Kitabı oku: «Lehr-und Wanderjahre», sayfa 2

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Anmerkungen

Betrachtet man diesen ersten von insgesamt 17 erhaltenen Briefen, die Moritz Hensoldt in der Zeit zwischen dem 10. Februar 1839 und dem 20. März 1843 an „den lieben Vater“ bzw. die lieben Eltern schreibt, ist an ihm vielleicht das Bemerkenswerteste, dass er vom Vater aufgehoben worden ist. Es ist, sieht man einmal von seiner Mitteilung zum Rippelschen Familienwappen ab, ein Brief, wie er seinerzeit gewiss von Hunderten junger Leute in gleichen Verhältnissen an die Eltern geschrieben wurde: die Eltern haben den Sohn mit frischer Wäsche und Nahrhaftem versorgt, der Sohn bedankt sich dafür und verschickt im Gegenzug getragene Wäsche und Kleidung — die Mutter wird's schon richten!

Wie im folgenden zu lesen sein wird, schien auch dieser erste Brief mir eines ausführlichen Kommentars würdig, denn er erzählt “zwischen den Zeilen“ unendlich viel mehr, als der Schreiber selbst uns in dürren Worten wissen lässt.

Carl Hensoldt, Moritz Hensoldts jüngster Sohn, hat in seiner Schrift „Das Hensoldt-Werk und seine Beziehungen zur allgemeinen Fernrohrtechnik“ [2] eine Abschrift des Lehrbriefes wiedergegeben, den der in Saalfeld ansässige H.S.M., also Herzoglich Sächsisch Meiningensche Münzmechanicus und Graveur Georg Andreas Wiskemann seinem Vater Moritz Hensoldt am 22.August 1841 ausgestellt hat. Es heißt darin u.a., dass


Bild 1: Wohn-und Verwaltungshaus der Saline Friedrichshall

„Carl Moritz Hensoldt aus Sonneberg bey mir vom 1. May 1837 bis heute als Mechanicus und insbesondere im mathematischen, physikalischen und optischen Fache, Unterricht erhalten hat und in diesen Wissenschaften ausgebildet worden ist.“

Als Moritz Hensoldt seinen Brief schrieb, war er etwas mehr als 17 Jahre alt. Geboren ist er in Friedrichshall beim thüringischen Lindenau am 11. November 1821. Damals war sein Vater Heinrich Christoph Hensoldt (*5.9.1781, +29.09.1859) Verwalter des Herzogs zu Sachsen-Hildburghausen an der dortigen Saline. Seine Mutter, Karoline Margarethe Engel (*8.10.1787, +1.3.1848) aus Hilkersdorf im südlich von Coburg gelegenen Itzgrund, war die zweite Ehefrau des Vaters, Carl Moritz Hensoldt ihr gemeinsamer dritter Sohn.


Bild 2: Inneres der Taufkirche M. Hensoldts in Lindenau

Bei seinem Lehrherren Georg Andreas Wiskemann ist er gemäß Lehrbrief seit knapp zwei Jahren, hat also seine Lehre in Saalfeld mit 15 ½ Jahren angetreten.

Moritz Hensoldt richtet seinen Brief an den Vater, „Herrn Sekretair Wohlgeboren in Sonneberg“, in allen folgenden Briefen tituliert er ihn „Verwaltungsamtssekretair“. Jetzt steht der Vater in den Diensten des Herzogs zu Sachsen-Meiningen und bezeichnet sich so selbst in den zahlreich erhaltenen Schriften jener Zeit.

Der Titel beschreibt nur recht ungenau die Tätigkeiten, denen Heinrich Christoph Hensoldt in Sonneberg alle nachgegangen ist, er selbst bezeichnet sich außerdem nämlich als „Verwaltungsamts-, auch Kirchen und Schulamtssecretair“[3]. Um diese Zeit ist er auch noch mit dem Verfassen eines Buches über Sonneberg beschäftigt [4].

