Kitabı oku: «Deutsche Geschichte», sayfa 21

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Wenn Al­bert nicht wie Goe­thes Faust wünsch­te, dem Mee­re Land ab­zu­ge­win­nen, um mit frei­em Volk auf frei­em Bo­den zu ste­hen, so be­schütz­te er doch die Rech­te und Frei­hei­ten des Vol­kes so viel er konn­te. Als Erz­bi­schof Kon­rad von Hoch­sta­den mit der Stadt Köln in einen schwe­ren Streit ge­riet, ge­lang es Al­bert zwei­mal, eine Ver­mit­te­lung her­bei­zu­füh­ren, wo­bei je­dem das Sei­ne ge­ge­ben wur­de, was bei der Mas­se ver­wi­ckel­ter Rechts­fra­gen und über­grei­fen­der An­sprü­che au­ßer­or­dent­lich schwie­rig war. Das Ver­trau­en, das bei­de Tei­le in Al­berts Ge­rech­tig­keits­lie­be, Un­be­stech­lich­keit und Sach­kennt­nis setz­ten, lässt sei­nen Cha­rak­ter im schöns­ten Licht er­schei­nen. Bei der Süh­ne, der die ver­häng­nis­vol­le krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung folg­te, fehl­te sei­ne Mit­wir­kung. Auch in Würz­burg wur­de er bei ei­nem Streit zwi­schen Bi­schof und Bür­ger­schaft zur Ver­mitt­lung her­an­ge­zo­gen und hat sie nicht ver­sagt. Gera­de die­se Teil­nah­me an wich­ti­gen öf­fent­li­chen Ak­ten zeigt die fri­sche Tä­tig­keit des ge­lehr­ten Do­mi­ni­ka­ners und sei­nen un­be­fan­ge­nen Sinn für die welt­li­chen Le­bens­ver­hält­nis­se.

So un­be­grenzt war das Zu­trau­en zu Al­berts All­ver­mö­gen, dass er nicht nur für den Er­bau­er der Do­mi­ni­ka­ner­kir­che und des neu­en Do­mes in Re­gens­burg ge­hal­ten wur­de, son­dern auch den Plan zum Köl­ner Dom soll er ent­wor­fen ha­ben, nach­dem der alte ro­ma­ni­sche im Jah­re 1248 ab­ge­brannt war. Da­bei hät­ten ihm die Jung­frau Ma­ria und die Pa­tro­ne und Meis­ter der Bau­kunst, die Vier Ge­krön­ten, ge­hol­fen; denn die Hei­li­gen be­müh­ten sich nicht we­ni­ger um ihn als der Teu­fel. Über­haupt soll er die go­ti­sche Bau­wei­se in Deutsch­land ein­ge­führt ha­ben, die des­halb kurz­weg die Al­ber­ti­ni­sche Kunst ge­hei­ßen habe. Es spricht aus die­ser durch nichts zu be­grün­den­den Sage das Ge­fühl, dass ein neu­er Geist aus die­sem Man­ne sprach, auf den man dar­um al­les Neue und Gro­ße be­zog. Wie sei­ne Art der Na­tur­be­trach­tung, so wi­der­sprach er auch in re­li­gi­ösen Din­gen oft der üb­li­chen Auf­fas­sung. »Wenn wir de­nen ver­ge­ben, die uns an Leib, Ehre oder Gut scha­de­ten, das ist uns mehr nüt­ze, als wenn wir über Meer gin­gen und uns ins hei­li­ge Grab leg­ten.« »Wenn wir Lieb und Leid in rech­ter De­mut aus Got­tes Hand emp­fan­gen und bei­des als Got­tes Gabe er­ken­nen, so ist uns das mehr nüt­ze, als wenn wir alle Tage einen Wa­gen voll Bir­ken­rei­ser auf un­se­rem Rücken zer­schlü­gen.« »Wenn der Mensch krank ist, so glaubt er oft, dass sein Le­ben un­nütz sei vor Gott. Wenn er aber nicht des Ge­be­tes und der gu­ten Wer­ke pfle­gen kann, schaut sei­ne Krank­heit und sein Ver­lan­gen tiefer in die Gott­heit als zehn­hun­dert Ge­sun­de.« Der Ka­tho­li­zis­mus war un­über­wind­lich groß, als er noch den Pro­tes­tan­tis­mus und die Mys­tik in sich schloss. Er­hob sich Al­bert über das For­mel­haf­te und Äu­ßer­li­che so­wohl wie über das krampf­haft Über­trie­be­ne, was kirch­li­che Ge­bräu­che so leicht ver­fälscht, be­weg­te er sich doch treu in den Schran­ken der Kirch­lich­keit und gab vie­le Pro­ben herz­li­cher Fröm­mig­keit. Auch die As­ke­se wuss­te er zu schät­zen und übte sie in ver­stän­di­ger Wei­se, ließ sich aber doch, als er Bi­schof wur­de, vom Ge­lüb­de der Ar­mut ent­bin­den. Lie­bes­ge­schich­ten sind nie von ihm be­rich­tet wor­den, wie viel Gerüch­te auch über ihn um­gin­gen, und wie rück­sichts­los er auch als Ne­kro­mant an­ge­grif­fen wur­de. Die Sage von der ar­gen Her­zog­s­toch­ter, die neun Jüng­lin­ge lieb­te und dann um­brach­te, und die auch ihn be­sit­zen woll­te, führt ihn als zau­ber­kun­dig, aber als un­ver­führ­bar ein. Doch war er ein Freund der Frau­en und der Frau­en­bil­dung. Im Ge­gen­satz zur Bi­bel for­der­te er, dass im Fal­le des Ehe­bruchs nicht nur der Mann die Frau, son­dern auch die Frau den Mann ent­las­sen dür­fe. Das Recht, die ehe­bre­che­ri­sche Frau zu tö­ten, sprach er dem Man­ne ab.

