Kitabı oku: «Unterrichtsmanagement», sayfa 9

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2.2.5 Weitere methodische Entscheidungen bei der Unterrichtsplanung

Bei der Planung der Unterrichtsstunde ist es auch notwendig, den Einsatz von Materialien und Medien zu bedenken. Im Fremdsprachenunterricht wird häufig mit einem Lehrwerk gearbeitet, das dann das wichtigste Material darstellt und den Unterricht auch gewissermaßen vorstrukturiert (vergleiche Roche 2016: 467). Auch Zusatzmaterialien zum Lehrwerk oder von der Lehrperson frei ausgewählte aufbereitete Materialien spielen eine wichtige Rolle. Selbst wenn diese Materialien schon aufbereitet sind, ist es notwendig, dass Lehrerinnen und Lehrer sich auf die Arbeit damit vorbereiten. Sie stellen sich die Frage, welche Aktivitäten aus dem Lehrwerk sie einsetzen möchten und welche nicht, wie sie zu diesen Aktivitäten hinführen und von einer zur anderen überleiten und wo Ergänzungen notwendig sind.

Neben dem Lehrwerk kommen aber auch viele weitere Materialien zum Einsatz, zum Beispiel Wörterbücher, Grammatiken und andere Nachschlagewerke, selbst erstellte Arbeitsblätter oder auch Scheren, Klebstoff und Stifte, wenn beispielsweise Plakate erstellt werden sollen.

Auch der Einsatz der Medien muss vorab durchdacht werden. Das gilt nicht nur für technisch anspruchsvolle Medien wie Video- und Audiodateien, oder verschiedene Apps. Auch ein Tafelanschrieb sollte sinnvoll konzipiert sein.

Ob die Planung dann ausführlich schriftlich festgehalten wird, zum Beispiel mit einer ausführlichen schriftlichen Sachanalyse und didaktischen Analyse und einem detaillierten Verlaufsplan, oder ob sich eine Lehrperson nur einige Notizen in Form von Stichworten macht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise von ihrer Vertrautheit mit dem Unterrichtsgegenstand, von ihrer Erfahrung, diesen Gegenstand zu unterrichten, von ihrer Unterrichtserfahrung allgemein, von Anforderungen von außen, von persönlichen Vorlieben etc. In der Regel werden Planungsprozesse mit zunehmender Berufserfahrung schneller, routinierter und weniger systematisch (vergleiche Neuweg 2007). Das heißt, wenn eine Lehrperson einen Unterrichtsgegenstand unterrichtet, den sie schon häufiger unterrichtet hat, und auch insgesamt über viel Unterrichtserfahrung verfügt, wird sie sich vielleicht nur die einzelnen Schritte in Stichpunkten notieren. Die zeitliche Taktung gestaltet sie dann nach Gefühl, benötigte Medien und Materialien hat sie im Kopf, ebenso wie die passenden Sozialformen. Ihr gelingt es dann auch, wieder einen sinnvollen Unterrichtsverlauf herzustellen, wenn durch unvorhergesehene Ereignisse beispielsweise die zeitliche Planung durcheinandergeraten ist. Weniger erfahrene Lehrerinnen und Lehrer oder solche, die einen Unterrichtsgegenstand zum ersten Mal unterrichten, werden sich ausführlichere Notizen machen. Diese enthalten Details zum Unterrichtsgegenstand, zu zeitlichen Abläufen, Sozialformen, Medien und vielem mehr. Oft ist es auch hilfreich, Erklärungen und Aufgabenstellungen sowie Tafelanschriebe schon vorab zu formulieren.

Wenn es zu Veränderungen kommt, weil beispielsweise neue Inhalte vermittelt werden sollen, in anderen Lerngruppen oder Kontexten unterrichtet wird oder weil Lehrerinnen und Lehrer neue Methoden ausprobieren und ihren Unterricht umgestalten wollen, wird eine detaillierte Planung für alle Lehrerinnen und Lehrer erforderlich, unabhängig davon, über wieviel Erfahrung sie verfügen.

2.2.6 Zusammenfassung

 Die Planung des Unterrichts wird durch vielfältige bildungstheoretische, gesellschaftliche, fachwissenschaftliche, fachdidaktische, politische und auch persönliche Überzeugungen beeinflusst, denen sich Lehrerinnen und Lehrer zu Beginn eines Planungsprozesses bewusst sein sollten.

