Kitabı oku: «Eringus - Freddoris magische Eiszeit», sayfa 3

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Nun wollte es das Geschick, dass beiden das Fässlein leer wurde und alsbald machten sich sowohl Zwerg als auch Mönch im Hochsommer auf den Weg, den Frauen Nachschub zu liefern. Weil der Zwerg mit seinem Ochsengespann eher los zog, traf man sich just auf der großen Straße.

„Wohin des Weges, Bruder?“, fragte der Zwerg.

„Zu Guda, die bei dem Kräuterweib in der Bule lebt.“, lautete die Antwort des Mönches, der seinen Karren mit einem Fass Bier hinter sich herzog. Der Schweiß lief ihm in Strömen das Gesicht hinab, denn auf diesem Wegesabschnitt gab es im Moment nicht ein kleines bisschen Schatten.

„So haben wir den gleichen Weg, Bruder. Lasst uns euren Karren und das Fass zu dem meinen hinten aufladen. Ich nehme euch gerne mit. Was sollt ihr euch so plagen in der Hitze heute.“

Gesagt, getan. Und unter lustigem Plaudern über dies und jenes zogen die Beiden ihrem Ziel entgegen, als plötzlich dem Mönch einfiel:

„Hält der Pfahlweg zum Kräuterweib überhaupt das große Gewicht des Karrens und seiner Ladung? Mich deucht, es möchte zu groß sein.“

„Wäre der Pfahlweg Menschenwerk, wäre euer Einwand wohl berechtigt, doch haben wir Zwerge diesen Weg gebaut. Der wird schon halten. Als damals die Hütte errichtet wurde, wurden ganz andere Gewichte darüber hinweg geschafft und nie gab es Grund zur Sorge. Seid ganz beruhigt.“

So ganz beruhigt war der Mönch davon aber nicht und auch der Zwerg war sich seiner Sache nicht mehr ganz so sicher, wie seine Rede klang. Nachdenklich ruhig setzte man die Reise fort. Als man dann am Pfahlweg anlangte, hielt der Zwerg das Gefährt an, stieg vom Kutschbock und betrat den hölzernen Weg, der gerade breit genug war, ein Fuhrwerk zu tragen. Mit festem stampfendem Tritt schritt der Zwerg voraus und wand sich dann dem Mönch zu.

„Seht her, Bruder!“, rief er und sprang dann mehrmals in die Luft um laut krachend mit seinen Stiefeln wieder auf dem Weg zu landen. Nichts passierte. „Das hält noch sehr viel mehr, als nur den Wagen und uns.“ Voller Stolz blickte der Zwerg zum Mönch hinauf.

Damit kehrte er wieder zurück und setzte sich auf den Bock. Mit zufriedener Miene trieb er den Ochsen an und rumpelnd rollte das Gefährt weiter. Nur noch wenig vom Ziel entfernt, als der Weg über einen Wasserarm führte, knackte es vernehmlich bedenklich. Augenblicklich hieß der Zwerg den Ochsen stehen zu bleiben, um nicht durch das Gerumpel der Holzräder sein Gehör zu beeinträchtigen. „Hörtet ihr auch etwas, Bruder?“

Zu einer Antwort aber kam es nicht mehr, denn nun krachte es gar fürchterlich und Mann und Fuhre stürzten seitlich weg und landeten im Wasser, das zum Glück nicht sehr tief war. Beide Fässer geborsten. Triefend nass saßen die Lieferanten im Bach.

„Von wegen: Zwergenwerk – hält noch viel mehr.“, äußerte der Mönch abfällig.

Im vom Bier und Schlamm getrübten Wasser griff der Zwerg nach einem Pfahlstück, betrachtete es kurz und hielt es in die Höhe.

„Biberwerk!“

Seit dieser Zeit und bis auf den heutigen Tag hat der Wasserlauf den Namen Doppelbiergraben und die Umgebung Doppelbiersumpf.

Wahr gesagt?

Schon seit vielen Jahren treffen sich zwei in alten Schriften Forschende. Zum Einen ist dies der Zwerg Wilbalt Eisenbieger und zum anderen der Mönch Urban. Es ist auffällig geworden, dass sich aus den alten Schriften der beiden so unterschiedlichen Völker zutreffende Gemeinsamkeiten gelesen werden können.

Nachdem es dem Zwergen nicht gelungen ist, seine Meisterprüfung erfolgreich zu bestehen, hat er sich darauf verlegt, in einem Teilbereich als Berater für den Meister zu arbeiten. Jetzt kümmert er sich intensiv um Aussagen und Beziehungen zu anderen Völkern.

