Kitabı oku: «Es war einmal ein Prinz», sayfa 3
DREI
Bis Samstagnachmittag, als Susanna das Auto in die Werkstatt brachte, um ein vernünftiges neues Rad montieren zu lassen, hatte die halbe Insel bereits davon gehört, dass Adam „den richtigen Ring, aber nicht die richtige Frau“ gefunden hatte. Bis Montagmorgen hatte es die ganze Insel gehört. So kam es ihr jedenfalls vor.
Beinahe erwartete Susanna, es auf der Titelseite der Tageszeitung zu sehen. Im Ehemaligen-Blättchen der Glynn Academy würden sie sicher auftauchen.
Adam und Susanna … aus dem Pärchen, von dem alle dachten, sie wären’s, wird nichts.
Auf dem Weg zu Gage Stone Associates wünschte sich Susanna, sie hätte ihren Eltern nicht mehr erzählt als: „Wir haben uns getrennt.“
Aber Mama … oh, Mama. Sie hatte schon gewusst, wie sie es anstellen musste.
„Was ist los? Ach, du meine Güte, Susanna, du siehst ja aus wie ein Geist.“
„Danke, Mama. Ist Absicht.“
Susanna war an diesem Morgen über einem Teller mit Rühreiern und Toast zusammengebrochen, als sie in der Küche des Rib Shack beim Frühstück zusammensaßen. Sie hatte geweint und jedes Wort, jedes verletzende, bohrende Wort aus ihrem Gespräch mit Adam berichtet. Sie fühlte sich wund und echt, hatte nichts von ihrem Austausch zurückbehalten.
Aber dann hatte sie Nate getroffen. Und diese Neuigkeit hatte sie für sich behalten. Er war ihr Lichtstreif am Horizont gewesen an diesem dunklen Freitagnachmittag. Vielleicht ein kleiner Schulterklopfer von Gott.
Nicht verzweifeln.
Am Sonntag ließ sie den Kirchgang ausfallen. Adams Eltern besuchten die Gottesdienste der Christ Church. Susanna konnte den Gedanken nicht ertragen, ihnen so früh über den Weg zu laufen.
Am Sonntagabend hatte wie immer das Familienabendessen im Rib Shack stattgefunden. Das Restaurant war voller Lachen, Musik, voller Familie und Wärme.
Susanna wollte sich lieber einigeln als dorthin zu gehen, aber ihre kleine Schwester Avery hatte darauf bestanden, dass sie mitkam. Mit ihren siebzehn Jahren war Avery weise, jung und überschwänglich. Und gelegentlich ganz groß im Überreden.
Großeltern, Tanten, Onkel und alle Kusinen und Cousins bis hin zu diversen Urgroßnichten und -neffen kamen an jedem ersten Sonntag im Monat ins Rib Shack. Daddy schloss das Restaurant für das Familientreffen. Es gab kaum jemanden, der die Treffen verpasste. Nicht einmal die Camdens, die möglicherweise nicht einmal blutsverwandt waren mit dem Truitt-Franklin-Vogt-Clan. Aber sie waren schon so lange dabei, dass sich keiner mehr richtig erinnern konnte.
Susanna verstaute ihre Gefühle in ihrem Herzen, versteckte sich in den Schatten auf der Terrasse des Shack und ließ es zu, dass die Gespräche, das Lachen und die Musik ihre Realität für ein paar Stunden verdrängten.
Dann kam der Montagmorgen, und der Wecker riss Susanna aus der besten Viertelstunde Schlaf, die sie das ganze Wochenende über bekommen hatte.
Sie starrte auf die roten Ziffern des Weckers und versuchte, sich eine Entschuldigung auszudenken, um sich krank zu melden und einen weiteren Tag im Bett zu verbringen.
Aber das Häagen-Dazs war ihr ausgegangen, und sie sehnte sich nach Mamas Frühstückseiern und Keksen. Also erlaubte sie sich, aufzuwachen und dem Tag entgegenzutreten.
Auf dem Parkplatz hinter den Büros von Gage Stone legte Susanna ihren Kopf auf das Lenkrad.
