Kitabı oku: «Handbuch Deutsche Kreditmarkt-Standards», sayfa 6

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VI. Wesentliche Änderungen bei Widerrufsbelehrungen für im Fernabsatz und außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge über Finanzdienstleistungen

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1. Wie oben bereits ausgeführt, sah sich der Gesetzgeber aufgrund der EuGH – Rechtsprechung vom 26.3.2020 gehalten, die in Anlage 3 zu Artikel 246b § 2 Abs. 3 EGBGB enthaltene Widerrufsbelehrung zu überarbeiten, weil diese ebenfalls im Zusammenhang mit dem Fristbeginn auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften verwies, ohne deren Inhalt wiederzugeben.53 Der Gesetzgeber sah daher die Gefahr, dass diese Widerrufsbelehrung aufgrund des enthaltenen Gesetzesverweises nicht richtlinienkonform sein könnte und insoweit Umsetzungsdefizite bestünden, die es zu beseitigen galt.

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2. Zur Vermeidung des Verweises auf die einschlägigen Rechtsvorschriften, nach denen der Unternehmer vorvertragliche Informationspflichten auf einem dauerhaften Datenträger zu erfüllen hat, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen, hat der Gesetzgeber, wie bereits bei der Widerrufsinformation in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 2 EGBGB, einen neuen Abschnitt 2 eingefügt. In Abschnitt 1 wird der Verbraucher über das Bestehen eines Widerrufsrechts, die Widerrufsfrist, den Beginn der Frist und die Form der zu erteilenden Informationen informiert. Statt des Verweises auf die einschlägigen rechtlichen Vorschriften über die zu erteilenden Informationen wird in dem Abschnitt 1 auf „alle nachstehend unter Abschnitt 2 aufgeführten Informationen“ verwiesen.

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In dem folgenden Abschnitt 2 sind alle Informationen, die der Unternehmer zu erteilen hat, nacheinander listenmäßig aufgeführt und durchnummeriert. Dabei wird bei den Informationen zwischen Pflichtinformationen und Eventualinformationen unterschieden. Bei den Pflichtinformationen handelt es sich um solche, über die der Unternehmer immer informieren muss, wenn der betreffende Vertrag über die angebotene Finanzdienstleistung im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wird. Die Eventualinformationen sind nur dann zu nennen, wenn sie für den Vertrag zutreffend sind, die diesbezügliche Subsumptionsleistung obliegt dem Unternehmer. Soweit die eventuell zu erbringenden Informationen nur teilweise zutreffen, sind sie vollständig aufzuführen, weil der Unternehmer andernfalls seiner Informationspflicht nicht nachkommt und von der Gesetzlichkeitsfiktion nach Art. 246b § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB nicht profitiert. In den gesetzlichen Mustern sind die Eventualinformationen durch Kursivdruck kenntlich gemacht. Übernimmt der Unternehmer eine Eventualinformation, weil sie für den betreffenden Vertrag einschlägig ist, ist sie vollständig abzudrucken und der Kursivdruck zu entfernen. In dem neuen Abschnitt 3 wird der Verbraucher über die Rechtsfolgen eines Widerrufs informiert.

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Der Gesetzgeber war sich bewusst, dass durch die Aufnahme sämtlicher Informationspflichten die Muster-Widerrufsbelehrung lang und unübersichtlich werden könnte. Um die Lesbarkeit für den Verbraucher zu vereinfachen, hat der Gesetzgeber daher mit Zwischenüberschriften und Heraushebungen von wesentlichen Informationen durch Fettdruck gearbeitet. An diese Darstellung ist der Unternehmer gebunden.

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Da bei den Finanzdienstleistungen über Zahlungsdienste die vorvertraglichen Informationen mit den vorvertraglichen Informationen beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen teilweise verzahnt sind und mit der Erfüllung der vorvertraglichen Informationen nach Art. 248 EGBGB zum Teil die vorvertraglichen Informationen nach Art. 246b EGBGB erfüllt werden, hat der Gesetzgeber sich entschieden, insgesamt drei Muster-Widerrufsbelehrungen mit Gesetzesrang zu verabschieden.

