Kitabı oku: «Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2», sayfa 2
Abb. 5: Erste Seite der Urkunde des Erzbischofs von Köln vom 13. Juli 1753 mit der Genehmigung für von Wenge zum Bau der Hütte
Jetzt kam Bewegung in die Angelegenheit: Am 29. Mai 1753 erhielt von Wenge ein kurzes Schreiben, mit dem er mit dem Bergwerk belehnt wurde und das ihm die Errichtung einer Schmelzhütte und eines Hammerwerks erlaubte.23 Die zugehörige Urkunde stellte die Verwaltung am 8. Juni 1753 aus. Von Wenge erhielt nun endlich die „Belehnung mit dem in der gegend Buer, und Osterfeld Vestes Recklinghausen gelegenen, Zur Gottes Gnaden genannt, neuen Bergwerk“.24 Die Hofkammer in Bonn stellte die Urkunde „nach Bergrecht, und bergordnungsmäßig“ aus und gewährte von Wenge als Vergünstigung „drey gantze Zehend freye Jahren“. Nach Ablauf dieser Frist war er verpflichtet, die Abgaben voll „Bergordnungsmäßig“ zu entrichten.
Etwa einen Monat später erreichte von Wenge eine weitere Urkunde. Am 13. Juli 1753 hatte ihm der Kölner Erzbischof die Genehmigung zu Errichtung und Betrieb einer Eisenschmelzhütte und eines Hammerwerks „sambt den darzu erforderlichen wasserlauff“ „auf einen von ihm zu acquirierenden eigenen grund“ erteilt.25 Von Wenge hatte die Hütte auf eigene Kosten zu errichten und sich an das Bergrecht zu halten. Auch musste er für Schäden einstehen, die den Anliegern aus der Hütte oder den Wasserläufen entstanden. Von dem Zeitpunkt an, an dem Hütte und Hammerwerk einen brauchbaren Zustand erhielten, war alljährlich eine Abgabe von 20 Reichstalern an die ▶ Oberkellnerei Horneburg zu entrichten. Damit hatte der Freiherr von Wenge seine ersten beiden Ziele erreicht. Er besaß die Genehmigung, Erz im Vest Recklinghausen abzubauen, und die Erlaubnis, eine Eisenhütte zur Verarbeitung des Erzes zu errichten. Er war damit Berg- und Hüttenmann geworden.
Sechs Jahre bis zur ersten Schmelze
Als die beiden Urkunden von Wenge erreichten, hatte er mit dem Bau der Eisenhütte bereits begonnen.26 Schon am 26. Oktober 1752 übernahm er das für den Hüttenbau in Aussicht genommene Gelände am Elpenbach von der Gemeinheit der Osterfelder Bauern zur freien Verwendung. Als Gegenleistung entrichtete er eine feste jährliche Zahlung. Für den Bau der Anlagen gewann von Wenge Joan Antony von Graes aus Diepenbrock bei Bocholt. Dort war 1729 die Michaelishütte in Betrieb gegangen und es ist zu vermuten, dass von Graes dort Erfahrungen im Hüttenbau gesammelt hatte. Doch 1753 stoppte der gerade in Gang gekommene Bau bei Osterfeld schon wieder. Zum einen gab es offensichtlich Spannungen zwischen Baumeister von Graes und seinem Auftraggeber, so dass sich ihre Wege trennten. Zum anderen begann ein langjähriger Gerichtsprozess, der die Realisierung des Hüttenprojektes ernsthaft gefährdete.
Es ging um das Nutzungsrecht am Wasser des Elpenbachs. Häufig bot die Nutzung des Wassers in der Zeit der Frühindustrialisierung den Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen. Bis zur Errichtung erster gewerblicher Anlagen wurde Wasser vor allem in vorindustrieller Weise verwendet. Dies war bachabwärts in Sterkrade zu diesem Zeitpunkt nicht anders. Das Wasser diente beispielsweise dem Antrieb von Mühlen, dem Waschen und Bleichen, dem Trinken und Kochen, dem Backen und Brauen sowie als Viehtränke. Auch Fischteiche wurden vom Elpenbach mit Wasser gespeist. Von den Bewohnern Sterkrades war es insbesondere die Abtei der Zisterzienserinnen, die für ihre Aktivitäten das Wasser benötigte.