So sehr sie es auch versuchte, sie schaffte es einfach nicht, diesen bescheuerten Satz aus Adams Geständnis … „den richtigen Ring, aber nicht die richtige Frau“ … auszublenden.
Ja, sie hatte seine Nummer ein dutzendmal gewählt, aber sie hatte immer aufgelegt, bevor überhaupt eine Verbindung zustande gekommen war. Was hätte sie ihm auch sagen sollen? „Nimm mich zurück … Bitte überleg es dir noch mal, Adam.“ Oder besser: „Warte, ich will zuerst mit dir Schluss machen. Bitte frage mich, ob ich dich heiraten möchte. Ich sag dann Nein.“
Nichts davon hätte ihr weitergeholfen. Dann hatte sie Sonntagnacht in einer Art Anfall alles von Adam aus ihrem Telefon, ihrem Computer und diesem seltsamen digitalen Bilderrahmen, den er ihr vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte, gelöscht.
Das hatte geholfen, und sie fühlte sich besser. Viel besser. Und sie hatte endlich schlafen können.
Aber die ganze Quälerei hatte sie tief in ihrer Seele erschüttert. Nicht wegen Adam, sondern wegen ihr. Wie hatte sie so blind sein können? So dumm? An einem Mann festzuhalten, den sie nicht wirklich liebte.
Ein leises Klopfen an ihrem Autofenster ließ sie aufschauen. Aurora. „Suzy-Q, geht es dir gut?“
Susanna tastete nach dem Fensterheber. „Aurora … hey.“
„Alles klar, Mädchen?“ Die Frau lehnte sich an die Autotür.
„Ja, klar, mir geht es gut.“
„Ich hab davon gehört.“ Tiefe Falten prägten die Konturen ihres verwitterten, aber weisen Gesichtes. Ihre grauen, klaren und ruhigen Augen beobachteten Susanna.
„Hat nicht die ganze Insel davon gehört?“ Susanna nahm ihre Tasche, öffnete die Tür und ging auf das Bürogebäude zu.
„Es macht die Runde.“ Aurora fiel in Gleichschritt, ihre nackten Füße krümmten sich auf dem scharfkantigen Kies des Parkplatzes.
„Aurora, wo sind deine Schuhe?“ Susanna zeigte auf die rot bemalten Zehennägel der alten Frau.
„Hab ich verschenkt.“ Sie hüpfte mit einem Seufzer auf den Rasen. „Meine Füße sind nur noch nicht abgehärtet. Ich bin vor lauter Schuhetragen ganz verweichlicht. Aber ich krieg sie schon in Form.“ Die obdachlose Frau sprach mit dem gepflegten Akzent einer Dame, die einst in Washington DC unter Politikern Lobbyarbeit gemacht hatte. Mit Erfolg. Forsch und immer auf den Punkt. „Ein Mädchen ist ins Lager gekommen. Sie war nicht ganz richtig.“ Aurora tippte sich an die Stirn. „Hatte überhaupt kein Kleingeld.“
Susanna hielt auf dem Gehweg neben Aurora an. „Also hast du ihr deine Schuhe geschenkt.“
„Naja, ich konnte ihr jedenfalls keine Tasche voll Kleingeld geben.“ Die Frau kicherte. „Denk nicht, ich hätte es nicht versucht.“
„Kein Zweifel.“ Susanna war sich sicher, dass Aurora mehr Kleingeld besaß als alle Frauen auf St. Simons lsland zusammen. „Brauchst du denn Geld für neue Schuhe?“
„Nö. Hab alles Geld, was ich brauche.“
Es war eine rhetorische Frage gewesen. Susanna wusste, dass die Frau genug Geld hatte. Sie wollte nur, dass sie auch ein bisschen davon für ihre Füße ausgab.
Aurora lebte einfach, aber weise. Es hieß, sie habe ein kleines Vermögen angehäuft, ehe sie Washington verließ, um in den Wäldern der Insel ihr Zelt aufzuschlagen.