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Anlage 3 beinhaltet ein Muster für die Widerrufsbelehrung bei Verträgen über Finanzdienstleistungen – mit Ausnahme von Immobiliarförderdarlehensverträgen und Zahlungsdiensten –, die außerhalb der Geschäftsräume oder im Fernabsatz abgeschlossen werden. Anlage 3a bietet ein Muster für den Abschluss von Zahlungsdiensterahmenverträgen im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume und Anlage 3a befasst sich mit der Widerrufsbelehrung für Zahlungsdienste in Form von Einzelzahlungsverträgen. Die Aufteilung hielt der Gesetzgeber für notwendig, weil er andernfalls insgesamt fünf Musterbelehrungen mit zahlreichen Gestaltungshinweisen zur Verfügung hätte stellen müssen und damit die Übersichtlichkeit der Belehrungen durch die Aufnahme aller einzelnen Informationen verloren gegangen wäre. Dem Unternehmer steht es aber in eigener Verantwortung frei, bei entsprechenden Vertragskombinationen die Widerrufsbelehrungen miteinander zu verbinden und entsprechend zu ergänzen. Ob eine solche Widerrufsbelehrung dann jedoch noch in den Genuss der Gesetzlichkeitsfiktion kommt, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht eindeutig entnehmen.54

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3. Mit den Anpassungen der Widerrufsbelehrungen für im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge über Finanzdienstleistungen setzt der Gesetzgeber gleichzeitig die Rechtsprechung des BGH55 um. In dieser Entscheidung verneinte der BGH das Bestehen eines Widerrufsrechts des Bürgen, wenn dieser die Bürgschaft außerhalb der Geschäftsräume des Kreditinstituts und im Beisein eines Bankangestellten unterzeichnet hat. Seit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) in deutsches Recht zum 13.6.2014 handele es sich bei einer Bürgschaft nicht um einen entgeltlichen Verbrauchervertrag im Sinne von § 312 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 310 Abs. 3 BGB, so dass dem Bürgen entgegen der früheren Rechtslage kein Widerrufsrecht nach § 312g BGB zuzusprechen sei.56 Bei der Bürgschaft handele es sich auch nicht um eine Finanzdienstleistung, weil sich diese dadurch auszeichne, dass der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher die vertragsspezifische Leistung zu erbringen habe und der Verbraucher der Berechtigte aus dem Vertrag sei.57 Infolge dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber den Gestaltungshinweis Nr. 3 zur Widerrufsbelehrung in Anlage 3 zu Art. 246b EGBGB a.F. unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH gestrichen. Die Anlage 3 zu Art. 247 § 2 Abs. 3 Satz 1 EGBGB findet daher keine Anwendung mehr auf Bürgschaften oder andere Kreditsicherheiten, die im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden.

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4. Weitere Regelungen hat der Gesetzgeber für Darlehensverträge aufgenommen, die mit einem Verbraucher geschlossen werden, bei denen dem Verbraucher aber kein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zusteht. Dabei handelt es sich zum einen um die eingeräumte Überziehungsmöglichkeit im Sinne von § 504 Abs. 2 BGB, die geduldete Überziehung gemäß § 505 BGB und sog. Immobiliarförderdarlehen (§ 491 Abs. 3 Satz 3 BGB).

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5. Richtigerweise sehen die Widerrufsbelehrungen in Anlage 3a zu den Zahlungsdiensterahmenverträgen einen Hinweis zur geduldeten Überziehung vor, denn seit Einführung der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) ist der Darlehensgeber gehalten, in dem Vertrag über ein laufendes Konto ein Entgelt für die geduldete Überziehung zu vereinbaren, wenn er ein solches verlangen will (§ 505 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies gilt auch dann, wenn dies der Darlehensgeber dem Verbraucher auf dem laufenden Konto mit einer eingeräumten Überziehungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt hat (§ 505 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es ist daher folgerichtig, dass in der Widerrufsbelehrung Anlage 3a in Gestaltungshinweis Nr. 4 auf die Folgen des Widerrufs für den Fall hingewiesen wird, wenn der Darlehensgeber bei Abschluss des Vertrags über ein laufendes Konto es versäumt haben sollte, ein Entgelt für die geduldete Überziehung zu vereinbaren. In den Informationspflichten dagegen fehlt eine ausdrückliche Bezugnahme auf die geduldete Überziehung, insbesondere zu den Informationspflichten des § 505 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 247 § 17 EGBGB.

