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De imitationeCamerarius d.Ä., JoachimDe imitatione
Im Jahr 1538 – Camerarius war inzwischen nach einer eindrucksvollen peregrinatio academica zum Rektor der Universität Tübingen1 gewählt worden – erschien die kleine Schrift De imitationeCamerarius d.Ä., JoachimDe imitatione. Eigentlich gehört das Werk in den Kontext eines Kommentars zu Ciceros Tusculanen. Jedoch geriet der Kommentar gleichsam unter der Hand zu einer eigenen disputatio über das Prinzip der Nachahmung, wobei Camerarius seine eigene Auffassung in Auseinandersetzung mit derjenigen der führenden Humanisten entwickelt.2Bembo, PietroPoliziano, AngeloErasmus von Rotterdam, Desiderius Der Form nach handelt es sich um einen Brief an Daniel StibarStibar, Daniel, der immer wieder angeredet wird und als fiktiver Dialogpartner Gegenrede hält. Der eigentliche Traktat beginnt mit einem Bekenntnis zu CiceroCicero als idealem Stilvorbild.3 Camerarius greift also das Thema des zehn Jahre früher erschienenen Erasmianischen CiceronianusErasmus von Rotterdam, DesideriusCiceronianus auf. Er beantwortet die Frage, ob man Cicero nachahmen soll oder nicht, mit einem klaren Ja, setzt sich also vordergründig in Opposition zu ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius. Im Unterschied zu diesem behandelt Camerarius das Thema aber nicht als satirischen Dialog, sondern führt es auf seine philosophischen Grundlagen zurück. Er entwickelt auf rund 150 Seiten eine Theorie der Nachahmung und deren Bedeutung für die Kulturentwicklung.4 Seine differenzierte Haltung ist meilenweit von der törichten Beflissenheit des von ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius als Karikatur gestalteten Nosoponus entfernt, in dessen Argumentation Imitatio auf ein Affentalent reduziert wird, er selbst sich als simia Ciceronis entblößt. Schulmeister, der Camerarius ist, begreift er die Imitatio als Teil der Stilübung, also als Aufgabe des Grammaticus (p. 23).5 Die theologische Problematik, die mit der Verwendung des heidnischen Lateins verbunden ist – das zentrale Thema des ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius – klammert der Bamberger Humanist völlig aus.6QuintilianQuintilianinst. Stattdessen differenziert er sehr genau, worauf sich die Nachahmung eines Autors bezieht, nämlich auf Stil, Gattung oder Inhalt (p. 24). Wo er auf ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius zu sprechen kommt, äußert er sich bestimmt, aber versöhnlich (p. 137). Er weist darauf hin, dass Imitatio ohnehin immer nur Ähnlichkeit erstrebt, niemals eine identische Kopie; diese sei weder möglich noch sinnvoll (p. 136).7Erasmus von Rotterdam, DesideriusCiceronianus
In Anlehnung an AristotelesAristoteles und an QuintilianQuintilian hatte der Humanist die wesentlichen philosophischen Grundlagen dessen entwickelt, was er in der Praefatio zum Medizinglossar wieder aufgreifen wird. Eine Leitthese der Imitationsschrift war, dass letztlich alles durch Nachahmung erlernt werde, Fähigkeiten nicht durch Geburt vererbt würden: Quis est enim peritus ullius rei natus, non factus? (p. 20). Der Mensch wird als ein der Erziehung bedürftiges Wesen aufgefasst, dem nichts von Natur gegeben ist, das vielmehr alles erlernen muss. Doch ist das Lernen durch Nachahmung seinerseits ein natürlicher Vorgang.8Camerarius d.Ä., JoachimCommentarii in Ciceronis Tusculanam primamQuintilianQuintilianinst.Cranach, LucasDürer, AlbrechtCranach, LucasDürer, AlbrechtCiceroQuintilian Camerarius’ offensichtlich an Aristoteles (PoetikAristotelesPoet., cap. 4) angelehnte Definition der Imitatio hebt auf die voluptas (ἡδονή) ab, die sich beim Wiedererkennen einstelle.9AristotelesAristotelesPoet.