„Bin eines Tages aufgewacht, als mich der Herr anstupste., Wirklich?’, fragte er., Das hier willst du also? Mit deinem Freund zusammenleben, trinken, Drogen und Lügen?’ Mädchen, damals konnte ich so haarsträubend lügen, ich hätte dir die Dauerwelle gespart. Diese ganze Fallenstellerei, von der ich dachte, ich hätte sie im Griff, hatte eigentlich mich im Griff. Deswegen bin ich zerbrochen …… Aber nur an den richtigen Stellen.“
„Kauf dir ein neues Paar Schuhe, Aurora.“ Susanna lächelte und schlenkerte ihre schwarze Aktentasche in Richtung der Füße. „Du wirst dir die Pediküre ruinieren.“
„Nimm mir meine Pediküre nicht übel, Suzy-Q. Du kannst ein Mädchen aus der Stadt holen, aber nicht die Stadt aus dem Mädchen. Es ist meine einzige Prasserei. Ich glaube nicht, dass Gott sich daran stört.“
„Ich glaube, das stört ihn so was von gar nicht. Hey, kauf dir doch diesmal gleich zwei Paar Schuhe. Eins zum Anziehen, eins zum Verschenken.“
„Vielleicht.“ Aurora hatte ihr graues Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Kleine Löckchen ringelten sich um Hals und Stirn. Zehn Jahre Leben in der Wildnis konnten ihre klassische, kultivierte Schönheit nicht verbergen. „Er hat dir nicht das Herz gebrochen, oder? Der Junge …Ich kann es in deinen Augen sehen.“
Ein eiskalter Schauer überlief Susanna von der Kopfhaut bis über ihren Rücken. „Was schnüffelst du denn wieder in anderer Leute Augen herum?“ Obwohl sie schon lange vermutete, dass Aurora lange Tage auf den Knien in ihrem Zelt verbrachte und von Gott auf eine Weise hörte, von der andere nur träumen konnten.
„Ich schnüffele nicht. Aber ich sehe auf jeden Fall etwas.“ Sie zeigte von ihren Augen auf Susannas. „Ich hab die Gabe, weißt du. Deshalb musste ich Washington verlassen. Gott hat mir die Augen geöffnet, und ich konnte die Lügen sehen, die Dunkelheit. Nicht fühlen … sehen. Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten.“
„Das Gute hast du nie gesehen?“
Aurora lächelte. Ihre Zähne waren weiß und gleichmäßig, ein weiteres Vermächtnis ihrer Zeit in DC. „Ich seh das Gute doch gerade jetzt.“
„Ich meine in Washington.“
„Ich bin nicht in Washington. Ich bin auf St. Simons und schaue dich an.“
Mehr kalte Schauer. Trotzdem brachte das Feuer von Auroras intensivem Blick Susannas Seele zum Brennen. „Hast du mir etwas zu sagen? Dann sag es.“
„Okay. Danke dem Herrn für diese Angelegenheit mit Adam. Jetzt kannst du endlich deinen Weg gehen und brauchst nicht mehr herumzutrödeln und auf ihn zu warten.“ Aurora klatschte Hände so laut zusammen, dass Susanna zurückzuckte. Sie hatte einen Punkt hinter ihre Erklärung gemacht.