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6. Die Widerrufsbelehrung in Anlage 3 soll Anwendung finden, wenn dem Verbraucher eine eingeräumte Überziehungsmöglichkeit auf dem laufenden Konto nach § 504 Abs. 2 BGB gewährt wird und der Abschluss des Vertrags im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume stattfindet. Hier ist vorauszuschicken, dass der Gesetzgeber den Verbraucher bei Finanzdienstleistungen, die im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden, in gleicher Weise für schutzbedürftig hält. Abweichend davon hatte der Europäische Richtliniengeber den Abschluss von Finanzdienstleistungsverträgen mit Verbrauchern, soweit diese außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden, nicht in den Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinie aufgenommen, sondern diese ausdrücklich ausgeschlossen. Den deutschen Gesetzgeber hat dies nicht davon abgehalten, dem Verbraucher grundsätzlich in beiden Vertriebssituationen denselben Schutz zukommen zu lassen. Wie sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt, hat er von diesem Prinzip nicht abrücken wollen.58 Dabei sind Umsetzungsdefizite entstanden, die nur damit zu erklären sind, dass die Richtlinien und deren deutsche Umsetzungsgesetze, weil überschießend umgesetzt, nicht übereinstimmen. Der europäische Richtliniengeber hat hinsichtlich des Widerrufsrechts und der vorvertraglichen Informationspflichten bei Finanzdienstleistungen den potenziellen Konflikt zwischen den vertriebsbezogenen Informationspflichten und einem Vertriebswege bezogenen Widerrufsrecht und den produktspezifischen Informationspflichten und einem produktspezifischen Widerrufsrecht erkannt und durch entsprechende Regelungen in den Richtlinien grundsätzlich den produktspezifischen Richtlinien gegenüber den vertriebsbezogenen Richtlinien den Vorrang eingeräumt. Bei der geduldeten Überziehung (§ 504 Abs. 2 BGB) steht dem Verbraucher sowohl nach der Verbraucherkreditrichtlinie als auch nach dem deutschen Umsetzungsgesetz kein Widerrufsrecht zu (§ 504 Abs. 2 Satz 1 BGB). Wird der Vertrag im Fernabsatz geschlossen, ist der Verbraucher daher über sein Widerrufsrecht nach den fernabsatzrechtlichen Vorschriften zu belehren (§ 312g BGB). Dem hat der europäische Gesetzgeber Rechnung getragen, in dem in den vorvertraglichen Informationen zur geduldeten Überziehungsmöglichkeit nach § 504 Abs. 2 BGB, den „Europäischen Verbraucherkreditinformationen bei 1. Überziehungskrediten 2. Umschuldungen“ (Anlage 5 zu Art. 247 § 2 EGBGB) ein zusätzlicher Abschnitt 6 vorgesehen ist, wenn es sich bei dem Vertrag gleichzeitig um ein Fernabsatzgeschäft handelt. Dort sind die zusätzlichen Informationen nach dem Fernabsatz aufgeführt sowie die inhaltliche Belehrung über das Widerrufsrecht vorgesehen. In der Abfassung der Muster-Widerrufsbelehrung in