In al­len sei­nen An­schau­un­gen hielt er die Mit­te ein, nicht im Sin­ne des Mit­tel­mä­ßi­gen, Ver­wa­sche­nen, Ver­plat­te­ten, son­dern so, dass er das Ent­ge­gen­ge­setz­te zu ver­bin­den such­te, wie es wirk­lich im We­sen der Men­schen ver­bun­den ist. Er war ein Geg­ner der Gü­ter­ge­mein­schaft, wie sie Pla­to lehr­te; aber wenn er den Pri­vat­be­sitz für zu­läs­sig und so­gar löb­lich er­klär­te, so sag­te er doch, dass der Mensch nicht un­be­dingt Herr sei­ner Gü­ter sei. Pri­vat­be­sitz, der über das hin­aus­ge­he, was man zur Be­frie­di­gung der Le­bens­be­dürf­nis­se be­nö­ti­ge, müs­se den Är­me­ren zu­gu­te kom­men. Der Be­sit­zer über­flüs­si­ger Gü­ter sei ei­gent­lich nur Ver­wal­ter des Ar­men­gu­tes. Im Fal­le der Not wer­de Pri­vat­be­sitz Ge­mein­be­sitz, weil nach dem Na­tur­recht im Not­fal­le al­les ge­mein­sam sei. Das fol­ge aus der Zu­sam­men­ge­hö­rig­keit al­ler im Staa­te. Im All­ge­mei­nen lehn­te er sich in al­len den Staat be­tref­fen­den Fra­gen an Ari­sto­te­les, zu­wei­len an Au­gus­ti­nus. Das Fun­da­ment des Staa­tes ist ihm die Ge­rech­tig­keit; er er­in­nert an das Wort des Au­gus­ti­nus: »Ohne Ge­rech­tig­keit sind die Staa­ten wei­ter nichts als große Räu­ber­ban­den.« Wenn der Zweck des Staa­tes ist, die Bür­ger zu ver­sitt­li­chen, so bil­det da­bei doch die Wirk­lich­keit des Le­bens eine Gren­ze. So hielt er z. B. das Zins­neh­men für ge­stat­tet. Den Krieg sah er als ein Übel an, nicht aber den Sol­da­ten­stand für un­sitt­lich oder un­er­laubt; denn im In­ter­es­se sei­ner Sou­ve­rä­ni­tät müs­se der Staat ge­rüs­tet sein und dür­fe zur Ver­tei­di­gung auch Krie­ge füh­ren; Krie­ge ge­gen heid­nische Völ­ker zum Zwe­cke der Be­keh­rung da­ge­gen ver­warf er, ganz ab­wei­chend von den herr­schen­den An­sich­ten und Ge­pflo­gen­hei­ten. Wi­der­stand ge­gen Ty­ran­nen hielt er für er­laubt. Der Staat war ihm nicht Macht­staat, son­dern in ers­ter Li­nie Kul­tur­staat.

Das Um­fas­sen al­ler Ge­bie­te des Glau­bens, des Den­kens und des Le­bens macht Al­bert so groß. In al­les, was er tat oder be­ar­bei­te­te, ver­tief­te er sich gründ­lich, mit Lei­den­schaft. Die Men­ge sei­ner Schrif­ten ist so groß, dass man meint, er müs­se sein Le­ben mit der Fe­der in der Hand zu­ge­bracht ha­ben. Doch schätz­te ihn der Or­den nicht nur als Pre­di­ger und als Uni­ver­si­täts­leh­rer, son­dern auch als Ver­wal­ter. In der Freund­schaft war er treu und in der Aner­ken­nung frem­den Ver­diens­tes so selbst­los und hin­ge­bend, dass er, als die Leh­re des Tho­mas von Aqui­no in Pa­ris an­ge­grif­fen wur­de, trotz sei­nes ho­hen Al­ters, denn er war in der Mit­te der acht­zi­ger Jah­re, dort­hin reis­te, um sei­nen ver­stor­be­nen Schü­ler und Freund zu ver­tei­di­gen. Es war ihm eine lan­ge Le­bens­zeit be­schie­den, da­mit er alle Stu­fen des Le­bens durch­schrei­ten und ihre ver­schie­de­nen Auf­ga­ben er­fül­len kön­ne. Er starb neun­zig­jäh­rig im Jah­re 1280.

Der Rheinische Bund

Man hat die Zeit, die dem Un­ter­gang der Ho­hen­stau­fen folg­te, wäh­rend der aus­län­di­sche Fürs­ten zu Kö­ni­gen ge­wählt wur­den, die Deutsch­land teils gar nicht, teils nur flüch­tig be­tra­ten, das In­ter­reg­num, das Zwi­schen­reich, ge­nannt und pflegt sie als eine Zeit des Nie­der­gangs, des all­ge­mei­nen Ver­der­bens zu be­trach­ten. Wie rich­tig das auch ist, so ist doch kein Nie­der­gang so durch­grei­fend, dass sich nicht Kei­me reg­ten, in de­nen ein herr­li­cher Flor für die Zu­kunft sich vor­be­rei­tet; denn die Ket­te des Le­bens reißt nie­mals ganz ab. Schwä­chun­gen der Zen­tral­ge­walt ha­ben nicht sel­ten den großen Vor­teil, dass das Ein­zel­ne sich kräf­ti­ger rüh­ren kann, dass aus der Tie­fe des Vol­kes schöp­fe­risch em­por­treibt, was der An­re­gung durch die Not be­durf­te, dem die man­geln­de Auf­sicht Raum gibt. Das ist ge­ra­de bei den Deut­schen mit ih­rer Nei­gung zu in­di­vi­du­el­len Bil­dun­gen der Fall, de­ren Reich­tum wohl zu­wei­len das Gan­ze zu über­wu­chern droht, aber doch der Kul­tur zu­gu­te kommt. Zwi­schen der Ver­tre­tung des Gan­zen – der Zen­tral­ge­walt – und dem Ein­zel­nen muss stets ein Kampf und ein Aus­gleich statt­fin­den; dar­in, dass je­des Ein­zel­ne strebt, ein Gan­zes zu wer­den, und dass das Gan­ze je­des Ein­zel­ne ein­schrän­ken muss, ohne es zu ver­ge­wal­ti­gen, dar­in be­ste­hen die schwie­ri­gen Ver­wick­lun­gen des Le­bens, dar­in be­steht aber auch das Le­ben.

