Kitabı oku: «Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1», sayfa 4

Yazı tipi:

Anmerkungen

[4]

BayObLG NJW 74, 250 m. Anm. Schroeder.

[5]

Zust. Wessels/Hettinger 2; Hassemer Theorie und Soziologie des Verbrechens, 1973, S. 187 f.; Gropp FS Brauneck 285; Arth. Kaufmann FS Roxin 841; Klesczewski § 2 Rn. 2; BGH 41, 325. Weitgehende Übernahme der hiesigen Formulierung bei Laber S. 115. In der Sache übereinstimmend, aber im materiellen Recht nicht recht passend der von Chatzikostas behauptete Grundsatz „in dubio pro vita“ (Die Disponibilität des Rechtsgutes Leben …, 2001, S. 175 ff.).

[6]

So zuletzt wieder Dreier JZ 07, 261, 317.

[7]

Eser JZ 86, 789.

[8]

Merkel in: Hegselmann/Merkel (Hrsg.), Zur Debatte über Euthanasie, 1992, 82. Begrifflicher Rettungsversuch bei Ingelfinger aaO 15 ff.

III. Beginn und Ende des Lebens

Schrifttum:

Bauer-Engisch, Über Rechtsfragen bei homologer Organtransplantation, Der Chirurg 1967, 245; Bottke, Strafrechtliche Probleme am Lebensbeginn und am Lebensende. Selbstbestimmungsrecht versus Lebenserhaltung?, in: Dt. Sektion der Internat. Juristenkommission, Lebensverlängerung aus mediz., eth. und rechtl. Sicht, 1995, 35; Engisch, Der Arzt an den Grenzen des Lebens, 1973; Fritsche, Grenzbereich zwischen Leben und Tod, 1973; Geilen, Neue juristisch-medizinische Grenzprobleme, JZ 68, 145; Geilen, Das Leben des Menschen in den Grenzen des Rechts, FamRZ 68, 121; Geilen, Probleme der Organtransplantation, JZ 71, 41; Geilen, Medizinischer Fortschritt und juristischer Todesbegriff, FS Heinitz 373; Geilen, Rechtsfragen der Organtransplantation, in: Honecker (Hrsg.): Aspekte und Probleme der Organverpflanzung, 1973, 127; Geilen, Legislative Erwägungen zum Todeszeitproblem, in: Eser (Hrsg.), Suizid (vor Rn. 31), 301; Hanack, Todeszeitbestimmung, Reanimation und Organtransplantation, Dt. Ärztebl. 69, 1320; Höfling, Um Leben und Tod: Transplantationsgesetzgebung und Grundrecht auf Leben, JZ 95, 26; Hoff/in der Schmitten, Wann ist der Mensch tot?, 1994; Kaiser, Juristische Probleme des Todesbegriffs, Med. Sachverst. 69, 97; v. Kress/Heinitz, Ärztliche/Rechtliche Fragen der Organtransplantation, 1970; Lüttger, Geburtshilfe und Menschwerdung in strafrechtlicher Sicht, FS Heinitz 1972, 359; Lüttger, Der Tod und das Strafrecht, JR 71, 309; Pribilla, Juristische, ärztliche und ethische Fragen zur Todesfeststellung, Dt. Ärztebl. 68, 2257, 2318, 2396; Saerbeck, Beginn und Ende des Lebens als Rechtsbegriffe, 1974; Samson, Begehung und Unterlassung, FS Welzel 1974, 579; Schönig, Zur Feststellung des Todeszeitpunktes, NJW 68, 189; Stratenwerth, Zum juristischen Begriff des Todes, FS Engisch 1969, 528; Weißbuch Anfang und Ende menschlichen Lebens, hrsg. vom Vorstand der Bundesärztekammer u.a., 1988.

1. Der Beginn des menschlichen Lebens

8

Den Beginn des menschlichen Lebens setzt das Strafrecht mit gutem Grund früher an als das bürgerliche Recht; „Vollendung“ der Geburt nach § 1 BGB ist für das Strafrecht nicht erforderlich[9]. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass gerade der Geburtsakt, die Lösung des Kindes aus dem schützenden Mutterleibe, eine Phase erhöhter Gefahr für das Kind bedeutet, innerhalb deren der Schutz durch die Bestimmungen gegen den Schwangerschaftsabbruch (§§ 218 ff., s.u. §§ 5–6) ganz unzureichend bleiben würde und durch die umfassenderen, insbesondere auch fahrlässige Erfolgsverursachung einschließenden Tötungstatbestände ersetzt werden muss.