Nun darf man aber nicht davon ausgehen, dass in Zwergenbüchern zu lesen ist, was bei den Menschen passiert oder umgekehrt. Allerdings ließen sich Übereinstimmungen finden, ging es um Geschehnisse, die allgemein, also Mensch und Zwerg, betreffend waren. So zum Beispiel fanden sich Vorhersagen bezüglich des Erdbebens im Jahre 543, das überall spürbar war.

Bei seinen Bemühungen ist Wilbalt die Idee gekommen, Unterstützung bei den Menschen zu suchen. Allerdings sind die einzigen, verbindlichen Quellen bei den Mönchen zu suchen. Also ging er kurzerhand zum Kloster und bat um Einsicht in Schriften, die er zu finden hoffte. Dabei lernte er den Mönchen Urban kennen und schätzen.

Nachdem die letzte Zusammenkunft bei den Zwergen war, trifft man sich dieses Mal bei den Mönchen in St. Wolfgang. Üblicher Weise gibt es zunächst erst einmal eine herzliche Umarmung zur Begrüßung, worauf man sich des Bierfässchens bemächtigte und einen Humpen auf das gemeinsame Wohl trinkt. Dieses Ritual geht in dem heutigen Treffen gänzlich unter. Wilbalt sitzt bereits im Gästehaus des Klosters über einem sehr alten Buch, als Urban mit einer wohl nicht minder alten Schriftrolle unter dem Arm den Raum betritt.

„Dringende Neuigkeiten bring ich, Bruder Urban.“, ruft der Zwerg statt einer Begrüßung. Seine kastanienbraunen Haare fallen in leichten Wellen auf seine Schultern, um die er einen dünnen schwarzen Mantel trägt, der mit einer Hornspange gehalten wird. Darunter trägt er ein grünes Gewand und gleichfarbige Hosen, die in den bei Zwergen üblichen Stiefeln stecken. Der brustlange Vollbart liegt auf dem Mantel. Allerdings ist das Kinn gänzlich ohne Barthaar, weswegen die dadurch entstehenden zwei Teile des Bartes kunstfertig zusammengeflochten wurden. Über einer dicken Nase leuchten graue Augen.

Als Antwort bricht es auch aus dem Mönchen heraus: „Wir gehen schlimmen Zeiten entgegen.“ Er ist nicht minder aufgeregt, als der Zwerg. Das kahle Haupt des Mönchs wird von einem dunkelbraunen dichten Haarkranz umwunden. Eine lange Nase sticht zwischen grünen Augen und einem breiten Mund aus dem Gesicht hervor. Die Kutte wogt leicht um den schlanken Körper.

„Nun gut, als Gast sei dir der Vortritt gewährt, lieber Wilbalt.“, ergänzt er erzwungen ruhiger.

„Sieh hier, Bruder, was hier steht. Es ist aus den Weissagungen von Gilbret Steinschleifer, dem Seher von der Höch. Mertlin Felsbruch hat mich daran erinnert. Erstaunlich, was der Mann alles im Kopf hat. In meinen Augen hat er unseren alten Meister bereits bei weitem überflügelt.“

Eiligst ist der Mönch an den Tisch heran getreten. Der Zwerg zeigt auf die Stelle, die ihm so enorm wichtig erscheint. Er liest selbst lauter als nötig einen Absatz im Text, der da lautete:

Haben Zwerge vereint zwei eiskalte Winter erlebt,

die Welt dem fürchterlich Dritten zustrebt.

Es türmt sich das Eis, dem Herzen wird bang,

denn dieser Winter, er dauert sehr lang.

Bestätigend nickte Bruder Urban, schiebt seine Rolle Wilbalt zu und zeigt seinerseits auf einen Spruch, welcher besagt:

Ist die Bulla im zweiten Jahr tot,

bringt ein langer Winter viel Not.

Natürlich muss der Mönch den Text übersetzen. Bis heute fand sich noch kein Zwerg dazu bereit, Latein zu lernen.

„Ihr Menschen habt schon gar merkwürdige Art, Weissagungen zu verschlüsseln, bester Urban. Das musst du mir erklären. Das ist nicht so einfach, wie die Zwergensprüche.“

„Das ist sehr wahr. Deine Warnung ist leicht zu verstehen. Ihr Zwerge habt euch mit den Kleyberchern vereint und dies ist der zweite strenge Winter seit dem. Also wird der nächste Winter der Längste von allen werden.

Die Sprüche in unseren alten Schriften sollen auch nicht von jedem verstanden werden. Nur das Volk unseres Gottes soll teilhaftig der Wahrheit werden. Darum die Verschlüsslungen. Aber gerne werde ich es dir verdeutlichen.

