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Patientenerfahrung

Krankenhäuser machen für sich gern Ausnahmeregelungen geltend in dem Sinne, dass für sie eigene Gesetze gelten. Es werden verschiedene Argumente bemüht, die allesamt nicht überzeugen. So heisst es etwa, Patient:innen seien keine Kund:innen, weil sie „hilfsbedürftig“ und deshalb emotional eingeschränkt seien. Ein zweites Argument lautet: Der/die Ärzt:in habe seinen Patient:innen beizustehen, auch wenn dies seinen wirtschaftlichen Interessen zuwiderlaufen würde. Das wäre vorbildlich und sehr kundenorientiert. Ein/eine serviceorientierte:r Kundenberater:in würde diesen Grundsatz jederzeit unterschreiben.

Man kann den Spiess umdrehen: Der Verdacht liegt nämlich nahe, dass es bequemer ist, Patient:innen nicht als Kund:innen zu betrachten. Deshalb darf man sie getrost warten lassen und brauchen nicht zu wissen, was alles schiefgegangen ist. Diese Einstellung ist weit verbreitet: „Wir haben einen Fehler gemacht; der/ die Patient:in darf nichts davon erfahren.“

Fazit: Es ist nichts dagegen einzuwenden, sich der besonderen Verantwortung bewusst zu sein, die man gegenüber dem/der Kund:in „Patient:in“ eingeht. Dann muss man sie aber auch wahrnehmen. Patient:innen sind kritischer eingestellt als noch vor wenigen Jahren. Sie erwarten viel, manchmal zu viel. Worauf sie in jedem Fall Anspruch haben, ist Aufrichtigkeit.

„Bezahlbarkeit“ – die neue Debatte um die Wirtschaftlichkeit

Die Verantwortlichen im Krankenhaus haben sich über viele Jahrzehnte nur am Rande um die Wirtschaftlichkeit gekümmert. Es wurde jede Leistung bezahlt. Geld spielte keine Rolle, auch wenn die öffentliche Debatte anders verlief. Im Gegenteil: Es gab sogar Anreize, besonders teuer zu sein. Teilweise bestehen diese Anreize heute noch. Im Zusammenhang mit der Finanzkrise von 2008 erhielt das Thema Kostenentwicklung eine neue Dimension. Welches Gesundheitssystem können wir uns überhaupt leisten? In einem System, in dem alle Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen haben, stellte man sich diese Frage bisher nicht. Krankenhäuser sind auf einmal angehalten, eine Marge zu erzielen. Noch immer gibt es Vertreter des Gesundheitswesens, die darüber diskutieren, ob ein Krankenhaus einen Gewinn anstreben dürfe. Natürlich muss es das, wie soll es sonst Investitionen tätigen können?

Die Überlebensfähigkeit vieler Krankenhäuser ist heute infrage gestellt. Es fehlt an Geld und an der Fähigkeit, den medizinischen Fortschritt im eigenen Haus umzusetzen. Manche Krankenhäuser können sich nicht auf die zukünftigen Herausforderungen vorbereiten, weil ihre Kultur sie daran hindert. Das Grundproblem ist, dass sich heute viele Krankenhäuser als Sammelsurium von „Werkstätten“ präsentieren. Die Ursache dafür liegt in der Geschichte der Expertenorganisation Krankenhaus. Mediziner:innen definieren sich gegenüber ihren Patient:innen als Expert:innen. Dabei steht ihre spezialisierte Einzelleistung – ihre Disziplin – im Vordergrund.

Ohne Zweifel ist das Krankenhaus eine von Expert:innen geprägte Organisation. Diese hat ihre eigene Geschichte. Der/die Fachexpert:in benötigte bisher eine individuell ausgestattete „Werkstatt“, um seine Leistungen zu erbringen. Zusätzlich benötigte er/sie in der Werkstatt einige Hilfskräfte und Geräte, die exklusiv ihm/ihr – dem/der Expert:in – zur Verfügung stehen. So funktionieren Krankenhäuser seit über 100 Jahren. Man kann das Krankenhaus als ein Sammelsurium verschiedener „Werkstätten“ betrachten, wo Fachexpert:innen – Ärzteschaft und Pflegende – mit ihren Hilfskräften an dem/der Patient:in arbeiten.