Das Medizinglossar
In der Praefatio zum Medizinglossar1Camerarius d.Ä., JoachimCommentarii utriusque linguae wird die Imitatio-Frage auf eine nachgerade literarische Weise wieder aufgegriffen. Camerarius inszeniert sie als einen Dialog, indem er einen fiktiven Gesprächspartner einführt. Die Quintessenz aus dem Gespräch lautet, dass Sachverhalte (res) nur durch Sprache zu vermitteln seien, Sprache aber auf Imitatio beruhe, die ihrerseits Voraussetzung gegenseitigen Verstehens sei und auf gemeinsame ‚usancen‘ angewiesen sei: Nulla autem certe est ansa, qua apprehendi possit vera & certa sententia, & animi conceptio, & cogitationis inventum, nisi orationis (α4r). Nachahmung erscheint als eine Grundtatsache jeder Kulturentstehung.
Hinter dieser Argumentation, die Neuerung auf den Spuren der Tradition zulässt, steckt offensichtlich QuintilianQuintilian, auch wenn Camerarius ihn nicht explizit zitiert.2QuintilianPico della MirandolaDe hominis dignitate Der Autor der Institutio oratoria war seit rund hundert Jahren wieder bekannt. PoggioBracciolini, Poggio hatte einen Codex im Kloster St. Gallen entdeckt. Seitdem avancierte Quintilian zum maßgeblichen Schulautor. Camerarius selbst hatte 1527 seine erste Quintilian-Ausgabe besorgt und bei Johann Setzer in Hagenau drucken lassen.3Camerarius d.Ä., JoachimQuintiliani Oratoriarum institutionum liber decimus Zahlreiche Neuauflagen folgten. Schon Quintilian wusste, dass eine Sprache, die sich nur am Beispiel der Altvorderen orientiert, auf die Dauer sterben musste. Deshalb plädierte er für eine behutsame, aber am Geist der Vorfahren orientierte Weiterentwicklung der Sprache (inst. or. 10, 2). Nur wurde dies von vielen, die ihn rezipiert haben, nicht erkannt. Auf die großen Autoren seiner Zeit wie etwa TacitusTacitus und die Schriftsteller der nachfolgenden Jahrhunderte hatte Quintilian praktisch überhaupt keinen Einfluss. Dennoch konnte er sich mit seinen Standards durchsetzen, da seine Institutio oratoria sich als Schulbuch etablierte und den Abschluss des Rhetoren-Unterrichts bildete. Der Schulmeister Quintilian wurde zum Schulbuchautor; er wirkte aber eher auf der lebensabgewandten Seite des Unterrichts. Der Ciceronianismus setzte sich als Ideal der Schulprosa durch und behauptet diesen Rang bis heute in den universitären Stilübungen. Wir beobachten in der Geschichte des Lateins daher den erstaunlichen Umstand, dass das gelehrte und das in Schrift- und Alltagssprache verwendete Latein immer weiter auseinanderdrifteten. Man lernte das Latein der Schule, sprach und schrieb aber dasjenige des „Lebens“. Die Kontroverse, die ErasmusErasmus von Rotterdam, Desiderius und später Camerarius auszufechten hatten, wurzelt in dieser historischen Entwicklung.
Camerarius und PlatonPlaton
Nachahmung gibt es freilich im Positiven wie im Negativen, man ahmt gute und schlechte Beispiele, vitia und virtutes, nach. Deshalb komme es, so Camerarius, auf das pädagogische Vorbild an. Das gilt aber nicht nur in Fragen der Moral, sondern auch in Fragen des Ausdrucks und des Stils.