Dass eine Vollendung der Geburt nicht erforderlich ist, um dem Kinde vollen Lebensschutz zu gewähren, folgt schon aus dem bis 1998 geltenden § 217 (Tötung in der Geburt)[10]. Der Begriff der Geburt und damit des menschlichen Lebens ist im Laufe der Entwicklung immer weiter vorverlagert worden. Die früheren Formeln „Einsetzen der Ausstoßungsversuche des Mutterleibes“ (RG 9, 131; 26, 178; BGH 10, 5) und „Anfang der im weiteren Verlauf zur Ausstoßung führenden Wehen“[11] waren allerdings zu unscharf. Im Einklang mit dem Schutzzweck der Auslegung und dem medizinischen Sprachgebrauch ist auf die („echten“) Eröffnungswehen abzustellen[12]; bei der Schnittentbindung ist die Öffnung des Uterus maßgeblich[13].

9

Bei aller gebotenen Vorverlagerung des Beginns des menschlichen Lebens bleiben die Grenzen zwischen Tötung und Schwangerschaftsabbruch zu beachten. Pränatale Abtötungen der Leibesfrucht bleiben auch bei deren Lebensfähigkeit Schwangerschaftsabbruch. Die geringere Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs und die Straflosigkeit des fahrlässigen Schwangerschaftsabbruchs[14] können auch nicht in den Fällen übersprungen werden, in denen eine Einwirkung auf die Leibesfrucht erst nach deren Geburt und damit bei einem „Menschen“ zum Todeserfolg führt; dies würde der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers für eine geringere Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs und die Straflosigkeit des fahrlässigen Schwangerschaftsabbruchs widersprechen[15]. Auch das Ausweichen in eine Körperverletzung an der Mutter[16] ist unzulässig, sofern nicht eine toxische Einwirkung vorliegt (Hirsch JR 85, 339). Keine Straftat gegen das Leben und keine Körperverletzung gegenüber der Mutter (und damit bei Fahrlässigkeit straflos) ist auch die Verhinderung der Geburt, z.B. durch Verabfolgung wehenhemmender Mittel (BGH 31, 348) oder Unterlassung des Kaiserschnitts[17].

De lege ferenda wäre angesichts der modernen Entwicklung der Frühgeborenenrettung gewiss eine Abgrenzung nach der Lebensfähigkeit sinnvoller als die nach der Geburt[18]. Damit würde auch die Versuchung zum Spätschwangerschaftsabbruch (s.u. § 6 Rn. 38) beseitigt[19].

10

Lebensfähigkeit des Neugeborenen ist nicht Voraussetzung des Lebensschutzes (RG 2, 404); es genügt, dass das Kind unabhängig vom Organismus der Mutter z.Z. der Tat noch lebt. „Mensch“ i.S. des Strafrechts ist daher auch die in Abtreibungsabsicht zur Welt gebrachte lebensunfähige, aber noch lebende Leibesfrucht (BGH 10, 5, 292; BGH ZfL 03, 83 m. Anm. Wiebe). Dies gilt auch für Missgeburten (Monstren), wenn diese wenigstens „Menschenantlitz tragen“, menschenähnlich sind[20]. Molen (krankhaft entartete Eier) scheiden in jedem Falle als Handlungsobjekt aus. Wegen der Funktion des Hirnstamms ist beim sog. Anenzephalus eine Gleichsetzung mit dem Hirntod (u. Rn. 12) unzulässig[21]. Ein Sterbenlassen wird jedoch hingenommen[22].

Anmerkungen

[9]

RG DR 39, 365. A.A. Herzberg/Herzberg JZ 01, 1106; Merkel NK § 218 29 ff.

[10]

Nach Küper GA 01, 515 jetzt aus § 218, nach Hirsch FS Eser, 2005, S. 309 ff., 318 aus einer „tradierten Bedeutung des Wortes ,Mensch‘ bei den allgemeinen Tötungsstrafbeständen“ (ebenso die von Hirsch betreute Kölner Diss. T. Drescher, Beginn des Menschseins i.S. der §§ 211 ff. StGB nach Fortfall des § 217 StGB a.F., 2004).

[11]

Blei § 5 II 1; Welzel § 38 I 1.

[12]

La/Kühl Vor § 211 3; Lüttger JR 71, 135; Fi Vor § 211 5; BGH 32, 194. A.A. Saerbeck 95 ff.: Presswehen; Cremer MedR 89, 301: Blasensprung.