Nun drohte mit dem Hüttenwerk von Wenges ein konkurrierender Nutzer des Wassers hinzuzukommen. Wozu Wasser bei einem Hüttenbetrieb nötig war, war allgemein bekannt: Wasser trieb zunächst über ein Wasserrad ein Gebläse an, das Luft in den Hochofen blies, um ihn auf Schmelztemperatur zu bringen. Wasser diente aber auch dazu, Erz zu waschen, um es für den Hochofenbetrieb nutzbar zu machen, und weitere Nebenbetriebe wie beispielsweise ein ▶ Pochwerk zur Zerkleinerung der Hochofenschlacke anzutreiben. Um eine kontinuierliche Wasserversorgung für die Produktionsphase sicherstellen zu können, war es notwendig, den Bach mit einem Damm vor dem Hüttenwerk zu einem Teich aufzustauen. Vom Kölner Erzbischof als Landesherr des Vestes Recklinghausen hatte von Wenge in der Konzessionserteilung die Erlaubnis zur Nutzung des Baches mit allen eventuell notwendigen Maßnahmen zur Errichtung von Wasserbauwerken erhalten.
Als 1752 der Bau der St. Antony-Hütte begann, befürchteten die Zisterzienserinnen der Abtei Sterkrade, dass mit der Errichtung der Hütte die bisherige Nutzung des Wassers nicht mehr möglich wäre. Es war zu erwarten, dass durch das Waschen des Erzes das Wasser verschmutzt wurde und somit nicht mehr für den Genuss durch Mensch und Tier und auch nicht für die Forellenzucht geeignet war. Damit fühlten die Zisterzienserinnen ihre Rechte bedroht. Besaßen sie doch sowohl das Fischereirecht als auch andere Wasserrechte am Elpenbach. Da Sterkrade aber im preußischen Herzogtum Kleve lag und somit nicht dem Kölner Erzbischof unterstand, drohten aus den wasserrechtlichen Auseinandersetzungen gleichzeitig diplomatische Verwicklungen zu werden.
In einem Schreiben vom 23. Juli 1752 protestierte die Äbtissin des Klosters, Maria Spohia von Wrede, gegen die Errichtung der Hütte.27 Sie erläuterte ihre Befürchtungen und verwies auf den Schaden, der den Grundbesitzern im preußischen Sterkrade aus der Hütte entstehen könnte. Ihre Ansicht untermauerte sie mit drei Gutachten, die sie dem Schreiben beifügte. Das Kloster sah sich in dem Streit in einer guten Position, schließlich war ein kleiner Teil des Geländes, auf dem von Wenge den Hüttenteich mit dem Damm plante, Eigentum des Klosters. Mit einem Gegengutachten versuchte von Wenge am 4. September, die Äbtissin für seine Position zu gewinnen.
Im Sommer 1753 wurde es dann ernst. Die Äbtissin von Wrede wandte sich an das vestische Gericht in Dorsten und bat dafür Sorge zu tragen, dass auf dem Grundstück des Klosters nicht ohne dessen Genehmigung ein neues Bauwerk errichtet würde.28 Am 10. September verbot das Gericht daraufhin von Wenge, an Damm und Teich weiter zu bauen, und verlangte, schon errichtete Bauwerke wieder abzubrechen. Bei Zuwiderhandlung drohten 25 Goldtaler Strafe. Zwei Tage später protestierte von Wenge beim Dorstener Gericht gegen den Beschluss. Er sah sich im Recht, schließlich wäre er mit dem Bau der Hütte belehnt worden. Außerdem bestritt er die Zuständigkeit des Gerichtes, da es sich um Bergwerksangelegenheiten handele, die dem Bergrecht und nicht der allgemeinen Gerichtsbarkeit unterworfen seien.