Jedenfalls ist der Vater und dessen Wohnsitz in Sonneberg so bekannt, dass eine nähere Straßenbezeichnung auf diesem und allen späteren Briefen unterblieben ist. Leider, möchte man sagen, denn dies erschwerte gewaltig eine genauere Ortung des Wohn- und Verwaltungssitzes Hensoldts im heutigen Sonneberg. Auf allen Anschriften ist lediglich zu lesen: „in Sonneberg“, manchmal mit dem Vermerk: „bei Coburg“.


Bild 3: Altes Brauhaus in Sonneberg, untere Marktstraße 31

Näheren Aufschluss zu dieser Frage ergaben Aktenfunde im Germanischen Nationalmuseum zu Nürnberg, die sogenannten Heideloff-Akten[5], ferner eine Reihe von Telefonaten und Briefwechsel mit Frau Waltraud Ross, der Leiterin des Sonneberger Stadtarchivs. Die Dienst - und privaten Wohnräume werden auch vor dem großen Sonneberger Stadtbrand vom 27. August 1840 in demselben Gebäude gelegen haben, in dem Heinrich Christoph Hensoldt und seine Familie später wieder „logiren“ werden: im Sonneberger Kreisgericht. Es handelt sich hierbei um mehrere Gebäude in der Sonneberger Altstadt, von denen zwei jetzt wohl als gesichert gelten können: einmal das sogenannte Schlösschen in der unteren Marktstraße 2[6],zum anderen das sogenannte Alte Brauhaus in der unteren Marktstraße 21[7]. Folgt man den Worten Heinrich Christoph Hensoldts[8] –

„Hier“, nämlich in Sonneberg, „wurde im Zuge der Verwaltungsreform ab 1829 „aus dem ehemaligen Kreisamt ein Verwaltungsamt, die Justizämter wurden zusammen geschmolzen und ein einzig Kreis-und Stadtgericht daraus gegossen“ -

und berücksichtigt man ferner die von Frau Ross [9] beschriebenen Platzverhältnisse der beiden Gebäude, kommt man zu dem Schluss, daß der Sitz des Landratsamtes eben das alte Brauhaus, der des Gerichtes das sogenannte Schlösschen gewesen sein muss.

Mit anderen Worten: Heinrich Christoph Hensoldt hat mit seiner Familie in diesem ehemals als Landratsamt und nach späterem Besitzer-und Nutzungswechsel als altes Brauhaus bezeichneten Gebäude gewohnt und gearbeitet.

In einer Rezension des Sonneberger Heimatforschers Thomas Schwämmlein, anlässlich des Abrisses[10], ist auch der wichtige Satz zu lesen: „Als nach 1858 ein neues Landratsamt am Marktplatz entstand“. Nach 1858 könnte auch heißen: „nach dem Tode von Heinrich Christoph Hensoldt (29.9.1859)“, der somit der letzte herzogliche Verwalter in diesem Vorgängerbau gewesen ist.

Frau Ross verdanke ich die betrübliche Mitteilung, dass beide Gebäude im Zuge der nach der Wende mit Eifer betriebenen Altstadtsanierung niedergerissen worden sind, trotz mannigfacher Proteste und Interventionen von Seiten der Bevölkerung, auch von Seiten der Autorin.

Die in den Heideloff-Akten niedergelegten Anforderungen für die nach dem Brande von 1840 neu zuerrichtenden und einzurichtenden Arbeits- und Wohnräume geben ein recht lebendiges Bild davon ab, wie man sich die Arbeits[11]- und Wohnverhältnisse[12] eines herzoglichen Beamten damaliger Zeiten vorzustellen hat. Die Dienstwohnung habe, bei allernotwendigster Beschränkung, aus vier heizbaren Zimmern, drei Kammern, einer Kammer für die Magd, einer Küche, zwei Speisekammern, ferner einer Stallung für wenigstens eine Kuh, für drei Schweine und die Gänse zu bestehen, ferner einem Keller und einem Holzplatz mit zwei Abeilungen, die eine für die Amtseinnahmen und die zweite für den privaten Gebrauch des Amtsverwalters.