 In vielen Ländern sind derzeit die Unterrichtsprinzipien der Handlungsorientierung, der Kompetenzorientierung und der Lernernorientierung leitend. Damit verbunden sind die Leitideen der Individualisierung, der Autonomieförderung, der Kommunikationsorientierung. Darüber hinaus werden oft weitere Prinzipien ergänzt, an denen der Unterricht ausgerichtet werden kann.

 Ein hilfreiches Planungsinstrument bei der Auswahl und Aufbereitung des Unterrichtsgegenstandes sind das Modell der Didaktischen Analyse von Klafki (1958, 2007) sowie die Adaption nach Westhoff (1981), bei dem die Gegenwartsbedeutung, die Zukunftsbedeutung, die exemplarische Bedeutung, die thematische Strukturierung sowie die Zugänglichkeit für die Lerner beleuchtet werden, um einen geeigneten Unterrichtsgegenstand auszuwählen und auf die Lerner zuzuschneiden.

 Ebenso wie die Auswahl der Sozial-, Kommunikations- und Aktionsformen, der Materialien und der Medien ist auch die Entscheidung für ein Phasenmodell im Unterricht abhängig vom Unterrichtsgegenstand. Im Sinne der Handlungs- und Inhaltsorientierung gestalten sich die Phasen in Roches Modell (2013) so, dass auf die Einführung, Aktivierung und Vorentlastung zunächst eine thematische, dann erst eine strukturelle Differenzierung folgt. Daran schließen sich eine Erweiterungsphase sowie eine Integrations-/Reflexionsphase an.

2.2.7 Aufgaben zur Wissenskontrolle

1 Welche didaktischen Prinzipien können dem Unterricht zugrunde gelegt werden?

2 Welche Planungsprinzipien gelten bei der Planung einer Unterrichtseinheit?

3 Welche Leitfragen dienen der Unterrichtsplanung im Rahmen der didaktischen Analyse nach Klafki beziehungsweise in der Abwandlung nach Westhoff?

4 Welche Phasenmodelle kennen Sie?

5 Welche Phasenmodelle sind für den Fremdsprachenunterricht in Ihrem Kontext relevant und für welche Unterrichtsgegenstände eignen Sie sich?

6 Welche Sozial-, Kommunikations- und Aktionsformen gibt es und für welche Aktivitäten eignen sie sich?

7 Was ist bei der Auswahl der Materialien und Medien zu beachten?

2.3 Binnendifferenzierung und Individualisierung

Bereits bei den Ausführungen zur Festlegung und Aushandlung von Lehrzielen sowie zur Planung einer Unterrichtseinheit wurde deutlich, dass Unterricht nicht für eine gesamte Lerngruppe gleichermaßen geplant werden kann. Dem Unterrichtsprinzip der Lernernorientierung folgend ist das Ziel, die Lerner mit ihren individuellen Eigenschaften und Besonderheiten anzuerkennen und im Unterricht zu berücksichtigen. Es waren schon verschiedene Möglichkeiten angeklungen, Unterricht binnendifferenzierend zu gestalten, beispielsweise indem bei Lehrzielen ein Fundamentum sowie ein Additum definiert wird oder indem die Sozialformen so gewählt werden, dass sich Lerner entweder gegenseitig helfen können oder aber in Einzelarbeit in ihrem eigenen Lerntempo arbeiten. In diesem Abschnitt werden wir uns intensiver mit Möglichkeiten der Binnendifferenzierung auseinandersetzen.

Lernziele

In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie

 individuelle Unterschiede zwischen Lernern identifizeren können;

 Lernerprofile erstellen können;

 verschiedene Möglichkeiten der Binnendifferenzierung und ihre Einsatzmöglichkeiten kennen und den Unterricht zielgruppenspezifisch binnendifferenzierend planen können.