Das bedingt viele Übergaben von Werkstatt zu Werkstatt. In vielen Fällen braucht es nicht nur einen/eine Fachexpert:in, sondern gleich mehrere. Expert:innen identifizieren sich mit ihrem Fach. Das hat viele Vorteile, aber auch einige Nachteile. Expert:innen lassen keine Einmischung zu. Sie betonen ihre Autonomie. Es ist praktisch unmöglich, ihnen zu erklären, dass sie etwas anders machen müssen. Sie müssten selbst zu diesem Schluss kommen. Diese Einstellung überfordert viele und besonders die Organisation Krankenhaus. Über alles selbst entscheiden zu wollen, endet letztlich in einer Überforderung. Das andere ist, dass Expert:innen auf Expansionskurs sind. Sie wollen ihre Fachdisziplin weiterbringen und betonen gern, wie unabdingbar diese für das Krankenhaus ist.

Fazit: Das Krankenhaus als Organisation isoliert tätiger Expert:innen ist überholt.

Wenn es mit dem Krankenhaus als „Sammelsurium von Werkstätten“ nicht weitergeht, stellt sich die Frage, wohin dann die Reise führen soll? Es gibt Ärzt:innen, Pflegende und Spitalmanager:innen, die eine Leidenschaft für Lean entwickelt haben. Sie haben das Potenzial erkannt, das in den Methoden der Lean-Philosophie liegt. Der Wandel des Krankenhauses zu einer modernen Plattform für zukunftsgerichtete Medizin ist mit viel harter Arbeit verbunden. Es braucht einen langen Atem. Es gibt Widerstand. Woher nehmen sie die Kraft dafür? Sie tun es hauptsächlich für ihre Patient:innen. Aus Lean resultiert eine sicherere Medizin. Es werden weniger Menschen geschädigt. Die Dienstleistung Medizin wird patientenfreundlicher. Durch die Eliminierung von Verschwendung entstehen Freiräume für eine bessere Dienstleistung an dem/der Patient:in. Man hat wieder mehr Zeit für die Patient:innen. Neue medizinische Verfahren können schneller angewendet werden. Man arbeitet auf einer sicheren Basis. Der Alltag beruhigt sich. Die Zusammenarbeit entspannt sich. Die Arbeit im Krankenhaus bereitet mehr Freude. Das Krankenhaus wird dadurch zu einem besseren Ort für alle Beteiligten. Kurz: Lean lohnt sich.

Die digitale Transformation führt zu einer weiteren wichtigen Veränderung. Das Krankenhaus operiert nicht mehr isoliert, sondern integriert sich in ein System von zum Teil neu auftretenden Gesundheitsdienstleistern. Behandlungsketten werden miteinander verknüpft und digital durchgängig gestaltet. Dies hat vor allem bei der Betreuung chronisch kranker Patient:innen grosse Vorteile. Der/die einzelne Ärzt:in sieht sich nicht mehr als isolierte:r Expert:in, sondern findet sich in einem System von Spezialist:innen verschiedenster Berufsgruppen wieder. Das Thema der Standardisierung erhält in integrierten Systemen einen ganz anderen Stellenwert. Man ist nicht mehr der freitätige Kunstschaffende. Medizin wird zu einer hoch entwickelten digital unterstützten Teamleistung, bei der Daten und Fakten zählen. Wir stehen erst am Anfang eines grossen Struktur- und Kulturwandels.