[13]

BGH ZfL 03, 83 m. Anm. Wiebe; weitergehend Lüttger FS Heinitz 366.

[14]

S.u. § 5 Rn. 28. A.A. Hofmann ÖJZ 63, 284 aufgrund seiner o. Rn. 2 erwähnten Auffassung; dagegen Kunst ÖJZ 63, 599; öst. OGH ÖJZ 65, 215.

[15]

Kunst ÖJZ 63, 599; Blei MMW 70, 742; Lüttger JR 71, 136 ff.; Armin Kaufmann JZ 71, 569; Lilie LK Vor § 223 7; Saerbeck 96 ff.; BGH 10, 5, 293; BGH 31, 348 m. Anm. Arzt FamRZ 83, 1019, Lüttger NStZ 83, 481 und Hirsch JR 85, 336; BVerfG NJW 88, 2945; hinsichtlich fahrlässiger Handlungen auch Sternberg-Lieben S/S § 223 1 f.; Tepperwien 114 ff.; BGH NStZ 08, 393 m. Anm. Schroeder JR 08, 252. A.A. Hofmann ÖJZ 63, 288; LG Aachen JZ 71, 507 – Contergan-Verfahren – unter Berufung auf das Gutachten von Maurach; Arzt/Weber § 5 98.

[16]

Arzt FamRZ 83, 1020; für das Zivilrecht gegensätzlich OLGe Düsseldorf und Koblenz NJW 88, 777, 2959.

[17]

Hanack Zschr. Gynäkologe 82, 96; OLG Karlsruhe NStZ 85, 314 m. Anm. Jung.

[18]

Zust. zu diesem hier schon in der 6. Aufl. 1977 vorgetragenen Vorschlag Hirsch JR 85, 340 und Gropp GA 00, 7 ff. m. rechtsvergl. Hinweisen.

[19]

Jakobs Geschrieb. Recht u. wirkl. Recht b. Schwangerschaftsabbruch, Medizineth. Materialien des Zentr. f. Med. Ethik, H. 90, 1994, 10; Gropp GA 00, 1.

[20]

Frank I vor § 211; Gerland 470; weitergehend h.L.; eingehend Engisch aaO 23.

[21]

Isemer/Lilie MedR 88, 67; Wolfslast MedR 89, 163; Bottke aaO 59 ff. Hierzu Resolution der Transplantationszentren zur „Organentnahme bei Anenzephalen“ (Weißbuch 151).

[22]

Merkel Früheuthanasie, 2001, 623; Scheinfeld FS Roxin II 186f.

2. Das Ende des menschlichen Lebens

11

Der Schutz des menschlichen Lebens dauert bis zu dessen Ende. Bis dahin sind daher auch der Todgeweihte (OGH 2, 140) und der Sterbende (BGH 7, 288; BayObLG NJW 73, 565), auch nach Einsetzen der Agonie (BGH VRS 17, 187), taugliches Tötungsobjekt. Hierauf beruht das grundsätzliche Verbot der „unechten“ Euthanasie (s.u. VI).

12

Der früher nach dem Stillstand von Atmung und Kreislauf ohne größere Probleme beurteilte Zeitpunkt des Todes ist durch die moderne Entwicklung von Reanimatoren und Respiratoren sowie der auf möglichst frische Transplantate angewiesenen Organtransplantation äußerst problematisch geworden. Allgemein wird heute im Anschluss an den Report der Harvard Medical School[23] auf die Zerstörung des Gehirns, den Hirntod abgestellt (s.a. § 3 Abs. 2 Nr. 2 TPG). Dessen Feststellung war zunächst schwierig. Das Elektroenzephalogramm gilt erst nach einiger Wartezeit als zuverlässig. Ein angiografischer Nachweis (Röntgenaufnahme nach Injektion eines Kontrastmittels in die Halsschlagader) stellt einen erheblichen körperlichen Eingriff und damit ggf. eine Körperverletzung dar[24]. Im März 1982 hat eine Kommission der deutschen medizinischen Vereinigungen „Kriterien des Hirntodes“ veröffentlicht, die äußere Befunde mit ergänzenden Untersuchungen kombinieren. Danach müssen sieben Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion bei primärer Hirnschädigung mehrmals während 12 Stunden (bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum zweiten Lebensjahr 24 Stunden), bei sekundärer Hirnschädigung während 3 Tagen festgestellt werden; auf diese Fristen kann bei einem Elektroenzephalogramm mit dreißigminütiger Nulllinie (bei Kindern bis zum 2. Lebensjahr mit Wiederholung nach 24 Stunden) oder einer beiderseitigen Angiografie verzichtet werden[25]. In Fortschreibung kamen als abgekürzte Verfahren 1986 das Erlöschen früher akustisch evozierter Potenziale (DÄBl. 86, 2940 ff.), 1991 die zerebrale Perfusions-Szintigrafie und vor allem die den Patienten nicht belastende Dopplersonografie mit zwei Untersuchungen im Abstand von dreißig Minuten hinzu (DÄBl. 91, C-2417 ff.; 98, A 1863 ff.