2.3.1 Zur Notwendigkeit der Binnendifferenzierung

Es ist sehr schwierig, Unterricht für eine gesamte Lerngruppe zu planen, denn eine homogene Gruppe mit den gleichen Voraussetzungen, Zielen und Bedürfnissen findet sich wohl kaum, auch wenn die Unterschiede nicht so augenscheinlich sein mögen. Um den Unterricht individualisiert und lernerorientiert zu gestalten und die Stärken der einzelnen Lerner aufzubauen (vergleiche Eisenmann 2016: 361), ist es notwendig, binnendifferenzierend zu arbeiten. Ist das nicht der Fall, kann es beispielsweise vorkommen, dass schüchterne Lerner kaum zu Wort kommen, dass langsamere Lerner dem Unterricht nicht folgen können, dass sich die schnelleren Lerner langweilen, dass vorhandene Kenntnisse und Ressourcen der Einzelnen, die das Lernen erleichtern könnten, nicht genutzt werden, dass individuelle Ziele nicht erreicht werden können und vieles mehr. Die Individualisierung des Unterrichts ist daher aus verschiedenen Gründen sinnvoll, nicht nur, weil man so den Bedürfnissen der einzelnen Lerner besser gerecht werden kann, sondern auch weil Unterrichtsabläufe sinnvoller und harmonischer werden, beispielsweise wenn am Ende der Bearbeitungszeit einer Aufgabe ein Teil der Lerner noch gar nicht fertig ist, während andere sich schon seit einer geraumen Zeit langweilen. Die Individualisierung des Unterrichts findet also im Interesse der Lerner, aber auch mit einem Vorteil für das Unterrichtsgeschehen statt.

Die Betonung der Individualität der Lerner sowie das Prinzip der Lernerorientierung sind keine neuen Konzepte für den Unterricht. Vielmehr haben sie mit reformpädagogischen Ansätzen bereits Ende des 19. Jahrhunderts Einzug in den Unterricht gehalten (vergleiche Kirchhöfer 2013). Sie sind außerdem eng mit einer konstruktivistischen Sicht auf das Fremdsprachenlernen verbunden, bei der davon ausgegangen wird, dass Menschen Informationen individuell unterschiedlich und vor dem Hintergrund der eigenen Disposition, Vorkenntnisse und Einschätzungen wahrnehmen (vergleiche Königs 2005: 448–449).

Doch welche individuellen Unterschiede können bestehen? Was sind Dispositionen und Vorkenntnisse? Unterschiede bezüglich Geschlecht, Alter, Ausgangssprache, Sprachenrepertoire, Sprachlernerfahrung, Introvertiertheit und Extrovertiertheit, Motivation, Sprachenprofilen und vielem mehr sind dabei entscheidende Merkmale. Auch Faktoren wie Intelligenz, Ausdauer, soziales Umfeld, Selbstbewusstsein und Lernstile können das Fremdsprachenlernen beeinflussen. Wenn von HeterogenitätHeterogenität die Rede ist, ist es sinnvoll, genauer zu beschreiben, worauf sich die Heterogenität bezieht, die im binnendifferenzierenden Unterricht berücksichtigt werden soll.

Besonders im englischsprachigen Raum besteht eine lange Tradition zur Erforschung, Modellierung und Klassifizierung von individuellen Einflussfaktoren auf das Fremdsprachenlernen, wie beispielsweise Ehrman, Leaver & Oxford (2003) oder die Beiträge in Robinson (2002) zu Motivation, Intelligenz, Sprachlerneignung, Alter, Arbeitsgedächtnis etc. zeigen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Voraussetzungen beim Lernen der ersten Fremdsprache anders sind als bei der zweiten, dritten oder vierten, nicht zuletzt, weil auf Sprachlernerfahrung und Wissen über die Systeme der zuvor gelernten Sprachen zurückgegriffen werden kann (vergleiche Hufeisen & Gibson 2003).

Einen umfassenden Überblick über mögliche individuelle Unterschiede bei Fremdsprachenlernern bietet Roche (2013: 37–38):

1 Zielorientierung, Leistungsmotive, Zukunftsperspektiven, Selbstständigkeit, Vorstellungen von der eigenen Selbstverwirklichung, Selbstbewusstsein, Selbsteinschätzung (Selbstkonzept);

2 Vitalität;

3 Akzeptanz von Offenheit (Ambiguitätstoleranz und Risikobereitschaft/Angst);

4 Extrovertiertheit/Introvertiertheit;

5 (Un)Abhängigkeit von einer Regelorientierung;

6 Reflexivität und Impulsivität;

7 Fähigkeit und Bereitschaft zu kritischem Denken und zur Selbstreflexion (kritische Kompetenz);

8 Fähigkeit zu analytischem und ganzheitlichem (holistischem) Lernen, Merkfähigkeit;

9 Empathie/soziale Einstellung zu Menschen der eigenen und fremden Kultur, Fremdenfreundlichkeit (Xenophilie) oder Fremdenfeindlichkeit (Xenophobie);