7 European Union 2019.

8 The Leapfrog Group 2019.

9 Panagioti et al. 2019.

3 Die praktische Anwendung von Lean

Ab 2001 haben Spitäler im Nordwesten der USA und in Singapur damit begonnen, das Toyota Produktionssystem (TPS) in ihren Häusern anzuwenden. CEOs von Krankenhäusern, wie Gary Kaplan vom Virginia Mason Medical Center (VMMC) in Seattle, haben das Potenzial erkannt und auf TPS beziehungsweise Lean gesetzt. Wie sich die Mitarbeitenden bei Toyota kontinuierlich für Verbesserungen einsetzen und dabei ein hohes Engagement zeigen, beeindruckte die Verantwortlichen des VMMC. Inzwischen wurde in vielen Spitälern die Erfahrung gemacht, dass sich durch Lean das Engagement und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden erheblich erhöhen lässt. In Expertenorganisationen wie dem Krankenhaus ist dies ein entscheidender Faktor.

Die Beweggründe, sich an Toyota zu orientieren, waren zu Beginn sehr unterschiedlich. Beim VMMC war es die schiere Not. Man stand vor dem wirtschaftlichen Aus. Am Ende zeigte sich, dass Lean nicht nur die Wirtschaftlichkeit verbesserte, sondern zuerst einmal die medizinische Qualität. Anfänglich wurde Lean von Krankenhäusern mit Skepsis aufgenommen. Die Toyota-Philosophie sei ungeeignet für das Gesundheitswesen, man müsse deren Prinzipien erst einmal „übersetzen“, behaupteten einige Exponent:innen. Sie lagen falsch. Der Erfolg hat den Lean-Pionier:innen Recht gegeben. Lean-Hospital nimmt den direkten Weg; es braucht keine Übersetzung. Die Vorreiter: innen der ersten Stunde sind heute Qualitäts- und Kostenführer:innen. Das VMMC wurde 2011 von der Ratingagentur „Leapfrog“ zum „Hospital of the Decade“ ernannt und gilt auch weiterhin als Vorbild für all jene, die ihre Qualität kontinuierlich steigern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit verbessern wollen.

Die Komponenten des Toyota-Produktionssystems sind im „Toyota-Haus“ zusammengefasst. Dieses besteht aus Säulen, einem Zentrum und grundlegenden Prinzipien. An der Spitze des Toyota-Hauses stehen die Kund:innen beziehungsweise die Patient:innen. Alle profitieren davon, wenn die Patient:innen an erster Stelle kommen. Deren Lebensqualität zu steigern, macht die Existenzberechtigung einer modernen Gesundheitsorganisation erst aus. Alles andere ist nachgelagert, zum Beispiel den Nachwuchs auszubilden.10

Eine der tragenden Säulen des Toyota-Hauses ist die Sicherheit, hauptsächlich die Patientensicherheit. Die Vermeidung von Fehlern steht bei Toyota an erster Stelle. Denn gerade in einem Industrieunternehmen kann die Anhäufung von Fehlern zum wirtschaftlichen Ruin führen. In einer Serienproduktion wird ein Fehler gleich in Serie weitergegeben. In der verarbeitenden Industrie führt eine Fehlerquote von nur wenigen Promille bereits zu erheblichen Folgekosten. Eine grobe Faustregel besagt, dass ein Unternehmen mit einer Fehlerquote von zwei Prozent rund 30 Prozent seiner Kosten für die Behebung von Fehlern aufwendet. Diese Fehlerrate trifft auf die meisten Krankenhäuser zu und wäre eine plausible Erklärung dafür, weshalb die Kosten im Krankenhaus nur schwer im Zaume zu halten sind. Es ist praktisch unmöglich, alle Fehler zu eliminieren. Aber man kann drei Dinge tun:


Abb. 4 Das Toyota Haus

1. Strukturierte Beobachtungen in Spitälern zeigen: Viele Fehler werden gar nicht erst als solche erkannt. Wohl regt man sich jeden Tag über dieselben Dinge auf. Doch viele wagen es nicht, Störungen als Fehler zu bezeichnen, weil sie diese als Bagatelle betrachten und niemandem damit auf die Nerven gehen wollen. Unterbrechungen wie etwa häufige Telefonanrufe werden hingenommen, als ob sie ein Naturgesetz wären. Taucht ein/eine Patient:in nicht zum vereinbarten Termin auf, wird das als „normal“ akzeptiert, auch wenn es bereits der Dritte am selben Tag ist. Eine Pflegefachperson, die während der Medikamenten-Bereitstellung mehrfach unterbrochen wird, würde das nicht unbedingt als Fehler bezeichnen. Damit wird bereits eines klar: Viele Fehler sind systemisch bedingt und passieren ständig.

2. Ein wichtiges Lean Prinzip besagt: Sofern derselbe Fehler später wieder auftreten könnte, sucht man am selben Tag nach einer Lösung, die den Fehler verhindert. Das mag im ersten Augenblick übertrieben erscheinen, auf die Dauer lohnt sich das. Wer sich auf diesen Weg begibt, ist erst einmal mit sehr vielen Fehlern und Mängeln konfrontiert, die Tag für Tag in gleicher Form auftreten. Nach einiger Zeit beginnen sich diese Anstrengungen auszuzahlen. Manchmal braucht es vier bis fünf Anläufe, bis ein systemischer Fehler verschwindet. Sicherheitsexpert:innen sprechen gern vom Schweizer-Käse-Phänomen, gemeint ist natürlich der Emmentaler: Wenn man Käsescheiben mit vielen Löchern aufeinanderstellt, ergibt sich irgendwann mal ein grosses Loch und dann ist die Katastrophe perfekt.


Abb. 5 Schweizer-Käse-Modell

3. Damit Fehler sichtbar werden, ist es wichtig, den Mitarbeitenden psychologische Sicherheit zu vermitteln („no-blame culture“). Überall wo Menschen tätig sind, geschehen Fehler. Energie in den Umgang mit Fehlern zu investieren, lohnt sich. Das Ziel ist, möglichst viele Fehler zu erkennen und die Behebung von Fehlern als etwas Selbstverständliches in der Unternehmenskultur zu etablieren. Die Fehlerbearbeitung soll zu etwas Alltäglichem werden, man kann sie standardisieren und den Mitarbeitenden Stolz vermitteln, etwas für die Sicherheit der Patient:innen unternommen zu haben.

Die Besonderheit im Krankenhaus besteht darin, dass jeder kleinste Fehler Patient:innen potenziell schädigen wird, im Extremfall mit Todesfolge. Fehler zu erkennen, zu beheben und zukünftig zu vermeiden, müsste deswegen in jeder Gesundheitsorganisation eine hohe Priorität haben. Eine häufige Ursache von Fehlern in einem Krankenhaus ist die Fragmentierung der Arbeit.


Gemäss einer Erhebung werden Ärzt:innen in Notaufnahmen durchschnittlich alle vier Minuten durch einen Telefonanruf oder eine Rückfrage der Pflege in ihrer Tätigkeit unterbrochen. Drei Viertel dieser Anrufe beziehungsweise Nachfragen beziehen sich auf Probleme, die entfallen würden, wenn die Prozesse sauber geklärt wären.11

Solche Unterbrechungen führen dazu, dass eine Tätigkeit durchschnittlich drei- bis viermal in Angriff genommen werden muss. Dies nennt man Fragmentierung. Die Fragmentierung der Arbeit ist ein Stressfaktor und eine Quelle von Fehlern. Die Mitarbeitenden führen ihre Tätigkeit nicht mit der gleichen Konzentration aus und vergessen, was sie alles noch erledigen wollten. Es ist ein Teufelskreis. Eine einmal begonnene Arbeit kann nicht abgeschlossen werden und wird mental „pendent“ gehalten. Um die Arbeit fortzuführen, muss man oft bei anderen Mitarbeitenden nachfragen, was inzwischen gegangen ist, wobei diese wieder bei ihrer Tätigkeit unterbrochen werden. So reduziert Fragmentierung die Effizienz eines/einer Ärzt:in oder einer Pflegefachperson signifikant.

Das Team von walkerproject hat Mitarbeitende in der Pflege beobachtet, die bis zu 70 verschiedene Tätigkeiten in 90 Minuten erledigten – besser gesagt: begannen oder weiterführten. Simulationen zeigen, sie wären um mindestens 30 Prozent effizienter gewesen, hätten sie eine Tätigkeit bei dem/der Patient:in abschließen können und erst dann eine neue Aufgabe in Angriff genommen. Fehler führen zu einer starken Beeinträchtigung der Produktivität und potenziell zur Schädigung von Patient:innen. Ein weiteres Problem ist, dass Rückfragen oft aus dem Zusammenhang gerissen werden und das Gegenüber mental von einer anderen Aufgabe absorbiert ist. Wenn Informationen ohne Kontext gesammelt und weitergegeben werden, können rasch Missverständnisse entstehen.

Eine weitere tragende Säule des Toyota-Hauses nennt sich „Just-In-Time“. Wir geben dem/der Patient:in das, was er oder sie JETZT braucht. Die richtige Leistung jetzt zu erbringen, ist ein Paradigmenwechsel und bedingt einen kulturellen Wandel. In Krankenhäusern werden Patient:innen immer wieder mit allen möglichen Leistungen zu versorgen, die sie bei genauer Betrachtung gar nicht benötigen. Im Gegenzug erhalten sie nicht, was sie jetzt gerade benötigen. Ein typisches Beispiel dafür ist die stationäre Aufnahme von chirurgischen Patient:innen, bevor sie operiert werden. Viele Patient:innen, die zu einem Operationstermin eintreten, kommen in einem relativ guten Allgemeinzustand ins Krankenhaus. Das erkennt man unter anderem daran, dass viele von ihnen zu Fuss bei der Patientenadministration eintreffen.

Kaum auf der Station angekommen, erhalten sie ein Patientenhemd (hinten offen) und ein Beruhigungsmittel (Prämedikation). Nun werden sie ins Bett gesteckt und später von zwei Pflegekräften in den OP gefahren. Dort werden sie auf den OP-Tisch umgelagert. Das Patientenhemd wird ihnen wieder ausgezogen. Für dieses Prozedere werden alle möglichen Gründe angeführt. Der am meisten genannte: Man hat es immer schon so gemacht. Dabei ginge es viel einfach: Die meisten Patient:innen könnten sich zu Fuss in den OP begeben und sich dort auf den OP-Tisch legen.

Tatsache bleibt, dass hier eine Dienstleistung erbracht wird, welche die meisten Patient:innen JETZT nicht benötigen. Wenn nicht mehr alle dasselbe kriegen, muss man vorausdenken, sprich: besser planen und sich vor allem mit dem/der Patient:in und seiner aktuellen Situation auseinandersetzen. Das bedeutet zu Beginn etwas intellektuelle Mehrarbeit, die sich aber lohnt. Just-In-Time bewirkt drei Dinge: Die Patient:innen sind zufriedener, die Qualität wird besser und die Kosten sinken. Just-In-Time bedeutet vor allem, dass die Bedürfnisse des/der Patient:in Vorrang haben, immer und jetzt.


Abb. 6 Just-in-Time


Abb. 7 Die acht Flüsse im Krankenhaus: Leistungen kommen zu den Patient:innen

In der Mitte des Toyota-Hauses ist skizzenhaft beschrieben, wie Fluss entsteht. In einem Krankenhaus müssen die neun Flüsse der Medizin optimal aufeinander abgestimmt werden. Weil dies in der heutigen Praxis zu wenig geschieht, wird das Krankenhaus als komplex wahrgenommen. Dabei ist es eigentlich nur kompliziert. Die unkontrollierte Dynamik des Krankenhauses ist auf Mängel in der Abstimmung zurückzuführen. Man sagt dann leicht: „Bei uns sind alles Notfälle“, obschon das natürlich nicht zutrifft. Ein Notfall ist man als Patient:in nur für die klinische Notfallmedizin, in der Notaufnahme. Danach ist alles geplant.

Der wichtigste Fluss gemäss Lean-Philosophie ist jener des/der Patient:in. Dabei gilt das Prinzip: Alle Leistungen kommen zum/zur Patient:in. Der zweitwichtigste ist der Informationsfluss. Dieser dient der Abstimmung der Arbeitsabläufe. Eines der zentralen Ziele der Lean-Philosophie ist die Schaffung von fliessenden Prozessen. Fluss kann nur entstehen, wenn die beiden Säulen „Patientensicherheit & Qualität“ und „Just-In-Time“ sicher konstruiert und der Informationsaustausch standardisiert sind.

Die größte Hürde bei der Implementierung fließender Prozesse liegt bei der Standardisierung der Kommunikation, von Schnittstellen und von Tätigkeiten. Denn damit für die Patient:innen fließende Prozesse entstehen, müssen alle anderen Flüsse und Tätigkeiten der Mitarbeitenden aufeinander abgestimmt werden. Es braucht also eine gemeinsame und übergreifende Taktgebung, die Regelkommunikation. Damit eine solche Koordination erreicht werden kann, braucht es einen minimalen Grad an Standardisierung. Denn ohne Standardisierung können die einzelnen Teile nicht in Einklang gebracht werden. Was genau unter Standardisierung in einem Krankenhaus verstanden wird, wird weiter unten genauer ausgeführt.

Die verschiedenen Flüsse der Medizin müssen sich gemäss der Lean-Philosophie also an diesem Takt orientieren. Das Ergebnis: Mitarbeitende, Materialien, Medikamente, Geräte und Informationen stehen zur richtigen Zeit am richtigen Ort bei dem/der richtigen Patient:in zur Verfügung. Wir nennen es das „Rendez-vous-System“. Das Material trifft sich mit dem Personal und dem/der Patient:in zum festgelegten Zeitpunkt. Das reduziert viele Fehler, Nachfragen und Hektik. Im stationären Bereich müssen übrigens Geräte nicht primär gut ausgelastet sein, sondern im richtigen Takt (synchron) zur Verfügung stehen. Jetzt sind die Voraussetzungen geschaffen, damit Prozesse fliessen können.

Überraschungen sind ein Problem. Das Krankenhaus kämpft im Alltag mit mehr Überraschungen als ein Industriebetrieb. Der Ort, an dem das besonders deutlich wird, ist die klinische Notfallmedizin. Der/die Patient:in kommt nicht auf einen vereinbarten Termin; sie sind aufgrund eines akuten medizinischen Problems auf einmal da. Überraschungen kann es im Krankenhaus auch geben, weil der Heilungsprozess nicht wie vorgesehen verläuft und dringender Handlungsbedarf entsteht. Der menschliche Organismus ist ein komplexes System, das selbst hervorragende Ärzt:innen manchmal vor Rätsel stellt. Leider dient das Element der Überraschung gern als Ausrede für eine mangelhafte Organisation.

In der Industrie hat man verschiedene Techniken entwickelt, um sich besser vor den negativen Auswirkungen von Überraschungen zu schützen. Eine dieser Techniken ist die „Nivellierung“ (jap. Heijunka). Im Krankenhaus gibt es selbst verursachte Belastungsspitzen, die durch die Art der Klinikorganisation entstehen. So sind beispielsweise Bettenabteilungen typischerweise zwischen sieben und acht Uhr morgens stark belastet. Wenn es in diesem Zeitraum zu Überraschungen kommt, sind meist keine Ressourcen vorhanden, um darauf zu reagieren. Solche Spitzen sind wo und wann immer möglich zu vermeiden. Besser ist eine gleichmäßige Verteilung von Aufgaben über den ganzen Tag. Die zweitbeste Option ist, die Verfügbarkeit von Personalressourcen anzupassen.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
245 s. 76 illüstrasyon
ISBN:
9783954666591
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Telif hakkı:
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