„Weißt du, was dein Problem ist?“
„Ich hab nur ein Problem?“
Auroras lautes Lachen war völlig unbefangen. „Touché.“ Sie hielt Susannas Arme fest. „Du hast einfach nicht Schluss … du wolltest nicht loslassen. Du hast so sehr festgehalten. Ich seh ein bisschen von mir in dir, meine Liebe. Ich war so eng mit allem verbunden, dass Gott nicht mal meinen Namen flüstern konnte, ohne mich zu knacken. Ich musste loslassen. Ich musste zerbrechen.“ Sie drohte mit dem Finger. „Das ist genau das, was du auch brauchst.“
„Ich glaube, ich weiß nicht, wie das mit dem Zerbrechen gehen soll. Jedenfalls nicht an den richtigen Stellen, Aurora.“
„Er weiß es.“ Sie zeigte nach oben. „Und wenn ich mir das Ganze so anschaue, hat er die erste Sollbruchstelle schon richtig erwischt. War nicht allzu schmerzhaft, oder?“
„Willst du mir sagen, dass Gott mir Adam geschickt hat, damit der mit mir Schluss macht?“
„Wenn er dich gefragt hätte, hättest du Ja gesagt?“
„Nein.“
„Siehst du. Du wusstest es doch schon die ganze Zeit. Genau wie ich. Damals, mit den Drogen, als ich mich durch alle Betten geschlafen habe, da dachte ich, ich sei frei. Dabei war ich so dermaßen gebunden.“ Sie griff vor sich in die Luft. „Aber ich habe festgehalten. An meinem Ruf, meiner Karriere, meinem tollen Haus, meinen Kleidern, meinem Schmuck, meinem teuren Auto.“
„Deiner Pediküre?“ Auroras Heftigkeit forderte Susannas Bequemlichkeit und ihr Verständnis von Gottes Platz in ihrem Leben heraus. „Wie kann ich meine Pläne und Ziele verfolgen, ohne …“
„Ohne so verklemmt zu sein? Überlass das Ergebnis ihm. Wir machen unsere Pläne, aber Gott lenkt unsere Schritte.“
„Ich habe keine Pläne, Aurora.“ Susanna warf einen Blick auf ihr Bürofenster in der zweiten Etage. „Nix, null, nada. Die sind alle mit Adam verschwunden.“
„Fantastisch.“ Aurora vollführte ein kleines Tänzchen auf dem Gehweg. „Dann kann er ja kommen.“
„Wer kann kommen?“
„Der eine …“ Sie bedeckte ihren Mund mit ihren langen, schlanken Händen, und in einem einzigen Moment wichen die Haltung und der Anstand der Lobbyistin aus Washington der süßen Unschuld einer leicht verrückten Frau. „Du glaubst doch an, den einen‘, Susanna?“
Eine göttliche Unruhe erschütterte Susanna. Sie fühlte sich nackt und verletzlich. Sie hatte nie jemandem von ihrem Glauben an „den einzig Wahren“ erzählt. Na ja, jedenfalls bis sie sich am Freitagabend bei Nate verplappert hatte.
„Aurora, wovon sprichst du eigentlich?“ Bitte fang jetzt nicht an, Unsinn zu reden. Susanna sehnte sich danach, etwas Gutes, Tiefgründiges zu hören. Aber Aurora schlug Brücken zwischen den Welten. Zwischen natürlichen, übernatürlichen und manchmal leicht depperten Welten. Sie konnte jederzeit zwischen ihnen hin- und herwechseln.
„Einer. Nur einer.“ Aurora warf ihre Arme weit auseinander. „Du bist frei, Suzy-Q. Und jetzt mach dich bereit.“ Sie wandte ihr Gesicht himmelwärts. „Glaub‘s. Er kommt …“ Überrascht atmete sie ein. „Er ist schon hier, oh wie schön, er ist ja schon hier.“ Aurora klatschte in die Hände und tanzte weiter.
„Ja, gut, dann.“ Was als ermutigendes, vernünftiges Gespräch angefangen hatte, war im Laufe eines einzigen Satzes komplett außer Rand und Band geraten. „Wir sehen uns, Auroa. Vergiss nicht, Schuhe zu kaufen.“
„Ich seh dich zuerst, Suz. Und lass diesen Adam nun mal ganz raus aus deinem Herzen. Lass los. Lass loooos.“ Sie hob die Hände und wackelte mit den Fingern. „Gott wird dein Herz mit Wundern füllen, von denen du noch nicht einmal geträääuuuumt hast.“
„Oh, okay?“ Träume? Susanna konnte keinen Einzigen herbeizaubern. Hatte sie überhaupt Träume? Nein, sie hatte Pläne. Träume waren etwas für Märchen und Romanzen. Sie war praktisch veranlagt, geduldig und … traumlos.