10 Aufnahmefähigkeit aus der Umwelt;

11 integrative Motivation sich in eine fremde Kultur einzupassen;

12 Einstellungen zum Lernen allgemein;

13 Einstellungen zu Unterricht und Lehrkräften;

14 Präferenzen für bestimmte Aufnahmekanäle und Kenntnis der eigenen Lernorientierung (visuell, analytisch, haptisch und Ähnliches);

15 Einstellungen zur Sprache, Sprachbewusstsein, sprachliche Sensibilität;

16 emotionale Stabilität, Emotionen, Stimmungen, Temperament.

Hier können weitere Faktoren ergänzt werden, die für das Fremdsprachenlernen mehr oder weniger relevant sind, wie beispielsweise das Alter (vergleiche dazu z.B. Berndt 2009) und das Geschlecht. Außerdem sind Lerner auch durch Lerntraditionen geprägt, in denen sie sozialisiert wurden (vergleiche Roche 2013: 39). Die Beschreibung der Lerner in Bezug auf diese Faktoren dient dazu, Lernerprofile zu erstellen und dabei nicht nur der Intuition zu folgen, sondern kriteriengeleitet vorzugehen.

Experiment

Versuchen Sie es einmal selbst: Beschreiben Sie sich selbst als Fremdsprachenlernerin oder -lerner anhand dieser Kriterien. Beschreiben Sie als nächstes bitte eine Ihrer Lernerinnen oder einen Ihrer Lerner.

Sicher haben Sie festgestellt, dass man nicht einmal für sich selbst einfach ein Lernerprofil erstellen kann, denn verschiedene Menschen würden ein und dieselbe Person sicher unterschiedlich einschätzen. Zu beachten ist auch, dass Menschen als soziale Wesen durch ihre Umgebung geprägt sind und in unterschiedlichen Gruppenkonstellationen anders reagieren. Es zeigt sich, dass nicht alle Faktoren gleich gut zu erfassen sind: Während Alter und Geschlecht leicht zu beschreiben sind, ist es bei der Motivation oder bei den kognitiven Präferenzen der Lerner deutlich schwieriger (vergleiche Wolff 2010: 291). Die Persönlichkeit der Lerner zu erfassen und zu beschreiben, erweist sich für Lehrerinnen und Lehrer als noch schwieriger. Darüber hinaus ist zu beachten, dass nicht alle Merkmale der Lerner konstant sind, sondern dass viele von ihnen beeinflussbar und veränderlich sind (vergleiche Wolff 2010: 298), beispielsweise weil Menschen sich in unterschiedlichen Lebensbereichen, aber auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, anders verhalten oder auch weil das Lernverhalten von den zu lernenden Inhalten abhängt. Lernerprofile dienen daher nur der Orientierung für Lehrkräfte, um die Bereiche zu skizzieren, in denen Heterogenität besteht. Diese deskriptive Vorgehensweise unterscheidet sich von dem Forschungsfeld des Good Language Learners, in dem versucht wurde, die Merkmale erfolgreicher Fremdsprachenlerner zu beschreiben (vergleiche Stern 1975, Rubin 1975, Naiman 1978).

Sie haben nun zahlreiche mögliche Unterschiede zwischen Lernern kennengelernt und sich damit beschäftigt. Um einen besseren Überblick zu erhalten, ist es sinnvoll, die Faktoren in Gruppen zusammenzufassen. In der Fremdsprachenforschung wurden daher in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Klassifikationsschemata entwickelt.

Es gibt unzählige Möglichkeiten der Klassifizierung. Zwei davon werden hier nun kurz skizziert.

Von Larsen-Freeman und Long (1991) liegt eine Unterteilung mit sieben Kategorien vor, was deutlich detaillierter ist als viele andere, die mit drei oder vier Kategorien auskommen. Larsen-Freeman und Long unterscheiden

 Alter,

 soziopsychologische Faktoren,

 Lernstrategien,

 Persönlichkeit,

 kognitiver Stil,

 hemisphärische Spezialisierung,

 andere Faktoren, zum Beispiel Gedächtnis, Geschlecht.