Vor wenigen Tagen hat uns die Nachricht erreicht, dass schon lange Papst Bonifatius V auf dem Heiligen Stuhl in Rom sitzt, nachdem im vorigen Jahr sein Vorgänger, Papst Adeodatus verstorben ist. Jener Papst Adeodatus aber war der Erste, der ein päpstliches Siegel, die Bulla, benutzte. Nun bist auch du in der Lage, den Spruch zu deuten.“

„Ja, nun wohl. Im nächsten Winter ist dieser Papst Adingsbums im zweiten Jahr tot. Darum wird der Winter dann sehr lange werden. Ich hätte nicht gedacht, dass zu gleicher Zeit auch du solch eine Warnung finden würdest. Vielmehr nahm ich an, du müsstest erst noch suchen.“

„Das wäre sicher auch von Nöten gewesen und ich zweifle, ich wäre fündig geworden. Doch fiel mir diese Schrift mehr durch Zufall in die Hände und ich möchte nicht unbedingt darüber sprechen. Ich werde bestimmt auch schon so genug Ärger deswegen bekommen. Da muss ich nicht noch herum Posaunen, woher ich dies habe.“, antwortete Urban nachdenklich.

„Sei es, wie es sei. Was machen wir mit unserem Wissen? Irgendetwas muss geschehen. Sicherlich ist diese Nachricht von enorm großer Wichtigkeit. Nicht umsonst findet sie sich bei euch wie bei uns.“

„Diese Frage ist meinesteils ziemlich leicht zu beantworten. Ich werde vor meinen König treten, ihm von unserer Entdeckung berichten und ihm empfehlen, die größten Vorräte aller Zeiten anzulegen.

Ich bin mir sicher, er wird auf der Stelle die notwendigen Anweisungen erteilen und auch unsere Freunde warnen. Wir Zwerge halten mit sowas nicht hinterm Berg, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Oh doch, Wilbalt. Ich verstehe. Leider bin ich mir bei meinem Abt in dieser Hinsicht nicht so ganz sicher. Ich werde mir viel einfallen lassen müssen, um ihn zu beschwichtigen und zu überzeugen. Und ob er dann entsprechend handelt?“ Der Rest seiner Gedanken bleibt offen.

Zu guter Letzt nimmt man dann doch noch einen guten Schluck Bier zu sich und beendet mit der obligatorischen Umarmung die kürzeste Zusammenkunft, die jemals zwischen Beiden stattfand.

* * * * *

Wie vorher gesehen (was nicht sehr schwer war) hat König Sigurd tatsächlich Anweisung gegeben, all mögliche Anstrengungen zu unternehmen, die beste und größte Ernte aller Zeiten zu erzielen. Er lässt sogar neue zusätzliche Felder anlegen und so viel wie nur möglich an Saat ausbringen. Gleichzeitig schickt er Boten zu den Halblingen in Lindenbach und Erlenbusch und natürlich auch zu seiner lieben Magda. Gleichzeitig bietet er Lagerplatz in den Höhlen und Gängen der Festung an, falls vorhandene Scheunen und Lagerstätten nicht reichen mögen. Falls wirklich solch ein harter und langer Winter kommen würde, wäre die Zwergenfestung der sicherste Platz im ganzen Chynzychtal.

Die Halblinge ihrerseits verbreiten die Kunde in den anderen Dörfern der kleinen Gärtner weiter und so beginnt eine emsige Betriebsamkeit.

Tatsächlich werden später im Herbst ganze Wagenladungen Ernte in die Steinenaue hinauf rollen. Man fühlt sich wohl gerüstet, selbst wenn der Winter doppelt so lange als üblich dauern werde. Die meist gehasste Beschäftigung ist dann fortan das Aussieben und Wenden des Getreides und auch das Umlagern von Obst und Gemüse, um diese Menge an Erntegut vor Fäulnis und Schimmel zu behüten. Eine, was das Getreide angeht, sehr staubige Arbeit.

* * * * *

„Bruder Abt, dürfte ich ein wenig eurer geringen Zeit in Anspruch nehmen?“, bittet Urban am gleichen Tag, sofort nach der Unterredung.

„Nun, Bruder Urban, wollt ihr mir etwas beichten?“, beantwortet Abt Laurentz mit einer Gegenfrage. Der Mann ist jünger als der Mönch und sitzt an einem Tisch, auf der die Bibel aufgeschlagen liegt. Allerdings liegt sie verkehrt herum und die Schrift steht somit auf dem Kopf, wie Urban nebenbei feststellen kann. Die blassgrauen Augen verleihen Laurentz einen stechenden Blick. Das hagere Gesicht verstärkt den unangenehmen Eindruck. Der Mund ist dünnlippig und wirkt sehr verbissen.

