Kitabı oku: «Qualitative Medienforschung», sayfa 22
Das verlorene Subjekt: Der Medienforscher im Feld
Um der Komplexität des Feldes – das ist das Alltagsleben, seine sinngebenden Strukturen und die Rolle der Medien darin – zu begegnen, versteckt sich der Medienforscher hinter allerlei Methodologie. Dabei stellt sich die Frage, inwieweit er mit seinen Methoden der alltäglichen Realität – und das ist die Lebenswirklichkeit der Menschen – gerecht wird. Denn hinter den methodologischen Fragen stecken grundsätzliche Probleme.
Auf drei dieser Probleme soll im Folgenden kurz eingegangen werden:
• Nähe und Fremdheit der Medienforscher zum Alltagsleben der Menschen,
• Medienrezeption oder Alltagsleben als Gegenstand der Forschung,
• Anerkennung fremder Lebensentwürfe und -praktiken.
Nähe und Fremdheit der Medienforscher zum Alltagsleben der Menschen
Das Verhältnis der Medienforscher zu ihrem Feld, dem Alltagsleben der Medien rezipierenden und nutzenden Menschen ist von Fremdheit und Nähe zugleich bestimmt. Anders als ein Forscher, der mathematische Berechnungen über die Ausdehnung des Universums anstellt, und anders als ein Forscher, der sich in der Tradition der Ethnologie der Erforschung einer fremden Kultur widmet, hat der Medienforscher eines mit seinen Untersuchungsobjekten gemein: den alltäglichen Umgang mit Medien. Der Forscher ist ein Experte des Medienumgangs im Alltag, denn er geht selbst in seinem Alltag mit Medien um. Das heißt, er besitzt jenseits aller wissenschaftlichen Interessen und Reflexion ein Alltagsbewusstsein von Medien und vom Umgang mit Medien. Zugleich gehört er in den meisten Fällen einer anderen Schicht als die untersuchten Menschen an, ist in anderen Lebensformen und -stilen zu Hause. Diese Wahrscheinlichkeit nimmt zu, je vielfältiger die Gesellschaft ist. Daher sind begründete Zweifel angebracht, ob die Forscher überhaupt in der Lage sind, das Medienhandeln im Alltag der Menschen zu verstehen. In Bezug auf das Fernsehen und seine unterhaltenden Formen hat Scheffer (1988, S. 71, H. i. O.) bereits die entscheidende Frage gestellt: »Können wir als Wissenschaftler überhaupt je das Phänomen verstehen, das wir hier untersuchen: die (populäre) Fernsehrezeption der anderen?«
Gerade weil der Forscher Menschen in einer anderen Lebenswelt gegenübertritt – sei es nun im Interview, bei Gruppendiskussionen, bei quasitherapeutischen Verfahren oder bei teilnehmender Beobachtung – muss er sich von seinem Alltagswissen, seinen Theorien und seiner wissenschaftlichen Reflexion befreien, um den untersuchten Menschen in ihrem Alltag näher zu kommen. Das führt aber zu einer paradoxen Situation: Der Forscher muss im Interaktionsverhältnis mit den Menschen, die er untersucht, eine Symmetrie der Beziehung vortäuschen, und er muss fürchten, dass er dabei enttarnt wird. »Die Angst des Forschers vor dem Feld« hat Lindner (1981) das genannt. »Was hier gemacht wird, ist nichts anderes, als die Vorspiegelung von Symmetrie in einer vom Forscher als asymmetrisch gedachten und gehandhabten Situation. In den Ängsten aber bricht sich die reale Asymmetrie der Situation in der Befürchtung der Aufdeckung der Vorspiegelung von Symmetrie Bahn« (ebd., S. 55). Aus diesem Dilemma gibt es keinen Ausweg. Das Verhältnis des Forschers zu den untersuchten »Anderen« ist grundsätzlich von Asymmetrie gekennzeichnet, muss aber, um Ergebnisse zu zeitigen, als symmetrisches Verhältnis inszeniert werden. Der Forscher muss sich dem »Schock des Realen« (Nightingale 1996) stellen, indem er bereits im Feld Flexibilität zeigt und für unerwartete Phänomene und Überraschungen offen ist (vgl. Ruddock 2001, S. 128). Doch bleibt die Frage, worüber er etwas erfahren hat: Über die Medienrezeption oder über das Alltagsleben der untersuchten Menschen?
