Kitabı oku: «Lean Hospital», sayfa 2
Wie erreichen wir organisationale Resilienz durch die Lean-Denkweise?
Organisationale Resilienz erreichen wir, indem wir:
1. Sinn vermitteln. Denn wie wollen wir erreichen, dass sich die Mitarbeitenden hinter uns scharen, wenn sie nicht einmal wissen, weshalb? Organisationen, die ihre Mission vor die kurzfristigen finanziellen Ziele stellen, haben es in Krisenzeiten einfacher. Diese Sicht passt hervorragend zum ersten Lean-Prinzip (s. Kap. 4). PDO („purpose driven organizations“) haben erwiesenermaßen eine höhere Anpassungs- und Widerstandsfähigkeit. Mitarbeitenden zu erklären, weshalb wir gewisse Dinge auf eine bestimmte Art und Weise tun müssen, gehört zu den Grundaufgaben guter Führung. Mutig führen bedeutet oftmals, etwas komplett anders zu machen, als man es bisher gemacht hat, ungeachtet der bisher verfolgten Strategie oder der Geschichte der Organisation. In den meisten Fällen bedeutet das, kurzfristig Nachteile in Kauf zu nehmen, um zu erreichen, was notwendig ist.
2. Einen robusten Alltagsbetrieb anstreben. Wenn uns der Alltag bereits überfordert, wie können wir dann eine Krise bewältigen? Das kriegt man hin mit Lean. Zur Erinnerung: Lean ist das Betriebssystem einer modernen Organisation. Das ist die Basis. Viele Führungskräfte in Krankenhäusern schwadronieren von Visionen, Innovationen und Digitalisierung – und dabei läuft der eigene Betrieb alles andere als stabil. Wir erweisen den Mitarbeitenden in Gesundheitsorganisationen einen großen Dienst, wenn wir stabile Prozesse installieren, die im Alltag störungsfrei laufen. Patient:innen bringen ausreichend Variabilität ins System. Da und dort ist auch etwas Reserve erforderlich, um Schwankungen aufzufangen. Wer nicht seine ganze Energie in Feuerwehrübungen verschwendet, kann sich diese Reserve leisten. Die Prozessprinzipien von Lean, ursprünglich vom Automobilhersteller Toyota eingeführt und erprobt, schaffen Stabilität: Das fünfte Toyota-Prinzip postuliert, dass es erheblich zur Robustheit des Alltagsbetriebs beiträgt, wenn man etwas beim ersten Mal richtig macht. Fließende Prozesse vermeiden Verschwendung und helfen, Fehler und Stress zu vermeiden. Sie bringen Probleme an die Oberfläche, die durch die Kultur der kontinuierlichen Verbesserung schnell gelöst werden können. Ausgeglichene Prozesse gemäß dem vierten Toyota-Prinzip bieten eine Basis für eine resiliente Zusammenarbeit.
3. Das Alltagsgeschäft in der Tiefe gut zu verstehen, ist die Grundlage jeglicher Problemlösungen. Nur so können wir angemessen reagieren, wenn etwas schiefläuft. Ein Tagesmanagement nach Lean einzuführen, schafft klare Kommunikationswege und sorgt dafür, dass Probleme nicht in der mittleren Führungsebene stecken bleiben. Wie können wir wissen, wo wir stehen, wenn wir nicht jeden Tag mit unseren Mitarbeitenden darüber sprechen? Feedback ist zentral, um organisationales Lernen voran zu bringen. Dazu gehört auch, vor Ort zu gehen und zu schauen, wie die Dinge wirklich sind. Wenn man als Führungsperson etwas nicht versteht, kann man es sich erklären lassen. Die Mitarbeitenden machen das gern, solange man ihnen mit Respekt begegnet.
4. Die Mitarbeitenden mit ihren Problemen nicht allein zu lassen und sie zu ermuntern, Probleme selbständig zu lösen, liest sich wie eine Selbstverständlichkeit. Probleme ohne Schuldzuweisungen zu benennen und möglichst umgehend Unterstützung anzubieten, schafft Vertrauen, ohne das es keine gute Führung gibt. Wie können wir widerstandsfähiger werden, wenn uns jeden Tag dieselben Probleme daran hindern, einen guten Job zu machen? Viele Krankenhausmanager:innen haben alle Hände voll zu tun, die Probleme aus dem Alltagsbetrieb zu bewältigen und finden kaum Zeit, sich um die wichtigen Dinge zu kümmern.