Unter den Bereich der soziopsychologischen Faktoren fassen die Autoren Motivation und Haltungen, zur Persönlichkeit zählen in dieser Klassifizierung neben Empathie, Schüchternheit und Ambiguitätstoleranz beispielsweise auch Faktoren wir Angst und Extro- bzw. Introvertiertheit. Der kognitive Stil kann beispielsweise beinhalten, ob Lerner eher feldabhängig oder feldunabhängig sind, das heißt ob ihre Wahrnehmung eher von der Umgebung beeinflusst wird oder nicht, oder ob sie eher analytisch oder eher relational sind. Die hemisphärische Spezialisierung nimmt eine ähnliche Dichotomisierung vor, indem davon ausgegangen wird, dass Lerner die eine oder andere der unterschiedlich belegten Hirnhälften stärker oder anders nutzen. Es geht also darum, ob eine eher intellektuelle, rationale Herangehensweise bevorzugt wird oder eine eher intuitive.

Eine andere Aufteilung nimmt Riemer (1997: 233) vor, die zunächst zwischen individuellen und universellen Einflussfaktoren unterscheidet. Ihre Unterteilung lässt sich wie folgt zusammenfassen:


Abbildung 2.3: Individuelle Einflussfaktoren beim Fremdsprachenlernen nach Riemer (1997)

Diese Klassifizierung ist hilfreich, um die Vielzahl an Faktoren zu bündeln. Sie verdeutlicht aber auch, wie vielfältig die Einflussfaktoren sind und in wie vielen Bereichen Lerner sich unterscheiden können. Diese Erkenntnis wird u.a. in der Einzelgänger-Hypothese zusammengefasst (vergleiche Riemer 1997: 228–229), die verdeutlicht, dass das Lernen einer Person von einem individuellen Faktorenkomplex bestimmt wird. Auch im Rahmmen der Dynamic System Theory (de Bot et al. 2007) wird betont, dass die einzelnen Faktoren je nach Phase der Sprachentwicklung unterschiedliche Gewichtungen innerhalb des Komplexes erlangen und daher unterschiedlich miteinander interagieren. Darüber hinaus ist zentral, dass aus soziokultureller Sicht auf das Fremdsprachenlernen Lernende in ihrer sozialen Geprägtheit und mit ihrer sozialen Einbindung, auch in die Lerngruppe, gesehen werden sollten.

2.3.2 Unterricht binnendifferenzierend planen und gestalten

In Abschnitt 2.3.1 wurde deutlich, durch welche unterschiedlichen Einflussfaktoren Fremdsprachenlernen beeinflusst und bestimmt wird. Dadurch wird eine Differenzierung nötig. Im schulischen Kontext wird in Deutschland zunächst eine Differenzierung nach Alter und nach Leistung vorgenommen (vergleiche Trautmann 2016: 21), indem Lerner in Jahrgangsstufen auf verschiedene Schultypen eingeteilt werden, was als äußere Differenzierung bezeichnet wird. Werden die Unterschiede innerhalb einer Lerngruppe berücksichtigt, ist von einer inneren Differenzierung oder BinnendifferenzierungBinnendifferenzierung die Rede.

Das Ziel der Binnendifferenzierung besteht also darin, die Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lerner, wie sie im vorherigen Abschnitt beschrieben wurden, im Unterricht zu berücksichtigen. Es geht also längst nicht nur darum, Übungen und Aufgaben für Lerner mit unterschiedlicher Leistungsstärke bereitzuhalten, wie es lange verbreitet war (vergleiche Eisenmann 2016: 359), sondern Unterricht darüber hinaus so zu gestalten, dass die Lerner Raum finden, den Lernprozess nach ihren Bedürfnissen zu gestalten und dabei entsprechend angeleitet werden. Nach Wolff (2010: 303) geht es bei der veränderten Unterrichtsgestaltung darum, „die Lehrer-Schüler-Interaktion zu verändern, sie zu einer offenen Interaktion werden zu lassen, in die [sic!] Schüler auf der gleichen Stufe wie der Lehrer stehen, sie zu Mitgestaltern des Unterrichtsdiskurses werden zu lassen, die eigene Vorstellungen und Überlegungen ausdrücken dürfen.“

Im Unterrichtsalltag werden die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lerner leider häufig nicht berücksichtigt (vergleiche Trautmann 2016: 28; Wolff 2010: 292), nicht zuletzt weil die Rahmenbedingungen es nicht leicht erlauben, beispielsweise weil vorgegebene Ziele von allen Lernern erreicht werden müssen und weil oft eine Lehrperson alleine eine große Gruppe von Lernern unterrichtet.

