasselbe getan hatte, und schwankte dann einen Moment lang, während sie das Gewicht des Mannes zwischen sich austarierten.

»Bereit?«

»Los.«

»Gib uns Rückendeckung, Thompson.«

»Okay, Sir.«

Matt trat seitlich durch die offene Zellentür und versuchte, sein Gewehr in der rechten Hand zu entsichern, während er sich langsam vorwärtsbewegte.

Sie würden langsamer vorankommen, als ihm lieb war, aber er konnte nichts dagegen tun, also knirschte er mit den Zähnen und behielt stattdessen die anderen Zellentüren im Blick.

Ein Schweißtropfen lief ihm die Stirn hinunter, als er sich fragte, wer sonst noch hinter diesen Türen eingesperrt sein könnte … und ob jemals jemand auftauchen würde, um auch sie zu retten. Er blinzelte, um diesen Gedanken zu vertreiben, und drehte sich gerade zu der Betontreppe um, die zurück zum Gefängnishof führte, als Blake plötzlich losbrüllte.

»Angreifer von links!«

Matt fluchte.

Die Wache war in seinem toten Winkel aus der Dunkelheit aufgetaucht. Wenn Blake nicht geschrien hätte, wären sie ohne die geringste Chance niedergemäht worden. Thompson steckte hinter dem geretteten Mann fest und hatte deswegen kein freies Schussfeld. Stattdessen griff Matt nach seinem Gewehr und war wild entschlossen, die Wache zu erwischen, bevor der Mann schießen konnte.

Er fluchte erneut.

Das Mikrofonkabel war ihm während der Rettungsaktion den Arm heruntergerutscht und hatte sich so um sein Handgelenk gewickelt, dass er sein Gewehr nicht auf den Wachposten richten konnte. Die Sekunden vergingen wie im Zeitlupentempo und er musste beobachten, wie der Mann nach seiner eigenen Waffe griff.

Matt biss die Zähne zusammen und versuchte verzweifelt, sein Gewehr zu erreichen und gleichzeitig den geretteten Mann nicht auf den Boden fallen zu lassen. Er fluchte frustriert und verwünschte sich, dass er bei dem Versuch, den Gefangenen und sein Team möglichst schnell in Sicherheit zu bringen, einen solchen Anfängerfehler begangen hatte.

Ein Ziehen am Arm erregte plötzlich seine Aufmerksamkeit. Matt blickte nach unten, als der Gefangene seine Hand ausstreckte, das Gewehr umfasste, den Lauf auf den Wachmann richtete und eine kurze Salve auf ihn abfeuerte.

Die Wache krümmte sich zusammen, sein Gesicht war eine Maske heftigen Schmerzes, während er zu Boden stürzte.

Der Gefangene verzog das Gesicht und ließ die Waffe wieder los.

»Nimm sie wieder«, zischte er, bevor er ohnmächtig wurde.

Matt brauchte keine weitere Aufforderung. Er riss sich das Mikrofon herunter, wickelte das Anschlusskabel auf und schob beides in seine Weste.

Dann wandte er sich an Blake und Thompson. »Lasst uns hier abhauen, bevor wir in einen richtigen Hinterhalt geraten.«

Sie stiegen die Treppe hinauf, aber ihr Vorankommen wurde durch das Gewicht des Mannes behindert, den sie zwischen sich trugen.

Matt konnte Thompsons schweren und angestrengten Atem hören. Er runzelte die Stirn und war fast bereit, die Fitness des Mannes infrage zu stellen, als er bemerkte, dass der junge Sanitäter extrem verängstigt war. Matt warf ihm einen Blick über die Schulter zu.

Tatsächlich war Thompsons Gesicht, während er ihnen den Rücken deckte, blass und verschwitzt.

Matt wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Mann zu, dessen Arm um seine Schulter geschlungen war. Thompson würde lernen müssen, mit dem Schrecken zu leben, wenn er Teil ihrer Eliteeinheit bleiben wollte … genau wie alle anderen auch.

Gedämpftes Licht durchdrang die Dunkelheit, als sie sich dem oberen Ende der Treppe näherten, und Matt blinzelte, bis sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, die hier im Gegensatz zum unterirdischen Komplex herrschte.

Ihr Teamkamerad stand im Türrahmen und auf seinem Gesicht breitete sich Erleichterung aus, als ihn die anderen erreichten.

»Freut mich, Sie zu sehen, Sir.«

»Geht mir genauso«, antwortete Matt. »Übernimm ihn.«

Er tauschte den Platz mit dem Soldaten, und als sich die drei so schnell wie möglich auf den wartenden Helikopter zubewegten, wandte sich Matt noch einmal zur Türöffnung um.

Thompson spähte in die Dunkelheit.

Innerhalb eines Herzschlags war Matt wieder an der Tür und riss den jungen Sanitäter einen Sekundenbruchteil, bevor die Dunkelheit von mehreren Schüssen zerfetzt wurde, zur Seite.

Kugeln fegten an ihnen vorbei und sprengten Stücke aus der Betonwand, als sie sich an der Seite zusammenkauerten.

Matt wartete und blieb regungslos hocken, bis es still wurde, weil ihr Angreifer zum Nachladen das Feuer einstellte.

»Los, renn!«

Er stieß Thompson in Richtung des Helikopters. »Nicht anhalten. Nicht zurücksehen«, befahl er.

Er stellte sicher, dass der junge Sanitäter unterwegs war, dann hob er sein Gewehr und feuerte eine kurze Salve die Treppe hinunter. Als Nächstes griff er nach einer Granate, die an seiner Schutzweste befestigt war, zog den Sicherungsstift heraus und warf sie in das Treppenhaus.

Ein lauter Fluch in einer fremden Sprache hallte aus den Tiefen des Gefängnisses herauf, bevor er von der Explosion übertönt wurde.

Staub und Rauch jagten über die Treppe auf Matt zu, er trat schnell zurück und schloss in Erwartung der Druckwelle die Augen, dann wirbelte er herum und rannte auf den Hubschrauber zu.

Als er näherkam, begannen sich die Rotorblätter schneller zu drehen, und Blake beugte sich mit schussbereitem Gewehr aus dem Helikopter hinaus, während er auf ihn wartete.

Plötzlich bemerkte Matt, wie Blake sein Gewehr nach links schwang, dann hörte er auch schon den Befehl.

»Runter!«

Matt warf sich augenblicklich auf den Boden.

Er fühlte die Kugeln mehr, als dass er sie hörte, während sie die Luft über seinem liegenden Körper zerschnitten.

Ein Schrei aus Richtung des Gebäudes hinter ihm hallte über den großen Gefängnishof, wurde aber von einer weiteren Salve unterbrochen.

»Los!«

Innerhalb einer Sekunde war er wieder auf den Beinen und rannte auf den Hubschrauber zu.

Er blickte über seine Schulter und sein Herz setzte für einen Moment aus. Bewaffnete Wachleute strömten aus einem Dachausgang und verteilten sich so über das Dach, dass sie den Hof von verschiedenen Positionen aus ins Visier nehmen konnten.

»Bewegt euch!«, schrie er.

Der Helikopter begann in die Luft aufzusteigen, doch der Abtrieb verlangsamte das Abheben.

Matt biss die Zähne zusammen, aktivierte aus seinem tiefsten Inneren einen weiteren Energieschub und pumpte mit den Armen. Keuchend überbrückte er die letzten Meter bis zum Hubschrauber.

Blake beugte sich mit ausgestrecktem Arm nach vorn, als sich die Räder des Helikopters vom Boden lösten. Er schrie Matt ermutigend zu, während sich Thompson mit einem Gewehr über seine Schulter lehnte, um ihm Feuerschutz zu geben.

Und dann war er endlich da, wurde in den Hubschrauber gehievt, der sich um seine Achse drehte und mit einer erschreckenden Geschwindigkeit in die Luft aufstieg.

Seine Männer schoben ihn in die Rumpfmitte, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Wachleute auf dem Gefängnisdach richteten und kurze Salven in ihre Richtung abfeuerten, bis der Hubschrauber hinter dem Gebirgskamm abtauchte und außer Schussweite war.

Matt kroch auf die offene Schiebetür zu und spähte hinaus, während die Landschaft rasant unter ihnen vorbeizog. Er bedeutete dem Mann neben sich, die Tür zu schließen, dann stemmte er sich auf müden Beinen in die Höhe und machte sich auf den Weg zum vorderen Teil des Helikopters, wo Thompson und Blake den bewusstlosen Gefangenen in einem Sitz festschnallten.