Mit dieser Feststellung bezieht sich Camerarius nun auf eine Debatte, die von CiceroCicero ins Zentrum gerückt wurde, nämlich das Auseinandertreten von Philosophie und Rhetorik. Gleich zu Beginn zitiert er Cicero, der seine Überlegungen zum Verhältnis von Form und Argument mit den Worten beginnen lässt: cum controversia aut de re aut de nomine esse soleat. (α2v)1Cicerofin. Daran schließt er eine lange Erörterung über das Verhältnis von res und verba an. Er schlägt sich unmissverständlich auf die Seite derer, die einen engen Zusammenhang zwischen Inhalt und Ausdruck sehen. Er wendet sich einerseits gegen manierierte Wortkünstler, bei denen die Form wichtiger ist als der Gehalt. Solche nennt er circulatores und praestigiatores (α4v). Viel ausführlicher zieht er aber gegen das andere Extrem zu Felde, nämlich die Verächter jedweder Rhetorik. Unter ihnen nennt er PlatonPlaton und GalenGalen. Aus dem SophistesPlatonSoph. zitiert er die Worte: ἀμελῶμεν ὀνομάτων und zieht sie als Beweis für PlatonsPlaton ablehnende Haltung gegenüber der Rhetorik heran. In dem genannten Platon-Dialog geht es um die Bestimmung des Sophisten und die Frage, in welchen Erscheinungen er auftritt. Der eleatische Fremde, einer der Gesprächspartner, schlägt vor, das Problem über einen Anglervergleich zu lösen und ergeht sich dabei in kleinteiligen Unterscheidungen, bis ihn Theaetet zur Ordnung ruft (220 d 4): Ἀμελῶμεν τοῦ ὀνόματος, ἀρκεῖ γὰρ καὶ τοῦτο. Camerarius zitiert wohl aus dem Gedächtnis, nicht ganz wortgetreu, aber im Wesentlichen sinngemäß, wobei er in diesem Fall die Partei des Xenos bei Platon ergreift. Kurz zuvor hatte er noch klargestellt, welchen Wert eine präzise Begrifflichkeit hat; sie allein erlaube das evidenter ac plane edisserere (α2v). Wo sie fehle, breite sich Dunkelheit, Schwanken und Unsicherheit aus. Ja, mehr noch, Unkenntnis der griechischen Sprache, in der die Wissenschaften nun einmal tradiert seien, ziehe impietas, superstitio und nocentissimi errores nach sich. In nachgerade reformatorischem Furor setzt er hinzu: Haec multos deos introduxit, haec disciplinam dissolvit, tyrannides stabilivit, flagitium & dedecus commendavit, virtuti & laudi infamiam addidit. (α2v). PlatonsPlaton Skepsis gegenüber der Rhetorik teilt er ausdrücklich nicht.
Noch deutlicher habe GalenGalen gegen die Rhetoren polemisiert: ἀκριβολογίαν τε καὶ μικρολογίαν καὶ λεπτολογίαν vocabulorum habe dieser die verspielte Suche nach Wörtern, exquisitio et aucupatio, genannt und als abgeschmackt und lächerlich, ἐπίτριπτον καὶ καταγέλαστον, abgetan (α3v). Eine Überprüfung des Galen-Textes hat allerdings ergeben, dass das vermeintliche Zitat keines ist und Camerarius die Position des griechischen Arztes polemisch zuspitzt. Galen hatte sich in der Schrift über die Gliedmaßen (Περὶ ἄρθρων ὑπόμνημα) lediglich auf Hippokrates berufen, der seinerseits einen Widerwillen gegen Wortklauberei gehegt habe. An der Galenstelle (18/1, 686 Kühn), die Camerarius offenkundig aus dem Gedächtnis zitiert und dazu auch noch sehr frei um Synonyme erweitert und recht blumig ausmalt, geht es um zwei Arten der Hermeneutik: Hippokrates bezeichnet diese beiden Vorgehensweisen als μικρολογία einerseits und als συνήθεια andererseits. Erstere diffamiert er als Herumreiten auf Begriffen, was typisch für Leute sei, die weder reden könnten noch über δύναμις ἑρμηνευτική verfügten. Wer dagegen eine ἐνέργεια τῆς ἑρμηνείας besitze, der blicke nicht auf einzelne Wörter, τοῖς κατὰ μέρος ὀνόμασιν, sondern auf den Fluss der Worte nach allgemeingriechischem Verständnis: ἐπιῤῥέουσιν αὐτοῖς χρῶνται κατὰ τὴν τῶν Ἑλλήνων συνήθειαν.2 Camerarius sieht in Galens Worten eine Verächtlichmachung der Rhetorik, die dieser für entbehrlich gehalten habe.3 Er macht sich dagegen zum Anwalt der Genauigkeit, die einem nebulösen Globalverständnis überlegen sei. Er nähert sich der Medizin zunächst mit dem Blick des akribischen Philologen. Das entspricht freilich auch dem Ziel seiner Schrift, in der es ja um genaue medizinische Bezeichnungen geht.