Dabei bestehen Differenzierungsmöglichkeiten in verschiedenen Bereichen (vergleiche zum Beispiel Greiten 2015: 247): Lerner können nach Fähigkeiten und Interessen unterschiedliche Inhalte bearbeiten, wobei je nach Lerntempo und Leistungsstärke unterschiedlich viel Zeit zur Verfügung stehen kann. Sie können – auch innerhalb eines curricular gesetzten Rahmens – individuelle Ziele verfolgen, dabei je nach bevorzugten Wahrnehmungskanälen und eigenem Lernstil unterschiedliche Lernwege beschreiten bzw. unterschiedliche Lerntechniken einsetzen. Auch bei der Wahl der Sozialformen können individuelle Bedürfnisse und Lerngewohnheiten berücksichtigt werden. Eine weitere Möglichkeit besteht beim Grad der Selbstständigkeit, mit dem Aufgaben bearbeitet werden, indem Hilfestellungen je nach Bedarf gegeben werden (vergleiche zu Scaffolding beispielsweise Becker-Mrotzek 2007: 31) (siehe dazu noch Abschnitt 3 in der Lerneinheit 5.3).

Das kann ganz unterschiedlich umgesetzt werden, wie die folgenden Beispiele zeigen:

 Die Lerner entscheiden, ob sie eine Aufgabe in Einzel-, Partner- oder Kleingruppenarbeit erledigen.

 Arbeitsblätter enthalten einen Zusatzbereich, den die Lerner bearbeiten können, wenn sie mit den anderen Aufgaben schon fertig sind. Zusätzliche Aufgaben können auch auf Kärtchen an einem festgelegten Ort im Klassenzimmer bereitliegen, wo die Lerner sie sich nach Bedarf und Interesse auswählen können.

 Aufgaben werden in zwei Varianten mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad angeboten.

 Die schnelleren/stärkeren Lerner helfen den langsameren/schwächeren, sobald sie ihre Aufgabe erledigt haben.

 Ein Text kann als Hörtext oder Lesetext angeboten werden, so dass die Lerner nach dem bevorzugten Wahrnehmungskanal auswählen können. Es kann auch die Möglichkeit bestehen, einen Lesetext zusätzlich zu hören. Natürlich muss dafür gesorgt werden, dass alle Lerner auch ausreichend Gelegenheit haben, die jeweils andere Fertigkeit zu trainieren.

 Zu Aufgaben stehen Hilfekärtchen zur Verfügung, die die Lerner nach Bedarf nutzen können.

 Die Lerner haben die Möglichkeit, eigene Themen auszuwählen und eigene Interessen einzubringen.

An diesen Beispielen erkennen Sie, dass jede Aktivität und Übung im Unterricht binnendifferenzierend gestaltet werden kann. Darüber hinaus gibt es auch die Möglichkeit, in komplexeren Lehr-Lern-Szenarien verschiedene Sozial-, Aktions- und Kommunikationsformen (vergleiche Abschnitt 2.2.4) sinnvoll zu kombinieren, um die Individualität der Lerner zu berücksichtigen. Im Folgenden lernen Sie einige dieser methodischen Umsetzungsmöglichkeiten kennen:

1 Projektunterricht: Hierbei handelt es sich um eine offene, themenorientierte Form des Unterrichts, in dem die Lerner Themen arbeitsteilig und selbstorganisiert bearbeiten (vergleiche Legutke 2016). Dabei werden auch die Prinzipien der Handlungs- und Kompetenzorientierung umgesetzt. Die Lerner können in einem gesetzten Rahmen ein Thema auswählen, das ihren eigenen Interessen möglichst gut entspricht. Vorab wird vereinbart, welche Ergebnisse vorliegen sollen und wie diese am Ende präsentiert werden. Die Lerner organisieren sich dann in einer Gruppe selbst, recherchieren die notwendigen Informationen, verlassen dabei gegebenenfalls auch das Schulgelände, um die Aufgaben zu erfüllen, und arbeiten ihre Ergebnisse dann schriftlich und/oder mündlich auf. Um die Aufgaben zu erfüllen, müssen die Lerner komplexe sprachliche Handlungen bewältigen, wozu rezeptive und produktive Fertigkeiten geübt, grammatische Strukturen angewendet und der notwendige Wortschatz wiederholt und erarbeitet wird.