Schon wäh­rend der Re­gie­rungs­zeit Fried­richs II., der sel­ten im Lan­de war und eine schwa­che Ver­tre­tung hat­te, ver­fie­len die Städ­te auf das Mit­tel der Ei­nung, um sich der durch den Kö­nig ge­stärk­ten Fürs­ten zu er­weh­ren. Nach­dem die­se ge­setz­lich die vol­le Lan­des­ho­heit er­hal­ten hat­ten, die kö­nig­li­che Ober­ho­heit für ihr Ge­biet so gut wie ganz aus­ge­schal­tet war, trach­te­ten sie da­nach, ihre zer­streu­ten Gü­ter und Rech­te zu ei­ner zu­sam­men­hän­gen­den Lan­des­herr­schaft aus­zu­ge­stal­ten, in­ner­halb wel­cher die un­ab­hän­gi­gen Städ­te sie stör­ten, de­ren Reich­tum oh­ne­hin zur Erobe­rung reiz­te. Von An­fang an stütz­ten die Städ­te ihre Frei­heit auf die Kö­nigs­ge­walt, de­ren Stär­ke ihr In­ter­es­se war. Bei dem fast gänz­li­chen Er­lö­schen der­sel­ben grif­fen sie zur Selbst­hil­fe, um nicht der um sich grei­fen­den Fürs­ten­macht zur Beu­te zu fal­len. Lei­se und un­schein­bar war der Be­ginn ei­ner Ein­rich­tung, die sich be­deu­tend aus­wir­ken soll­te: im Jah­re 1220 ver­bün­de­ten sich die be­nach­bar­ten Städ­te Mainz und Worms, in­dem sie ih­ren Bür­gern ge­gen­sei­tig Rechts­gleich­heit zu­ge­stan­den. Ei­ni­ge Jah­re spä­ter er­klär­te Hein­rich, der Sohn Fried­richs II., den er zum Re­gen­ten Deutsch­lands be­stimmt hat­te, alle Ver­brü­de­run­gen oder Eide, wo­durch sich Mainz, Bin­gen, Worms, Spei­er, Frank­furt, Geln­hau­sen und Fried­berg ver­bun­den hät­ten, für auf­ge­löst und nich­tig. Be­reits also er­reg­te die be­schei­de­ne Kraftent­fal­tung ei­ni­ger Städ­te Är­ger­nis. Im Jah­re 1231 leg­te Hein­rich den ver­sam­mel­ten Fürs­ten die Fra­ge vor, ob Städ­te un­ter­ein­an­der Bünd­nis­se ab­schlie­ßen dürf­ten und er­hielt, wie zu er­war­ten war, eine ver­nei­nen­de Ant­wort. Selbst­ver­ständ­lich wi­der­spra­chen Ver­bin­dun­gen zwi­schen gleich­ar­ti­gen Reichs­glie­dern dem Reichs­recht, denn sie lös­ten eine Grup­pe aus dem Ge­samt­ver­ban­de und ver­la­ger­ten das Gleich­ge­wicht; auch wenn sie nicht aus­drück­lich ge­gen an­de­re ge­rich­tet wa­ren, so be­deu­te­ten sie doch eine Her­aus­for­de­rung oder Ge­fahr. An­de­rer­seits schlos­sen die Fürs­ten nach Be­lie­ben Bünd­nis­se un­ter­ein­an­der und war ihre Über­macht ge­gen­über ein­zel­nen Städ­ten so ent­schie­den, dass die­se auf Ver­brü­de­rung an­ge­wie­sen wa­ren, und Städ­te­bün­de wie durch Na­tur­ge­walt sich im­mer wie­der bil­de­ten. Zwei Jah­re nach dem Tode Kai­ser Fried­richs ver­ban­den sich Köln und Boppard, ein Jahr spä­ter Müns­ter, Dort­mund, Soest und Lipp­stadt. Im To­des­jahr Kon­rads IV., 1254, er­neu­er­ten Mainz und Worms ihr al­tes Schutz- und Trutz­bünd­nis. Der Ge­dan­ke, mög­lichst vie­le Städ­te im Reich zu ei­nem großen Bun­de zu­sam­men­zu­schlie­ßen, ging von Mainz aus, des­sen Blü­te da­mals fast die Kölns über­traf, und die lei­ten­de Per­sön­lich­keit scheint Ar­nold aus dem Ge­schlecht der Wal­po­de ge­we­sen zu sein. Der Name kommt vom Amte des Ge­walt­bo­ten, das die Fa­mi­lie seit dem An­fang des zwölf­ten Jahr­hun­derts be­klei­de­te. Ar­nolds Name ist in den Ur­kun­den, die sich auf den so­ge­nann­ten Rhei­ni­schen Bund be­zie­hen, fast im­mer an ers­ter Stel­le ge­nannt, so­dass man Ur­sa­che hat, in ihm den ei­gent­li­chen Be­grün­der zu se­hen. Sonst weiß man nichts von ihm, als dass er die Do­mi­ni­ka­ner­kir­che grün­de­te, die, nach­dem sie im 15. Jahr­hun­dert zer­stört und wie­der auf­ge­baut war, beim Bom­bar­de­ment von Mainz im Jah­re 1793 ab­brann­te. Aus dem Dun­kel der Ver­gan­gen­heit scheint sein Name wie ein fer­ner Stern, ein Quell des Lichts, zu dem man ver­eh­rend und dank­bar auf­schaut, ohne sein We­sen zu er­ken­nen.

