Kitabı oku: «Wanderung nach dem Schlachtfelde von Leipzig im October 1813», sayfa 2
Dritter Brief
Leipzig, den 21sten October 1813
Der heutige Tag war zu einer Wanderung auf das ewig denkwürdige Schlachtfeld bestimmt, die ich, da in der jetzigen Lage von Leipzig weder Reitpferde noch Miethwagen zu bekommen sind, mit einigen Freunden zu Fuße unternahm, indem wir von der Gegend des Petersthors an ausgiengen. Noch bis an das äußere Thor lagen einzelne entkleidete Tode. Die starken Pallisaden, wodurch die Franzosen das äußere Thor in Vertheidigungszustand gesetzt hatten, waren durch das österreichische Geschütz am 19ten Morgens zum Theil niedergeschmettert worden. Gegen dieses Thor kämpften am vorgestrigen Morgen die österreichischen Truppen von dem Colloredoschen Corps, so wie von der Reserve unter dem Erbprinzen von Hessen-Homburg. Zunächst stand die Division Greth von Colloredo. Vor derselben war eine Batterie 6 Pfünder, hinter derselben eine Batterie 12 Pfünder aufgefahren, die Franzosen vertheidigten noch hartnäckig die dem Thore nahgelegenen Gärten, deren Mauern sie allenthalben mit Schießscharten versehen hatten. Die österreichischen Batterien waren zur Beschießung der Stadt, im Fall sich die Franzosen darin noch länger hätten halten wollen, bestimmt; sie erwarteten von den Straßenhäusern bei Stötteritz, wo sich der commandirende Feldmarschall Fürst Schwarzenberg befand, durch 6 Kanonenschüsse das Signal zum Angriff. In der Zwischenzeit kamen zum Petersthor heraus mehrere sächsische Parlamentärs aus der Stadt, welche sich den österreichischen Vorposten mit dem Gesuche näherten, sie zum Kaiser Alexander und dem Fürsten Schwarzenberg zu bringen, indem sie Unterhandlungen des Königs von Sachsen, so wie Bitten der Stadt Leipzig, welche in der jetzigen fürchterlichen Lage das Wohl derselben allein befördern könnten, zu überbringen hätten. Ein österreichischer Major begleitete sie daher zu den Straßenhäusern, wo der Kaiser Alexander, der König von Preußen, der Fürst Schwarzenberg und die ganze Generalität der großen alliirten Armee hielt. Der Kaiser Alexander nahm die Sendung an. Der Stadt wurde Schonung versprochen, alle übrige Unterhandlungen aber abgelehnt. Der Chef des Russischen Generalstabs, General Toll, begleitete die in die Stadt rückkehrenden Parlamentärs, um jedem Mißverständnisse über die Meinung des Kaisers vorzubeugen. Sie nahmen den Weg wieder durch das Petersthor, da am Grimmaischen Thore, welches den Straßenhäusern näher lag, die Armee des Kronprinzen bereits unter heftiger Kanonade vorrückte. Diese Operationen wurden auch während des Unterhandelns keineswegs gehemmt, da man vermuthete, daß der Kaiser Napoleon noch in der Stadt sey, und durch alle Mittel Zeit für den, seiner Armee so nachtheiligen Rückzug gewinnen wollte. Der von der Nord-Armee auf die Grimmaische Vorstadt muthvoll ausgeführte Sturm, und die Besetzung der Stadt, machte nun die Beschießung Leipzigs von der Seite des Petersthors, welche sich der menschenfreundliche Kaiser Alexander auch nur als äußerste Maßregel vorbehielt, unnöthig. —
Wir wanderten weiter gegen Connewitz und Dölitz, wo am 16ten und 18ten die heftigsten Gefechte Statt fanden. Diese Dörfer, so wie Lößnig liegen nahe am rechten Ufer der Pleiße. An dieses stützte sich am 16ten, so wie am 18ten der französische äußerste rechte Flügel. Die Behauptung dieses wichtigen Postens war den Polen unter ihrem Heerführer, dem Fürsten Joseph Poniatowsky, anvertrauet; sie entsprachen der Erwartung des Kaisers Napoleon, und schlugen sich mit ungemeiner Tapferkeit. Zum Soutien Poniatowsky’s war am 16ten und 17ten zwischen Lößnig und Dösen