Betrachtet man diesen, aber auch die folgenden Briefe des Sohnes, kann man sich nur wundern, wie es der Vater fertig brachte, über seine dienstliche Tätigkeit hinaus all den vielfältigen Dingen nachzugehen, die ihn zusätzlich beschäftigten. Hier ist es das Rippelsche Familienwappen, zu dem der Sohn in väterlichem Auftrag in Saalfeld Nachforschungen anstellt. Im Steuerregister der Stadt Sonneberg aus dem Jahre 1815[13] sind als Eigentümer verschiedener Grundstücke ab dem Jahre 1840 die Witwe des Regierungsadvokaten Ernst Ludwig Rippel, Sophie Juliane Johanna Rippel und deren Sohn Adolph eingetragen, ferner im Erb-und Zinsbuch als steuerpflichtige Einwohner für das Jahr 1820 die Gebrüder Ernst Louis Rippel.

Vom Leiter des Saalfelder Museums, Herrn Dr. Dirk Henning, erfuhr ich[14],dass es wohl die auf eine Klosterbibliothek zurückgehende Bibliothek der nahe seinem Arbeitsplatz gelegenen Realschule war, aus der Moritz seine Informationen bezog: Die Schule samt Bibliothek befand sich im Ostflügel des ehemaligen Franziskanerklosters, das heute Sitz des Saalfelder Stadtmuseums ist.


Bild 4: Wappen der Familie Hensoldt, Devise : « Treu Wahr Rein Klar »

Der Vater hat auch Familienforschung betrieben, und so wird das Hensoldtsche Familienwappen, das der Sohn in einem späteren Brief[15] seiner Tochter Amalie schickt, auf Heinrich Christophs Interessen zurückzuführen sein.

Auch die Werkstatt Johann Andreas Wiskemanns ist in Saalfeld bekannt: Wiskemann war ja Münzmechanicus, hatte seinen Arbeitsplatz und seine Dienstwohnung somit in der alten Münzstätte[16]. Und diese befand sich ab 1735 bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1846 im "Alten Schloss", dort in Nebengebäuden, die aber 1888 abgerissen worden sind. Eine alte Ansicht existiert leider nicht, nur ein Foto, entstanden um 1900, das den ehemaligen Standort dieser Nebengebäude zeigt, als Fortsetzung des rechten angeschnittenen Schlossflügels.

Neben der Werkstätte hat dieses Gebäude auch Unterkunftsräume enthalten, eine Bleibe für die Lehrlinge, vielleicht auch für einige Gesellen, die man im Mechaniker- und Optikerhandwerk als Gehülfen bezeichnete. Hier hat man sich auch den von kartenspielenden und großen Spektackel machenden Kollegen umgebenen, ein Brieflein an die Eltern verfassenden jungen Mann vorzustellen.


Bild 5: Saalfeld in Tn., Altes Schloss, Rückseite


Bild 6: Saalfeld, Marktplatz mit Johanneskirche und altem Schloss (Vorderseite)


Bild 7: Saalfeld, altes Schloss und Münze Rückseite, heutige Ansicht

2. Brief

Saalfeld, am 12ten Jan. 1840

Lieber Vater!

Ich bin heute Mittag ¼ auf 2 Uhr hier glücklich wieder angekommen; es war mir doch wieder garstig geworden; u. als ich kaum hier angekommen war mußte ich mich übergeben.

Wisk. hat gar nichts gesagt daß ich länger ausgeblieben war, sondern er war sehr freundlich. Der liederliche Kaisers August ist gar nicht nach Paulinzella gefahren um sich nach dem Dienst umzusehen,sondern in Wallendorf ließ er sich hierher einschreiben, und läuft die ganze Zeit hier herum, hat gleich mit Wisk. Brüderschaft getrunken; war einige Tage in Eiba pp.

Anbei erhält die Mutter auch eine Zuckerzange. Es war die schönste die Rupp hatte, und wird wohl gefallen. Ich mußte handeln daß ich sie gerade für das Silber /alter Löffel u. Zuckerzange/ erhielt, u. mußte doch 8 Xr darauf geben. Doch braucht sie mir es nicht wieder zu schicken. Das alte Silb. hat er nämlich für 2 rth 20 gr angenommen u. die Zange ließ er mir für 2 rth 22 gr. Er bot sie 3 rth 6 oder 8 gr ich weiß nicht mehr genau.