5. Sich an den Besten messen. Wie sollen wir Mitarbeitenden und Führungspersonen klarmachen, dass es eine Verbesserung braucht, wenn wir es nicht objektiv beweisen können? Oder wie schützen wir uns vor zu kurz gedachten Interpretationen, wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, gründlich hinzuschauen? Erfolgreiche Organisationen sind selbstreflexiv, das heisst sie haben keine Scheuklappen, über sich selbst nachzudenken und ihre Schwächen zu benennen. Objektive Daten sind eine große Hilfe in Verbesserungsprozessen. Es geht nicht darum, alles Mögliche zu messen, sondern dort anzusetzen, wo man den größten Hebel hat.
6. Sicherstellen, dass alle mit der gleichen Basis arbeiten (nach Standards) und diese Standards gezielt weiterentwickeln. Wie sollen wir uns verbessern, wenn wir nicht einmal wissen, wie gearbeitet wird? Zur digitalen Transformation gelangt man nur, wenn Standards entwickelt und gelebt werden.
1 Siehe beispielsweise Ausserhofer et al. 2014.
2 Siehe beispielsweise Horesh et al. 2008.
3 Holmes u. Rahe 1967.
4 Rosenbaum 2020.
5 af Ugglas et al. 2012–2016.
6 Curry et al. 2011.
2 Die stille Revolution
2019 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Bericht zum Gesundheitszustand in der EU. Gesundheitssysteme von 30 Ländern (EU28 plus Island und Norwegen) wurden auf ihre Stärken und Schwächen analysiert.
Ziel des Berichts war es, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, die Effektivität, Zugänglichkeit und Belastbarkeit ihrer Gesundheitssysteme zu verbessern. Im Bericht bezieht sich die Effektivität auf das Ausmaß, in dem Gesundheitsdienste in der Lage sind, die Gesundheit der Bevölkerung, die Qualität der Versorgung, die Patientensicherheit und die Patientenerfahrung zu verbessern. Zugänglichkeit umfasst das Prinzip, dass jede:r EU-Bürger:in das Recht auf eine zeitnahe und bezahlbare Gesundheitsversorgung von guter Qualität hat. Das Konzept der Belastbarkeit oder auch Resilienz bezieht sich auf die Fähigkeit des Gesundheitssystems, sich wirksam an sich verändernde Umgebungen, plötzliche Schocks oder Krisen wie beispielsweise Covid-19 anzupassen. Im Alltag von Gesundheitsinstitutionen ist dieses Prinzip in der Anwendung einfach zu verstehen: Sind wir in der Lage, einem/einer Patient:in das zu geben, was sie oder er jetzt braucht?
Die analysierten Länder sehen sich mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert. Österreich liegt bei den Todesfällen, die auf verhaltensbedingte Risikofaktoren wie Ernährungsrisiken, Rauchen, Alkoholkonsum und geringe körperliche Aktivität zurückzuführen sind, über dem EU-Durchschnitt (Effektivität). In Ungarn, Lettland und Litauen ist die vermeidbare Sterblichkeit sogar mehr als doppelt so hoch als im EU-Durchschnitt (Effektivität). Die Bettendichte in Deutschland ist EU-weit am höchsten und die Zahl der Ärzt:innen und Krankenpflegekräfte pro 1.000 Einwohner ist in Deutschland höher als im EU-Durchschnitt (Effektivität/Zugänglichkeit). In Schweden werden die langen Wartezeiten im Gesundheitswesen und die Rekrutierung von Expert:innen in ländlichen Gebieten als Probleme identifiziert (Zugänglichkeit).
Länderübergreifend beobachtet die Europäische Kommission die zunehmende Nachfrage nach Gesundheitsversorgung aufgrund der Bevölkerungsalterung und eine Zunahme der chronischen Krankheitslast und in der Folge der Multimorbidität. Der Übergang vom krankenhauszentrierten Ansatz zu integrierten Versorgungsstrukturen, die den Schwerpunkt auf eine menschenzentrierte Versorgung, die Fähigkeit zum Umgang mit chronischen Krankheiten und auf Präventionsmaßnahmen legen, ist gemäss der europäischen Kommission unvermeidbar.7
Wozu dieses Buch?
Dieses Buch zeigt, wie man aus Gesundheitsinstitutionen, wie beispielsweise Krankenhäuser, resiliente Organisation und einen besseren Ort für Patient:innen sowie deren Angehörige macht. Dies gelingt durch eine radikale Patientenorientierung und eine regelrechte Besessenheit bezüglich Patientensicherheit. Das wird am Ende weniger kosten, weil die Mitarbeitenden nicht ständig damit beschäftigt sind, die Fehler anderer (und ihre eigenen) zu beheben. Es wird auch weniger kosten, weil wir dem/der Patient:in das geben, was er oder sie jetzt braucht. Die Patient:innen werden diese Gesundheitsorganisation schätzen, weil es für sie ein sicherer Ort sein wird, in dem sie sich gut aufgehoben und betreut fühlen. Die Mitarbeitenden werden es schätzen, weil sie im Alltag weniger Stresssituationen ausgesetzt sein werden und sie sich besser auf ihre Arbeit konzentrieren können. Die Bevölkerung wird zufrieden sein, weil man sich in vielen anderen Bereichen des Lebens an mehr Kundenorientierung gewöhnt hat und besonders das Krankenhaus keine Ausnahme bleiben soll. Die Politik wird es Gesundheitsorganisationen verdanken, wenn sie in Krisensituationen einen kühlen Kopf bewahren werden.
Lean ist ein Konzept, das im Krankenhausumfeld auf Skepsis stösst. Zuerst einmal stösst man auf Abwehr. Manche vermuten dahinter ein unzureichend getarntes Sparprogramm. Andere kritisieren, Lean würde Patient:innen wie Industriegüter behandeln und Mitarbeitende ausbeuten. Nichts davon trifft zu. Lean führt dazu, dass sich Patient:innen in Gesundheitsorganisationen wesentlich besser aufgehoben fühlen. Lean fokussiert auf sie und ihre Angehörigen und auf den Mehrwert der Leistungen von Mitarbeitenden. Das beruhigt den Alltag. Es kommt zu weniger Stress. Das wiederum ist die Grundlage für eine sicherere Medizin. Der/ die Patient:in steht an erster Stelle. „Wir machen das für unsere Patient:innen sowie für unsere Mitarbeitenden“, sagen viele Führungspersonen, die Erfahrungen mit Lean im Gesundheitswesen gesammelt haben. Nebenbei steigt die Produktivität, was eine willkommene Zugabe ist. Alle führenden Krankenhäuser und „Health Systems“ der USA, Skandinaviens und der Benelux-Staaten verfolgen inzwischen einen Lean-Ansatz. Lean Hospital revolutioniert die medizinische Leistungserstellung in Gesundheitsorganisationen.
Die drei häufigsten Missverständnisse bezüglich Lean
1. Patient:innen sind keine Autos
Praktisch alle Gesundheitsorganisationen, die einen Lean-Ansatz verfolgen, wenden das Toyota-Produktionssystem an. Da liegt es nahe zu sagen: Was aus der Autoindustrie kommt, kann nicht auf die medizinische Versorgung angewendet werden. Natürlich sind Patient:innen keine Autos. Andererseits hat die Automobilindustrie durch die Anwendung der Lean-Philosophie beeindruckende Fortschritte bezüglich Sicherheit, Zuverlässigkeit, Umweltverträglichkeit und Produktivität gemacht hat. Die Toyota-Grundsätze eignen sich auch für die Behandlung und Pflege in Gesundheitsorganisationen. Patient:innen sind keine Autos, aber sie schätzen es, wenn sie in tristen Krankenhausfluren nicht endlos warten müssen und die Dienstleistungen rasch und effizient zu ihnen kommen. Das ist seit September 2013 die offizielle Strategie des NHS (National Health Service) in Großbritannien. Wenn alle Leistungen zum/zur Patient:in kommen, erhöht sich deren Sicherheit von allein.
2. Lean eignet sich nicht für alle Patient:innen
Kritiker monieren, Lean sei nur für simple und häufige Krankheitsbilder geeignet. Sie irren. Lean ist eine effiziente Methode, um komplexe Patientensituationen zu erfassen und zu beherrschen. Sie verwechseln Lean mit simpler Fliessbandabfertigung. Einige der erfolgreichsten Tumorzentren wie das Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York, das als weltweit bestes Krebszentrum gilt, wenden Lean-Methoden an, um ihre Prozesse zu verbessern und Bauprojekte zu entwickeln.
Damit konnten sie die Geschwindigkeit und die Sicherheit erheblich verbessern. Vor allem aber konnten sie die Leistungen für Patient:innen besser bündeln. Dadurch ist es möglich, dass diese innerhalb von 36 Stunden ihren individuellen Behandlungsplan ausgehändigt erhalten (inklusive abgeschlossener Diagnostik, Tumorboard und Ressourcenplanung). Patient:innen haben weltweit ähnliche Bedürfnisse. Ihre Krankheitsbilder mögen unterschiedlich sein, aber grundsätzlich sind sich Menschen genetisch in hohem Masse ähnlich. Deshalb sind erfolgreiche Therapien weltweit anwendbar.
Europa hat einen hohen Anteil hochbetagter Patient:innen. Sie leiden unter chronischen Krankheiten und Multimorbidität. Gerade für diese Patientengruppe ist Lean ein Segen. Durch die Betonung der Patientensicherheit werden sie durch einen Krankenhausaufenthalt weniger gefährdet. Lean fördert die Teamzusammenarbeit und den integralen Blick auf Patient:innen, was die Sicherheit erhöht.
3. Lean kann nicht aufs Krankenhaus angewendet werden
Gewisse Unternehmensberater:innen vertreten die Ansicht, dass das Toyota-Produktionssystem in zwei Schritten übersetzt werden muss: zuerst in die Logik der Dienstleistungsindustrie und dann in jene der Krankenhauswelt. Das generiert erst einmal viele Beratungsstunden. Dass es auch auf direktem Wege geht, haben erstklassige Krankenhäuser eindrücklich bewiesen. Die Toyota-Philosophie fokussiert auf den/ die Kund:in, den Fluss und die Sicherheit. Aufwendige Methoden-Übersetzungen und komplizierende Konzepte bringen keinen Mehrwert. Am schnellsten lernt man von jenen, die Lean-Projekte erfolgreich umgesetzt haben. Sehr weit gekommen ist beispielsweise das Virginia Mason Medical Center (VMMC) in Seattle. Unter der Führung von CEO Gary Kaplan hat dieses Krankenhaus eine erstaunliche Wandlung vollzogen: Von einem Krankenhaus, das vor der Insolvenz stand, entwickelte es sich zum nationalen Spitzenreiter im renommierten „Leapfrog“-Ranking8 und schliesslich zu einem leistungsfähigen „Hospital System“. In einem Vergleich von über 5.000 Krankenhäusern ist das VMMC sowohl Qualitäts- wie auch Kostenführer. Wir werden später in diesem Buch nochmals auf diese Erfolgsgeschichte eingehen.
Die zentralen Herausforderungen von Krankenhäusern
Lean ist eine vielversprechende Antwort auf Herausforderungen, mit denen sich Gesundheitsinstitutionen konfrontiert sehen. Die fünf wichtigsten sind:
Resilienz (Robustheit/Krisenfestigkeit)
Patientensicherheit
Patientenerfahrung
bezahlbare Gesundheitsversorgung
neue Definition der Rolle im Gesundheitssystem
Abb. 3 Lean im Paket
Resilienz (Belastbarkeit) des Krankenhauses
Das Konzept der Resilienz im Gesundheitswesen kam nach der weltweiten Finanzkrise und besonders nach dem Ausbruch der Ebola-Epidemie in West-Afrika auf. Im Jahr 2020 ist das Konzept präsenter und wichtiger denn je. Der weltweite Ausbruch von COVID-19 stellte die Gesundheitssysteme vor noch nie dagewesenen Herausforderungen. Einige Krankenhäuser waren mit COVID-19 Patient:innen überlastet, während anderswo ein deutlicher Rückgang an Patientenzahlen festgestellt wurde. Die Pandemie hat bestehende Schwächen in Systemen deutlich gemacht und gewisse Entwicklungen, wie die digitale Transformation, beschleunigt.
Woher kommen diese Schwächen? Einerseits treffen sich im Gesundheitswesen so viele unterschiedliche und hervorragend ausgebildete Fachleute wie in keiner anderen Branche. Einerseits gehören viele von ihnen zu den Besten ihres Faches und verdienen höchste Anerkennung. Andererseits ist die Gesamtleistung, die sie an Patient:innen erbringen, oft voller Lücken und Mängel. Woher kommt das? Die Organisation „Krankenhaus“ kommt mit dem medizinischen Wandel nicht mehr mit. Medizin ist zu einer hochvernetzten Systemleistung geworden, und das fordert die traditionelle Krankenhaus-Organisation heraus.
Es gibt verschiedene Treiber, die diese Entwicklung beschleunigen. Der wichtigste ist der medizinisch-technische Fortschritt. Viele der neuen diagnostischen und therapeutischen Verfahren setzen ein hochentwickeltes Zusammenspiel verschiedener Komponenten voraus:
Wissen mit äußerst geringer Halbwertszeit,
spezialisiertes Können verschiedenster Expert:innen,
hoch entwickelte Technologien,
effiziente Informations- und Kommunikationssysteme,
anspruchsvolle Prozesse und
teure Infrastrukturen.
Expert:innen verschiedener Berufsgruppen und Disziplinen müssen engagiert und auf Augenhöhe zusammenwirken, um diese Verfahren erfolgreich einzusetzen. Eine wichtige Grundlage für die Entwicklung einer Systemleistung ist die Standardisierung. Sie hilft mit, die Komplexität in den Griff zu bekommen. Ohne Standardisierung sind ständige Absprachen für Dinge erforderlich, die im Grunde genommen klar wären. Das alles bedingt einen grossen kulturellen Wandel sowohl bei den Leistungserbringern wie auch bei Führungspersonen.
Eine hoch entwickelte Systemleistung zeichnet sich durch drei Merkmale aus:
1. Die Leistungen sind auf die Wertschöpfung bei dem/der Patient:in ausgerichtet. Der/die Patient:in kommt immer zuerst. Das Prinzip muss deshalb sein: Die Patient:innen bekommen das, was sie jetzt brauchen. Eine Systemleistung ist gut, wenn nicht alle dasselbe bekommen, aber alle bekommen das Richtige zur richtigen Zeit. Das ist wirtschaftlich und patientenorientiert zugleich.
2. Die Mitarbeitenden arbeiten strukturiert zusammen. Sie sind ein Team. Alle Arbeitsabläufe sind aufeinander abgestimmt. Möglichst alle Leistungen sind standardisiert. Das ist eine wichtige Grundlage, um Patient:innen individuell behandeln zu können. Die Standardisierung von Behandlungspfaden, Prozessen, Materialien, Medikamenten, Geräten, Technologien und Plattformen (OP, IPS usw.) stösst bei einigen Expert:innen auf Widerstand, ist aber als erster Schritt unausweichlich. Die Komplexität ist anders nicht zu bewältigen.
3. Die Qualität ist in die Prozesse integriert. Jede Leistung wird einzeln und möglichst bei dem/der Patient:in geprüft. Durch diesen Ansatz wird es viel einfacher, Qualitätsmängel zu erkennen und zu beheben.
Fazit: Das moderne Krankenhaus ist ein äusserst komplexes und häufig kompliziertes Gebilde. Um die Belastbarkeit zu erhöhen, muss es in Richtung einer Systemleistung entwickelt werden. Nur so können die kommenden Anforderungen erfüllt werden.
Das Krankenhaus – ein unsicherer Ort
Was vielen Patient:innen nicht bewusst ist: Das Krankenhaus ist ein unsicherer Ort. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2019 kommt zum Schluss, dass einer von 20 Patient:innen Opfer eines Fehlers im Krankenhaus wird.9
Das Hauptproblem sind Mängel in der Kommunikation zwischen den Berufsgruppen und den Fachgebieten (Disziplinen). Weil viele Dinge nicht verbindlich geregelt sind, kommt es zu häufigen Absprachen und fehlerhaften Übergaben. Durch Standardisierung der Kommunikation kann die Fehlerrate reduziert werden. Das Problem ist seit Jahren bekannt. Der Widerstand, daran zu arbeiten, ist gross. Expert:innen wehren sich gegen Standardisierung. Sie wollen in jedem Einzelfall ein eigenes Vorgehensmodell entwickeln oder von Fall zu Fall entscheiden. Sie preisen ihr eigenes Vorgehen und beharren auf ihrer Autonomie. Das ist erstens nicht sinnvoll und zweitens nicht sicher. Fehler verursachen Leiden, kosten Geld und führen zu Stress. Es werden nicht nur Patient:innen geschädigt, sondern auch Mitarbeitende. Viele Pflegende – zunehmend auch Ärzt:innen – verlassen den Beruf, weil sie ausgebrannt sind. Das Gefühl des Ungenügens ist weit verbreitet. Die Mängel im Krankenhaus gehen an den Beteiligten nicht unbemerkt vorbei. Sie haben sich zwar über die Jahre daran gewöhnt, leiden aber darunter.
Fazit: Das moderne Krankenhaus ist eine komplexe Organisation und oftmals nicht fähig, mit dem medizinischen Fortschritt mitzuhalten. Damit steigt die Fehleranfälligkeit. Der Fortschritt wird mit steigender Komplexität erkauft. Das verteuert die Krankenhausleistungen und überfordert die Akteur:innen im Krankenhaus zunehmend. Weil das Problem nicht an der Wurzel angegangen wird, steigen die Kosten überproportional zum Nutzen.