Medienrezeption oder Alltagsleben als Gegenstand der Forschung
Wenn von der wechselseitigen Durchdringung von Alltagsleben und Medien ausgegangen werden kann, ist es schwierig, die Medienrezeption von den sinngebenden Strukturen des Alltags zu trennen. Dadurch würden die Menschen auf Rezipienten reduziert. Sie sind nicht von Natur aus Publikum, sondern sie werden es aufgrund ihrer alltäglichen, kulturellen Praktiken. Deshalb lässt sich die Medienrezeption des Publikums nur relational bestimmen (vgl. Nightingale 1996, S. 146 ff.). Sie ist in multidimensionale Kontexte des Alltags eingebettet (vgl. Ang 1997, S. 86 ff.). Gerade im Hinblick auf den Kulturbegriff der Cultural Studies (→ vgl. den Beitrag von Winter in diesem Band), die im Anschluss an Raymond Williams (1972, S. 389) Kultur als ganze Lebensweise (»whole way of life«) verstehen, ist kritisiert worden, dass in den Rezeptionsstudien eben genau dieser Umstand nicht berücksichtigt worden sei (vgl. Abercrombie/Longhurst 1998, S. 3 ff.). Es sei schlechterdings unmöglich, eine ganze Lebensweise zu untersuchen und dann noch die Bedeutung der Medienrezeption darin herauszuarbeiten.
Dagegen weist Willis (2000, S. 108 f.) zu Recht darauf hin, dass es eigentlich nicht um Kultur als ganze Lebensweise geht, sondern – und dabei beruft er sich auf Williams – um die Beziehungen zwischen den Elementen einer ganzen Lebensweise. Die Analyse der Kultur zielt daher darauf ab, die Struktur dieser komplexen Beziehungen zu entdecken. Willis plädiert für eine ethnographische Vorstellungskraft, welche die Beziehungen zwischen drei Elementen zu untersuchen habe: die Konstitution von Bedeutung in sinnlichen Praktiken; die Formen der symbolischen Ressourcen und wie sie zur Bedeutungskonstitution benutzt werden; das Verhältnis zu den strukturellen Beziehungen, Bedürfnissen und Konflikten der Gesellschaft (vgl. ebd., S. 109). Medienrezeption ist daher immer durch die Brille der Beziehungen zwischen den Elementen der ganzen Lebensweise der Menschen zu sehen, denn die bedeutungsvollen Strukturen des Alltags machen die Menschen in manchen Handlungssituationen zu Rezipienten. Der Blick der Forscher kann sich daher nicht nur auf die tatsächlichen Rezeptionshandlungen beziehen, sondern muss den praktischen Sinn der Alltagsbewältigung (vgl. Weiß 2001) mitberücksichtigen. Der Forscher muss also tief in das Alltagsleben der Menschen eindringen, trotz aller Angst vor dem Feld und trotz der Vortäuschung einer symmetrischen Beziehung.
Zunächst einmal muss der Forscher bemüht sein, das selbstgesponnene Bedeutungsgewebe der Menschen in Alltag und Kultur sinnhaft zu verstehen, um anschließend eine »dichte Beschreibung« dieser Strukturen zu liefern, wie es der Kulturanthropologe Clifford Geertz (1991) gefordert hat. Ziel ist allerdings nicht, nur plausible Erklärungen in einem kohärenten Sinn zu liefern, sondern auch Widersprüche anzuerkennen. Denn gerade der Alltag und die Kultur sind ein Feld sozialer Auseinandersetzungen mit umkämpften Bedeutungen, in das die Menschen verstrickt sind.
Anerkennung fremder Lebensentwürfe und -praktiken
Medienforschung, die sich mit dem Zusammenhang von Alltag und Medien befasst, geht es nicht nur um die Identitätsarbeit der Forscher, die sich am Anderen und seinen Medienpraktiken im Alltag abarbeiten, sondern auch um die Stärkung der handelnden Subjekte in ihrem Selbstausdruck. Dazu gehört, dass der Forscher ihren Alltag, ihre Kultur und ihre Praktiken ernstnimmt. Es geht mithin um eine Politik der Anerkennung von »anderen« Lebensentwürfen und Lebenspraktiken. Sinnverstehen mutiert damit von einem hermeneutischen zu einem politischen Projekt, denn der Forscher bezieht Stellung im Kampf um Bedeutungen. Gerade in der Multioptionsgesellschaft der pluralen Lebensformen und -stile kann es nicht darum gehen, in der Medienforschung dominante theoretische Annahmen, normative und moralische Prinzipien durchzusetzen, sondern offen zu sein und Partei zu ergreifen für Lebensentwürfe und kulturelle Praktiken jenseits der bürgerlichen Normalbiographie. Dazu gehört, die Menschen mit ihren Lebensäußerungen ernst zu nehmen und sich nicht aus der überlegenen Warte moralischer Alleinherrschaft über sie zu erheben und auf sie hinabzublicken. In der jüngeren Vergangenheit hat es genügend Beispiele gegeben, wie populäre Medienpraktiken von »Anderen« aus einer dominanten moralischen Warte oder vermeintlich kulturkritischen Position verurteilt wurden: Reality-TV, tägliche Talkshows, tägliche Serien, Horrorfilme, Actionfilme, so genannte Real-Life-Formate wie Big Brother, Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! und Germany’s Next Topmodel.