Von Wenge ließ weiter bauen und betraute einen Gewährsmann, I. M. Kerp, damit, die Angelegenheit zu bereinigen. Auf Drängen des Klosters erhöhte das Dorstener Gericht schon am 15. September die angedrohte Strafe auf 50 Goldtaler. Kerp schaltete nun die Hofkammer in Bonn ein, bezog sich dabei auf das Bergregal und deutete auf die zusätzlichen fiskalischen Einnahmen hin, die durch die Hütte entstehen würden. Die Hofkammer setzte daraufhin eine neue Bergkommission ein und wies den Statthalter des Vestes an, von Wenge nach Kräften beim Hüttenbau zu unterstützen. Dem Kloster sollte für den Schadensfall eine Entschädigung zugesagt werden. So gelang es von Wenge durch seine Beziehungen zunächst, dass das Urteil des Dorstener Gerichtes aufgehoben wurde und der Bau der Hütte und vor allem der Wasserbauten fortgesetzt werden konnte.
Endgültig entschieden war der Streit mit dem Kloster aber noch nicht. Hierzu schaltete von Wenge erneut die Bonner Hofkammer ein, die ein Mitglied der neuen Bergkommission mit der Untersuchung der Angelegenheit beauftragte. Aber trotz eines für von Wenge günstigen Gutachtens schwelte der Streit mit dem Kloster weiter. Die Hofkammer riet von Wenge, eventuelle Verkaufsangebote des Klosters für das strittige Stück Land anzunehmen. Gleichzeitig beauftragte sie das schon mit der Sache befasste Mitglied der Bergkommission, eine gütliche Einigung herbeizuführen. Doch brachte ein Ortstermin am 27. Juni 1754 keine Einigung. Die Vorbehalte der Äbtissin von Wrede und des Klosters gegenüber dem Damm und der Hütte am Elpenbach blieben bestehen. Die Zisterzienserinnen fürchteten, dass bei einem Dammbruch, verursacht durch Platzregen, Ratten oder Maulwürfe, die zwischen Hütte und Kloster liegenden Mühlen zerstört werden könnten. Auch erwarteten sie, dass durch das Erzwaschen Schlamm die Mühlteiche zuschütten und die entstehende Verschmutzung das Wasser für Mensch und Tier unbrauchbar machen würde. Für all diese Schäden habe von Wenge aufzukommen, zumal damit zu rechnen sei, dass die Bauwerke hundert Jahre bestehen würden. Der Vertreter von Wenges wies die Einwendungen erneut zurück und behauptete sogar, dass durch die Zuleitung weiterer Quellen in den Bach die Nutzung des Baches als Antrieb auch der abwärts liegenden Mühlen verbessert würde.
Eine Einigung blieb aus. Die Äbtissin verlangte einige tausend Taler für das Stück Land, dagegen schätzten die vestischen Behörden den Wert auf nur wenige Reichstaler. Für eventuelle Schäden in der Folge eines Dammbruchs hinterlegte von Wenge als Ersatzleistung eine Bürgschaft beim Dorstener Gericht. Das Kloster wandte sich nun an die preußischen Behörden in Kleve und die diplomatischen Verwicklungen waren da. Die Einschaltung der preußischen Behörden erhielt eine zusätzliche Brisanz, da von Wenge 1752 mit den preußischen Behörden wegen der Errichtung der Hütte auf preußischem Territorium verhandelt hatte. Am 28. September 1754 erschien eine Abordnung aus Kleve auf der Baustelle und verbot unter Androhung von Gewalt den Weiterbau. Von Wenge wandte sich erneut um Hilfe an die Bonner Hofkammer. Ein weiteres Gutachten wurde eingeholt, dieses Mal beim Westfälischen Bergamt. Es bescheinigte am 23. Februar 1756, dass sich von Wenge im Recht befinde und das Kloster bereits ausreichend entschädigt sei. Dennoch zögerte die Hofkammer, den Konflikt mit Preußen aufzunehmen. Erst als von Wenge damit drohte, die Hütte ins Gebiet des preußischen Herzogtums Kleve zu verlagern, wurde sie aktiv.