Wie angedeutet, steht diese Polemik insofern in der Tradition des Ciceronianismus-Streits, als es auch hier um den rechten Sprachgebrauch geht. Doch haucht Camerarius der mittlerweile fruchtlos gewordenen Debatte noch einmal frisches Leben ein, indem er nicht mehr von den Vorbildern beziehungsweise Autoritäten her denkt, sondern den Zweck der Sprache in den Blick nimmt. Ihm ist nämlich klar, und er sagt das auch ausdrücklich, dass jede Kommunikation natürlich συνήθεια beziehungsweise usus oder consuetudo zur Voraussetzung hat. Für eine Fachsprache reicht das gewachsene Sprachgefühl aber nicht aus. Der Sprachgebrauch sondere die wirklich Gebildeten von den pueri, aut ineruditi & semidocti, wobei er noch anfügt, dass der Status des puer sowohl eine Frage des Alters als auch des Intellekts sein könne: Nihil enim refert […] aetate an ingenio aliquis puer sit (α3v). Er nähert sich durch den Blick auf die Funktion der Sprache einem zwar konservativen, aber keineswegs starren Imitatio-Modell an, das demjenigen QuintiliansQuintilian ähnelt.4
Ist Camerarius am Ende ein Antiplatoniker? Das kann man ihm ganz gewiss nicht unterstellen, im Gegenteil: Die meisten PlatonPlaton-Zitate werden zustimmend angeführt, und er teilt mit Platon die Skepsis gegenüber sophistischer Rhetorik. Die oben zitierten Gefahren, die Camerarius von Griechisch-Unkundigen ausgehen sah, entsprechen dem, was Platon den Sophisten unterstellte. Der Unterschied ist, dass die einen Verwirrung stiften aufgrund ihrer Unkenntnis, die anderen aufgrund ihrer rhetorischen Brillanz. Camerarius hat den Grundkonflikt zwischen Platon und GorgiasGorgias im Blick, also die Alternative zwischen rhetorischer Reinheit und Ausschmückung. Die rednerische Ausgestaltung um ihrer selbst willen führt danach eher zu Verdunkelung als zu Klarheit, das rhetorische Ornament droht den eigentlichen Kern zu überwuchern. Insofern ist auch Camerarius der Vertreter eines konservativen Stils, mit antiken Kategorien würde man sagen: er ist Attizist.
Diese Einstellung begründet er, in einer medizinischen Schrift passend, damit, dass eine vernachlässigte Sprache nicht nur Verwirrung beim Gegenüber stifte, sondern auch der geistigen Gesundheit schade, hinterlasse doch die Art zu sprechen einen Abdruck in der Seele. Dieser platonische Gedanke wird durch ein Zitat aus dem PhaedoPlatonPhaed. (115 e 6) unterstrichen (α4v): εὖ γὰρ ἴσθι, ἦ δ’ ὅς, ὦ ἄριστε Κρίτων, τὸ μὴ καλῶς λέγειν οὐ μόνον εἰς αὐτὸ τοῦτο πλημμελές, ἀλλὰ καὶ κακόν τι ἐμποιεῖ ταῖς ψυχαῖς. („Wisse genau, sagte er, bester Kriton, dass nicht schön zu reden nicht nur an sich fehlerhaft ist, sondern auch der Seele etwas Schlechtes einprägt.“)
Camerarius scheint die Auffassung zu vertreten, dass der Mensch Sprache und Sprachstil von anderen übernimmt, sie aber zu seinen macht, sich danach gleichsam formt. Denselben Gedanken hatte er in De imitationeCamerarius d.Ä., JoachimDe imitatione zum Ausdruck gebracht: „Jeder pflegt das, was er nach den Beispielen anderer gemacht hat, als das Seine hervorzuheben und zu bewahren“.5 „Der Mensch kommt zum Eigenen durch Fremdes.“6
Indem Camerarius die sprachliche Gestaltung nicht nur unter dem Aspekt der Kommunikation, sondern auch unter dem der Selbsterziehung und Selbstbeeinflussung deutet, hat er die mitunter verspielte, um nicht zu sagen geistreichelnde Debatte um die richtige Antikennachfolge auf eine neue Stufe gehoben. Er hat ihr nicht nur eine philosophische, sondern auch eine psychologische und damit medizinische Wendung verliehen.