2 Freiarbeit: Bei der Freiarbeit erhalten Lerner Aufgaben, die sie im eigenen Tempo selbstorganisiert bearbeiten, meistens innerhalb einer Unterrichtsstunde. Sehr verbreitet ist dabei Einzelarbeit, aber die Lerner können auch ermutigt werden, eine für sie geeignete Sozialform zu wählen.

3 Wochenplanarbeit: Bei der Wochenplanarbeit werden den Lernern einige Stunden in der Woche zur freien Arbeit zur Verfügung gestellt, in denen sie von der Lehrperson vorgegebene Pflicht- und Wahlaufgaben erledigen. Ein zentraler Unterschied zur Freiarbeit besteht im längeren Zeitraum, in dem die Aufgaben erledigt werden. So haben die Lerner größere Gestaltungsspielräume, aber es bestehen auch höhere Anforderungen an die Selbstorganisation. Die Lerner arbeiten nicht nur in ihrem Tempo, sondern können auch entscheiden, welche Aufgaben sie zuerst bearbeiten, in welcher Sozialform sie die jeweiligen Aufgaben bearbeiten und welche Hilfsmittel sie nutzen.

4 Portfolioarbeit: Portfolios sind eine Sammlung von Dokumenten, die dazu dienen, individuelle Arbeitsprozesse und -ergebnisse für die Lerner selbst und für andere zu dokumentieren. Sie können die Individualisierung von Lernprozessen unterstützen und zur individualisierten Leistungsbeurteilung eingesetzt werden, indem individuelle Entwicklungen sichtbar und damit zur möglichen Beurteilungsgrundlage werden. Portfolios dienen daher als Klammer für individualisiertes Lernen, denn es hilft den Lernern, ihr Lernen zu strukturieren und es ermöglicht den Lehrerinnen und Lehrern, Zwischenergebnisse zu betrachten, häufig in sogenannten Portfoliogesprächen, und die Lerner bei weiteren Schritten zu beraten. Portfolios können unterschiedliche Ausschnitte des Fremdsprachenlernens in den Blick nehmen, beispielsweise als Hör- oder Schreibportfolios. Sie enthalten in der Regel einige Pflichtinhalte sowie zusätzliche Materialien, mit denen die Lerner ihre Lernprozesse und -ergebnisse illustrieren. Um Portfolioarbeit sinnvoll umsetzen zu können und den Lernern zu ermöglichen, eigene Materialien zu erstellen werden im Unterricht viele Freiräume benötigt, die von der Lehrperson gut angeleitet und moderiert werden müssen.

Allen Formen der Binnendifferenzierung ist gemeinsam, dass sie eine hohe Komplexität aufweisen und damit große Anforderungen an die Lehrerinnen und Lehrer stellen (vergleiche Greiten 2015: 247; Ballweg 2015: 217–240). So müssen Lehrerinnen und Lehrer in der Vorbereitung und Planung des Unterrichts zusätzliche Materialien entwickeln, sich auf die Organisation komplexer Abläufe im Unterricht vorbereiten und verschiedene mögliche Unterrichtssituationen antizipieren (vergleiche Greiten 2015: 250). Im Unterricht selbst muss die Lehrperson die Aktivitäten aller Lerner überblicken und gegebenenfalls unterstützend oder steuernd eingreifen. Auch eine lernberatende, moderierende, Lernumgebung gestaltende Tätigkeit kommt dazu (vergleiche Eisenmann 2016: 361). Allerdings ist es nicht nur ein organisatorischer Aufwand, sondern um erfolgreich binnendifferenzierend zu arbeiten, ist ein verändertes Rollenverständnis der Lehrerinnen und Lehrer notwendig, um eine offene Interaktion auf Augenhöhe zu ermöglichen, wie es eingangs ausgeführt wurde. Die Lehrkräfte gestalten die Lernumgebung, beraten die Lerner, helfen ihnen, eigene Stärken und Bedürfnisse zu erkennen und ihren Lernprozess entsprechend zu gestalten.

Auch die Lerner stehen vor großen Herausforderungen, gerade wenn ihnen offene Arbeitsformen bisher noch nicht vertraut sind. Sie müssen sich nicht nur mit den Lerninhalten selbst auseinandersetzen, sondern benötigen auch zahlreiche Fähigkeiten, um ihren Lernprozess zu organisieren.