Abb. 6: Besitzverhältnisse beim Bau der St. Antony-Hütte zur Zeit der Hüttengründung
Am 15. Februar 1757 kam es zu einer erneuten Schätzung des Wertes des Klostergrundstücks am Hüttendamm. Der Vertreter von Wenges bot den preußischen Behörden und dem Kloster diesen nun deutlich höheren Betrag an, was von der Gegenseite allerdings wieder abgelehnt wurde. Daraufhin hinterlegte von Wenge den Betrag beim Gericht in Dorsten. Für die Bonner Hofkammer war der Fall endgültig geregelt. Sie unterstützte von Wenge nun bei den weiteren Bauten. Die Haltung der Äbtissin wurde als „auf einem dem weiblichen Geschlecht und besonders dem Closter frauen durchgehends angestammten eygensinn“ zurückgeführt.29 Eine weitere Unterstützung seitens der preußischen Behörden erhielt das Kloster nicht mehr. Preußen befand sich jetzt im ▶Siebenjährigen Krieg mit Frankreich und anderen Staaten (1756 – 1763), so dass das Land zeitweise besetzt war. Für Preußen galten daher andere Prioritäten.
Zwar war nun rechtlich alles geregelt, doch zog sich der Streit um das Wasser weiter hin. Dennoch ging der Bau jetzt flott voran. Der neue Baumeister Westerhoff stammte mit seinen Leuten wiederum aus Bocholt. Ein Kohlenschuppen war Ende April 1757 fertig. Ende Juli waren der Damm aus zwei Reihen Eichenpfählen und die Wasserführung fertig gestellt. Als im Herbst des Jahres ein heftiger Regenguss den Damm zerstörte, traten die Erwartungen der Zisterzienserinnen ein. Pfosten und Erde wurden weggespült und versperrten den Wasserlauf. Die Befürchtungen gründeten sich wohl doch nicht allein auf den Eigensinn von Klosterfrauen. Die Reparatur des Dammes dauerte bis zum Winter. Er war jetzt 15 bis 16 Fuß, etwa 4,70 bis 5,00 Meter, hoch.
Als schwierig erwies sich, die für den Bau des Hochofens notwendigen Materialien herbeizuschaffen, da Fuhrwerke kaum zur Verfügung standen und auch die notwendigen Steine für das ▶ Hochofengestell äußerst schwierig zu beschaffen waren. So begann der Bau des Hochofens erst Anfang 1758. Er soll eine Höhe von 22 Fuß, das sind 6,90 Meter, gehabt haben und von wallonischen Arbeitern errichtet worden sein.30 Ein Wohngebäude und ein kleineres Gebäude für die Formerei wurden ebenfalls gebaut, ein zweites Wohngebäude geplant. Als spätere Erweiterungen waren ein ▶ Pochwerk für Schlacken, ein Eisenhammer und eine Schmiede vorgesehen.
Parallel zu den Baumaßnahmen ließ von Wenge Vorräte anlegen. Diese waren Erz aus den Schürfrechten von Wenges, das in der Gegend um Osterfeld einen Eisengehalt zwischen 34 und 53 Prozent hatte, sowie Holzkohle, die aus den umliegenden Wäldern stammte, vor allem aus dem großen Kölnischen Wald bei Bottrop. Sie war von guter Qualität und damit geeignet, die Schmelztemperatur im Hochofen zu erreichen. Kalkstein, der nötig war, um die Schlacke zu binden, stammte aus der Gegend um Ratingen.
Im Herbst 1758 waren Hochofen, Formhaus, Kohlenschuppen, Wasserbauten und zumindest ein Wohnhaus errichtet. Der ersten Hüttenkampagne stand nichts mehr im Weg. Von der ersten Idee eines Hüttenwerks bis zur Betriebsaufnahme waren fast zwanzig Jahre vergangen. 1741 hatte von Wenge erwartet, dass große Kosten auf ihn zukämen. Ob sich sein Risiko gelohnt hatte und sich das eingesetzte Kapital einschließlich Bestechungsgeldern und westfälischen Schinken tatsächlich rentieren würde, war aber auch 1758 noch nicht abzusehen.
3. Pleiten, Flucht und schlechter Guss: Der lange Weg zur Rentabilität der St. Antony-Hütte
Im Herbst 1758 begann die erste Hüttenkampagne auf St. Antony. Franz Ferdinand von Wenge betrieb die Hütte zunächst in Eigenregie und setzte als örtlichen Leiter den kurkölnischen Förster Randebrock ein. Aber nicht nur von Wenge sondern auch Randebrock fehlten die notwendigen hüttenmännischen Kenntnisse. Für den technischen Betrieb mussten somit Fachleute engagiert werden. Da es noch keine Ausbildung im Hüttenwesen gab, galt es, Hüttenmeister zu finden, die auf anderen Werken Erfahrungen im Betrieb von Hochöfen gesammelt hatten. Fachkräfte waren also von außerhalb anzuwerben. Für Transport- und Hilfsarbeiten standen dagegen Arbeitskräfte in der Nähe zur Verfügung. Die neue Hütte ermöglichte auf diese Weise den Köttern der Umgebung einen Nebenerwerb, mit dem sie ihr eher kärgliches Einkommen aus der Landwirtschaft aufbessern konnten.

Abb. 7: Hochofenabstich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Tafel aus der „Encyclopédie“ von Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d‘Alembert (Erstausgabe zwischen 1751 und 1772)
Für die erste Kampagne engagierte von Wenge Heinrich Lichlen als Hüttenmeister.31 Dieser kam mit einem Meisterknecht und zwei Erzaufgebern aus Fischbach bei Saarbrücken, wo seit 1728 eine Eisenschmelze betrieben wurde, die offensichtlich gerade still lag. Lichlen setzte mit seinen Helfern das ▶ Hochofengestell ein und blies den Hochofen an, wofür er extra bezahlt wurde. Am 18. Oktober 1758 floss das erste Eisen aus dem Hochofen der St. Antony-Hütte. Förster Randebrock unterrichtete von Wenge sofort: „Nun iß endlig die hütte in ihre arbey der liebe Gott gebe mir seynen Seegen darzu […]“.32 Aber er berichtete auch von den Schwierigkeiten der Betriebsaufnahme: Das Eisen hatte noch nicht die gewünschte Qualität und war unrein. Gegossen wurde in Sandformen direkt vom Hochofen. Formsand fand man in der unmittelbaren Umgebung von Osterfeld und Bottrop in großen Mengen. Die Kampagne dauerte nur eineinhalb Monate. „Eisen-Ballas“, also Gewichte, und „Potteriewaren“, also Töpfe, Pfannen und andere Gusswaren des täglichen Bedarfs, waren die Hauptprodukte. Daneben entstanden Ambosse, Platten und Gitter.