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Der Libellus gnomologicusCamerarius d.Ä., JoachimLibellus gnomologicus des Joachim Camerarius (1569): Bemerkungen zur Entstehungs- und Textgeschichte sowie zur pädagogischen Intention
Marc Steinmann (Gießen)
Brittae, luci quondam meae,
cuius amorem repente amisi
Einleitung
Die Klage, daß es bis heute keine befriedigende Gesamtdarstellung der Vita des Polyhistors Joachim Camerarius gebe, gehört seit etlichen Jahrzehnten zu den Gemeinplätzen der Camerarius-Forschung. Kurzbiographien und Abrisse gibt es manche, doch umfassendere Studien sind hauptsächlich erst in diesem Jahrhundert entstanden.1 Auch eine abschließende Werkübersicht seiner selbständig oder als Beigaben zu Werken anderer erschienenen Arbeiten bleibt ein Desiderat. „Editorisch ist das Werk von Camerarius so gut wie unerschlossen.“2Fabricius, Johann Albert Der Hauptgrund hierfür dürfte, wie Mundt richtig betont,3 die Ehrfurcht gebietende Weite von Camerarius’ Gesichts- und Arbeitskreis sein, und zwar nicht nur auf dem engeren philologischen Felde – wie wir es heute verstehen –,4 sondern auch im weiteren geisteswissenschaftlichen sowie im naturwissenschaftlichen5 und (religions)politischen Bereich.6Melanchthon, PhilippStählin, Friedrich
„Es gibt überhaupt kaum eine Wissenschaft, die ihm fremd gewesen wäre“, bringt es Friedrich StählinStählin, Friedrich auf den Punkt.7 Camerarius’ quasi Omniskienz hatte bereits Andreas FreihubFreyhub, AndreasOratio in funere Joachimi Camerarii in seiner Leichenrede herausgestellt, wenn er den Verblichenen einen Mann nennt, von dem totum […] bonarum et liberalium artium orbem […] percursum et absolutum esse [„das gesamte Spektrum der guten und freien Künste (d.h. der Wissenschaften) durchdrungen und gemeistert worden sei“8] und der in den klassischen Sprachen soviel geleistet habe, quantum vix sperari ab ullo alio posse videatur [„wie es von irgendeinem anderen kaum – wie es scheint – erhofft werden kann“].9Freyhub, AndreasOratio in funere Joachimi Camerarii Camerarius habe zudem so viele und so bedeutende Werke und Kommentare verfaßt, daß omnis posteritas egregie et utiliter instrui poterit et informari [„die gesamte Nachwelt aufs trefflichste und nütztlichste wird belehrt und informiert werden können“].10Freyhub, AndreasOratio in funere Joachimi Camerarii Mag dieses Lob topologisch überhöht und allzu zuversichtlich gewesen sein, so ist im 19. und 20. Jh. allerdings nahezu das Gegenteil von Freihubs Vision eingetreten: Camerarius und sein Werk sind zunehmend obsolet geworden und heute nur noch wenigen Spezialisten bekannt.11Stählin, Friedrich
Um den Schleier dieses Vergessens wenigstens etwas zu lüften, soll im folgenden ein Werk aus der letzten Schaffensphase des Camerarius vorgestellt und untersucht werden, der Libellus gnomologicusCamerarius d.Ä., JoachimLibellus gnomologicus. Daß dabei derjenige Teil dieser Sammelschrift, der das PalladiusPalladius von Helenopolis, dem Bischof von Helenopolis, zugeschriebene griechische Werk De gentibus Indiae et BragmanibusPalladius von HelenopolisDe gentibus Indiae et Bragmanibus enthält, etwas ausführlicher behandelt werden wird als die übrigen Teile, sei dadurch gerechtfertigt, daß einerseits der erste Teil, eine Sentenzensammlung, recht disparat wirkt12 und daß wir andererseits Joachim Camerarius die Editio princeps der Schrift des PalladiusPalladius von Helenopolis verdanken. Allerdings handelt es sich, wie damals weithin üblich, um einen diplomatischen Abdruck einer einzigen Handschrift, die Camerarius jedoch – und da sind wir wieder bei seinen oben angeführten lobenden Attributen – nicht nur in lucem edidit, sondern auch ins Lateinische übersetzt, ihr exegetische Anmerkungen beigegeben und in der Praefatio in einen größeren translationstheoretischen und pädagogischen Zusammenhang gestellt hat.
Im Rahmen eines Aufsatzes können freilich nur einige Schlaglichter auf dieses in der Forschung bisher anscheinend überhaupt noch nicht behandelte Werk geworfen werden.13Palladius von HelenopolisPalladius von Helenopolis Dafür soll es quasi schichtweise von außen nach innen inspiziert werden. Beginnen wir also mit dem Äußeren, der physischen Werkanalyse.