Zum anthropologischen Hintergrund Birnbacher u.a. DÄBl. 93, C-1969 ff., 1975 ff. Neuerdings kommt zunehmend Kritik am Hirntodbegriff auf, die dann jedoch aus Gründen der Praktikabilität und der Ermöglichung der Herztransplantation mit einer Einschränkung der §§ 212 ff. StGB (s.u. IV) gekoppelt wird[26].

Wegen der Funktion des Hirnstamms liegt beim Apalliker („Wachkoma“) kein Hirntod vor[27]. Abzulehnen ist das Abstellen auf den Kortikaltod (Funktionsausfall der Großhirnrinde)[28].

13

Die Verlagerung der Todesbestimmung vom Herz auf das Hirn hat zwar Herztransplantationen möglich, gleichzeitig aber Hirntransplantationen per definitionem unzulässig gemacht (Trockel Med. Klin. 69, 666), es sei denn, man betrachtet das Gehirn als Empfänger, den Körper als Transplantat![29]

Auch nach dem Tod genießt die Leiche strafrechtlichen Schutz, nunmehr allerdings als „Störung der Totenruhe“ (§ 168 StGB; dazu Tlbd. 2 § 62 III).

Anmerkungen

[23]

Journ. of the Amer. Med. Association 68, 337 ff.

[24]

Stratenwerth aaO 546; Geilen JZ 68, 151; 71, 41; FS Heinitz 373; Aspekte und Probleme 156; Lüttger JR 71, 309; Hanack DÄBl. 69, 1320 ff.; Heinitz bei v. Kress/Heinitz 14 ff.; Saerbeck 128 ff.; Pribilla DÄBl. 68, 2257 ff., 2318 ff.; Stellungnahmen ausländ. med. Org. bei Penin-Käufer, Der Hirntod, 1969, S. 143; weit. Lit. bei Siegrist MMW 69, 745.

[25]

DÄBl. 82, 45 ff. und Weißbuch 125 ff.

[26]

Hoff/in der Schmitten aaO; Höfling JZ 95, 26; Beckmann ZRP 96, 219; Schmidt-Jortzig, Wann ist der Mensch tot?, 1999; Tröndle FS Hirsch 779; Rixen Lebensschutz am Lebensende, 1999; Lang ZfL 15, 8. Dagegen u.a. Heun JZ 96, 213; Spittler JZ 97, 747; Merkel Jura 99, 113; Oduncu Schroth/Roxin 189; Ingelfinger aaO 160 ff. Eingehend Weimer, Der tödliche Behandlungsabbruch beim Patienten im apallischen Syndrom (Diss. Hamburg 2002), 2004.

[27]

BGH 40, 260 m. Bespr. Merkel ZStW 107, 545.

[28]

Zu den unterschiedlichen Hirntodkonzeptionen K. Kloth, Todesbestimmung und postmortale Organentnahme, 1996.

[29]

Vgl. Geilen FamRZ 68, 127. Linke, Hirnverpflanzung, 1993, behandelt entgegen seinem Titel nur die Transplantation von Hirngewebe. Zur Organtransplantation s. ferner u. § 8 Rn. 34, Tlbd. 2 § 62 Rn. 12 ff.