Fazit
Auch wenn die Komplexität des Alltagslebens in der reflexiven Moderne es schwierig macht, das Verhältnis von Kultur, Alltag, Medien und Menschen in all seinen Facetten transparent zu machen und analytisch zu durchdringen, sollte die Medienforschung versuchen, Strukturen und Bedingungen der kulturellen Praktiken zu erhellen. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Forscher im Feld selbst Identitätsarbeit betreiben, indem sie aufgrund einer Politik der Anerkennung die Lebenspraktiken der anderen ernst nehmen und Differenz produzieren. Nur dann sind sie in der Lage, die Bedeutung der Medien für den subjektiv sinnhaften Aufbau der Welt zu verstehen. Dabei sollten sie sich der wechselseitigen Durchdringung von Alltag und Medien bewusst sein, und zwar über ihr eigenes Alltagsbewusstsein und ihr theoretisches Vorverständnis hinaus. Denn die Subjektivität der Menschen umfasst mehr als die Typisierung »Rezipient« oder »Mediennutzer«. Im Mittelpunkt der Untersuchungen auch von Medienforschern steht das Alltagsleben und die subjektive Sinnhaftigkeit sozialen Handelns, zu dem die Rezeptionshandlungen und das Medienhandeln der Menschen in Beziehung stehen. Schließlich geht es darum, die Medienbezüge und Medienspuren im Alltagshandeln der Menschen aufzufinden, um so den Prozess der Mediatisierung in Form der Diffusion des symbolischen Materials der Medien in die konkreten objektiven, sozialen und subjektiven Weltbezüge der sozialen Praxis nachvollziehen, verstehen und erklären zu können. Die Untersuchung richtet sich dann auch nicht auf Rezeptionshandlungen schlechthin, sondern auf alltägliche Handlungssituationen, auf Handlungsformen und -muster sowie auf die thematische und soziale Relevanz der Situationen. Ruddock (2001, S. 147) hat zu Recht die Frage gestellt, wie man denn eine ganze Lebensweise erforschbar machen kann und wie Medien- und Publikumsforschung sich dann noch von anderen Disziplinen unterscheidet, die ebenfalls menschliche Handlungen untersuchen. Sie unterscheiden sich dadurch, dass sie die medialen Praktiken in ihren Blick nehmen, auch wenn sich dieser Blick auf die alltäglichen, kulturellen Praktiken richtet. So werden Studien möglich, die die Medien als integralen Bestandteil des Alltags sehen (vgl. Deuze 2012; Rasmussen 2014), wobei Deuze davon ausgeht, dass die Medien so selbstverständlicher Teil des Alltags sind, dass sie quasi unsichtbar sind. Aufgabe der Forschung wäre es dann, sie wieder sichtbar zu machen. Möglich werden auch Studien, die Mediennutzungsmuster und ihre subjektiv-sinnhafte Bedeutung für die Menschen erforschen. Beispielhaft seien hier die Studien zum Binge-Watching bzw. »media marathoning« genannt (vgl. Mikos 2016; Perks 2015) oder Studien zum Unterhaltungserleben in der Gruppe (Zillich 2013) bzw. der gemeinschaftlichen Aneignung von Medien (Weber 2015). Der Blick auf den von medialen Praktiken durchdrungenen Alltag macht die Forschungsarbeit nicht einfacher, aber möglicherweise interessanter, denn sie kommt unter je aktuellen historisch-gesellschaftlichen Bedingungen dem Verhältnis von Mensch und Medien auf die Spur. Und: »Diese alltagsweltlich orientierte Perspektive erscheint nicht zuletzt deshalb attraktiv, weil sie sich entschieden den sozialen Akteuren zuwendet« (Kaschuba 2012, S. 126). Die Medien als Teil der sozialen und kulturellen Alltagspraktiken der Menschen stehen dabei im Mittelpunkt der Forschung.
Literatur
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Der Domestizierungsansatz
JUTTA RÖSER/KATHRIN FRIEDERIKE MÜLLER
Das Domestizierungskonzept wurde seit Beginn der 1990er-Jahre im Umfeld der britischen bzw. europäischen Cultural Studies entwickelt. Der Ansatz stellt eine Erweiterung der Rezeptionsforschung dar, weil er Medien nicht nur als Träger symbolischer Bedeutungen, sondern auch als Technologien und somit materielle Objekte in den Blick nimmt und deren Aneignung aus der Sicht der Nutzerinnen und Nutzer alltagsbezogen untersucht. Dabei wird die häusliche Sphäre als zentraler Ort konzipiert, an dem über die Bedeutung von Medien und Kommunikationstechnologien entschieden wird.