Der Mönch druckst ein wenig herum. „Im Grunde ja und nein, Bruder Abt.“

„Drückt euch klarer aus, Bruder.“ Laurentz ist seit einem Jahr Abt in St. Wolfgang und leider nicht so milde wie sein Vorgänger, Abt Nikolaus.

„Als denn!“, fasst sich Urban ein Herz, nachdem er noch einmal tief Luft geholt hat. „Ihr wisst ja von meinen regelmäßigen Treffen mit Wilbalt, dem Zwerg. Einmal im Monat besprechen wir die Erkenntnisse, die wir aus den alten Schriften gewinnen um zu sehen, was wichtig für uns alle sei.“, erklärte er ausschweifend.

„Ihr verschwendet gerade meine Zeit, Bruder. Kommt zum Kern der Sache.“, unterbricht ihn der Abt ungeduldig.

„Natürlich, Bruder Abt. Sofort. Wilbalt fand also in den Zwergenschriften einen Hinweis, wonach nach dem zweiten strengen Winter nach der Zwergenvereinigung ein weiterer noch sehr viel schlimmerer Winter käme. Dieses wäre demnach der nächste Winter.“

„Ihr erwartet doch nicht von mir, dass ich mich als gottesfürchtiger Mönch dem Unfug alter Zwergenspinner anvertraue. Wo kämen wir da hin?“

„Geduldet euch, Bruder Abt. Auch in unseren Schriften fand sich eine vergleichbare Warnung.“, beschwichtigt Urban, wohl wissend, dass es sogleich großen Ärger geben würde.

„Ach, was ihr nicht sagt, Bruder Urban. Wo soll das denn geschrieben stehen? Nirgends in der Heiligen Schrift findet sich ein Hinweis auf einen kalten Winter, der die Gläubigen plagen würde. Also, zeigt mir die Stelle.“ Der Abt macht den Eindruck, er würde in Kürze explodieren. Sein Gesicht nimmt langsam eine rötliche Färbung an. Ein untrügliches Zeichen für den steigenden Blutdruck des Klostervorstehers.

Schweigend holt Urban das Pergament unter der Kutte hervor, öffnet es und weist auf die Stelle des Textes. Und Laurentz Gesichtsfarbe wird schlagartig blasser. Statt zu lesen rollt er die Schrift zu und betrachtet sie sich. Dann sieht er tief in Urbans Augen mit einem Blick, der Wasser zu Eis gefrieren ließe. Sogleich wird sein Ton leise und bedrohlich als er fragt: „Woher habt ihr diese Rolle?“

„Ihr wisst es, Bruder Abt, denn es gibt nur dieses eine Exemplar in unserem Kloster. Und ja, ich weiß auch, dass dies eine verbotene Schrift ist.“, erwidert der Mönch mutig. Und sehr viel leiser fügte er hinzu: „Und ich weiß auch, dass ihr genauso an den Wahrheitsgehalt dieser Schrift glaubt, wie ich. Sie fiel mir entgegen, als ich eure Kammer reinigte. Wo sie zuvor war, ist euch bekannt.“

Das war Urbans einziger Trumpf, um sich vor Strafe zu bewahren. Die Tatsache, dass diese Rolle im Kloster, verschlimmernd noch im Raum des Abtes, war, ist absolut verwerflich. Ein Grund, dieses Kloster auf der Stelle zu schließen und die Brüder in den Schoß der Mutter Kirche zurück zu holen.

Hektisch blickt sich Abt Laurentz um und verbirgt schnellstens die Rolle unter seiner Kutte. „Fühlt euch nicht zu sicher, was dies Pergament angeht. Ein Wort von euch über seine Existenz und es ist schneller verbrannt, als ihr zwanzig Stockhiebe ertragen habt.“

Das ist mehr als deutlich und Urban nickt furchtsam. So hoch er sein Wissen als möglichen Schutz erachtete, so wenig ist es doch tatsächlich wert. Trotzdem lenkt der Abt erstaunlicher Weise ein. „So seid ihr denn auch Teilhaber an diesem Wissen. Was wollt ihr damit machen? In alle Welt hinaus schreien? Dass alle Ungläubigen, den alten Göttern anhaftenden Unwissenden sich wappnen können?“

In den nächsten 49 Gebeten dankt Urban Gott auf das Herzlichste für diesen augenblicklich folgenden Einfall. „Im Gegenteil, Bruder Abt. Sicherlich werdet ihr nur den engsten gläubigen Freunden die rechten Ratschläge erteilen. Da bin ich mir sicher. Doch sehe ich auch die Möglichkeit, den Ungläubigen die Größe Gottes zu zeigen.“

„Wie soll das von Statten gehen?“ Laurentz ist sichtlich interessiert, ist er doch begierig, seine Herde der Gläubigen zu erweitern und so das Wohlwollen der höheren Würdenträger der Kirche zu erlangen.