Anlage 3 hat der Gesetzgeber sich bedauerlicherweise nicht an den Informationskatalog der Anlage 5 für die geduldete Überziehung und die vorvertraglichen Informationspflichten nach Art. 247 § 10 Abs. 1 EGBGB gehalten, sondern sich ausschließlich an dem Inhalt des Art. 246b EGBGB orientiert, obwohl bei einem Fernabsatzgeschäft mit der Übermittlung des entsprechend ausgefüllten Musters in der Anlage 5 zu Art. 247 § 2 EGBGB die vorvertraglichen Informationspflichten nach § 312d Absatz 2 BGB als erfüllt gelten. Ein Darlehensgeber wird daher bei Verwendung der Anlage 5, die auf die Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) zurückzuführen ist, inhaltliche Ergänzungen vornehmen müssen, die sich aus dem europäischen Muster nicht so ergeben. Keine Antwort bietet jedoch das Gesetz für den Abschluss eines Vertrags über eine geduldete Überziehung im Sinne von § 504 Abs. 2 BGB, wenn dieser außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wird. Die Anlage 5, die identisch ist mit dem Muster, wie es der Verbraucherkreditrichtlinie (2008/48/EG) als Anhang III beigefügt worden ist, bietet nur Ergänzungen für Fernabsatzverträge; dies ist konsequent, weil die Verbraucherrechterichtlinie nach dem Willen des Richtliniengebers keine Anwendung auf Finanzdienstleistungen findet, daher bieten die europäischen Muster keine Regelungen für Außergeschäftsräumeverträge. Der Richtliniengeber hielt die produktspezifischen Informationen und den damit verbundenen Verbraucherschutz für das Präsenzgeschäft für ausreichend, und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag in den oder außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wird. Das deutsche Gesetz weist an dieser Stelle Lücken aus, die durch den Darlehensgeber zu schließen sind. Grundsätzlich gilt, dass nach Art. 247 § 2 Abs. 4 Satz 2 EGBGB der Darlehensgeber seine vorvertraglichen Pflichten nach § 491a Abs. 1 BGB und § 312d Abs. 2 BGB erfüllt, wenn er die Anlagen 4 oder 5 verwendet und entsprechend ausfüllt. Dies gilt sowohl für den Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags in den Geschäftsräumen, im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume. Anlage 5 ergänzt die Musterinformation nur für den Fall des Fernabsatzes, nicht jedoch für den Fall des Vertragsabschlusses außerhalb der Geschäftsräume. Wie eine entsprechende richtige Umsetzung erfolgen kann, darüber schweigen die Gesetzesmaterialien. Eine denkbare Lösung wäre, den Verbraucher auf zwei getrennten Dokumenten die vorvertraglichen Informationen in der Anlage 5 Abschnitte 1 bis 5 zur Verfügung zu stellen und den Abschnitt 6 auf einem gesonderten Dokument, allerdings übertitelt mit den zusätzlichen Informationen bei außerhalb der Geschäftsräume geschlossenen Verträgen von Finanzdienstleistungen. Bei der Widerrufsbelehrung ist dann die Anlage 3 zu verwenden.