Der Ansatz wird einleitend zunächst definiert und anhand von fünf Prämissen theoretisch und methodologisch eingeordnet. In den weiteren Abschnitten werden spezielle Konzeptionierungen beleuchtet und die Medienethnographie als angemessenes methodisches Herangehen umrissen, um abschließend neuere Erträge des Ansatzes – bezogen auf die Domestizierung des Internets und vielfältiger onlinefähiger Technologien – zu skizzieren.
Theoretisch-methodologische Einordnung
Der Domestizierungsansatz untersucht, wie Medien und Kommunikationstechnologien in die Wohnungen einziehen und im Aneignungsprozess Teil häuslicher Alltagsroutinen sowie Mittel sozialen Handelns werden. Gemeint ist also ein Prozess, in dem Medientechnologien durch die Nutzerinnen und Nutzer heimisch gemacht, ins Häusliche eingefügt werden.1 Die Kernideen des Domestizierungskonzepts lassen sich entlang von fünf Prämissen umreißen: Der Ansatz nimmt erstens eine aneignungsorientierte Perspektive ein und rekonstruiert mit vorwiegend qualitativen Methoden das häusliche Medienhandeln aus der Sicht der Nutzerinnen und Nutzer, die den Medientechnologien erst ihre Bedeutung geben. Damit grenzt sich der Ansatz von technikdeterministischen Konzepten und kausalen Wirkungsannahmen ab. Speziell interessiert sich Domestizierung zweitens für die Einbettung der Mediennutzung in den Alltag und für die Wechselbeziehungen zwischen medialem und nicht medialem Handeln. Dieser Ausrichtung entspricht methodologisch eine ethnographisch orientierte Rezeptionsforschung, die Mediennutzung in »realen« Alltagskontexten untersucht, statt künstliche Forschungssettings zu schaffen, und die die Präsenz von Makrostrukturen in den Mikropolitiken des Alltags aufspüren will. Drittens fokussiert der Ansatz speziell die häusliche Sphäre als Alltagskontext. Das Zuhause wird als ein besonderer Ort gefasst: einerseits für die Identität und die sozialen Beziehungen der Menschen, andererseits für die Durchsetzung und Aneignung neuer Medien und Kommunikationstechnologien sowie die (Um-) Gestaltung der Medienrepertoires. Bei der Konstruktion und Ausgestaltung des Zuhauses haben Medien schon immer eine zentrale Rolle gespielt. Schon Radio und Fernsehen, aber eben auch Computer und Internet sowie deren zahlreiche End- und Peripheriegeräte haben sich erst im Zuge der Integration in den häuslichen Kontext massenhaft verbreitet. Damit ist schon angedeutet, dass der Ansatz viertens beansprucht, den Blick auf das gesamte Medienrepertoire statt auf Einzelmedien zu richten, um das Zusammenspiel der verschiedenen Medien sowie mögliche Bedeutungsverschiebungen zu verstehen – indem etwa Nutzerinnen und Nutzer ein neues Medium domestizieren und in ihr bestehendes Medienrepertoire integrieren. Kennzeichnend ist fünftens die Prozessorientierung: Als offener, prinzipiell endloser Prozess ist die Domestizierung von Medien (-Technologien) niemals abgeschlossen. Vielmehr kann jederzeit Bewegung entstehen, weil sich z. B. Lebensumstände ändern oder neue technologische Dienste eingesetzt werden. Domestizierung ist deshalb ein potenziell nonlinearer, diskontinuierlicher Prozess, der Phasen von »Re-and de-domestication« (Berker u. a. 2006, S. 3) enthalten kann. Methodologisch sind vor diesem Hintergrund Langzeitstudien, die Wandel erfassen, hilfreich. Andersherum betrachtet ist eine historisierende Perspektive auf das (schon immer) mediatisierte Zuhause in seinem jeweiligen Gewordensein konstitutiv. Wichtige Einsichten liefern deshalb auch historische Rezeptionsstudien, die Domestizierungsprozesse rückblickend, etwa mit Oral-History-Interviews, rekonstruieren (vgl. ausführlicher, auch zu den folgenden Ausführungen, Röser 2007a; vgl. für Überblicke zum Ansatz ebd.; Berker u. a. 2006; Hartmann 2013; Silverstone 2006; Silverstone/Haddon 1996).
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