„Nutzt jeden Raum in diesem Kloster, der verfügbar ist und lagert darin Nahrungsmittel für unzählig viele Tage und Menschen. Leiden dann die Menschen Not, so könnt ihr sie speisen im Namen unseres Herren und sie so zum Glaubenswechsel bewegen. Ihr werdet die meisten Gläubigen aller umliegenden Abteien um euch versammeln können. Man wird euren Namen preisen, eure Güte, Weitsicht und Klugheit.“

Urban hat seinen Abt erkannt. Dessen Antlitz entspannt sich zusehends und wird zunehmend friedlicher. „Ihr seid ein schlauer Kopf, Bruder Urban.“, stellt Laurentz fest. „Ich werde mir diesen Vorschlag gründlich überlegen.“

* * * * *

Abt Laurentz hat Urbans Vorschlag wirklich in die Tat umgesetzt, wobei er äußerst spärlich und nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit einigen ganz Wenigen eine Warnung zu kommen lässt. Bis zum Wintereinbruch sind selbst die neu erbauten Stallungen und Scheunen bis unters Dach gefüllt. Und Urbans Gebete erweitern sich um die furchtsame Bitte, es möge auch tatsächlich ein sehr langer und strenger Winter kommen. Seines Abtes Äußerungen was geschehen werde, falls der Winter ausbliebe, lassen ihn größte Ängste für sein zukünftiges Wohlergehen hegen.

* * * * *

Das Jahr ging dahin und es war ein gutes Jahr. Die Ernte fiel ausgesprochen üppig aus. Und der Winter der Prophezeiung kam. Es war ein später Winter, und es war ein kalter Winter, aber es war ein kurzer Winter.

Lenzing im Jahre 620 ist vorbei, es wird wärmer, Eis und Schnee sind geschmolzen. Die Schneeglöckchen sind längst schon wieder verblüht.

Wilbalt, der Zwerg, und Urban, der Mönch, grübeln über den kargen Texten und suchen nach einer Erklärung, warum sie sich so fürchterlich haben täuschen können. Alles schien doch so eindeutig.

Kleyberch – auf ewig geheimnisvoll und wundersam

„Dankwart, ich brauche deine Hilfe.“

Anschild Kleyberch, der jüngste Zwerg aus Kleyberch, von dem keiner weiß, wer er ist und woher er stammt, ist verliebt in König Sigurds Tochter Carissima. So weit, so gut und auch überhaupt nicht verwunderlich. In ihrem dreißigsten Lebensjahr ist die Prinzessin ein Anblick, der fast alle männlichen Zwerge ins Schwärmen und Träumen bringt. Besonders ihr Mund hat es Anschild angetan. Gleich, was sie auch spricht, er hängt mit seinem Blick wie hypnotisiert an ihren vollen Lippen, die so herzzerreißend schmollen können. Jedes Wort saugen seine Augen förmlich aus ihr heraus ohne zu hören oder gar zu verstehen, was sie ihm sagt. Peinlicher Weise muss er dann immer wieder nachfragen, was sie gerade von ihm will. Irgendwann, so denkt er sich, werde ich an diesen Lippen knabbern. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg und Dankwart soll ihm nun dabei helfen.

Anschild hat den Wohnraum seines Ziehvaters betreten, wo jener sich gerade über Texte im Buch >Utz wider die Alben< Gedanken macht. Es fällt nicht nur ihm schwer zu begreifen, dass er über 800 Jahre in der zerstörten Festung Kleyberch geschlafen hat. Für ihn hat dieses Buch eine ganz andere Bedeutung, als für die Steinenauer Zwerge. Ist es für die Letzteren die Erzählung aus alten Zeiten, so ist es für Dankwart eher der Bericht der Geschehnisse von gestern. Für eine kurze Zeit war er Teil dieser Geschichte. Nun hebt er den Kopf und sieht Anschild mit müden braunen Augen an. Sein Studium dauert schon eine lange Weile und es hat ihn leidlich erschöpft. Er trägt eine lederne alte Hose, ein etwas schmutziges helles Leinenhemd, das etwas über der starken Brust spannt und darüber eine lederne Weste. Das schulterlange braune Haar mit dem leicht blonden Schimmer hängt ihm etwas vor das Gesicht und er schnickt es mit einer kurzen Kopfbewegung zur Seite.