Als Zweck des Bun­des nann­ten die Städ­te die Ab­stel­lung un­ge­rech­ter Zöl­le. Dies war, moch­te auch Stär­kung der städ­ti­schen Macht ge­gen­über der fürst­li­chen haupt­säch­li­cher An­trieb sein, kein Vor­wand. Die Zöl­le wa­ren ein Re­gal, und als recht­mä­ßig gal­ten nur die vom Kö­nig oder mit kö­nig­li­cher Be­wil­li­gung er­rich­te­ten Zoll­stät­ten. Seit ge­rau­mer Zeit er­laub­ten sich Fürs­ten und Her­ren will­kür­li­che Zoll­for­de­run­gen, die ei­ner Art von We­ge­la­ge­rei gleich­ka­men und den Ver­kehr un­er­träg­lich er­schwer­ten. Wäh­rend es am Rhei­ne im 12. Jahr­hun­dert 19 Zoll­stät­ten gab, wa­ren es in der Mit­te des 13. Jahr­hun­derts etwa 35. Auf der Burg Kai­sers­wert, die Bar­ba­ros­sa im Jah­re 1189 als Zoll­stät­te er­bau­te, stand die In­schrift: Hoc de­cus im­pe­rii cae­sar Fri­de­ri­cus adau­xit jus­ti­ti­am sta­bi­lie­re vo­lens et ut ubi­que pax sit. Die Bur­gen, von de­nen aus neu­er­dings die Kauf­leu­te auf Grund will­kür­li­cher Zoll­for­de­run­gen er­ho­ben wur­den, wa­ren kei­ne Zier­de, son­dern eine Schan­de des Rei­ches, dienten nicht der Ord­nung und dem Frie­den, son­dern dem Raub und der Ge­walt. Da die Ge­walt­tat von Fürs­ten und Her­ren aus­ging und sich ge­gen die Städ­te rich­te­te, muss­te es von vorn­her­ein be­denk­lich er­schei­nen, dass Fürs­ten und Her­ren zum Ein­tritt in den Bund ein­ge­la­den wur­den; die Städ­te glaub­ten wohl, ohne die­se Aus­deh­nung auf alle Reichs­glie­der die kai­ser­li­che Be­wil­li­gung nicht zu er­lan­gen. So um­fass­te denn der Bund bald einen großen Teil des Rei­ches, al­ler­dings in der Haupt­sa­che nur den süd­west­li­chen. Von nord­deut­schen Städ­ten tra­ten Müns­ter, Os­na­brück und Bre­men bei, von öst­li­chen Re­gens­burg; die Zu­sa­ge die­ser mäch­ti­gen Do­naustadt wur­de als ein großer Ge­winn be­trach­tet. Die rhei­ni­schen Erz­bi­schö­fe und Bi­schö­fe wur­den alle Mit­glie­der, eben­so die Her­zö­ge und der Pfalz­graf von Bay­ern, die Gra­fen von Kat­ze­neln­bo­gen, Lei­nin­gen, Zie­gen­hayn, die Her­ren von Ho­hen­fels und Fal­ken­stein. Als der neu­ge­wähl­te jun­ge Kö­nig Wil­helm von Hol­land in Mainz und Worms die Hul­di­gung an­nahm, er­klär­te er sich mit dem Bun­de und sei­nen Zie­len ein­ver­stan­den, auf dem Reichs­ta­ge zu Worms im Jah­re 1255 wur­de er an­er­kannt. Es war das ers­te Mal, dass Städ­te auf ei­nem Reichs­ta­ge ver­tre­ten wa­ren.

Trotz sei­ner großen Mit­glie­der­zahl hat der Bund nicht viel, fast gar nichts aus­ge­rich­tet. Dem mit­tel­al­ter­li­chen Un­ab­hän­gig­keits­sinn ent­spre­chend war er nur lose or­ga­ni­siert. Eine Art Zwang zum Bei­tritt konn­te al­ler­dings durch Han­delss­per­re aus­ge­übt wer­den, üb­ri­gens aber fehl­ten Ein­rich­tun­gen, die ein schnel­les und ener­gi­sches Han­deln er­mög­licht hät­ten, es gab we­der eine Bun­des­kas­se noch eine Bun­de­s­ar­mee. Der zeit­ge­nös­si­sche Chro­nist Al­bert von Sta­de sag­te, der Bund habe den Fürs­ten, Rit­tern und Räu­bern nicht ge­fal­len, sie hät­ten ge­sagt, es sei schänd­lich, dass Kauf­leu­te über ad­li­ge Män­ner herrsch­ten. Über den Zweck des Bun­des gin­gen die In­ter­es­sen der ad­li­gen und der städ­ti­schen Mit­glie­der ganz aus­ein­an­der, wenn auch die bei­tre­ten­den Fürs­ten ver­spra­chen, alle un­ge­rech­ten Zöl­le ab­zu­schaf­fen. Dass ei­nem Herrn von Bo­lan­den und ei­nem Herrn von Strah­len­burg bei Schries­heim ihre Bur­gen we­gen un­recht­mä­ßi­ger Zöl­le ge­bro­chen wur­den, recht­fer­tig­te den Auf­wand des Bun­des nicht. Über der Dop­pel­wahl nach dem frü­hen Tode Kö­nig Wil­helms lös­te er sich auf, nach­dem er kaum zwei Jah­re be­stan­den hat­te.

Trotz sei­ner kur­z­en Dau­er und sei­ner ge­rin­gen Leis­tun­gen war der Rhei­ni­sche Bund ein be­deu­tungs­vol­les Er­eig­nis. Mit ei­nem großen Wurf, rich­tung­ge­bend, tra­ten die Städ­te in das kämp­fen­de Ge­wo­ge der Ge­schich­te ein, schein­bar nur ihre wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen ver­tre­tend, tat­säch­lich als eine po­li­ti­sche Macht, die den Fürs­ten eine Schran­ke setz­te. Wäh­rend die Fürs­ten sich auf Kos­ten des Rei­ches ver­grö­ßer­ten, ver­foch­ten die Städ­te den Reichs­ge­dan­ken; um die­se Zeit konn­ten sie mit Recht sa­gen, sie sei­en das Reich. Das mag auch am Kö­nigs­ho­fe emp­fun­den wor­den sein: mi­ra­cu­lo­se et po­ten­ter, wun­der­bar und mäch­tig, so heißt es in ei­ner Ur­kun­de Wil­helms in Be­zug auf den Rhei­ni­schen Bund, sei durch die Nied­ri­gen für Frie­den und Recht ge­sorgt wor­den. Denkt man dar­an, dass im Krei­se die­ser Nied­ri­gen um die­se Zeit die Dome von Frei­burg, Straß­burg und Köln be­gon­nen wur­den, Rie­sen­spu­ren ei­nes Ge­schlech­tes, das sei­ne Kräf­te Un­ter­neh­mun­gen zum Diens­te des Über­ir­di­schen wid­me­te, wird ei­nem klar, wie reich, wie viel­sei­tig das Le­ben des deut­schen Vol­kes in den Städ­ten ström­te. Wie weit der Blick der Grün­der des Bun­des reich­te, be­weist die Tat­sa­che, dass die städ­ti­schen Mit­glie­der eine Ar­men­steu­er zu ent­rich­ten hat­ten, und die fast noch merk­wür­di­ge­re, dass sie auch das In­ter­es­se der Al­ler­nied­rigs­ten, der Bau­ern, in ihre Plä­ne ein­be­zo­gen. Sie for­der­ten, dass die Her­ren von ih­ren Hö­ri­gen nicht mehr als das seit drei­ßig Jah­ren Her­kömm­li­che ver­lang­ten, ja es scheint, dass sie an die Mög­lich­keit des An­schlus­ses von Bau­ern­schaf­ten an den Bund dach­ten. Wäre die­ser Ge­dan­ke ernst­lich ins Auge ge­fasst und wei­ter ver­folgt wor­den, wie an­ders und wie viel har­mo­ni­scher, wenn auch nicht kampf­lo­ser, hät­te sich die Ge­schich­te Deutsch­lands ent­wi­ckeln kön­nen.

Stedinger, Friesen, Dithmarschen

Da wo das Meer und die ho­hen Ber­ge sind, hat­ten sich freie Bau­ern er­hal­ten. Es ist, als ob im Kamp­fe mit den Ele­men­ten, mit Flut und Sturm, mit Fels­za­cken und Eis­wüs­ten et­was von der Un­bän­dig­keit und Ur­ge­walt der Ele­men­te auf die kämp­fen­den Men­schen über­gin­ge. Auch bil­den Ge­bir­ge so­wie Meer und Sümp­fe eine na­tür­li­che Schutz­wehr, wäh­rend die of­fe­ne Ebe­ne der Ver­knech­tung güns­tig ist. Die stol­ze Art der meeran­woh­nen­den Sach­sen und Frie­sen fiel früh auf; be­son­ders die Frie­sen wur­den in der Zeit, wo die Hö­rig­keit des Bau­ern als das Selbst­ver­ständ­li­che galt, vom Adel als ge­bo­re­ne Re­bel­len be­trach­tet. Dass sie die Kunst der Ent­wäs­se­rung und der Be­dei­chung ver­stan­den, wo­durch das fet­te, vom Meer an­ge­schwemm­te Land erst be­wohn­bar wur­de, gab ih­nen an­de­rer­seits einen ho­hen Wert, der von den Be­sit­zern von Sumpf­land wohl be­grif­fen wur­de. Als Graf Adolf von Schau­en­burg Wa­grien ko­lo­ni­sier­te, wei­ger­ten sich sei­ne Hol­s­ten, den Zehn­ten zu zah­len und sag­ten, lie­ber woll­ten sie mit ei­ge­ner Hand ihre Häu­ser an­zün­den und ihr Land ver­las­sen, als ei­ner sol­chen Skla­ve­rei sich un­ter­wer­fen; und da­bei blieb es. Um die Mit­te des zwölf­ten Jahr­hun­derts be­gan­nen auch die Erz­bi­schö­fe von Bre­men das noch un­be­bau­te Sumpf­land an der Un­ter­we­ser mit Be­woh­nern des west­li­chen Küs­ten­lan­des zu be­sie­deln, die da­mals in ei­ner all­ge­mei­nen Be­we­gung nach dem Os­ten zu wa­ren. Sie teil­ten das Land nach hol­län­di­schem Recht, so­ge­nann­tem Hol­ler­recht aus, wo­nach die Sied­ler so gut wie frei wa­ren, au­ßer dass sie einen Grund­zins, den Hol­ler­zehn­ten, zahl­ten. An­de­re An­sied­ler, wie z. B. die des Klos­ters Ras­te­de und an­de­rer Klös­ter, ge­nos­sen ge­rin­ge­re Vor­tei­le; aber im All­ge­mei­nen be­trach­te­ten die von Na­tur streit­ba­ren Leu­te das Land, das sie selbst in müh­se­li­ger Ar­beit aus Sumpf und Moor ge­schaf­fen hat­ten, als ihr ei­gen, ach­te­ten Rech­te von Grund- und Lan­des­her­ren nicht und such­ten sich ih­rer zu er­weh­ren, wenn sie un­be­que­me An­sprü­che er­ho­ben. Im Jah­re 1190 er­scheint der Name Ste­din­ga zum ers­ten Male ur­kund­lich; er um­fass­te ein Ge­biet an der Un­ter­we­ser zwi­schen der Mün­dung von Öhre und Hun­te; es ge­hört jetzt zum Teil zu Han­no­ver, zum Teil zu Ol­den­burg. Je blü­hen­der und wohl­ha­ben­der sich das Ge­biet ent­wi­ckel­te, de­sto mehr reiz­te es die Nach­barn, be­rech­tig­te und un­be­rech­tig­te An­sprü­che zu er­he­ben. Ge­fähr­lich wur­den sie für die Ste­din­ger, als in der Per­son Ger­hards II. ein Erz­bi­schof auf den Bre­mer Stuhl kam, der sich vor­ge­setzt hat­te, sein ver­wahr­los­tes Stift neu zu be­fes­ti­gen. Ger­hard war ein Sohn des be­rühm­ten Gra­fen Bern­hard zur Lip­pe und glich sei­nem Va­ter, wenn nicht im Um­fas­sen­den der Per­sön­lich­keit, doch in der Tat­kraft. Da es ihm zu­nächst dar­auf an­kam, sei­nen Staat fi­nan­zi­ell zu he­ben, such­te er sich leis­tungs­fä­hi­ge Un­ter­ta­nen und fand sie in der Stadt Bre­men und in den Ste­din­gern.

Bis da­hin hat­ten sich die Ste­din­ger in ih­rem durch Sümp­fe ge­schütz­ten Ge­biet und durch ihre un­wi­der­steh­li­che Tap­fer­keit un­ab­hän­gig zu hal­ten ge­wusst. Ihre nach­bar­li­chen Feh­den, die sich zu­nächst ge­gen die Ol­den­bur­ger Gra­fen rich­te­ten, de­ren Vög­te sich al­ler­lei Über­grif­fe er­laub­ten, ver­lie­fen zu ih­ren Guns­ten. In den Kämp­fen zwi­schen den Stau­fern und Wel­fen nah­men sie bald auf die­ser, bald auf je­ner Sei­te teil, ohne je eine an­de­re Po­li­tik zu ver­fol­gen als die Be­wah­rung ih­rer Selbst­stän­dig­keit. Vi­el­leicht hät­te das Ge­schick der Land­schaft sich an­ders ge­stal­tet, wenn die be­reits mäch­tig auf­blü­hen­de Stadt Bre­men sich mit den Ste­din­ger Bau­ern ver­bün­det hät­te; aber dar­an wur­de auf bei­den Sei­ten nicht ge­dacht. Nur auf sich selbst ge­stellt wa­ren die Ste­din­ger, als Ger­hard II. es un­ter­nahm, die Frei­en zu un­ter­wer­fen, ein­zig ei­ni­ge Mi­nis­te­ria­le, de­ren Bur­gen an der Gren­ze der Marsch la­gen, wie die von Hör­spe und die von Bar­den­fleth, auch ei­ni­ge, die auf der ho­hen Geest wohn­ten, schlos­sen sich ih­nen an. Am Weih­nachts­abend 1229 fand die große Schlacht statt, in der der Füh­rer des erz­bi­schöf­li­chen Hee­res, Ger­hards ei­ge­ner Bru­der, er­schla­gen wur­de. Kurz vor­her war sein an­de­rer Bru­der, Bi­schof Otto von Müns­ter, auf dem Moo­re von Coe­vor­den von Frie­sen be­siegt und ge­tö­tet, ein Bru­der Diet­rich, Propst von De­ven­ter, ge­fan­gen­ge­nom­men; so war der Erz­bi­schof auch durch die Blut­ra­che zum Füh­rer im Kamp­fe des Adels ge­gen die Bau­ern be­ru­fen. Nach­dem die Kraft der frei­heits­s­tol­zen Ste­din­ger sich so ver­häng­nis­voll of­fen­bart hat­te, griff der Erz­bi­schof zu ei­nem un­ed­len Mit­tel, des­sen Wirk­sam­keit sich aus dem Tau­mel er­klärt, in den die Men­schen durch ge­schickt ver­wen­de­te Schlag­wör­ter ver­setzt wer­den kön­nen. Wer einen Feind hat­te, be­müh­te sich, seit die Aus­rot­tung der Hä­re­sie als eine drin­gen­de Auf­ga­be von Staat und Kir­che er­klärt wor­den war, den Feind zu ver­ket­zern; dann ge­lang es, ihn zu ver­ein­sa­men, nicht nur nach­bar­li­che, son­dern auch staat­li­che und kirch­li­che Hil­fe zu sei­ner Ver­nich­tung auf­zu­bie­ten. Be­reits wur­de im Bis­tum Müns­ter das Kreuz ge­gen frie­si­sche Bau­ern ge­pre­digt; nun ließ Ger­hard II. auf ei­ner Di­öze­san-Synode in Bre­men die Ste­din­ger für Ket­zer er­klä­ren, was er da­mit be­grün­de­te, dass sie die Sa­kra­men­te ver­ach­te­ten, die Leh­re der Kir­che für Tand er­klär­ten, dass sie Kir­chen und Klös­ter durch Raub und Brand ver­wüs­te­ten, dass sie mit des Her­ren Leib ab­scheu­li­cher ver­füh­ren, als der Mund aus­spre­chen dür­fe, dass sie von bö­sen Geis­tern Aus­kunft be­gehr­ten, wäch­ser­ne Bil­der be­rei­te­ten und sich von wahr­sa­gen­den Frau­en Rat hol­ten. Es wa­ren zum Teil die glei­chen An­schul­di­gun­gen, die schon zu Bo­ni­fa­zi­us’ Zeit er­ho­ben wa­ren und noch er­ho­ben wer­den könn­ten. Dass al­ler­lei Aber­glau­be bei den Ste­din­gern wie über­all auf dem Lan­de im Schwan­ge war, ließ sich so we­nig leug­nen, wie dass sie im Kamp­fe um die Un­ab­hän­gig­keit Klös­ter zer­stört hat­ten. Kir­chen gab es in die­sen, vor der An­sied­lung der Sach­sen und Frie­sen kaum be­bau­ten Ge­gen­den al­ler­dings we­ni­ge, und es ist mög­lich, dass die Ste­din­ger an die­sen we­ni­gen ge­nug hat­ten. Ent­wei­hung der Hos­tie war ein Vor­wurf, der ge­gen alle Ket­zer wie auch ge­gen Ju­den gern er­ho­ben wur­de und den man zu be­wei­sen sich nicht ver­pflich­tet fühl­te, wie denn über­haupt die Be­schul­di­gun­gen ohne Un­ter­su­chung als er­wie­sen gal­ten. Worauf es ei­gent­lich an­kam, sieht man aus dem Satz, den der Erz­bi­schof mit Be­zie­hung auf eine Stel­le aus dem Buch Sa­mu­el auf­stell­te: Nol­le obe­die­re sce­lus est ido­la­triae – Un­ge­hor­sam ist gleich Göt­zen­dienst. Ein ab­ge­feim­ter Satz, der je­den Ver­such des Frei­en, sei­ne Frei­heit zu er­hal­ten, des Un­ter­drück­ten, sich zu weh­ren, für das ruch­lo­ses­te Ver­bre­chen er­klär­te, das die Zeit kann­te. Papst Gre­gor sah wohl, wie man­gel­haft be­grün­det die An­kla­gen des Erz­bi­schofs ge­gen die Ste­din­ger wa­ren und be­eil­te sich nicht, das Ur­teil der Synode zu be­stä­ti­gen; aber im fol­gen­den Jah­re er­ließ er doch die ge­wünsch­te Ver­flu­chungs­bul­le, und auf dem Reichs­ta­ge zu Ra­ven­na im Jah­re 1232 wur­den von Papst und Kai­ser zu­sam­men die neu­en, schar­fen und grau­sa­men Ket­zer­ge­set­ze aus­ge­ge­ben, die so viel Un­ru­he in Deutsch­land ver­an­lass­ten. Kai­ser Fried­rich be­auf­trag­te einen Do­mi­ni­ka­ner in Bre­men, der Ket­ze­rei nach­zu­spü­ren, ver­häng­te über die Ste­din­ger die Acht, nach­dem er sie zu­sam­men mit den Frie­sen erst fünf Jah­re vor­her we­gen ih­rer Ta­ten im Hei­li­gen Lan­de be­lobt hat­te, und mahn­te die Stadt Bre­men, bei der Ver­fol­gung mit­zu­wir­ken. Als der Erz­bi­schof sei­ner Stadt den drit­ten Teil von dem zu er­obern­den Hab und Gut der Ste­din­ger als Be­loh­nung ver­sprach, ge­lang es ihm, sie auf sei­ne Sei­te zu brin­gen. Am 19. Ok­to­ber 1232 for­der­te der Papst durch die Bul­le In­ten­ta fal­la­ci­is sa­tha­nae zum Kreuz­zu­ge ge­gen die Ste­din­ger auf.

Die Ste­din­ger wa­ren ent­schlos­sen, alle Kraft und das Le­ben an die Ver­tei­di­gung ih­rer Frei­heit zu set­zen und ta­ten es ruhm­voll. Zwei Kreuz­hee­re be­sieg­ten sie, den Gra­fen von Ol­den­burg, der eins an­führ­te, er­schlu­gen sie. Die Geg­ner ver­mehr­ten ihre An­stren­gun­gen, der Papst ver­sprach in ei­ner neu­en Bul­le de­nen, die das Kreuz neh­men wür­den, vol­len Ablass. Weit und breit wur­de ge­wor­ben und ge­hetzt, als wäre das Reich, als wäre die Chris­ten­heit in Ge­fahr. Ver­geb­lich mach­te sich der un­glück­li­che jun­ge Kö­nig Hein­rich, Kai­ser Fried­richs Sohn, zum An­walt der Ver­ket­zer­ten, er be­schleu­nig­te da­durch nur sei­nen ei­ge­nen Sturz. Dem drit­ten Kreuz­heer, das ins Feld zog, glück­te die Voll­stre­ckung des Ur­teils; es wa­ren dar­an be­tei­ligt Graf Hein­rich von Ol­den­burg, Graf Lud­wig von Ra­vens­berg, Graf Flo­ren­tin von Hol­land, Graf Otto von Gel­dern, Her­zog Hein­rich der Jün­ge­re von Bra­bant, Wil­helm von Jü­lich und Diet­rich von Cle­ve. Der Adel muss­te viel auf­wen­den, um des klei­nen Bau­ern­vol­kes Herr zu wer­den. Von de­nen, die die un­glück­li­che Schlacht bei Al­te­nesch über­leb­ten, ver­lie­ßen vie­le das Land; Fa­mi­li­en mit dem Na­men Ste­din­ger er­schie­nen in ver­schie­de­nen Städ­ten, auch in Lü­beck und Ham­burg. Die Gü­ter der Ste­din­ger wur­den ver­teilt, ihre Frei­hei­ten ver­nich­tet. So un­über­wind­lich war der Un­ab­hän­gig­keits­sinn des Stam­mes, dass sie sich im­mer wie­der, wenn auch ohne Aus­sicht und ohne Glück, er­ho­ben; im­mer­hin ge­lang es den Nie­der-Ste­din­gern ge­gen­über den Gra­fen von Ol­den­burg eine ge­wis­se Selbst­stän­dig­keit zu be­wah­ren.

Län­ger, näm­lich bis ins sech­zehn­te Jahr­hun­dert, er­hiel­ten sich die Frie­sen und die Dith­mar­scher frei.

Die vo­kal­rei­che, wohl­klin­gen­de Spra­che der Frie­sen, die, wie es scheint, mehr Ähn­lich­keit mit dem Eng­li­schen als mit deut­schen Dia­lek­ten hat­te, ver­schwand schon im sech­zehn­ten Jahr­hun­dert. Eala frya Fre­se­na – Heil, frei­er Frie­se, mit die­sen Wor­ten sol­len die Frie­sen sich be­grüßt ha­ben. Die Frei­heit ge­hör­te zu ih­nen, wie das Meer und die Mar­schen zu ih­nen ge­hör­ten, sie hat­ten in ihr ein Ele­ment mehr als an­de­re Men­schen. Recht­lich führ­ten sie ihre Frei­hei­ten auf Karl den Gro­ßen zu­rück, und die Kai­ser ha­ben ihre Reich­sun­mit­tel­bar­keit an­er­kannt. Es gibt eine Über­lie­fe­rung, wo­nach Frie­sen, die Bar­ba­ros­sa nach Ita­li­en be­glei­te­ten, ihm bei ei­ner Ver­schwö­rung in Rom das Le­ben ge­ret­tet hät­ten. Als er sie zum Dank alle zu Rit­tern schla­gen woll­te, hät­ten sie das ab­ge­lehnt, in­dem sie sag­ten: »Wir hal­ten uns hö­her als dei­ne Rit­ter an Rang und Ruhm, denn wir ha­ben un­ser Land dem Mee­re ab­ge­run­gen und be­sa­ßen es zu ei­gen, ehe an­de­ren das ihre zu Le­hen ge­ge­ben wur­de.« Der Kai­ser habe er­wi­dert: »So mögt ihr denn des Rei­ches Ad­ler in eu­rem Wap­pen füh­ren zum Ge­dächt­nis, dass ihr wa­cker mit­ge­kämpft habt zu des Rei­ches Ehre!« Ge­wis­se Ge­schlech­ter führ­ten näm­lich den hal­b­en Ad­ler im Wap­pen. Wie die Ste­din­ger und die Dith­mar­scher lit­ten sie un­ter sich kei­nen Adel und kei­ne Hö­ri­ge, was nicht hin­der­te, dass be­gü­ter­te oder sonst aus­ge­zeich­ne­te Fa­mi­li­en be­son­ders an­ge­se­hen wa­ren. Ihre De­mo­kra­tie war sehr ari­sto­kra­tisch.

Die Dith­mar­scher, die das Land nörd­lich der Elb­mün­dung be­wohn­ten, wa­ren über­wie­gend Nie­der­sach­sen, sehr hoch­ge­wach­sen, mit schma­len Ge­sich­tern, wäh­rend die Frie­sen auch groß, aber mehr plump und breit­ge­sich­tig sind. Doch sind Frie­sen und Sach­sen an der Nord­see so in­ein­an­der über­ge­gan­gen, dass eine ge­naue Schei­dung nicht mög­lich ist. Noch jetzt gibt es in Dith­mar­schen, über­haupt an der Elb­mün­dung jun­ge Men­schen von leuch­ten­der Schön­heit, alte Men­schen voll Tief­sinn und Wür­de, mit fes­ten, mar­kan­ten Zü­gen, so wie man sich ger­ma­ni­schen Adel vor­stellt. Bei ih­nen er­hiel­ten sich alt­ger­ma­ni­sche Sit­ten und Zu­stän­de zum Teil so, wie sie Ta­ci­tus ge­schil­dert hat. Sie ge­hör­ten ur­sprüng­lich zur Graf­schaft Sta­de und mit ihr spä­ter zum Erz­bis­tum Bre­men. Als sie 1227 in der Schlacht von Born­hö­ve­de, durch wel­che die Herr­schaft der Dä­nen in Nie­der­sach­sen ge­bro­chen wur­de, den Aus­schlag zum Sie­ge ga­ben, be­dan­gen sie sich vom Erz­bi­schof aus, dass er ihre Lan­des­frei­heit un­an­ge­tas­tet las­se, so­dass sie sa­gen konn­ten, sie sei­en dem Erz­stift ver­wandt und zu­ge­tan, nicht ihm un­ter­wor­fen. Es war der­sel­be Erz­bi­schof Ger­hard II., der die Ste­din­ger ver­nich­te­te. Die Dith­mar­scher be­hiel­ten ihre Selbst­ver­wal­tung. Die fünf Vög­te, durch die der Erz­bi­schof sei­ne In­ter­es­sen im Lan­de wahr­neh­men ließ, wur­den aus den be­gü­ter­ten Land­be­sit­zern Dith­mar­schens ge­wählt, und die ent­schei­den­de Stim­me hat­te die u­ni­ver­si­tas ter­rae Dith­mar­siae, die Lan­des­ge­mein­de, die sich in Mel­dorf, der ein­zi­gen Stadt, ver­sam­mel­te. Spä­ter kam Lun­den, als zwei­te Stadt, dazu. Ihre Pfar­rer be­stell­ten die Dith­mar­scher selbst; es galt das ger­ma­ni­sche Ei­gen­kir­chen­recht, nicht in dem Sin­ne, dass die Kir­che ih­rem Stif­ter ge­hör­te, son­dern so, dass die Ge­mein­de die kirch­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten selbst ver­wal­te­te. Das gan­ze Land war in Kirch­spie­le ein­ge­teilt, zu­gleich po­li­ti­sche und kirch­li­che Be­zir­ke; dar­un­ter wa­ren Mel­dorf, Bü­sum, Wes­sel­bu­ren.

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Hacim:
1861 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783962817725
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