die alte französische Garde aufgestellt; man sieht hieraus, daß der französische Kaiser diesen Punkt mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln halten wollte. Fürst Schwarzenberg gründete am 16ten eine Haupt-Operation auf diesen Punkt. Er ließ deswegen das Meerveldtische Corps am linken Pleißenufer gegen Dölitz und Connewitz vorrücken, stellte die Oesterreichische Reserve zwischen der Pleiße und Elster bei Gautsch auf, und leitete selbst diese Operationen. Gelang es dem Fürsten Schwarzenberg, den Uebergang bei Connewitz mit bedeutenden Massen zu bewerkstelligen, und so den französischen rechten Flügel zu tourniren und aufzurollen, so war die Schlacht am 16ten gewiß gewonnen. Doch die Schwierigkeiten des Terrains, die Tapferkeit der gegenüber stehenden Truppen, vereitelten diese schönen Entwürfe. Der Feldmarschall, welcher durch einige Officiere des Oesterreichischen Generalstabs (bei denen von Russischer Seite auch General Jomini, und der Oberst vom Generalstab, Baron Wolzogen waren) den Gang der Schlacht auf dem Kirchthurme zu Gautsch beobachten ließ, erhielt von ihnen mehrere Meldungen, daß General Graf Wittgenstein, der nebst den Generalen Kleist und Klenau diesen Morgen den Haupt-Angriff gegen die feindliche Position bei Markkleeberg, Wachau und Liebertwolkwitz unternommen hatte, gedrängt werde. Da auch Adjudanten von Wittgenstein herbeieilten, welche um Verstärkung baten, so gieng nun der Fürst Schwarzenberg mit der österreichischen Reserve über Deuben auf das rechte Ufer der Pleiße, ließ durch die Oesterreich[ischen] Reserve-Truppen die ermüdeten Preußisch-Russischen Truppen ablösen, und sicherte so das Schlachtfeld für die folgenden Tage.
Ein aufmerksamer Beobachter, welcher während der Schlachttage in und bei Connewitz gewesen war, theilte uns hier folgende Nachrichten mit, die einige uns noch nicht bekannte Thatsachen enthielten.
„Am 15ten,“ sagte uns der Freund, „war völlige Waffenruhe; Napoleon und der König von Sachsen musterten bei Wachau die Polen.“
„Am 16ten früh gegen 9 Uhr drangen die Alliirten auf der ganzen Linie, und besonders auf der Landstraße von Borna vor, nahmen Crostewitz, Markkleeberg weg, und die Oesterreicher behaupteten auch am linken Pleißenufer das Rittergut Dölitz. An den Pleißenbrücken wurde tiraillirt. Im Ganzen blieben ungefähr die alten Stellungen.“
„Am 17ten war, außer einzelnen Postengefechten, von dieser Seite Ruhe.“
„Am 18ten begann der Kampf schon Morgens ½ 8 Uhr. Gegen 10 Uhr verloren die Franzosen den größten Theil des Dorfes Lößnig und wurden beinahe bis Connewitz zurückgetrieben. Hier setzten sie sich aber unter dem Schutze einer starken Batterie von 15 bis 20 Kanonen, die seitwärts Connewitz aufgestellt war, drangen von Neuem vorwärts, und eroberten wieder die Lößniger Mühle. Der fürchterlichste Kanonendonner rollte beinahe ununterbrochen zwischen Dösen und Meisdorf; starkes Infanterie-Gefecht war an den Brücken, die durch zwei immer abgelöste Compagnien französischer Tirailleurs und durch zwei Kanonen vertheidigt wurden; in allen Dörfern im Umkreise war Feuer. Der Kaiser Napoleon befand sich mit den Garden bei der Quandt’schen Tabacks-Windmühle. Der Marschall Augereau war von 10 bis gegen 1 Uhr am äußersten Ende von Connewitz. Er ließ dem Kaiser einigemal kleine Erfolge rapportiren, bat aber zugleich wiederholt um Verstärkung. Napoleon selbst war gegen 3 Uhr in dieser Gegend. Erst am Abend gegen 10 Uhr hörte die Schlacht auf, bis auf einzelne Postengefechte, welche die ganze Nacht fortdauerten. Das Dorf Lößnig blieb beiden Theilen gemeinschaftlich, und alle französische Corps blieben in der Direction von Probstheida und Stötteritz unter den Waffen. In Connewitz blieben die Franzosen während der ganzen Nacht1), und rund herum bivouacquirten einzelne Abtheilungen.“