Um diesen hohen Anforderungen im Unterricht gerecht werden zu können, führt Eisenmann (2016: 360–361) fünf Prinzipien an, die bei der Binnendifferenzierung leitend sein können:

1 Methodenvielfalt, um den Unterricht abwechslungsreich und aktivierend zu gestalten;

2 ganzheitliches Lernen, das handlungsorientiert, kommunikativ, sozial, interaktiv, emotional und kreativ angelegt ist;

3 Öffnung des Unterrichts, so dass er entdeckendes, problemlösendes, handlungsorientiertes und selbstverantwortliches Lernen ermöglicht statt auf geschlossene Übungs- und Aufgabenformate sowie Interaktionen zu setzen;

4 kooperative Lernformen, die durch Kommunikationsanlässe lerneraktivierend sind und es den Lernern ermöglichen, sich mit ihren Interessen und Stärken einzubringen;

5 Material- und Medienvarianz, um Wahlfreiheit entsprechend der Interessen, Medienpräferenzen, Vorerfahrungen und individuellen Fähigkeiten zu ermöglichen.

Die Vielfalt, zum Beispiel der Methoden und des Materials, soll allerdings nicht zu einer Überforderung oder zu einem ständigen Wechsel führen. Vielmehr soll Einseitigkeit vermieden werden, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, Angebote für alle Lerner zu schaffen. Außerdem sollen Wahlmöglichkeiten bestehen und die Lerner bei der Wahl angeleitet und beraten werden.

Sie sehen, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, den Unterricht binnendifferenzierend zu gestalten. Das ist zwar oft mit einem gewissen Planungs- und Organisationsaufwand verbunden, lohnt sich aber, um den Lernern gerecht zu werden und jeden einzelnen optimal zu fördern.

Viel schwieriger ist die Binnendifferenzierung und Individualisierung bei der Leistungsbeurteilung, wie Sie in Kapitel 3 dieses Moduls erfahren werden. Problematisch ist, dass ein Spannungsfeld zwischen Standardorientierung und Individualisierung besteht, mit dem Lehrerinnen und Lehrer weitgehend alleingelassen sind (vergleiche Biederstädt 2016: 138): Auch wenn Lehrpersonen den Unterricht individualisiert gestalten, gelten in der Regel Lehrziele und curriculare Vorgaben, die von allen Lernern gleichermaßen erreicht werden müssen. Dieses Spannungsverhältnis zeigt sich am Beispiel deutscher Schulen, an denen binnendifferenzierendes Arbeiten verpflichtend vorgeschrieben ist, differenzierende Klassenarbeiten jedoch nicht erlaubt sind. Dabei bestehen in Anlehnung an die Unterteilung in Fundamentum und Additum Möglichkeiten, auch Klassenarbeiten mit einem Basis- und einem Erweiterungsteil zu gestalten, Aufgaben mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad vorzugeben oder über die Wahl der Lösungshilfen auch in Test- und Prüfungssituationen eine Binnendifferenzierung zu erreichen (vergleiche Biederstädt 2016: 138–144). Was aber häufiger Eingang in den Unterricht findet, sind summative, informelle Formen der Leistungsbeurteilung, zum Beispiel über Checklisten und Selbstbeurteilungsbögen, beispielsweise im Europäischen Sprachenportfolio (siehe dazu Kapitel 5). Dabei ist auch die Einschätzung kooperativ erbrachter Leistungen möglich, was in klassischen Test- und Prüfungsformaten nicht vorgesehen ist, obwohl nach einem sozialkonstruktivistischen Verständnis das Zusammenwirken und die Interaktion Leistungen beeinflussen (vergleiche Idel & Rabenstein 2016: 10) und Unterricht immer stärker auf Kooperation setzt.

Es zeigt sich also, dass binnendifferenzierender und individualisierter Unterricht Lehrerinnen und Lehrer vor einige Herausforderungen stellt, nicht nur, weil er mit einem großen Planungs- und Organisationsaufwand verbunden ist und ein neues Verständnis von Unterricht, Lernen und Lehren damit einhergeht, sondern auch, weil dieses neue Verständnis oft institutionellen Vorgaben und Gegebenheiten entgegensteht.

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