In den Tiefen ihrer Tasche hörte sie ihr Handy. Das Tonsignal kündigte eine Nachricht von Gage an.
Mitarbeitermeeting in 5 Minuten. Du kommst zu spät.
„Hör mal, Aurora, ich muss mich beeilen.“ Sie zeigte ihr kurz das Display. „Brauchst du noch was?“
„Nein, mir geht es allerallerbestestens.“ Aurora lächelte, ganz perfekt und klar, und hüpfte dann über den Parkplatz in Richtung Wald davon, wo sie zwischen Bäumen und Unterholz verschwand.
„Aurora?“ Susanna, die plötzlich ihre heilige Zuversicht vermisste, rannte ein paar Schritte hinterher. „Besorg dir ein paar Schuhe, ja? Aurora?“
Aber sie war verschwunden.
„Aurora?“
Wie machte sie das nur? Als hätte sie sich im Nebel aufgelöst.
Susannas Handy machte wieder ping.
Meeting in 3 min.
Gage. Als ob sich seine fünf Mitarbeiter zwingend pünktlich um neun Uhr treffen mussten. Als Susanna es bis in den zweiten Stock geschafft hatte, wartete er dort schon auf sie.
„Und?“ Er verschränkte seine Arme und sah ihr suchend ins Gesicht.
„Und was?“ Sie drängte sich an ihrem Chef … und Freund … vorbei und stellte ihre Tasche auf ihrem Schreibtisch ab.
„Wie ist es gelaufen?“ Gage lehnte sich an den reich verzierten Türrahmen und zeigte vage auf ihre linke Hand. „Wie kommt‘s, dass mich kein Glitzern blendet?“
„Ich dachte, wir hätten ein Meeting?“ Susanna griff nach ihrer University of Georgia-Tasse auf der Anrichte. Zeit und Abnutzung hatten das Logo verbleichen lassen, und das UGA sah inzwischen mehr wie ein IGI aus. Und das Maskottchen, eine Bulldogge, hatte keine Schnauze mehr.
„Ja, klar, das Meeting. Haben wir. Aber ich wollte das Glitzern sehen. Adam ist doch nach Hause gekommen? Du bist am Freitag früher gegangen, um ihn zu treffen.“
„Ich brauche Kaffee.“ Susanna glitt an Gage vorbei und die Treppe hinunter. Während des Gesprächs mit Aurora hatte sie sich zusammengerissen, aber Gages Nachfrage kratzte zu sehr an ihrem emotionalen Schutzwall.
Er war ihr … und Adams … Freund, seitdem sie zusammengekommen waren, und war die ganzen zwölf Jahre dabei gewesen, hatte zugesehen, manchmal Rat gegeben.
„Suz, was ist passiert?“ Gages Schritte donnerten hinter ihr die Treppe hinunter.
„Nichts ist passiert.“
Als Susanna das Ende der Treppe erreicht hatte, rannte sie fast in Myrna, die Sekretärin, hinein.
„Gage, lass sie.“
Myrna ließ ihr Kaugummi schnalzen und schaute auf den Zeitplan auf ihrem Klemmbrett. „Susanna, dein Termin um zehn wurde gestrichen.“
„Glenn Cowger? Nein.“ Ob es zu spät war, sich zu Aurora in den Wäldern zu gesellen? „Hat er gesagt, warum?“
„Keinen Piep, Liebes. Und ich habe wirklich versucht, ihn auszuquetschen.“ Sie sah Susanna genau an. „Für eine Frau, die gerade sitzengelassen wurde, siehst du gar nicht schlecht aus.“
Susanna zog eine Grimasse. „Na toll. Hast du Cowger gefragt, ob er einen neuen Termin machen will?“
„Schätzchen, du weißt schon, mit wem du gerade sprichst? Mit mir. Myrna.“ Die Frau mit den hennaroten Haaren und der Haltung eines Soldaten auf Wache verzog den Mund. „Natürlich habe ich ihn gefragt. Hab ihm zehn Optionen für einen Termin bis Sonntag gegeben, aber er wollte nicht. Er sagte, er überlegt es sich und ruft dich später an.“
„Super.“ Susanna warf einen Blick auf ihren Chef. „Cowger Homes kannst du von der Liste für unser Morgenmeeting streichen.“
„Lasst uns mal nicht so schnell aufgeben“, sagte Gage. „Mach einen Plan, Suz. Myrna, du holst dir die Akten über die anderen Architekten in der Gegend. Mal sehen, ob wir nicht daraufkommen, wen Cowger sonst noch in der engeren Wahl hat. Und schau dir die Baugenehmigungen an. Vielleicht gibt es an der Front Schwierigkeiten. Sag Clark und Alexis, dass wir das Treffen um zehn Minuten verschieben.“
Myrna wurde geschäftig. „Bin schon dabei, Chef. Und Suz, mach dir keine Sorgen um Adam, der überlegt es sich schon noch.“
„Oh, ich freu mich so, dass alle so regen Anteil an meinem Privatleben nehmen.“ Susanna ging weiter zur Küche. Sie brauchte wirklich dringend einen Kaffee. Gage folgte ihr.
„Hast du irgendeine Ahnung, wen Cowger –“
„Ach komm, Gage, der hat es sich doch ganz offensichtlich anders überlegt.“
„Wir wissen nicht, was er tut. Es kann gut sein, dass er seine Baugenehmigung nicht bekommen hat. Also müssen wir dranbleiben. Ihn überzeugen.“ In der Küche hatte er sie in die Ecke gedrängt. „Ich brauche dein Allerbestes.“
„Wie wäre es mit meinem Zweitbesten?“
„Nein, ich will die Oberklasse-Landschaftsarchitektin aus Atlanta, die die dicken Aufträge für Remington & Co. an Land gezogen hat.“
„Ich hatte den Ruf von Remington & Co. im Rücken, als ich diese Aufträge bekommen habe.“ Sie ließ ihren Gesichtsausdruck und ihren Tonfall unterstreichen, was sie damit ausdrücken wollte: Gage Stone Associates war gerade erst dabei, die Firma und ihren Ruf aufzubauen.
„Okay, na gut. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber du hattest Cowger doch schon.“
„Und jetzt habe ich ihn nicht mehr. Willst du meine Meinung hören? Dein Kurs ist zu hoch, Gage.“ Susanna riss die Glaskanne aus der Kaffeemaschine. Knochentrocken. Sie lehnte sich in die Türfassung und brüllte in den Flur: „Freunde der Sonne! Wer hat den ganzen Kaffee getrunken und keinen neuen gekocht? Es ist erst neun!“
„Was meinst du, mein Kurs ist zu hoch?“, fragte Gage.
„Das ist doch keine Raketenwissenschaft, Gage. Du verlangst zu viel.“ Susanna öffnete den Schrank und suchte nach der Kaffeedose. Die war auch leer. Sie schnaubte, leise, verächtlich. „Es ist eine Verschwörung, ich sag‘s dir.“ Sie zeigte ihrem Chef die leere Dose. „Ich geh zu Starbucks.“
„Ich brauch dich bei dem Treffen, Suz.“
„Ich komme ja gleich wieder. Aber hier ist mein Wort zum Montag: Du willst Cowger zurück? Verlang weniger Honorar.“
„Meine Honorare sind marktgerecht.“
„Klar sind sie das, wenn du Remington & Co. bist. Du baust dein Geschäft gerade erst auf. Wir sind in der Arbeite-für-Ruhm-und-Ehre-Phase.“ Susanna stellte die Kaffeedose ab. „Ich brauche Kaffee.“
Als sie an ihm vorbeiging, schnappte sich Gage ihre linke Hand. „Adam hat dir also keinen Heiratsantrag gemacht?“
„Nein, und du bist wahrscheinlich die einzige Person auf der ganzen Insel, die nichts davon gehört hat.“
Er lief rot an. „Ich hab davon gehört. Aber ich wollte es von dir hören.“
„Sodass ich das Ganze noch einmal durchspielen darf?“ Wie nett.