„Was hast du auf dem Herzen?“

„Die Liebe, Dankwart, ich bin verliebt.“ Die Anrede Vater war niemals gebräuchlich zwischen den Beiden. Verständlich, wurde der kleine Anschild ohne weitere Erklärung oder Namensnennung dem damals verletzten Krieger einfach in den Arm gedrückt, zum Schutze anvertraut. Es war nie ein Geheimnis für den Knaben, dass er einen Ziehvater hat.

„Ich weiß. Man kann es sehen. Und?

Du meinst, der Frühling des Jahres 620 muss nach dem kurzen Winter die Gefühle umso höher wallen lassen?“

Der junge Zwerg überhört die Lästerung seines Ziehvaters. „Ich will mich der Prinzessin Carissima erklären und weiß nicht wie.“

„Das schlag dir einfach aus dem Kopf und das Problem ist gelöst.“ Fast leidenschaftslos gibt Dankwart diesen Rat und verblüfft Anschild völlig.

„Was? Wieso? Äh, warum aus dem Kopf schlagen?“ Ein unbegreiflicher Rat für einen Verliebten.

„Sie ist die Tochter des Großmächtigen, darum.“ In dieser Erklärung ist für Dankwart alles enthalten, was der Begründung dient. Doch damit weckt er natürlich den Widerstand seines Ziehsohnes.

„Pah, Großmächtiger. Den Titel hat er sich angeeignet. Der gebührt nur demjenigen, der über eine Vereinigung von Königen herrscht..“

„Die es aber zurzeit nicht gibt, denn es gibt nur noch einen König und ein Zwergenreich.“, fällt ihm Dankwart ins Wort. „Ich halte es für zulässig, dass er diesen Titel führt und bin mir sicher, er gibt ihn ab, wenn ein anderes Volk mit einem eigenen König erscheint.“

„Sind wir nicht ein eigenes Volk, wir Zwerge aus Kleyberch? Warum haben wir keinen König?“, bohrt Anschild hartnäckig nach.

„Ein Volk? Ein eigener König? So ganz ohne Königreich? Was hast du für Ideen? Wir sind eine Ansammlung von Zwergen verschiedenster Herkunft aus einem ehemaligen kleinen Vorposten des Königreiches des verstorbenen Großkönigs Manegold Schmiedehammer. Und selbst wenn, so wärest du sicher nicht der Prinz. Nein, nein, vergiss es. Sie ist eine Prinzessin und was bist du?“

„Wie soll ich wissen, was ich bin, wenn ich nicht einmal weiß, wer ich bin.“ Das ist ein Schlag in eine schwärende Wunde des jungen Zwerges. Seine unbekannte Herkunft plagt ihn sehr. „So behaupte ich ab sofort, ich bin der jüngste Sohn des letzten Großkönigs. Du selbst hast die Rüstung des Kriegers, der mich dir übergab, nicht erkannt. Wer will mir das Gegenteil beweisen?“

„Und wie willst du es beweisen? Wie willst du vor dem Gelöbnis deine Verwandtschaften belegen. Du darfst sie nur heiraten wenn klar ist, dass ihr nicht blutsverwandt seid. Das solltest du wissen.“

Betroffen blickt Anschild auf seine Füße, die in bequemen Holzschuhen stecken. An diese Vorschrift der Zwerge vor dem Gelöbnis hat er nicht gedacht.

„Das kann ich nicht.“, gibt er kleinlaut zu. Da fällt ihm ein: „Von euch ist doch auch nicht einer mit den Zwergen hier verwandt. Warum sollte ich es dann sein?“

„Weil du im Grunde kein Kleybercher bist. Bedenke, warum ich dich so benannt habe. Als Kind bist du Teil unserer Gemeinschaft geworden. Und darin liegt auch dein nächster Denkfehler. Wärest du tatsächlich ein Sohn des letzten Großkönigs, Manegold Schmiedehammer, so wäre es durchaus denkbar, dass du mit der Prinzessin verwandt bist. Noch ein Einfall?“

Mit hängenden Schultern steht er vor Dankwart. „Nein, im Moment leider nicht.“, antwortet er betrübt. „Aber ich gebe nicht auf.“, fährt er mit aufflammendem Trotz fort. „Ich werde einen Weg finden. Ich muss, denn sie ist die Einzige, die mir gefällt.“