IV. Die Unverzichtbarkeit des Lebensschutzes

Schrifttum:

Chatzikostas, Die Disponibilität des Rechtsgutes Leben in ihrer Bedeutung für die Probleme von Suizid und Euthanasie, 2001; Hirsch, Einwilligung und Selbstbestimmung, FS Welzel 1974, 757; v. Hirsch/Neumann, „Indirekter“ Paternalismus im Strafrecht am Beispiel der Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB), GA 07, 671; Hoerster, Rechtsethische Überlegungen zur Freigabe der Sterbehilfe, NJW 86, 1786; Jakobs, Tötung auf Verlangen, Euthanasie und Strafrechtsreform (Sitzungsber. Bayer. Ak. d. Wiss.), 1998; Kargl, Aktive Sterbehilfe im Zugriff der volkspädagogischen Deutung des § 216 StGB, in: Inst. f. Kriminalwiss. u. Rechtsphilos. Frankfurt a.M. (Hrsg.), Jenseits des rechtsstaatl. Strafrechts, 2007, 379; Merkel, Teilnahme am Suizid – Tötung auf Verlangen – Euthanasie, in: Zur Debatte über Euthanasie, hrsg. von Hegselmann und Merkel, 1991, 71; Roxin, Die Abgrenzung von strafloser Suizidteilnahme, strafbarem Tötungsdelikt und gerechtfertigter Euthanasie, 140 Jahre GA, 1993, 177; Schroeder, Beihilfe zum Selbstmord und Tötung auf Verlangen, ZStW 106, 565; Schroeder, Zur Legitimation des § 216 StGB, FS Deutsch 09, 505; Tenthoff, Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen im Lichte des Autonomieprinzips, 2008; Vöhringer, Tötung auf Verlangen, 2008.

14

Das Recht auf Leben ist nach Art. 1 Abs. 2 GG „unveräußerlich“, d.h. unverzichtbar[30]. Aus der Unverzichtbarkeit des menschlichen Lebens folgt die Unerheblichkeit der Einwilligung in die Tötung. Dies ergibt sich insbesondere aus § 216, wonach sogar die Tötung auf Verlangen des Opfers unter – freilich gemilderter – Strafe steht (näher u. § 2 IV B).

15

Die Unverzichtbarkeit des menschlichen Lebens wird neuerdings unter dem Einfluss liberalistischen Denkens zunehmend infrage gestellt. Dabei wird § 216 StGB als eine Vermutung der Einwilligungsunfähigkeit (Schmitt FS Maurach 1972, 118), eine Verdachtsstrafe für eine unbeweisbare Einwilligung[31], als „paternalistisch“[32] gedeutet oder als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Krack KJ 95, 60) oder als rational überhaupt nicht begründbar angesehen[33] und dementsprechend seine Abschaffung oder Einschränkung gefordert. Hiergegen Engisch (FS H. Mayer 411 ff.), Hirsch[34] und Otto (FS Tröndle 1989, 158 f.) wegen der Aufrechterhaltung des Tötungstabus, Jakobs aaO wegen der Sicherung der „Vollzugsreife“ des Todeswunsches, Schroeder[35] wegen der Nichtabwälzbarkeit des Vollzugs der Selbsttötung und des Handlungsunwerts, Hoerster (NJW 86, 1789) wegen der Irreversibilität, Roxin (140 Jahre GA 184) wegen des Nachweises der Autonomie des Sterbewilligen[36]. Häufig wird § 216 StGB mit einem Bündel von Argumenten gerechtfertigt[37]. Zahlreiche Vorschläge zur Einschränkung des § 216 gibt es im Rahmen der Euthanasie (u. Rn. 30). Schon de lege lata will Jakobs bei „akzeptablen Gründen“ § 216 entfallen lassen[38].

Allerdings ist in Extremfällen eine Rechtfertigung nach § 34 StGB möglich (s.u. Rn. 34). Diese hier schon seit der 6. Aufl. 1977 vertretene Auffassung wird heute unglücklich als „Rechtfertigungslösung bei der aktiven Sterbehilfe“ bezeichnet[39]. Echte „Sterbehilfe“ als Erleichterung des Sterbens bedarf auch bei aktivem Handeln keiner Rechtfertigung (s.u. Rn. 32). Verzichten kann der Lebensmüde auch auf die Lebensrettung durch einen Dritten, da bei diesem keine Tatherrschaft vorliegt (s.u. Rn. 24, § 2 Rn. 60) und im Übrigen der Lebensmüde Behandlungen gegen seinen Willen verweigern kann.

Anmerkungen

[30]

Nachw. bei Schroeder ZStW 106, 574.

[31]

Arzt, Arth. Kaufmann ZStW 83, 36 ff., 251 ff.

[32]

Merkel aaO 82 ff.; Chatzikostas 263 ff.; v. Hirsch/Neumann GA 07, 671.