Den Verkauf hatte Förster Randebrock zu organisieren. Hauptabsatzgebiet war neben der näheren Umgebung die Niederlande. Die Waren wurden von Alsum oder Ruhrort aus verschifft. Allerdings verkauften sich die Waren nur sehr schlecht, da der Guss nicht besonders gut gelungen war. Gleichzeitig konkurrierten sie mit ausgereiften englischen Produkten, ohne wesentlich preiswerter zu sein. Zwar war der Schiffstransport über den Rhein in die Niederlande recht preiswert, doch verteuerte der Transport von der Hütte zu den Rheinhäfen wegen der schlechten Wegeverhältnisse die Waren. Auch in den späteren Jahren erschwerte das weitgehende Fehlen von Kunststraßen die Transporte. Vor allem bei schlechter Witterung verwandelten sich die Straßen in einen Sumpf, in dem die Karren stecken bleiben konnten. Löcher in den Wegen mussten umfahren werden, so dass sich die Wege ohne jede Befestigung in die Breite ausdehnten. Erst ab Mitte der 1780er Jahre verbesserte sich langsam die Situation. 1792 war die erste Kunststraße vom Rhein über Essen ins Märkische – heute die Duisburger und die Essener Straße – hergestellt.33 Doch noch 1840 wollte die preußische Bezirksregierung in Düsseldorf dem Unternehmen verbieten, mit seinen Fuhrwerken die Straßen zu befahren, da die schmalen Räder die Wege zu sehr schädigen würden.34
Die zweite Hüttenkampagne ließ lange auf sich warten. Zu den Schwierigkeiten mit dem Absatz der qualitativ unzureichenden Produkte kam die Besetzung des Landes durch französische Truppen im ▶ Siebenjährigen Krieg. Besonders schwerwiegend wirkte sich der Mangel an Holzkohle aus. Die kurzfristig durch den Bedarf der Hütte gestiegene Nachfrage ließ sich nur schwer aus den umliegenden Wäldern decken. Damit deuteten sich schon früh grundlegende Standortprobleme der Hütte am Elpenbach an. Randebrock versuchte eine Lösung zu erreichen, indem er einen Köhler engagierte, der gemeinsam mit ihm Holzkohle herstellen sollte. Als im Verlauf des Krieges die Preise für Gusswaren stiegen, schien nach vier Jahren Stillstand eine neue Hochofenkampagne lohnenswert. Allerdings hatten die Erlöse der ersten nicht ausgereicht, um die zweite Kampagne zu finanzieren. So musste von Wenge Geld zuschießen. Um höhere Einnahmen zu erzielen, orientierte er sich nun an der benachbarten Bocholter St. Michaelis-Hütte und richtete die Produktion von St. Antony an deren Fertigungsprogramm aus. Auch versuchte er, den Zwischenhandel auszuschalten, und nahm direkten Kontakt zu niederländischen Großhändlern auf.
Mitte März 1762 kam Hüttenmeister Lichlen mit seinen Mitarbeitern zurück nach Osterfeld.35 Er brachte neue Gestellsteine aus einem Steinbruch bei Koblenz für die neue Ausmauerung des Hochofens mit. Zur Aufnahme der Produktion reichten ihm die Vorräte an Holzkohle und Erz noch nicht aus. Er verlangte zusätzliche Gussformen und die Einstellung eines Sandformers, um eine größere Produktvielfalt erzeugen zu können. Auch die Blasebälge waren vor Beginn der zweiten Hüttenkampagne am 14. April 1762 noch zu reparieren.
Die neue Kampagne lief gut an. Das Eisen war gut und die Ausbeute größer als bei der ersten Kampagne. Wahrscheinlich hatten sich Lichlen und sein Team auf die Verhältnisse in Osterfeld eingestellt. Sie kannten nun das Erz, die Holzkohle und die Zuschläge, so dass sie das Mischungsverhältnis besser einschätzen konnten. Doch noch im April traten erste Probleme auf. Zu wenige Fuhrleute standen zur Verfügung, da die Kötter ihre Aussaat auf das Feld bringen mussten. Im Mai brach zweimal die Achse des Wasserrades und der Ofen musste mit Kohlen warm gehalten werden, ohne Eisen zu produzieren. Mitte Juni verließ Meister Lichlen die Hütte, um ein anderes Werk instand zu setzen. Er sagte seine Rückkehr zu und garantierte, dass die Hütte in der Zwischenzeit ohne Störung funktionieren würde. Im Juli ließen die Leistungen der Hüttenleute wegen des Mangels an Nahrungsmitteln nach, was einen weiteren Zuschuss von Wenges erforderte. Ende Juli produzierte der Ofen nur noch unreines Eisen, da die Gestellsteine verschlissen waren. Zusätzlich mangelte es wieder an Holzkohlen, so dass die Kampagne am 29. August endete. Lichlen war nicht wieder aufgetaucht.