„Ich weiß, dazu kommt: Sie ist die Einzige, in deinem Alter. Für dich gibt es hier kein anderes Mädchen. Es sei denn, du würdest dich den Menschenmädchen zuwenden.“

„Danke, nein, davon hab ich nichts. Fänd ich wirklich eine, die ich lieben könnte, hätte ich nicht viel davon, weil sie sehr viel früher sterben würde, als ich. Dann hätte ich vielleicht am Ende drei oder vier Frauen gehabt. Das ist nichts für mich.“

* * * * *

Ja, das ist tatsächlich ein Problem. Für alle Kleybercher Zwerge hat sich im Laufe der Zeit ein Lebenspartner gefunden. Die neu gefundenen Zwerge waren sämtlich im heiratsfähigen Alter. Keiner zu alt oder zu jung. Ausgenommen Anschild.

Auf der anderen Seite sieht allerdings auch Carissima dies als ein Problem an. Rein standesmäßig hat sie nicht die Probleme, die Anschild behindern. Sie kann einen Bund mit einem von niedrigerem Stande eingehen. Dass ihre Eltern, Sigurd und Hemma, damit nicht unbedingt glücklich wären, ist keine Frage. Wen aber sonst sollte sie zum Gemahl nehmen? Rein altersmäßig gibt es nur Anschild. Denkt sie an den jungen Zwerg, wird ihr ganz warm ums Herz und ein seltsames Gefühl durchströmt ihren Körper. Er sieht aber auch gut aus. Breite Schultern mit Armen wie eine Keule. Dazwischen ein Nacken, der jedem Stier zur Ehre gereicht hätte. Die muskulöse Brust wird durch die schmale Taille deutlich betont. Die strahlenden grünen Augen, die wallende hellblonde Mähne ungebändigter Haare, die sanften Lippen und der Bart erst, scharf am Kieferknochen abgesetzt zieht sich ein nur fingerbreiter Streifen vor bis zum Kinn, wo die Vereinigung mit dem Oberlippenbart dann einen Kinnbart ergibt, welcher sich bis hinab zur Brust wellt. Carissima kann sich sehr gut vorstellen, ausgiebig in diesem Bart zu kraulen.

So oft es geht versucht sie, Anschild nah zu kommen. Natürlich so, dass es nicht auffällt, wie sie meint, denn auch sie darf nicht ganz offen her gehen und sagen: Ich will dich zum Mann. Diese Blöße will sie sich und ihrer Familie nicht geben. Schade, dass Großmutter Melisande vorletzten Winter verstorben ist. Sicher hätte die sie verstanden und einen guten Rat gehabt. Nun hoffte Carissima, dass ihr Plan, den sie sich zurecht gelegt hat, auch funktioniert.

„Väterchen!“, ruft sie, als sie zu König Sigurd in den Garten geht.

„Aha, mein Töchterchen hat was auf dem Herzen.“, stellt der geübte Vater fest. „Was darf ich dir denn Gutes tun, mein Kind?“ Sigurds langer Zopf, der in der Mitte des kahlen Hauptes mit Bändern hochgehalten wird und danach stramm geflochten auf Po-Höhe wieder in einer Spitze nach oben strebt, schwingt heftig mit, als er sich Carissima zuwendet. Der lange weißblonde Bart ist nach alter Gewohnheit unter dem Gürtel eingeklemmt und verdeckt ein wenig den fülligen Bauch.

„Alle waren schon mal in Kleyberch gewesen. Ich möchte da auch mal hin.“

„Alle waren noch nicht dort; das weißt du. Deine Mutter zum Beispiel oder Rombold Steinschloß. Und was willst du da? Da gibt es nichts mehr zu erforschen. Alles schon gesehen.“

„Mag ja sein, aber ich habe noch nichts gesehen. Ich hab keine Vorstellung, wie die dort gelebt haben. Gut, man hat mir einiges erzählt, aber das ist nicht dasselbe, als wenn ich es mit eigenen Augen gesehen habe. Außerdem kannst du dir nicht sicher sein, dass es dort nichts mehr zu finden gibt. Denk nur dran: Die Kleybercher haben zehn Jahre dort gelebt und die Bücher nicht gefunden. Die sind erst aufgetaucht, als unsere Männer dort waren. Vielleicht braucht es ja noch eine hübsche junge Prinzessin, damit ein kleines Wunder geschieht.“ Sie bedenkt ihren Vater mit dem betörendsten Lächeln, dessen sie fähig ist.

Sigurd kennt seine Tochter und will ihr gar nicht den Wunsch verwehren, doch noch ein klein wenig spielen und sich zieren, das möchte ihm jetzt noch Vergnügen bereiten. „Ach was! Und du meinst, du seist die hübsche junge Prinzessin? Nun ja,“, dabei betrachtet er sie von oben bis unten, „ in gewisser Weise mag das ja hin kommen.“

„Vater!“, empört sich Carissima über des Königs Beurteilung.

„Vielleicht auch ein bisschen mehr.“, grinst Sigurd. „Und was gedenkt die Prinzessin dorten zu finden? Einen Geist, ein Ungeheuer oder einen Gatten, was ja durchaus manchmal auf das gleiche hinaus kommt.“

Erneut protestiert Carissima: „Vater!“, doch gleichzeitig hat sie auch gemerkt, schon längst die Zustimmung zu haben. Deswegen treibt sie das Spiel denn auch auf die Spitze.

„Geist und Ungeheuer steht schon vor mir. Ein Gemahl wäre tatsächlich ein Schatz, den man sich mitnehmen könnte.“, lacht sie.

„Aber sicher willst du nicht ohne Begleitung nach Kleyberch gehen. Das erlaube ich nicht. Das ist viel zu gefährlich. Es treiben reichlich Räuber ihr Unwesen. Wir hatten nun schon zwei starke Winter. Gut, dass der Letzte den Bauern mehr übrig gelassen hat, obwohl er doch, nach der Weissagung so fürchterlich werden sollte. Nun, wen geb ich dir mit?“, überlegt der Vater. „Na klar, doch. Es gibt nur einen, der dich dort führen kann. Dankwart Hammerfest wird dich begleiten. Sicher wird auch sein Ziehsohn Anschild gerne dabei sein. Dann denke ich, es sei nichts Verkehrtes, wenn auch dein Bruder Gernhelm mitkommt. Vielleicht erklärt sich Dankwarts Gattin bereit, als dein weiblicher Beistand zu fungieren. Allein unter solchen Männern kann gefährlich sein.“ Sigurd grinst seine Tochter schelmisch an. Mit Vergnügen sieht er ihr Mienenspiel, als er die Beteiligten aufzählt. Auch wenn das Töchterchen sehr vorsichtig war, so war es den aufmerksamen Eltern nicht entgangen, dass sich da etwas zwischen den jungen Leuten anknüpfte. Man wollte in keinster Weise dem Glück des Kindes im Wege stehen, doch sollte es wenigstens in gesittetem Rahmen von Statten gehen. Es ging schließlich um die königliche Familie.

„Dann lauf mal und frag alle, ob sie einverstanden sind. Auch wenn die Kammern noch übervoll sind, können wir nicht die Hände in den Schoß legen. Die erste Saat wird bald ausgebracht und da möchte ich gerne jede Hand hier haben. Wenn ihr in zwei Tagen los geht, könnt ihr in zwei Wochen wieder hier sein. Das müsste reichen.“

* * * * *

Wie es sich auch für eine Prinzessin gehört, hat sie zunächst Dankwart und dann Anschild gefragt. Was ist dem jungen Zwerg das Herz in die Höhe gesprungen. So hoch, dass er einen dicken Kloß im Hals hatte und nur zustimmend nickte. Auch Petrissa, Dankwarts Gattin, war gerne bereit, noch einmal mit nach Kleyberch zu wandern.

Gernhelm allerdings macht ein etwas grimmiges Gesicht als er hört, dass Anschild in der Gruppe sei. Mit Argwohn und Eifersucht will er sein kleines Schwesterchen beschützen. Es ist keine Frage, dass er dabei ist.

* * * * *

Gleich nachdem Carissima davon gelaufen ist, rauscht es über Sigurd und Eringus landet zu einem Überraschungsbesuch. Ganz sanft kommt er zum Stehen, was bei seiner Größe immer wieder als erstaunlich bezeichnet werden muss. Für diejenigen, die ihn noch nicht kennen sollten, hier in Kürze seine Beschreibung: Eringus, der Drache, ist am Körper 11 Schritt (ein Drittel davon Hals) und Schwanz 11 Schritt lang, also zusammen 22 Schritte. Er ist 15 und einen halben Fuß hoch, 6 und einen halben Fuß breit und seine Spannweite beträgt 31 Schritte. Eringus wiegt 250 Pfund. Er hat eine lange Schnauze mit 100 Zähnen - die Reißzähne ragen seitlich aus dem Maul, dazwischen ist eine gespaltene Zunge. Er hat kräftige Kiefer und aus seinen Nüstern wabert fast ständig Rauch. Seine Ohren sind lang und spitz und in alle Richtungen drehbar. Nichts entgeht seinen aufmerksamen Sinnen.

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