„Hat er wirklich gesagt, er habe den richtigen Ring gefunden, aber nicht die richtige Frau?“
„Jap. Er sagte, wir würden den Plan mehr lieben als einander.“
„Er ist ja verrückt. Wenn je zwei Menschen –“
„Wenn je zwei Menschen einen Weckruf brauchten, dann Adam und ich. Er hat recht, Gage. Ich wollte es nur nie wahrhaben.“ Sie eilte die Treppe hinauf, um ihre Handtasche zu holen. „Ich bin rechtzeitig zum Treffen zurück.“
„Geht es dir gut?“
„Mir geht es gut.“ Sie sah schnell auf die unterste Stufe hinunter, während Tränen ihr die Sicht vernebelten. „Ich bin traurig, aber sonst geht es mir gut.“
„Bist du sicher?“
„Es wird nur ein bisschen Zeit brauchen, bis ich mich an den Gedanken Susanna ohne Adam gewöhnt habe.“
„Der spinnt doch, wenn er dich laufen lässt, ehrlich. Vielleicht hat er in der Wüste zu viel Sonne abbekommen.“
„Ach, auf mich hat er einen ganz vernünftigen Eindruck gemacht. Außerdem hat er jemand anderes kennengelernt.“ Die Worte klangen fremd und machten einen Knoten in ihre Brust.
„Willst du dir den Tag freinehmen?“, fragte Gage leise und voller Mitgefühl.
„Nein. Die Arbeit erdet mich. Sie erinnert mich daran, dass das Leben weitergeht. Außerdem ist das ja genau das Leben, das ich immer gelebt habe, während er nicht da war.“
„Okay, aber denk daran, dass ich dich heute Abend brauche. Wenn du Zeit für dich brauchst, dann nimm sie dir tagsüber.“ Gage lehnte sich gegen das Geländer und sah zu ihr auf. In seinem gegelten Haar fing sich das Licht, das durch die Fenster der zweiten Etage fiel. „Die Benefizsache bei den Butlers … für den Krankenhausflügel. Unsere Chance, den Landschaftsbau zu sichern. Mrs. Butler ist ganz groß darin, Geschäfte mit Leuten zu machen, die sie kennt. Wenn du da bist, können wir beim Auswahlkomitee punkten.“
„Das ist heute?“
Abendgeraderobe. Sie würde sich aufhübschen müssen, etwas mit ihren Haaren anstellen.
„Ja, heute Abend. Wir brauchen diesen Auftrag, Suz. Es heißt, das Krankenhauskomitee wird den Architekten nehmen, den Mrs. Butler vorschlägt. Und das werden wir sein. Ein Auftrag wie der macht sich gut in unserem Portfolio.“
Susanna starrte ihn an. Er hatte recht. Alle Hände an Deck. Und es war nicht Gages Schuld, dass sie zwölf Jahre mit dem falschen Mann verschwendet hatte.
„Natürlich komme ich.“ Sie zwang sich, zu lächeln und boxte in die Luft. „Für das Team!“
„Ich hol dich um sieben ab.“
„Ich fahre selbst.“ Susanna sauste in ihr Büro und schnappte ihre Tasche.
„Ich hole dich ab. Ich will sichergehen, dass du dorthin kommst.“
Susanna rannte die Treppen wieder hinunter.
„Schön.“ Vielleicht wäre eine extravagante Benefizveranstaltung ja genau das Richtige, eine schöne Ablenkung wie das Treffen mit Nate neulich. Am Fuß der Treppe piekte sie Gage in die Brust. „Du hast den letzten Kaffee getrunken, stimmt’s?“
„Ich schicke Myrna Kaffee kaufen.“
Susanna klimperte mit ihrem Schlüsselbund. „Ich bin in fünf Minuten wieder da.“
„Wenn es hilft“, sagte er, „Adam ist ein Dummkopf.“
„Ein Dummkopf?“ Sie hielt kurz in der Tür an. „Nein, Gage, Adam ist kein Dummkopf. Aber ich vielleicht? Da bin ich mir nicht so sicher.“