„Am 19ten gegen Morgen schienen sich die verschiedenen Corps der Franzosen mehr zu concentriren; doch blieben noch immer einzelne im Dorfe, und viele giengen ab und zu, bis gegen 8 Uhr ganz unerwartet Oesterreichische Landwehr erschien, mehrere Gefangene machte, und die Uebrigen bis gegen Leipzig hin verfolgte. Alle Franzosen, mit denen unser Referent in dieser Nacht zu sprechen Gelegenheit hatte, glaubten, der anbrechende Tag würde die Schlacht erneuern, und die ganze rückgängige Bewegung wurde überhaupt so still vollführt, daß der Erzähler und Mehrere, welche die Nacht in einem, unmittelbar an die Landstraße anstoßenden Garten wachend bivouacquirt hatten, nicht das Geringste davon bemerkten.“
„Am 19ten von 10 Uhr des Morgens an defilirten die Oesterreichischen Truppen, nämlich das Colloredo’sche Corps, so wie die Reserve durch Connewitz zurück. Sie schlugen die Straße nach Pegau ein, um dem fliehenden Feind zuvorzueilen.“
So weit die Privat-Relation, welche als Beitrag zum Ganzen nicht überflüssig seyn wird. In Dölitz wurde am 18ten der tapfere Erbprinz von Hessen-Homburg verwundet. Er hielt zu Pferde im Dorfe, als er einen Streifschuß am Stiefel erhielt. Er stieg vom Pferde, um zu sehen, ob der Fuß verletzt sey, doch war es nicht von Bedeutung. Indem er noch stand, erhielt er einen neuen Schuß in den Schenkel, der ihm nicht erlaubte, das Commando fortzuführen. Er gab es an den F. M. Lieut. Bianchi ab, und ließ sich nach Rötha bringen2).
Von Lößnig wendeten wir uns, Dösen rechts lassend, links, und giengen an einem Wäldchen hin, wo wir starke Verhaue3) bemerkten. Von hier aus erhebt sich das Terrain, und wir kamen zur Schäferei Meisdorf, welche, glaube ich, zum Rittergut von Wachau gehört; die Gebäude dieser Schäferei trugen noch die Spuren des hartnäckigen Kampfes, und waren ganz zerschossen. Jetzt standen wir auf einem Plateau, welches sich oberhalb Wachau nach Liebertwolkwitz hinzieht, und am 16ten October die Haupt-Position der französischen Armee bildete, weswegen der Kaiser Napoleon auch diesen Tag die Schlacht von Wachau nennt, so wie den 18ten die Schlacht von Leipzig.
Vor uns lag in einer Vertiefung, und südlich von Gehölz umgeben, das Dorf Wachau, als Geburtsort des berühmten Satyrikers Rabner schon früher bekannt. Einige Hohlwege bilden von der einen Seite die Zugänge. Im Dorfe war man beschäftigt, die Blessirten fortzuschaffen; wir bemerkten mehrere Truppen, und vermieden daher hinein zu gehen. Noch war es, da kein Bulletin erschienen, für uns unmöglich, den eigentlichen Gang der Schlacht, und die Ausdehnung des Schlachtfeldes auszumitteln. Man nannte uns vorzüglich Wachau und Liebertwolkwitz, als die Central-Punkte. Von Wachau wanderten wir daher zum Flecken Liebertwolkwitz4), der zum Theil abgebrannt, ganz ausgeplündert, und von seinen Bewohnern verlassen war. Bis hierher hatten wir, obgleich mitten auf dem Schlachtfelde, doch nur einzelne Tode bemerkt: von Leichenhügeln, die sich unsere Phantasie vorgestellt hatte, erblickten wir nichts. Ueberhaupt war das Schlachtfeld in keinem Vergleich mit den grausenvollen Scenen in den nächsten Umgebungen von Leipzig, von denen mein gestriger Brief eine schwache Schilderung enthielt. Verhältnißmäßig lagen mehr Pferde als Menschen da. Wir konnten deutlich sehen, wo Cavallerie-Attaquen gewesen waren; sicher blieben dabei auch viel Reiter. Sie waren verschwunden, also mußten hier Viele begraben worden seyn, wahrscheinlich bereits am 17ten, wo Waffenruhe war.
Liebertwolkwitz war schon bei den Gefechten am 14ten October genommen und wieder verloren worden. Ein Theil des Fleckens war abgebrannt. Hier lagen noch viele Tode, halbverbrannt, vorzüglich auf dem Kirchhofe, der die Kirche umgiebt, und mit einer Mauer eingeschlossen ist. Allenthalben waren die Verwundeten schon transportirt, und wir bemerkten im Freien keinen mehr. Die ganze Kirche war aber mit Verwundeten angefüllt, welche möglichst gut auf Stroh gelegt waren. Mit Wehmuth und thränenden Augen kamen so eben viele der geflüchteten Einwohner wieder in ihren Wohnort zurück. Viele fanden zwar noch ihre Häuser, aber von Allem entblößt und nichts, als die leeren Mauern; andere weinten auf den bis zur Erde niedergebrannten Trümmern ihres sonstigen Wohlstandes. Man kann wohl gegen 20 Dörfer rechnen, welche in dem Umkreise von zwei Stunden um Leipzig entweder ganz, oder zum Theil niedergebrannt sind.
Von Liebertwolkwitz schlugen wir den Weg nach Probstheida ein. Er führt an einer kleinen Anhöhe vorbei (wo auf der Charte die Ziegelscheune angegeben ist). Zuletzt standen einige Wirtschafts-Gebäude da, früher mag eine Ziegelscheune hier gewesen seyn; die Gruben, wo man den Lehm herausnahm, bilden eine Art Wallgraben, und geben der Anhöhe das Ansehen einer Schanze. Die vor der Schlacht da stehenden Gebäude waren bis auf einiges Gemäuer ganz niedergeschossen und niedergerissen; in diesen Ruinen fanden wir die einzigen, noch auf dem Schlachtfelde liegenden Verwundeten, und suchten sie durch etwas Brod, Aepfel und Wein zu stärken. —
Dieser Hügel wird in der Geschichte ewig denkwürdig bleiben. Hier hielten am Nachmittag des glorreichen 18ten Octobers die drei verbündeten Monarchen, Alexander, Franz und Wilhelm Friedrich, nebst dem commandirenden Feldmarschall Fürsten Schwarzenberg, und leiteten die Operationen der siegreich vordringenden Heeresmassen. Von dieser Stelle überblickt man, wie ein Panorama, größtentheils das Schlachtfeld des 18ten und 19ten. Kein Platz ist schicklicher, durch ein würdiges Monument das Andenken dieser großen Zeit auch hier von Seiten der Deutschen dankbar zu bezeichnen, als dieser Hügel. Hier erhebe sich ein Obelisk, an dem außer passenden Emblemen, die Namen unserer hohen Befreier, die Namen der Heerführer, welche die verschiedenen Armee-Abtheilungen zum heiligen Kampfe siegreich anführten, eingegraben zu lesen wären! Dieses aus Liebe, Dankbarkeit und Verehrung entsprungene Denkmal strafe jenen prahlerischen Entwurf zu dem der Menschheit hohnsprechenden Monumente auf dem Mont-Cenis Lügen, dessen Entstehung die Schlacht von Leipzig in der Geburt erstickte.
Von dem Hügel folgten wir der Landstraße nach Probstheida, welches Dorf am 18ten, trotz dem tapfersten Sturme, zuerst der Russischen Truppen unter Fürst Gortschakoff, dann der Preußischen des Kleistischen Armee-Corps, zuletzt von den Franzosen behauptet wurde. Die Franzosen behaupteten dieses Dorf durch immer abwechselnde neue Truppen, die in tiefen Massen dahinter aufgestellt waren. Die Verbündeten hatten in der Nähe noch große, disponible Kräfte, die sämmtlichen Russisch-Preußischen Garden und Reserven, welche an diesem Schlachttage nicht zum Angriff gekommen waren. Die Proposition soll gemacht worden seyn, die Corps von Klenau, Wittgenstein, von Kleist, unterstützt durch das Grenadier-Corps des Generals Miloradowitsch, links und rechts hinter Probstheida zu concentriren, um durch diese Masse von 80,000 Mann den feindlichen rechten Flügel bei Connewitz à revers zu nehmen, während der Erbprinz von Hessen-Homburg und Colloredo den Front-Angriff gemacht hätten. Die Garden mit einem Grenadier-Corps sollten als Reserve bleiben. Doch andere Gründe traten ein, weswegen diese erste Idee nicht zur Ausführung kam. —
Bei Probstheida waren die Spuren des mörderischen Kampfes noch sichtbar. Hier lagen die Toden über einander geschichtet, die meisten durch Kanonenschüsse verstümmelt, die vorstehenden Häuser in Probstheida waren ganz durchlöchert, und die umliegenden Felder mit Kanonenkugeln bedeckt. — Nicht weit davon liegt die Windmühle, welche auf holländische Art mit gemauerter Basis erbauet ist, und für die Quandtsche Tabacksfabrik arbeitet. Hier hatte Napoleon am 18ten seine Garden concentrirt; dies war der Central-Punkt, von dem aus er wirkte. Gegen Abend scheint sich der Kaiser, allen Nachrichten zu Folge, mit einem Theile seiner Garden gegen Reudnitz gewendet zu haben, da dort von der vordringenden Nord-Armee Gefahr drohte.
Längs der Straßenhäuser bei Stötteritz (eine Reihe von Häusern, größtentheils von Arbeitern bewohnt, die in Leipzig Beschäftigung finden), wo Alles zerstört war, wendeten wir uns gegen das Grimmaische Thor von Leipzig. Die nächsten Umgebungen der Stadt waren noch mit starken Corps Preußischer Truppen umgeben, welche hier bivouacquirten. So stehen in der Gegend von Reudnitz die Schweden und das Bülowsche Corps. — Zunächst bei uns waren die braven Sächsischen Truppen, Infanterie und Cavallerie, welche am 18ten der großen heiligen Sache des deutschen Vaterlands beigetreten waren. Aus mehreren Aeußerungen französischer Generale am Morgen des 19ten sieht man im Voraus, daß der französische Kaiser die verlorne Schlacht größtentheils dem Uebergange deutscher Truppen (welche außer den Sachsen, auch eine Brigade würtembergischer Cavallerie machte) zuschreibt. Wie nichtig diese Behauptung sey, zeigt der nähere Gang der Schlacht am 18ten October. Als an diesem Tage, hauptsächlich erst gegen Abend, die sächsischen Truppen unter dem General Ryssel, zwischen Paunsdorf und Sellershausen, mitten unter dem Kartätschenfeuer der Franzosen, so wie eine Brigade würtembergischer Cavallerie unter dem General Normann (wo? weiß ich nicht) zu den Alliirten übergiengen, war das Schicksal des Tages schon entschieden, und Napoleon hatte bereits den Rückzug seiner Armee angeordnet. Die Armeen des Kronprinzen von Schweden, so wie des Generals Bennigsen, hatten zu dieser Zeit ihre Vereinigung in der Gegend von Zweinaundorf und Paunsdorf schon bewirkt. Würden die Sachsen gegen diese concentrisch-andringenden siegreichen Massen ihre, keineswegs befestigte, Position haben behaupten können? Gewiß nicht; und auf keinem Fall kann der französische Kaiser durch diesen Uebergang seine Niederlage bei Leipzig entschuldigen5).
Was den Uebergang der Sachsen zur großen deutschen Sache betrifft, so ist Folgendes die Ansicht partheiloser Männer. Die sächsischen Truppen hatten bis zur Schlacht von Leipzig gegen ihre Ueberzeugung mit den Franzosen, welche Sachsen noch in der letzten Zeit so gränzenlos unglücklich gemacht hatten, fechten müssen, und aus angestammtem Pflichtgefühl als brave Soldaten dieses auch gethan. Doch seit dem 16ten October stieg ihre Hoffnung, ein verhaßtes Joch abzuwerfen, von Stunde zu Stunde. Am 18ten, als sich feindliche Cavallerie näherte, konnten die sächsischen Officiere die allgemeine Stimmung ihrer Soldaten, für die gute Sache und nicht ferner gegen dieselbe zu fechten, nicht länger zurückhalten. Sie fühlten, daß jetzt der große Augenblick gekommen sey, durch einen kühnen Entschluß den sächsischen Kriegern, ja ihrem ganzen Volksstamme, bei der Befreiung Deutschlands einen ehrenvollen Antheil zu sichern. Doch auch diesen Schritt sollte der rechtliche Sinn, den der Sachse gegen seinen Regenten und die gesetzlichen Behörden stets mit gewissenhafter Hingebung zeigte, leiten. Durch mehrere abgeordnete Officiere ließen sie ihrem commandirenden General, so wie nachher selbst dem Könige ehrerbietig ihren Entschluß eröffnen, die Sache der Tyrannie zu verlassen, und als freie Deutsche zu handeln, mit der gewissen Hoffnung beiderseitiger Genehmigung. Doch es erfolgte eine abschlägliche Antwort. — In der Brust der sächsischen Krieger waren die Verdienste Friedrich Augusts, die er sich früher durch die kluge Regierung seines Landes (wodurch er die Wunden des siebenjährigen Krieges heilte) erworben hatte, keineswegs erkaltet. Doch in der jetzigen Lage des unglücklichen Monarchen mußte sich ein Jeder sagen, daß derselbe keine freie Bestimmung mehr über sich und das Wohl des Landes habe, daß die erhaltene schriftliche abschlägliche Antwort, die nicht von der Hand des Königs war, im Sinne des fremden Eroberers gefaßt sey, der, unter der gleißnerischen Maske der Religion und inniger Anhänglichkeit, mit einem Herz ohne Erbarmen, bereit sey, für seine gränzenlose Herrschsucht, wie er die schöne Hauptstadt elend gemacht und das Land des treuen Bundesgenossen ausgeplündert habe, auch dessen Krieger bis auf den letzten Mann zu würgen, mit der, wie gewöhnlich in seinem Sinne, ausgesprochenen jesuitischen Entschuldigung: daß der Zweck die Mittel heilige.
Jetzt mußte also schnelle Selbsthülfe eintreten. Wohl konnten die sächsischen Krieger mit Schiller6) ausrufen:
„Es bringt die Zeit ein anderes Gesetz,
Wer ist so feig, der jetzt noch könnte zagen!“
Der feste Entschluß mußte nun, trotz aller umgebenden Gefahren, ohne Zögerung ausgeführt werden. Die Sächsische Cavallerie gieng der feindlichen entgegen, doch statt einzuhauen, steckte sie die Säbel ein, und vereinigte sich mit derselben. Wahrscheinlich war es die Cavallerie des Oesterreichischen Generals Bubna, der mit seiner leichten Division den rechten Flügel der Bennig’schen Armee ausmachte. Unterdessen hatte sich die Infanterie und Artillerie gesammelt; sie trat Nachmittags zwischen 4 – 5 Uhr über. Der als Parlamentär vorausgeschickte Officier traf auf den Hettmann Platow und seine Kosaken. Dieser schickte mehrere Regimenter entgegen, um den Marsch des Sachsen gegen die französische Artillerie und Cavallerie, welche ihn zu hindern suchten, zu decken. Die commandirenden Officiere der Sachsen wurden hierauf den alliirten Monarchen, oberhalb Probstheida bei dem Hügel der Ziegelscheune, vorgestellt.
Dieses ist im Allgemeinen die richtige Ansicht, aus der Sie den Uebergang der Sachsen betrachten müssen. Napoleon kann darinn ein neues warnendes Beispiel erblicken, daß sich die geheiligten Rechte edler Völker nur bis auf einen gewissen Punkt unterdrücken lassen, daß durch den Druck die innere moralische Kraft solcher Völker sich erst in ihrem vollen Umfange entwickelt, und nun wie eine rächende Nemesis auf den Unterdrücker vernichtend zurückfällt; daß die Völker, wie ihre Pflichten, auch ihre unveräußerlichen Rechte haben; daß ihnen das Recht zusteht, im Fall ihr Fürst für ihr Wohl nicht mehr frei handeln kann, ohne als Rebellen zu erscheinen, im äußersten Drange der Nothwendigkeit für ihre Selbsterhaltung auch selbstständig zu handeln!
Baiern hat sich bereits auch für die deutsche Sache erklärt, welches hier mit allgemeinem Jubel bekannt wurde. Der Beitritt dieser ersten Macht des Rheinbundes muß die wichtigsten Folgen haben. Der Rheinbund, dieses politisch-militärische Zauberband einer vorgespiegelten Souveränität, womit Napoleon die Deutschen bisher gängelte, ist dadurch zerrissen. Sie wissen, was wir uns auch für die Zukunft, wenn die Stürme des Krieges schweigen, für deutsche Art und Kunst von dem Kronprinzen von Baiern, dessen innerer Sinn stets dem guten Fortgange der deutschen Sache zugewendet war, versprechen dürfen. Allenthalben sehe ich aus den düstern Gewitterwolken, welche sich theilen, eine lichte schöne Morgenröthe hervorschimmern!
Lassen Sie mich nach dieser Abschweifung auf meinen heutigen Reisepfad wieder zurückkehren. Noch muß ich bemerken, daß wir bis jetzt eine heftige Kanonade in der Richtung von Weißenfels hörten; wahrscheinlich ist es dort zu einem Treffen gekommen 7). Wir verließen die sächsischen Krieger, welche, wie man sagt, bald nach Pegau zur weitern Organisirung aufbrechen werden, und näherten uns dem äußern Grimmaischen Thore. Hier drangen am Morgen des 19ten Oсtobers die Truppen des Kronprinzen von Schweden siegreich ein. Alles trug auf dem Grimmaischen Steinwege noch die Spuren des hartnäckigsten Kampfes. Die Franzosen vertheidigten sich auch hier mit Tapferkeit, und warfen sich in die zum Theil großen Häuser dieser Vorstadt, welche gleich Schanzen einzeln mit Sturm genommen werden mußten. Daß die Gebäude dabei sehr litten, läßt sich denken. Die Fenster waren eingeschossen, und die Außenseiten der Häuser ganz von Kugeln durchlöchert. Viele Tode lagen noch umher. An der Promenade vor dem innern Grimmaischen Thore wendeten sich die Gefechte Rechts und Links gegen das Hallische und Petersthor. In der Stadt entstand eine kurze bange Stille, als auf einmal die Flügelhörner des Jäger-Detachements der Ostpreußischen Landwehr im fröhlichen Unisono durch die Grimmaische Straße erschallten, und mit thränenden Augen von den zujauchzenden Einwohnern als die Tuba der Erlösung begrüßt wurden.
Ich erwähnte in meinem letzten Briefe, daß ich suchen würde, über den Einzug der siegreichen Monarchen noch einige sichere Nachrichten einzuziehen. Das was mir am glaubwürdigsten scheint, theile ich Ihnen hier mit, Sie wissen aber, wie schwer es ist, bei großen Weltbegebenheiten in den ersten Tagen an Ort und Stelle auf ein sicheres Resultat zu kommen.
Der Kronprinz von Schweden hielt mit einem zahlreichen und glänzenden Gefolge zuerst den Einzug, da er wegen des von seinen Truppen glücklich ausgeführten Sturmes der Stadt am Nächsten war. Jedermann war erfreut; diesen ausgezeichneten Fürsten, gleichgroß als Staatsmann, so wie als Feldherr, in der Nähe zu sehen. Der Kronprinz ritt nach dem Markte, wo er vor dem Apelschen Hause hielt, vom Pferde stieg, um dem Könige von Sachsen seinen Besuch abzustatten. Er mochte ungefähr eine halbe Stunde da gewesen seyn, als die Meldung kam, daß sich der Kaiser Alexander nähere. Dieser suchte den Kronprinzen von Schweden, den er seit der Zusammenkunft zu Trachenberg in Schlesien nicht wiedergesehen hatte, auf. Der Kronprinz von Schweden trat, als der Kaiser angekommen war, aus dem Hause heraus, worauf Letzterer abstieg, und ihn umarmte. Nach einer kurzen Unterredung stiegen die Monarchen (ich glaube auch der König von Preußen war gegenwärtig) zu Pferde, und der Kaiser Alexander eilte gegen den Rannstädter Steinweg zu, wohin sich die siegreichen Truppen, um die fliehenden Franzosen zu verfolgen, gewendet hatten. Hier aber, in dieser noch Rechts durch den Mühlgraben beengten Straße war es wegen des Andrangs der Truppen unmöglich weiter vorzudringen. Noch schlugen mehrere Granaten in der Nähe des Kaisers nieder, wo es die Generalität für Pflicht hielt, den angebeteten Monarchen, der sich jeder Gefahr nur zu muthig aussetzt, zu beschwören, diesen gefährlichen Platz zu verlassen. Der Kaiser erfüllte die heißen Bitten seiner Umgebung, doch das Gedränge war so groß, daß die Garde-Kosaken nur mit Mühe Platz machen konnten. Man schlug eine kleine Seitengasse ein, und der Kaiser Alexander gelangte wieder auf den Fleischerplatz. Deг Monarch übertrug dem Kronprinzen von Schweden das Commando über die anwesenden Truppen; Fürst Schwarzenberg war bereits seinem Kaiser und den Oesterreichischen Truppen zum Petersthore hinaus nach Rötha und Pegau gefolgt. Da die Schweden noch im Lager (ich glaube bei Reudnitz) standen, so nahm der Kaiser Alexander die Einladung des Kronprinzen an, und ritt mit ihm dahin, um Musterung über diese schönen Truppen zu halten. Hierauf traten die verbündeten Monarchen in die für Sie bereiteten Wohnungen ab, nämlich der Kaiser von Rußland im Hause des Doctor Hillich in der Catharinenstraße, der König von Preußen, so wie der Kronprinz von Schweden in zwei großen Häusern am Markte. Unter dem zahlreichen Gefolge gewähren mehrere Englische Generale und Gesandte eine neue Erscheinung. Diese Vorboten einer künftigen Handelsfreiheit sind für die Stadt Leipzig sehr erwünscht, doch wird eine weise Regierung in Sachsen auch dafür sorgen, daß die inländischen Fabriken, deren Erzeugnisse sich während der Handelssperre sehr gehoben hatten, nicht dadurch zurückgesetzt werden.
1)Mitten durch die französischen Posten waren schon einzelne Detachements der Oesterreicher gedrungen. So wissen wir bestimmt, daß in der Nacht vom 18ten auf den 19ten October der Oberst Ilessy von Palatinat-Husaren vorwärts Connewitz an den beiden zusammenstoßenden Wegen, rechts des Kirchhofes (Capelle auf dem Plan Taf. 1.) stand.
2)Dieser ausgezeichnete Feldherr ist von seiner Wunde glücklich hergestellt, und befindet sich wieder bei der großen Armee.
Spät. Anm.
3)Das ist wahrscheinlich das Gehölz, welches nach dem französischen Bulletin, der Marschall Augereau im Centro der Armee vertheidigte.
Spät. Anm.
4)Liebertwolkwitz ist eine Sächsische kleine Vasallenstadt. Am 1sten September 1707 wurden hier vor Carl XII. und den kaiserlichen Ministern die vorher in Altranstädt wegen der Schlesischen Religionsfreiheit abgeschlossenen Tractaten unterschrieben.
5)Und doch ist es in dem darüber erschienenen französischen Bulletin mit gewöhnlicher Dreistigkeit geschehen. Doch die Zeitgenossen lassen sich nicht mehr durch leere Worte täuschen; die Geschichte wird auch diesen Uebergang aus dem richtigen Gesichtspunkt, wie den der braven Preußischen Truppen unter General York, zu würdigen wissen.
Spätere Anmerk.
6)Melchthal im Wilhelm Tell.
7)Es war die Kanonade, wodurch der Feldmarschall Blücher bei Weißenfels die französische Armee vom linken Ufer der Saale vertrieb, und seine Truppen zu deren Verfolgung übersetzen ließ.
Spätere Anmerk.
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