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7. Weitere offene Fragen ergeben sich bei den Immobiliarförderdarlehensverträgen, für die der Gesetzgeber in Anlage 6 Abschnitt 11 zu Art. 247 § 1 Absatz 2 EGBGB eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach § 312g BGB vorsieht, soweit der Vertrag im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts angeboten wird.

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Mit dem Gesetz führt der Gesetzgeber einen neuen Begriff ein, den Immobiliarförderdarlehensvertrag, ohne ihn näher zu definieren. Darunter zu verstehen ist ein „Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag“ im Sinne von § 491 Abs. 3 Satz 3 BGB, auf den nur § 491a Abs. 4 anwendbar ist. Der Gesetzgeber will sie, obwohl sie in § 491 Abs. 3 BGB als Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge bezeichnet werden, nicht wie Verbraucherdarlehen behandeln. Das ist sicher zutreffend, da nach § 491a Abs. 4 BGB der Darlehensgeber nur verpflichtet ist, von dem ESIS-Merkblatt die Abschnitte 3, 4 und 13 dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Mit Erbringung dieser reduzierten Informationspflicht sollen nach Art. 247 § 1 Abs. 2 Satz 6 EGBGB gleichzeitig die Informationspflichten nach § 312d BGB in Verbindung mit Art. 246b EGBGB als erfüllt gelten, § 491a Abs. 4 Satz 2 EGBGB. Abweichend von diesem Wortlaut vertritt der Gesetzgeber die Auffassung, dass für die Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten bei dem Abschluss von Immobiliarförderdarlehensverträgen im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume nur ein vollständiges ESIS-Merkblatt, wie es in Anlage 6 dargestellt wird, gleichzeitig die Anforderungen des Art. 246b EGBGB abdeckt. Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber diese Auffassung nicht mit einer Änderung des § 491a Abs. 4 BGB klargestellt, sondern dies nur durch eine Ergänzung in Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBG um die Sätze 7 und 8 geregelt. Obwohl der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung betont, dass der Verbraucher in beiden Vertriebssituationen denselben Schutz genießen soll, bleibt der Wortlaut des Gesetzestextes hinter dieser Intention zurück. So wird in dem Teil B „Hinweise zum Ausfüllen des ESIS-Merkblatts (Anlage 6 zu Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB) zu Abschnitt 11 Absatz 3 („Sonstige Rechte des Kreditnehmers“) nur die Formulierungsvorgabe für das Widerrufsrecht vorgegeben, wenn es sich um ein „Fernabsatzgeschäft“ handelt. Für den Fall des Außergeschäftsräumegeschäfts gilt die Formulierung dem Wortlaut nach nicht. Da es sich vermutlich um ein Redaktionsversehen handelt, empfiehlt es sich für den Rechtsanwender, in beiden Vertriebssituationen das vollständige ESIS-Merkblatt mit der Widerrufsbelehrung, wie sie sich aus der Formulierungshilfe in Anlage 6 Teil B des ESIS-Merkblatts ergibt, zur Erfüllung der vorvertraglichen Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts nach Art § 312g BGB zu verwenden.

53 Vgl. EuGH v. 26.3.2020 – C 66/19 –, WM 2020, S. 688, 690, Rn. 46, 47. 54 BT-Drs. 19/29391, 48. 55 BGH-Urteil vom 22.9.2020 (XI ZR 219/19), WM 2020, S. 2082. 56 BGH v. 22.9.2020 – XI ZR 219/19 –, WM 2020, S. 2082ff., 2083 Rn. 19ff. unter Abgrenzung seiner Rechtsprechung vom 9.3.1993, WM 1993, S. 683. 57 BGH v. 22.9.2020 – XI ZR 219/19 –, WM 2020, S. 2082ff., 2083 Rn. 18. 58 BT-Drs. 19/2939, 41.

VII. Umsetzung der neuen Widerrufsbelehrung durch die Kreditinstitute

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Für die Kreditinstitute bedeutet die Umsetzung der neuen Widerrufsinformationen und Widerrufsbelehrungen ein hoher Aufwand, der durch die Schätzungen, die in den Gesetzesentwürfen angenommen werden, nicht ansatzweise widergespiegelt wird. Eine besondere Herausforderung betrifft insbesondere die Widerrufsinformation in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 3 und § 12 EGBGB, weil die Bundesregierung keinerlei Übergangsfristen zwischen Verkündung und Inkrafttreten vorgesehen hat, sondern eine solche rigoros abgelehnt hat.59 Da, wie der Bundesrat richtigerweise vermutet hatte, es über den Zeitpunkt der Verkündung im Bundesgesetzblatt und dem Inkrafttreten zu Vertragsabschlüssen gekommen ist, die noch keine neue Widerrufsinformation enthalten haben, bleibt den Kreditinstituten nur die Möglichkeit, die Verbraucher über ihr Widerrufsrecht mittels Nachbelehrung zu belehren und damit die verlängerte Widerrufsfrist von einem Monat in Kauf zu nehmen.

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Für die Widerrufsbelehrungen im Fernabsatz und außerhalb der Geschäftsräume besteht dagegen eine Umsetzungsfrist von ca. einem halben Jahr, da die neuen Widerrufsbelehrungen erst nach Ablauf einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2021 als alleinige gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrungen unter die Gesetzlichkeitsfiktion fallen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Unternehmer noch die Anlage 3 zu Art. 246b § 2 EGBGB in alter Fassung verwenden, ohne auf die Schutzwirkung des Art. 247 § 1 Abs. 2 Satz 6 EGBGB verzichten zu müssen (vgl. Art. 247 § 1 Abs. 2 Satz 8 EGBGB). Allerdings werden die Anpassungen an das neue Gesetz nicht nur auf die Einfügung einer neuen Widerrufsbelehrung zu beschränken sein. Durch die Aufteilung der einschlägigen Widerrufsbelehrungen in Anlage 3, 3a und 3b zu Art. 246b § 2 Abs. 3 EGBGB ist es erforderlich, die Produktangebote, soweit sie gebündelt werden, ggf. neu zu ordnen, um dem Verbraucher eine, trotz der zahlreichen Informationen, klare und verständliche Widerrufsbelehrung zur Verfügung zu stellen. Da zwar einerseits der Gesetzgeber eine Vermischung der drei gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrungen für zulässig hält, dies aber andererseits ins Risiko des Rechtsanwenders und damit der Kreditinstitute stellt, bestehen Zweifel, dass die in Art. 246b § 2 Abs. 3 EGBGB enthaltene Gesetzlichkeitsfiktion besteht, wenn das Kreditinstitut nicht die Widerrufsbelehrungen, wie sie in Anlage 3, 3a und 3b vorgesehen sind, verwendet.

59 BT-Drs. 19/26928, 30, 36.

VIII. Rechtssicherheit für die Kreditinstitute im Rechtsverkehr mit Verbrauchern?

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1. Es ist unstreitig, zu begrüßen, dass der Gesetzgeber sich entschlossen hat, erneut gesetzliche Widerrufsinformationen und Widerrufsbelehrungen zur Verfügung zu stellen, obwohl die Gesetzgebungskompetenz kritisch hinterfragt worden war.60 Dennoch ist nicht damit zu rechnen, dass sich die Diskussion um das Widerrufsrecht und die Ausgestaltung der darüber erteilten Belehrung bzw. der Erfüllung der Pflichtangaben, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen, so schnell beruhigen wird.

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2. War das Widerrufsrecht anfänglich tatsächlich nur ausgeübt worden, um der Reue über den übereilten Vertragsabschluss nachzugeben und den Abschluss rückgängig zu machen, stehen die jetzigen Rechtsstreitigkeiten unter dem Vorzeichen langjähriger Vertragsläufe und dem Anliegen, über das ewige Widerrufsrecht Ziele zu erreichen, die übergeordneter Natur sind. Bei Immobiliardarlehensverträgen steht nach wie vor die – jederzeitige – Rückzahlbarkeit ohne Vorfälligkeitsentschädigung im Vordergrund. Bei den Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen liegt der Fokus auf Darlehensverträgen, die mit einem unliebsamen und finanzierten Kaufvertrag verbunden sind.

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3. Angesichts der Vorabentscheidungsfragen, die beim EuGH anhängig sind, kann die weitere Entwicklung der Rechtslage nicht vorhergesehen werden. Fest steht jedenfalls, dass sich der Verbraucherschutz auf Europäischer Ebene und in Deutschland fortentwickelt hat und zu einem wichtigen Thema für die Kreditwirtschaft im Privatkundengeschäft geworden ist.

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Die Kreditwirtschaft ist daher gut beraten, wenn sie diese Entwicklung eng beobachtet und sich nicht nur auf die Rechtsentwicklung innerhalb Deutschlands beschränkt, sondern die Entwicklung in Europa verfolgt.61 Wie dynamisch sich der Verbraucherschutz in Deutschland weiterentwickelt, zeigen die nachstehenden Gesetzgebungsverfahren.

60 Freitag/Allstadt, BKR 2021, 1. 61 Allstadt, WM 2021, 268.

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557 s. 13 illüstrasyon
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9783800594856
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