Abb. 8: Hammerwerk des 18. Jahrhunderts aus der „Encyclopédie“
Bis zum 28. Juli 1762 waren 61.094 Pfund Gusswaren erzeugt worden. Doch erneut blieb der Absatz schwach. Geld kam nur zögerlich herein. Von Wenge verlangte von Hüttenleiter Randebrock eine detaillierte Abrechnung auf Basis der vorliegenden Aufzeichnungen. Misstrauisch wurde von Wenge, als er von dritter Seite zur Zahlung von Zinsen für einen Kredit aufgefordert wurde, von dem er nicht in Kenntnis gesetzt worden war. Es entspann sich ein langjähriger Prozess um die Erstattung von Auslagen und Lohnzahlungen an Randebrock, in den auch wieder die Hofkammer in Bonn eingeschaltet war. Erst 1785 wurde der Konflikt beigelegt.36
Hüttenmeister Lichlen hatte von Wenge während der laufenden Kampagne vorgeschlagen, einen Eisenhammer zu errichten und so Absatz und Profit zu erhöhen.37 Von Wenge bat Johann Assemuth von der Altenbekener Hütte bei Paderborn, wo die Eisengewinnung schon eine lange Tradition hatte, Schmiedeversuche mit Eisen von der St. Antony-Hütte durchzuführen. Noch während der zweiten Kampagne erfolgten die Versuche. Doch nur, wenn dem Roheisen der St. Antony-Hütte fremdes Stabeisen beigemischt wurde, war es schmiedbar. Dennoch ließ von Wenge 1764 einen Eisenhammer bauen. Die Bauarbeiten sollen durch den Einsatz großer Mengen von Bier beschleunigt worden sein, so dass das Hammerwerk im November 1765 fertig war. Aber es dauerte bis ein Schmied gefunden war. Erst am 20. Februar 1766 ging der Hammer in Betrieb. Schmiedbares Eisen musste hinzugekauft werden und dennoch blieben der Betrieb des Hammers unregelmäßig und die Produkte unbefriedigend. Johann Assemuth, der mittlerweile die Leitung der St. Antony-Hütte von Randebrock übernommen hatte, vermutete die Ursache in der mangelhaften Qualität der Holzkohlen.
1768 ließ von Wenge den Hüttenmeister Assemuth eine dritte Hochofenkampagne planen.38 Hierzu wurden 162 Fass Raseneisenerz, drei Karren Mergel und 343 3/4 Fass Holzkohle aus der Umgebung angeliefert. Ofen und Blasebälge waren Ende September in Stand gesetzt. Die Gestellsteine kamen dieses Mal aus Steele. Eine Erzwäsche mit einem weiteren Damm, der den abgewaschenen Schlamm aufhalten sollte, wurde neu angelegt. Zwischen Oktober 1768 und Anfang 1769 produzierte der Hochofen an 67 Tagen Ballast, Platten, Pott- und Pyramidenöfen sowie Potteriewaren, die wieder hauptsächlich in den Niederlanden Absatz fanden. Aber immer noch mangelte es an Qualität und der Verkauf bereitete weiter Probleme. Das Hammerwerk blieb noch nach der Hüttenkampagne in Betrieb. Etwa neun Personen arbeiteten auf der Hütte. Etwa 25 Personen besorgten Fuhrdienste, Erz- und Kohlenbeschaffung. Als klar wurde, dass im folgenden Jahr keine neue Kampagne starten würde, verließ Assemuth im Frühjahr 1769 die Hütte und gab seine Tätigkeit in Osterfeld auf. Zwei Jahre später empfahl er von Wenge noch, auf der Hütte einen ▶ Kupolofen nach englischem Muster zu errichten.