Rippelsche Familienwappen ist vorhanden, wenn er nach dem Preiße fragen sollte, er bekommt es zu 1 rth 2 fl (bis) 2 rth pp gemalt.

2. Seite

den 13ten

Ich schicke euch hierbei 2 Kistchen, im einen den Mantel, die Filzstiefel u. 1 Hemd, im andern verschiedene alte Kleider u. eine Zuckerzange. H.Rupp hatte sich geirrt, u. ließ mich heute ein wenig hinkommen wo ich noch etwas herausbekam, seine Frau hatte mir die Zange verkauft u. mir das Silber zu gering angerechnet aus Versehen. Die braunen Twillchhosen sind noch gut und brauchen nur gewaschen zu werden.

Vielmals grüßend

Moritz

Zwischenblatt mit anderer Schrift:

An das Ehrsame Flaschnerhandwerk in Altenburg

Anschrift auf nächstem Blatt:

Herrn

Verw. Amtssekretair Hensoldt

Wohlgeb.

in Sonneberg nebst 2 Kistchen

Seitlich, mit des Vaters Schrift: Saalfeld Moritz 12/1. 40


Bild 8: Zweiter Brief Moritz Hensoldts vom 12.01. 1840

Anmerkungen

Auch für diesen zweiten Brief Moritz Hensoldts gilt das zu Beginn Gesagte: es wird nichts Besonderes erzählt. Soeben ist der junge Mann in Saalfeld angekommen und legt, wie im ersten Brief, seiner Sendung getragener Kleidung einen Brief bei, eine Methode, den Eltern Briefporto zu sparen, die damals vom Empfänger zu zahlen war.

Von der Reise, vemutlich als Beifahrer auf einem Fuhrwerk, ist ihm wieder garstig, also übel geworden, jetzt stört er sich an den Zuständen in der Werkstätte Wiskemanns, erzählt vom Erwerb einer Zuckerzange für die Mutter und teilt am nächsten Tag dem Vater mit, wieviel es kostet, das Rippelsche Familienwappen zu malen.


Bild 9: Gesamtansicht von Saalfeld, Anon. Kupferstich um 1800

Der junge Mann ist mittlerweile 18 Jahre alt und im dritten Lehrjahr. Zwischendurch, wie jetzt gerade, verbringt er auch etwas Zeit bei den Eltern im nahen Sonneberg. Weihnachten und Neujahr waren gewiss ein Anlass, vielleicht auch das Warten auf eine günstige Mitfahrgelegenheit, die ihn erst heute, an einem Sonntagnachmittag des 12. Januar 1840 in Saalfeld ¼ vor 2 ankommen lassen.

Die geringe Distanz zwischen Sonneberg und Saalfeld von etwa 23 km vermag auch zu erklären, warum aus diesen ersten Jahren nur zwei Briefe erhalten sind. Gewiss hat der Sohn die Strecke häufig zu Fuß oder mit Hilfe eines Fuhrwerks bewältigt, und wenn man sich sieht, muss man keine Briefe schreiben.

Wer von Sonneberg aus startet, hat hierzu das sogenannte Oberland am Rennsteig, danach das Thüringer Schiefergebirge mit Höhen zwischen 647 m bei Neufang und 835 m bei Lauscha in nördlicher Richtung zu „überwinden”, wobei die Strecke über Ortschaften wie Steinach, Lauscha, Neuhaus am Rennsteig, Lichte, Schmiedefeld und Reichmannsdorf führt, bis man, ganz plötzlich, das Saaletal mit Saalfeld als großartiges Panorama vor sich liegen sieht.

Ein Kupferstich aus dem späten 18. Jahrhundert zeigt das Panorama der Stadt mit der Saaleschleife im Vordergrund, so, wie es sich dem Reisenden noch zu Hensoldts Zeiten gezeigt haben wird.

Wieder befinden wir uns in den Unterkunfträumen der alten Münzstätte, wo Moritz seinen Brief verfasst. Herrn Dr. Henning verdanke ich die Information[17],dass die Saalfelder Münzstätte 1846 aufgelöst worden ist, was nahelegt, dass nach dem Tode Wiskemanns Ende 1843, s.u., Titel und Auftrag des Münzmechanicus nicht mehr vergeben worden sind[18].

Einiges spricht dafür, dass es in der Werkstatt seines Lehrherren „hoch herging”, wie anders soll man erklären, dass der von Moritz als liederlich bezeichnete Kaisers August gleich mit dem ihm vorher unbekannten Lehrherren, zumindest Vorgesetzten Wiskemann Brüderschaft getrunken hat?


Bild 10: Saalfeld, Schrifttafel am Alten Schloss

Hierfür ein weiteres Indiz ist zweifelsohne eine Notiz aus dem „Gemeinnützigen Wochen-und Anzeigeblatt für das Fürstenthum Saalfeld vom 29.03.1845“[19]:

„Edictalladung. Da der Altersvormund der Kinder des verstorbenen Münzmechanicus Georg Andreas Wiskemann allhier den überschuldeten Nachlaß desselben seinen Gläubigern abgetreten hat, so ist hierüber die Eröffnung des Konkursprozesses beschlossen [...]“.

Wiskemann ist am 29.10. 1843, also etwa 3 ½ Jahre nach diesem Brief, im Alter von 42 Jahren verstorben[20] und hat neben einem überschuldeten Nachlaß unmündige Kinder hinterlassen.

Im Übrigen muss „der liederliche Kaisers August“ dem Vater bekannt sein, bzw. der Sohn von diesem erzählt haben — Eigennamen nennt der Sohn in seinen Briefen höchst selten.

Wieso (und nach was!) man sich in Paulinzella nach dem Dienst umsehen konnte, war nicht zu ermitteln, die beiden hier genannten Dörfchen Wallendorf und Eyba liegen am Wege zwischen Sonneberg und Saalfeld, Wallendorf kurz nach Neuhaus, Eyba bei Volkmannsdorf, kurz vor Saalfeld[21].

Paulinzella hingegen liegt nordöstlich von Saalfeld und gehörte zu einem anderen Herzogtum, dem von Schwarzburg-Rudolstadt.

Fasst man die Fakten zusammen, spricht manches dafür, dass der Briefschreiber hier irrte und das Schwarzburgische Paulinzella mit dem Meiningenschen Probstzella verwechselte, das wenige Kilometer östlich von Wallendorf gelegen ist, dem gleichen Herrschaftsbereich wie Saalfeld und Sonneberg angehörte und auch ob seiner Größe eher in Frage kam als Paulinzella[22]. Einschreiben könnte bedeuten: für den „Militairdienst“ melden, worüber noch zu berichten sein wird.

Die Mutter hatte sich eine neue silberne Zuckerzange gewünscht. Um sie günstig zu erwerben, hatte der Sohn eine ältere Zange, nebst einigen Silberlöffeln in Zahlung gegeben — und lässt uns sogleich Einblick nehmen in das komplizierte Zahlungssystem vergangener Zeiten: die Ehefrau des Silberschmiedes Rupp hatte Moritz noch 8 Xer, also Kreuzer, oder 2 Silbergroschen darauf zahlen lassen, diese hat er am nächsten Tage von Herrn Rupp zurückbekommen, in Zeiten, in denen das Material mehr wert war, als menschliche Arbeit. Kosten sollte die Zange 2 rth[23] also 2 Reichstaler und 20 Silbergroschen. Welchen Wert dieses Geld hatte, kann man den damaligen Preisen für Nahrungsmittel entnehmen.

Eine entsprechende Umrechnungstabelle enthält das Buch des Vaters Hensoldts, Heinrich Christoph Hensoldts[24], darin sind auch Preise für Viktualien für das Jahr 1842 aufgeführt. (vgl. Anhang).

Heute ist es eher unüblich, sich an den Preisen für das Viertel Korn, Weizen oder Gerste zu orientieren. Jedoch hat man eine genauere Vorstellung davon, wieviel Schweine-oder Rindfleisch kostet. So habe ich eine Umrechnung auf Rind- oder Schweinefleischbasis angestellt und erstaunt festgestellt, dass seinerzeit Schweinefleisch deutlich teurer war als Rindfleisch (Ochsenfleisch), Kalbfleisch am niedrigsten, Rind- bzw. Ochsenfleisch hingegen damals wie heute ähnlich hoch bewertet wird. Rechnet man den Preis der Zuckerzange (2 rth, 20 Gr) auf 232,5 Kreuzer um und bewertet dann auf der damaligen "Ochsenfleischbasis" (18 Kreuzer das Kilo), hätte man knapp 13 kg Ochsenfleisch dafür kaufen können. Und rechnet man 10 Euro heutigen Geldes auf das Kilo Ochse, müsste man für diese Zuckerzange heute 130 Euro zahlen — Woran wir erkennen: das Fleisch ist teurer, das Silber etwas billiger geworden.

Eine Familie Rupp gibt es heute in Saalfeld nicht mehr. 1881 hat noch ein Goldarbeiter namens Wilhelm Rupp in Saalfeld gelebt, der fünf Jahre später als Arbeiter in einer Nähmaschinenfabrik genannt wird[25].

Den Preis für das Malen des Rippelschen Familienwappens gibt Moritz mit 1 rth 2 fl 2rth an — wobei mit großer Sicherheit, dies jedenfalls ist auch die Meinung des Mitlesenden dieser Zahlen- und Währungsangaben des Direktors der Saalfelder Museen, Dr. Dirk Henning, nach den 2 fl (die für Fl=Florin=rheinische Gulden stehen), ein „bis“ oder „oder“ stehen müßte[26]. Hier ist auch Herrn Hennings Mitteilung interessant, dass im Saalfelder Gebiet um diese Zeit Taler und Groschen als Kurantgeld, also im Umlauf befindliches Geld, der Gulden hingegen nur als Rechengröße dienten. Moritz Hensoldts Vater schreibt jedoch in seinem Buch über Sonneberg[27]:“[...].die hier gebräuchlichen Rechengeldsorten, von welchen aber nur die rheinischen Gulden, Kreuzer und die Kurrentpfennige, sowie die preussischen Thaler, wirklich vorhandene Münzen sind“. Was bedeutet, dass in Saalfeld der Gulden nur Rechengröße, im nahen Sonneberg hingegen auch Kurantgeld war, der Groschen wiederum in Saalfeld als Münze, in Sonneberg hingegen als bloße Rechengröße diente.

Angesichts dieses Wirrwarrs an Zahlungsmitteln, im Übrigen auch von Maß-und Gewichts-Einheiten, die zum Teil auch noch rein fiktiv waren und deren Anwendung von Fürstentum zu Fürstentum, ja häufig sogar von Städtchen zu Städtchen[28] wechselten, kann man im Zeitalter von — dezimal errechneten — Mark und Pfennigen und jetzt gar des Landesgrenzen überschreitenden Euro nur erleichtert aufatmen.

Hensoldts Geschichte zu den Ellen lautet:

„Wwenn man noch vor kurzem in einigen Rath- und Gemeindhäusern die zum Marktgebrauch bestimmten, mit den Stadtwappen gezierten Ellen, nebeneinander legte, erhielt man eine hübsche Reihe, die wie Orgelpfeifen in der Länge zu und abnahm.“

Dieser Brief trägt im Übrigen, wie einige der hier vorgestellten, väterliche Vermerke: bei diesem findet sich ein solcher auf dem Adressfeld und notiert, neben Moritz Namen und Saalfeld, wie im ersten Brief, das Datum des Absendens, nicht das des Empfangs (nämlich den 12.01.40). Gewiss ist der von anderer Hand erfolgte Eintrag auf der anderen Umschlagseite des Briefes, „An das ehrsame Flaschnerhandwerk in Altenburg“ nicht in einen Zusammenhang zu bringen mit dem Brief- und Kistcheninhalt.

3. Brief

Eisenach 16/5 42

Lieber Vater!

Bis hierher bin ich glücklich gekommen, und sitze jetzt im Halbenmond in einem hübschen Zimmerchen.

Von Bachfeld kamen wir bald nach Eisfeld, und von da nach Hildburghausen. H.Gehring war mit allem Geschirr nach Coburg, sonst wären wir wieder gefahren worden. H.Loubach habe ich besucht, und er wird Dir selbst schreiben.

Wir gingen noch bis Themar, wo wir in der goldnen Hennen übernachteten (hier bleibe ich in meinem Leben nicht wieder) dann gingen wir früh nach Meiningen, wo ich mich aber so lange aufhielt, daß ich diesen Tag nur noch bis Wasungen kam, zumal da ich mir einige große Blasen an den Füßen holte; sehr gut gefiel mir das Thal von Themar bis Meiningen, über Grimmenthal, das mich besonder interessirte, weil ich Bechsteins Geschichte davon gelesen hatte, von Meiningen begleitete mich Ernst auf den Landsberg wo es mir außerordentlich gefallen hat und ich eine wahre Ehrfurcht vor dem berühmten Heideloff bekam, dann tranken wir jeder ein Maas Milch von den Schweizerkühen daselbst, und Ernst ging noch mit bis Walldorf, dann ging ich noch sachte bis Wasungen, wo ich im Schwan gut logirte; und heute früh ging ich von da bis hierher; der Müdigkeit halber hätte ich weiter gekönnt, aber die Blasen, die jedoch

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meistens auf sind, genirten mich etwas, und ich habe ja auch noch Zeit genug.

Am meisten hatte ich vom Schweiß und vom Durst zu leiden; ersterer war die beiden ersten Tage so arg, daß es durch Weste, Rock und Staubkittel am Rücken durchging, und ich durchaus naß war, doch nahm ich mich gut in Acht, und erkältete mich nicht. Heute ging es an.

Ich habe hier ein herrliches Gasthaus erwischt, und mir für meine Feiertagsstrapazen noch eine Güte mit einem delikaten Abendessen gethan, Kalbsbraten, köstlicher Kartoffelsalat und ein vortreffliches Bier (Erfurter), auf das ich schon Verzicht leisten zu müßen glaubte nachdem ich von Hildburghausen an wo es noch gut war lauter Schmierbrühe getrunken hatte; auch habe ich ein hübsches Zimmerchen das alle Bequemlichkeiten enthält, Kanapee, Stühle pp selbst Schreibzeug und vortreffliche Bedienung und wenn ich doppelt soviel bezahlen muß als sonst, so bin ich doch zufrieden; kurz vor Eisenach begegnete mir ein ältlicher Mann, der wartete bis ich heran kam, und redete mich gleich an, ob ich noch nie in Eisenach gewesen und dergl, und sagte mir gleich daß ich in der Sonne einkehren solle, beschrieb mir die Straße genau, und wollte sogleich wieder mit umkehren, mir sie selbst zu zeigen

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doch verbat ich mir dieß, und ging nun gerade in diesen Gasthof, da er doch Interesse dabei haben mußte, daß ich gerade in die Sonne sollte; ich kann es überhaupt nicht leiden wenn sich jemand unaufgefordert so aufdringt.

Eisenach ist ein schönes Städtchen, und sehr romantisch sieht die Wartburg , wenn man durch die Felsenstraße hereingeht. Auch liegen hier Laubfrösche im Quartier.

Heute sah ich unterwegs einen hessichen Cavalleristen, der auf seinem Pferde mit seinem rothen

u. mit weißen Schnueren besetzten Jäckchen sehr schön aussah. Wenn die ganze hessische Cavallerie so ist, so muß sie sich herrlich ausnehmen.

Doch was ich alles sah, kann ich hier nicht erzählen, und gebe auch nur Nachricht daß ich glücklich und ganz wohl hier angelangt bin, und morgen diesen Brief auf die Post geben und weiter nach Caßel zu gehen werde. Den größten Theil des Weges habe ich nun doch hinter mir!

Hoffentlich seid Ihr noch alle wohl, wie es

ist

Euer

Moritz

Es geht in Eile, daher die schlechte Schmiererey da ich auch keine Unterlage habe

Umschlagseite

Herrn

Verwaltungsamtssekretair Hensoldt

abgestempelt mit:

Wohlgeboren EISENACH

In Sonneberg 17 5 1842

₺489,43
Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
352 s. 88 illüstrasyon
ISBN:
9783844246087
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
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