[33]

M. Marx, Zur Definition des Begriffs ,Rechtsgut‘, 1972, S. 66.

[34]

FS Welzel 775 ff.; FS Lackner 612 f.

[35]

Der Allgemeinarzt 83, 1070; ZStW 106, 574 (zust. Chatzikostas 265, Vöhringer 66); FS Deutsch 09, 505.

[36]

Einschränkend jetzt auch Arth. Kaufmann MedR 83, 119.

[37]

Hirsch FS Welzel 1974, 775, 790; Lindner JZ 06, 378 („verfassungsrechtliche Rechtfertigung“); Tenthoff aaO 181. S.a. EGMR NJW 02, 2851 zur Konventionsmäßigkeit des englischen Suicide Act.

[38]

FS Arth.-Kaufmann 1993, 470 und aaO 19 ff. Eingehend Schroeder FS Deutsch 09, 505.

[39]

Merkel FS Schroeder 06, 306; Kargl aaO.

V. Die Selbsttötung und die Beteiligung daran

Schrifttum:

Bottke, Suizid und Strafrecht, 1982; Bottke, Das Recht auf Suizid und Suizidverhütung, GA 82, 346; Bottke, Probleme der Suizidbeteiligung, GA 83, 22; Bringewat, „Tötung auf Verlangen“ und der sog. „erweiterte Selbstmord“ – OLG Düsseldorf, NJW 1973, 2215, JuS 75, 155; Dreher, Kann ein Ehegatte, der den Selbstmord des anderen zulässt, ein Tötungsdelikt begehen?, MDR 52, 711; Fink, Selbstbestimmung und Selbsttötung, 1992; Friebe, Soll im kommenden StGB Unterstützung des Selbstmordes unter Strafe gestellt werden?, GA 1959, 163; Gallas, Strafbares Unterlassen im Fall einer Selbsttötung, JZ 60, 649, 686; Günzel, Das Recht auf Selbsttötung, seine Schranken und die strafrechtl. Konsequenzen, 2000; Heinitz, Teilnahme und unterlassene Hilfeleistung beim Selbstmord, JR 54, 403; Herzberg, Die Quasi-Mittäterschaft bei § 216: Straftat oder straffreie Suizidbeteiligung? – BGH, NJW 1987, 1092, JuS 88, 771; Meister, Zur Abgrenzung der Beteiligung am Selbstmord vom strafbaren Tötungsdelikt, GA 1953, 166; Neumann, Die Strafbarkeit der Suizidbeteiligung als Problem der Eigenverantwortlichkeit des „Opfers“, JA 87, 244; Niestroj, Die rechtliche Bewertung der Selbsttötung und die Strafbarkeit der Suizidbeteiligung, Diss. Göttingen 1983; Ostendorf, Das Recht zum Hungerstreik, 1983 (Kurzfassung GA 84, 305); Otto, Recht auf den eigenen Tod?, Gutachten D zum 56. DJT, 1986; Otto, Eigenverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung und einverständliche Fremdschädigung und -gefährdung, FS Tröndle 1989, 157; Roxin, Strafrechtliche Probleme beim Selbstmord, Landarzt 1967, 999; Roxin, Die Mitwirkung beim Suizid – ein Tötungsdelikt?, FS Dreher 1977, 331; Roxin, Die Sterbehilfe im Spannungsfeld von Suizidteilnahme, erlaubtem Behandlungsabbruch und Tötung auf Verlangen, NStZ 87, 345; Salinger, Selbstbestimmung bis zuletzt (StHD-Schriftenreihe Bd. 8), 2015; Schilling, Abschied vom Teilnahmeargument bei der Mitwirkung zur Selbsttötung, JZ 79, 159; Schmidhäuser, Selbstmord und Beteiligung am Selbstmord in strafrechtlicher Sicht, FS Welzel 1974, 801; Schroeder, Beihilfe zum Selbstmord und Tötung auf Verlangen, ZStW 106, 565; Schweiger, Selbstmord und Hilfeleistungspflicht, NJW 55, 916; Spendel, Fahrlässige Teilnahme an Selbst- und Fremdtötung, JuS 74, 749; Wagner, Selbstmord und Selbstmordverhinderung, 1975; Wimmer, Kein Recht auf den eigenen Tod?, FamRZ 75, 438; Witter/Luthe, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit beim erweiterten Suizid, MSchrKrim 1966, 97. S.a. vor Rn. 8, 14 und 30.

₺5.485,40

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1700 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811492561
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок