Kitabı oku: «WIR. Heimat - Land - Jugendkultur», sayfa 3

Yazı tipi:

1 – Zur Kritik an Jugendstudien
Der Städtebias – Jugendliche auf dem Land sind anders

Der interessierte Blick der Jugendforscher*innen ist immer noch von einem hohen Stadtbias geprägt und es findet eine nur geringe regionalräumliche Differenzierung statt. In der SINUS-Studie werden ausschließlich großstädtische Befragungsorte von Hamburg über Berlin bis München genannt, auch wenn die umgebenden kleineren Kommunen miteinbezogen werden. Allerdings gelten diese sogenannten Speckgürtel selbst als städtische Strukturen und nicht als ländliche Räume, da die Bevölkerung beruflich stark auf die nahegelegenen Oberzentren der Städte bezogen ist. Die Shell-Jugendstudie (2019) unterscheidet nach wie vor regional lediglich zwischen Ost- und Westdeutschland, obwohl der Mauerfall und damit die Auflösung der DDR drei Jahrzehnte zurückliegt und die befragten Jugendlichen keine typische DDR-Sozialisation mehr erfahren haben. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Shell-Studie wider, die zeigen, dass von einer Angleichung der Einstellungen und Haltungen von ost- und westdeutschen Jugendlichen ausgegangen werden kann. Auch hier findet keine Differenzierung statt in jugendliche Städter*innen und junge Menschen auf dem Land.

Somit wird bildlich gesprochen stets der jugendliche städtische Graffiti-Sprayer betrachtet und weniger die ländliche Jugendliche, die einen örtlichen dörflichen Schützenverein besucht. Auch beim Fokus auf jugendliche Migrant*innen werden zumeist städtische Milieus erfasst und weniger jugendliche Migrant*innen auf dem Land. Genau dies wurde auch kürzlich vom Netzwerk Flüchtlingsforschung als Desiderat erkannt, da gerade junge Geflüchtete in ländlichen Strukturen marginalisiert sind. Die Fokussierung der bekannten und medial wirksamen Jugendstudien auf die Lebenswelten und Herausforderungen der urban sozialisierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen vernachlässigt somit die Belange von Jugendlichen in ländlichen Räumen und lässt die strukturellen Bedingungen des Aufwachsens in ländlichen Regionen unberücksichtigt.

Die Studien, die sich mit Jugend auf dem Land beschäftigen, sind häufig bereits älter, wie etwa die Studien von Planck (1970), oder fokussieren eher auf die Vermittlung von Handlungswissen, wie die Monografie Jugendarbeit in ländlichen Regionen (Faulde/Hoyer/Schäfer 2006). Zudem wurden auch im Sinne einer regelmäßigen Berichterstattung von Interessenverbänden Jugendstudien auf dem Land in Auftrag gegeben, etwa vom Hessischen Jugendring (May/Alisch 2008), der Arbeitsgemeinschaft der Landjugend im Bayerischen Bauernverband (2013) oder der Landjugend e. V. (Stein 2013).

Auch wenn in diesem Beitrag von „Jugend auf dem Land“ gesprochen wird, wird hier keine naive und überholte Unterscheidung zwischen Stadt und Land getroffen und der idealisierten Vorstellung vom Leben im Dorf gefolgt. Das hat zwei Gründe.

Erstens: Ländliche Regionen sind sehr unterschiedlich. Zum Beispiel unterscheidet die Bertelsmann Stiftung (2013) auf Grundlage der demografischen Entwicklung und sozialer, struktureller und ökonomischer Bedingungen „kleinere stabile ländliche Städte und Gemeinden“ (Demografietyp 1), „wohlhabende Kommunen in ländlichen Räumen“ (Demografietyp 4), „Städte und Gemeinden in strukturschwachen ländlichen Räumen“ (Demografietyp 5) oder „mittelgroße Kommunen geringer Dynamik im Umland von Zentren und im ländlichen Raum“ (Demografietyp 6). Ländliche Regionen sind strukturell von unterschiedlichen Modernisierungsprozessen mit verschiedenen Geschwindigkeiten geprägt, die die Lebenswelt Jugendlicher auf dem Land vielfältig, manchmal auch widersprüchlich gestalten. Bereits 1989 betonen Böhnisch und Funk die Region (im Gegensatz zum Dorf) als Sozialraum, den sich Jugendliche spezifisch aneignen, an dem sie sich orientieren und in dem sie sich bewegen. Deinet fasst zusammen:

Konkret bedeutet dies für Jugendliche einerseits das Angewiesensein auf das direkte gesellschaftliche Umfeld (Region, Wohngebiet, Freundeskreis usw.), andererseits nehmen sie durch die Medien, in Schule und Ausbildung an Entwicklungen teil, die weit über ihren Nahbereich hinausgehen. Die sozialräumliche Orientierung am direkten Wohnumfeld oder an einer Region ist genauso Ausdruck dieser Widersprüchlichkeit wie die gleichzeitige Orientierung an weltweit über die Medien propagierten Konsumbildern. (Deinet 2009, S. 11)

Daher schließt Deinet sich der These an, dass Jugendliche in zwei oder auch mehr Welten leben. Dies mag eine angemessene Interpretation der beobachteten jugendlichen Lebenswelt am Anfang des neuen Jahrtausends gewesen sein, erfasst aber nicht die gestiegene Bedeutung der Digitalisierung, die zu einer erweiterten Realität (Augmented Reality) und durch Medien überformten Wirklichkeit (Mixed Reality) führt.

Zweitens: Ländliche Regionen sind Mixed Realities. Wenn wir die Beschreibung jugendlicher Lebenswelten mit dem Satzteil „Der digitale Wandel …“ beginnen, haben wir schon einen Teil der Lebenswelt nicht verstanden. Erwachsene erleben die Digitalisierung, die vierte industrielle Revolution als Wandel, Jugendliche aber als Ausgangspunkt, als zentrale Perspektive auf ihr Handeln, auf ihren Alltag. Die Gestaltung des alltäglichen Lebens funktioniert nicht ohne Social Media und Gaming. Über soziale Netzwerke werden Peer-Beziehungen gepflegt, über Apps wird mit Freund*innen und Gruppen kommuniziert. Das Internet der Dinge zeichnet sich als Zukunft für die Jugendlichen ab und ist jetzt schon sichtbar in Anwendungen und Technologien der Augmented Reality.

Wenn also Erwachsene und Jugendforscher*innen von einem Wandel zur digitalisierten Gesellschaft sprechen, dann reden sie von ihrer Gegenwart in Bezug auf ihre Vergangenheit (in der Regel die „Generation Boomer“ der vor 1970 Geborenen), die sich aber von der Gegenwart der Jugendlichen (die „Millenials“) unterscheidet. In einer Gesellschaft, die von einem raschen Wandel und einer immer kürzeren Halbwertszeit von Wissen gekennzeichnet ist, sind viele Erfahrungen Erwachsener so weit von der Gegenwart und der Zukunft der Jugendlichen entfernt, dass ihre Perspektiven auf die gegenwärtige Realität und die Beurteilung der jugendlichen Lebenswelt nicht nur überholt sind, sondern auch ein Verstehen dieser Lebenswelten behindern, wenn das Zusammenspiel von Prozessen der virtuellen und realen Welt, also die Mixed Reality, unberücksichtigt bleibt. Mögen die Einflüsse und Treiber*innen der virtuellen Welt, des Internets und der Social Media jenseits von städtischen und ländlichen Kulturen dieselben sein, weil sie global und kulturübergreifend sind, so ist weiterhin unklar, inwieweit die ruralen Strukturen, also die regionale Realität und die globale virtuelle Realität, zu einer Lebenswelt der Jugendlichen, einer Mixed Rural Reality, verschmelzen.

Jugendforschung im Allgemeinen muss sich darum zwei weiteren Kritikpunkten und damit verbundenen Herausforderungen stellen. Auf der einen Seite muss Jugendforschung die inflationären Zuschreibungen durch Generationen-Etiketten vermeiden. Auf der anderen Seite müssen Jugendliche als konstruktiv Realität gestaltende Subjekte zu Akteur*innen der Jugendforschung werden (vgl. auch Mey 2018).

Boomer und Millenials – Die Generationenfrage

„OK Boomer“ wurde durch das Gremium der Züricher Hochschule 2019 zum Wort des Jahres (2. Platz) gewählt. Es handelt sich bei dieser Phrase um ein Internet-Meme als Reaktion auf stereotype, pauschalierende und abwertende Kritik an der jüngeren Generation. Der Ausdruck „Ok Boomer“ zeigt, dass Jugendliche es müde sind, sich mit einer besserwisserischen Erwachsenengeneration auseinanderzusetzen. Kritisiert wird die Phrase „OK Boomer“ als Totschlag-Argument, aber hier geht es auch nicht um inhaltliche Argumentationen, sondern um einen Streit über den Generationen-Diskurs. Es geht um die Fragen, wer oder was diesen Diskurs bestimmt. Wer darf zu diesem Diskurs beitragen und auf welche Meinungen und Statements wird geachtet? Wer wird von diesem Diskurs ausgeschlossen? Die Antwort auf diese Fragen wäre eine eigene Forschung wert.

Grob skizziert kann man den Diskurs über die Generationen als einen soziologischen Diskurs beschreiben, der von Karl Mannheim ausgegangen ist. Für Mannheim (1964 [1928]) ist jeder Mensch einer Generation zugehörig, die ihm Möglichkeiten eröffnet und Optionen verwehrt. Dies ist eine unumgängliche soziologische Tatsache, der man sich nicht entziehen kann, wie durch eine Kündigung der Mitgliedschaft in einer Organisation oder durch einen Austritt aus einem Verein. Was allerdings das Verbindende einer Generation ausmacht, also der Generationszusammenhang, ist schwierig zu bestimmen.

Als Kriterium für den Generationenzusammenhang kann die Altersspanne gelten, die sogenannte Kohortengeneration. Mitglieder einer Alterskohorte können aufgrund gemeinsamer Erlebnisse und Erfahrungen in einer bestimmten gesellschaftlichen, historischen und kulturellen Konstellation eine zeitbezogene Ähnlichkeit im sozialen Handeln aufweisen. Mitglieder einer Generationeneinheit teilen nicht nur gemeinsame zeitgeschichtliche Erfahrungen, sondern stimmen auch in der Deutung und Beurteilung dieser Erfahrungen überein und richten ihr Handeln entsprechend der daraus erwachsenden Erwartung an sich und andere aus. Moderne Gesellschaften sind allerdings Multi-Options-Gesellschaften. Der Generationszusammenhang führt nicht zwangsläufig zu ähnlichem sozialem Handeln der Einzelnen und damit zu einer Generationeneinheit.

Grundlegend für die Generationen-Vorstellung ist, dass sich Gesellschaften kontinuierlich in langfristigen Strukturveränderungen wandeln. In komplexen Gesellschaften finden aber auch abrupte Veränderungen statt wie Krieg, Rezessionen, Pandemien oder technologische Entwicklungen. Dieser diskontinuierliche Wandel wirkt sich auf gesellschaftliche Gruppen unterschiedlich aus, je nachdem, wie sensibel und empfänglich sie für diese Veränderung sind bzw. wie stark diese sich auf den lebensweltlichen Alltag Einzelner auswirken. Es kann also nicht mehr von einem die verschiedenen Lebensstile übergreifenden Konsens einer Generation ausgegangen werden.

Becker (2008) schlägt vor diesem Hintergrund die Orientierung an Typologiegenerationen vor und unterscheidet z. B. die Vorkriegsgeneration (geboren zwischen 1910–1930), die Stille Generation (1930–1945), die Protestgeneration (1945–55), die Verlorene Generation (1955–1970), die Pragmatische Generation (1970–1985) und die Screenage-Generation (1986 und später). Aufgrund weiterer empirischer Untersuchungen wird die Generationskohorte von 1986 bis 2000 als Generation Y und die nach 2000 Geborenen als Generation Z sortiert. Die Nachkriegsgeneration bis 1970 wird aufgrund der hohen Geburtenzahlen auch als Babyboomer bezeichnet. Einen aktuellen, umfassenden und detaillierten Überblick über die Typisierung der Generationen in Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz stellen Scholz und Grotefend (2019) zur Verfügung. Die Autor*innen dieses Buches kommen zu dem Ergebnis, dass eine Generation Z mittlerweile als empirisch belegt im Unterschied zur Vorgänger-Generation Y beschrieben werden kann. Sie schränken aber auch ein, dass es nationale und regionale Unterschiede bezüglich der Wahrnehmung der beruflichen und persönlichen Zukunft sowie der Gesellschaft im Allgemeinen gibt (Scholz/Grotefend 2019: 243 ff.).

Es geht also nicht nur darum, dass Menschen denselben zeitlichen Abschnitt des kollektiven, gesellschaftlichen Geschehens erleben und erfahren, sondern daran teilnehmen und ihr Handeln an dem Erlebten und Erfahrenen ausrichten. Die Angehörigen einer Generation finden demnach nicht nur deutlich andere wirtschaftliche, politische und kulturelle Bedingungen vor als die vorangehenden Generationen, sondern verarbeiten sie auch anders. Wer zur Generation Z gehört, den verbindet z. B. die Eigenschaft, von klein auf Digital Native sein zu können, während die Angehörigen der Generation Y und der Boomer-Generation digital nachsozialisiert sind. Inwieweit sich dieses Handeln als für eine Generation typisches und normiertes Handeln etabliert, das zeigt sich erst, wenn es sich institutionalisiert, in Gesetze gegossen wird und damit auch die soziale Struktur einer Gesellschaft ändert.

Inwieweit sich eine Generationseinheit, ein Generationstyp entwickelt, kann seriös erst rückblickend festgestellt werden. Für die Beschreibung Jugendlicher als neue Generation ist eine Zuordnung zu einer Generation im Sinne einer Generationseinheit daher im besten Fall spekulativ und im schlechten Fall zuschreibend.

Die Zuschreibungen für die gegenwärtige junge Generation lauten ungefähr so: Es wächst eine selbstbewusstere und entscheidungsfreudigere junge Generation heran, die sich politisch stärker interessiert und einmischt als die Generation Y. Aufgrund der unsicheren Verläufe von Biografien bleiben Jugendliche länger in der Abhängigkeit von ihren Eltern.

Hannes Schrader (2016) schreibt launig aus der Perspektive eines Angehörigen der Generation Y über die Generation Z:

Jetzt seid ihr dran, euch von anderen sagen zu lassen, wer ihr seid, wie ihr euch zu verhalten habt und wofür ihr alles verantwortlich seid. Aber hört genau zu. Denn was diese Leute über eure Generation denken, bestimmt, wie ihr einkaufen, leben und arbeiten werdet. Was Angela Merkel heute über euch erzählt, wird entscheiden, wie viel Geld ihr in ein paar Jahren verdient. Was Werbefuzzis ihren Kunden über euch erzählen, wird festlegen, wo ihr einkauft, wie und was ihr zum Frühstück esst. […] Ein angesehener Jugendforscher nennt uns „heimliche Revolutionäre“, weil wir antimaterialistisch seien und umweltbewusst. Dass das nur diejenigen von uns sind, die es sich leisten können und deren Eltern wahrscheinlich auch so denken, sagt er nicht. So wird der Generationsbegriff von Forschern missbraucht, die endlich mal wieder interviewt werden wollen. Von Journalisten, die gefühlige Texte schreiben wollen. Sie machen Annahmen, die sich eh nicht überprüfen lassen und auf irgendwen immer zutreffen werden.

Trotzdem machen nationale und globale Jugendstudien Sinn. Jugendstudien geben Hinweise, wie der Alltag und die Lebenswelt von Jugendlichen empirisch beschreibbar gemacht werden können. Aus den Daten der Jugendstudien können Hinweise für Struktur- und Organisationsentwicklungsprozesse im Sinne von Handlungsbedarfen für die Ausgestaltung von Praxisangeboten und sozial- und kulturpolitischen Maßnahmen abgeleitet werden. Nicht zuletzt erlangen die Wünsche und Bedürfnisse von Jugendlichen eine größere Aufmerksamkeit und können so stärker als wichtiger Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden.

Um jedoch der Vielfalt der Lebenswelten von Jugendlichen Rechnung zu tragen und zu verstehen, inwieweit die Jugendlichen als neue Generation die strukturellen Bedingungen deuten, welche Handlungsmaximen für sie Gültigkeit haben, müssen auch die Unterschiede in den regionalen Strukturen und die daraus erwachsenden unterschiedlichen Alltagskulturen Berücksichtigung finden. Insoweit plädieren die Autor*innen für regionale Jugendstudien, insbesondere für Jugendstudien in den unterschiedlichen ländlichen Räumen.

Die von uns durchgeführten Jugendstudien und für verschiedene Gemeinden und Landkreise erstellten Jugendberichte zeigen, dass Jugendliche auf dem Land sich zwar durch traditionelle Werte und Grundhaltungen auszeichnen, aber durch die technologischen Entwicklungen, die Globalisierung und die strukturellen Bedingungen in der Region zu einer anderen Generationseinheit zusammenwachsen, als es die überregionalen Jugendstudien nahelegen. Unsere These lautet, dass Jugendliche auf dem Land den Idealen und Werten der Boomer-Generation folgen, aber diese im modernen Sinne interpretieren und mehr Mitgestaltungsräume für sich beanspruchen – eben die Boomer-Generation 4.0 sind.

Aus dieser Sicht ist es verständlich, dass Jugendliche und junge Erwachsene mit „OK Boomer“ keine Zuschreibungen zulassen wollen. Gleichzeitig geben sie zu erkennen, dass sie die Botschaften nicht nur verstanden haben, sondern möglicherweise teilen – oder auch nicht. Die Entscheidung darüber soll aber nicht die ältere Generation fällen, sondern sie selbst, in einem selbstbestimmten Leben. Hier zeigt sich auch der Kern des dritten Aspektes der Kritik an Jugendforschung.

Jugendliche beteiligen – Ownership ermöglichen

Jugendliche werden in überregionalen Jugendstudien lediglich als Objekte der Forschung gesehen. So betrachtet arbeiten diese sehr paternalistisch. In groß angelegten repräsentativen Jugendstudien (Shell, DJI, SINUS-Jugendstudie etc.) wird aus Gründen der Praktikabilität häufig mit geschlossenen Frage- und Antwortformaten gearbeitet. Dabei bleiben aber insbesondere neue, bisher noch nicht bedachte Aspekte unberücksichtigt, so dass der Blick auch immer auf kleinere, qualitative Forschungsvorhaben zu richten ist. Zunehmend werden auch qualitative Studien erstellt oder repräsentative quantitative Studien werden um offene narrative Interviews ergänzt, wie etwa die Shell-Jugendstudie. Des Weiteren kommen teils auch kreative Methoden zum Einsatz, wie etwa die Collagetechnik. Diese wurde in den von den Autor*innen umgesetzten Jugendstudien zum Einsatz gebracht. Zudem wurden häufig konkrete Fragestellungen, etwa zu den Themen „Wie wollen wir zukünftig auf dem Land leben?“ oder „Wie sollte eine Offene Jugendarbeit in unserer Gemeinde aussehen?“, gemeinsam gleichberechtigt mit Jugendlichen in Workshops erarbeitet.

Auch wenn nicht mehr nur über die Jugend geforscht wird, sondern die Jugendlichen und jungen Erwachsenen durch kreative Befragungsmethoden beteiligt werden, ist die Jugend immer noch nicht Subjekt der Forschung.

Die Untersuchung bildet dabei die Vielfalt der Perspektiven der verschiedenen jugendlichen Lebenswelten ab. Das gelingt ihr besonders anschaulich, indem sie 14- bis 17-Jährige in Form von zahlreichen Zitaten und kreativen Selbstzeugnissen zu Wort kommen lässt. Einzigartig ist auch, dass Jugendliche fotografische Einblicke in ihre Wohnwelten gewähren und erstmalig selbst als Interviewer ihre Fragen eingebracht haben. Die SINUS-Jugendstudie verleiht der jungen Generation somit eine Stimme, die es genau wahrzunehmen gilt. Denn der Blick auf die Jugend ist immer auch ein Blick auf die Zukunft eines Landes. (Calmbach u. a. 2016)

Beteiligung Jugendlicher heißt im Forschungskontext, dass mit Jugendlichen Fragestellungen erarbeitet werden müssen, dass Jugendliche selbst zu Forscher*innen werden müssen und dass in Jugendstudien die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit den Akteur*innen aus Wirtschaft, Politik und Kultur zusammengebracht werden müssen (zur partizipativen Forschung vgl. von Unger 2014, S. 35 ff.).

Seit vielen Jahren erstellen die Autor*innen dieses Beitrags im Auftrag von Kommunen und Landkreisen regionale Jugendberichte. Um eine angemessene Beteiligung zu gewährleisten, raten wir dazu, einen Forschungsbeirat mit Mitgliedern aus relevanten Bereichen der Zivilgesellschaft zu bilden. Im Rahmen der jeweiligen Projekte wurden dann Expert*inneninterviews mit den Mitgliedern des Beirats (z. B. Vertreter*innen der Industrie- und Handelskammern, Berufsschullehrer*innen, Vertreter*innen von ortsansässigen Unternehmen) und mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchgeführt. Ziel ist es, die Ergebnisse der Expert*inneninterviews einerseits zur Entwicklung eines quantitativen Erhebungsinstrumentes heranzuziehen und andererseits für die Gestaltung von generationsübergreifenden Zukunftswerkstätten oder Gruppendiskussionen zu nutzen, in denen sich Jugendliche und Erwachsene austauschen. Diese Diskussionen führen oft zu überraschenden Ergebnissen, die folgenreich sein können.

Die Ergebnisse einer regionalen Jugendstudie zur Neukonzeption Offener Jugendarbeit (Scherak/Lindau-Bank/Stein 2017) und eines Jugendberichts über regionale Strategien zum Bleibeverhalten Jugendlicher in einem Landkreis (Scherak/Lindau-Bank/Stein 2018) wurden bereits an anderer Stelle veröffentlicht. Im Folgenden soll anhand des Ergebnisses einer von uns häufig eingesetzten Erhebungsmethode und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen gezeigt werden, welchen Herausforderungen sich Jugendforschung stellen muss, wenn sie die Lebenswelt Jugendlicher in ländlichen Regionen verstehen will.

₺752,79
Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
366 s. 111 illüstrasyon
ISBN:
9783948675547
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip