Kitabı oku: «Märchen aus China», sayfa 5

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20. Der Morgen- und der Abendstern

Es waren einmal zwei Söhne des goldenen Himmelsgottes. Der eine hieß Hesperus, der andere Luzifer. Die beiden gerieten einst in Streit, und Hesperus schlug dem Luzifer die Hüfte entzwei. Da taten die beiden Sterne einen Schwur, sich nie mehr zu sehen. Hesperus kam immer nur abends hervor und Luzifer immer nur in der Früh, und erst wenn Hesperus verschwunden ist, wird Luzifer wieder sichtbar. Darum heißt es: Wenn zwei Brüder nicht in Frieden leben, so sind sie Hesperus und Luzifer.

21. Das Mädchen mit dem Pferdekopf

In uralten Zeiten lebte einmal ein Greis, der ging auf Reisen. Niemand war zu Hause, als nur seine einzige Tochter und ein weißer Hengst. Jeden Tag fütterte die Tochter das Pferd. In ihrer Einsamkeit hatte sie Heimweh nach ihrem Vater. So redete sie einmal im Scherz zu ihrem Pferd: »Wenn du mir meinen Vater zurückbringst, so will ich dich heiraten.«

Kaum hatte das Pferd die Worte gehört, da riss es sich los und lief weg. Es lief in einem fort, bis es an den Ort kam, wo der Vater war. Als der Vater das Pferd erblickte, war er freudig überrascht, fing es ein und setzte sich darauf. Das Pferd wandte sich zurück nach dem Weg, auf dem es gekommen war, und wieherte unablässig.

»Was hat nur das Pferd?« dachte der Vater. »Sicher muss zu Hause irgend etwas los sein.« So ließ er ihm denn die Zügel und ritt zurück. Weil das Pferd so klug gewesen war, so gab er ihm reichliches Futter. Aber das Pferd fraß nichts, und wenn es das Mädchen sah, so schlug es nach ihr und wollte sie beißen. Der Vater verwunderte sich darüber und fragte das Mädchen. Die Tochter sagte ihm alles der Wahrheit gemäß. »Du darfst keinem Menschen etwas davon sagen«, sprach der Vater, »wir könnten sonst in übles Gerede kommen.« Dann nahm er seine Armbrust und schoß das Pferd tot. Seine Haut aber hängte er im Hof zum Trocknen auf. Dann verreiste er wieder.

Eines Tages ging die Tochter mit einer Nachbarin spazieren. Als sie zu dem Hofe kamen, da stieß sie mit dem Fuß an das Pferdefell und sprach: »Ein unvernünftiges Tier wie du — und wolltest ein Menschenmädchen zur Frau! Es geschieht dir ganz recht, dass du jetzt tot bist.«

Aber noch ehe sie ausgeredet, da bewegte sich die Pferdehaut und richtete sich auf. Sie wickelte sich um das Mädchen herum und rannte weg.

Entsetzt lief die Nachbarin zu ihrem Vater und erzählte ihm, was vorgefallen. Überall suchte man nach dem Mädchen, aber es blieb verschwunden.

Endlich nach einigen Tagen sah man in den Zweigen eines Baumes das Mädchen in der Pferdehaut hängen. Allmählich verwandelte sie sich in eine Seidenraupe und verpuppte sich. Die Fäden, in die sie sich einspann, waren stark und dicht. Die Nachbarin nahm sie herunter und ließ sie ausschlüpfen. Dann spann sie die Seide und fand reichlichen Gewinn.

Ihre Angehörigen aber sehnten sich sehr nach ihr. Da erschien eines Tages das Mädchen in den Wolken auf ihrem Pferde reitend mit einem großen Gefolge und sprach: »Im Himmel ist mir nun das Amt übertragen, zu wachen über die Zucht der Seidenraupen. Ihr müsst euch nicht mehr nach mir sehnen.« Darauf wurden ihr in ihrer Heimat Tempel errichtet, und jedes Jahr zur Zeit der Seidenraupen fleht man sie unter Opfern an um ihren Schutz. Sie heißt die Göttin mit dem Pferdekopf.

22. Die Himmelskönigin

Die Himmelskönigin, auch heilige Mutter genannt, war bei ihren Lebzeiten eine Jungfrau aus Fukien, namens Lin. Sie war rein, ehrfürchtig und fromm von Art. Als sie siebzehn Jahre alt war, starb sie, ohne verheiratet gewesen zu sein. Sie zeigt ihre Macht auf dem Meere, darum wird sie von den Schiffern fromm verehrt. Wenn sie unerwartet von Wind und Wogen überfallen werden, so rufen sie sie an, und jederzeit ist sie bereit, zu erhören.

In Fukien gibt es viele Seefahrer, und jedes Jahr kommt es vor, dass Leute ums Leben kommen. Da war es wohl so, dass die Himmelskönigin zu ihren Lebzeiten Mitleid hatte mit der Not ihrer Landsleute. Und weil ihr Geist unentwegt darauf gerichtet war, den Ertrinkenden aus ihrer Not zu helfen, so erscheint sie jetzt häufig auf dem Meere.

Auf allen Schiffen, die das Meer durchfahren, hängt in der Kajüte ein Bild der Himmelskönigin, und ferner werden drei Talismane aus Papier im Schiffe aufbewahrt. Auf dem einen ist sie gemalt mit Krone und Zepter, auf dem zweiten ist sie gemalt als Jungfrau in gewöhnlichem Gewand, auf dem dritten ist sie gemalt mit offenem Haar, barfuß, ein Schwert in der Hand und stehend. Kommt nun das Schiff in Gefahr, so verbrennt man den ersten Talisman, und es naht die Hilfe. Hilft der noch nicht, so verbrennt man den zweiten und schließlich den dritten. Tritt dann noch keine Hilfe ein, so ist nichts mehr zu machen.

Wenn in Wind und Wogen und Wolkendunkel die Schiffer ihre Richtung verloren, so rufen sie in frommem Gebet die Himmelskönigin an. Dann erscheint eine rote Lampe auf den Wassern. Folgt man der Lampe nach, so kommt man sicher aus aller Gefahr. Oft sieht man auch die Himmelskönigin in den Wolken stehen und mit ihrem Schwerte den Wind zerteilen. Der Wind entfernt sich dann nach Nord und Süd, und die Wogen glätten sich.

Vor dem heiligen Bilde im Schiffe ist stets ein hölzerner Stab. Oft kommt es vor, dass die Fischdrachen auf dem Meere spielen. Das sind zwei riesige Fische, die gegeneinander das Wasser in die Höhe blasen, also dass des Himmels Sonne verfinstert wird und tiefes Dunkel das Meer verhüllt. Aus der Ferne sieht man oft in diesem Dunkel eine lichte Öffnung. Wenn man das Schiff gerade darauf zu hält, so kommt man durch und ist plötzlich wieder im Stillen. Blickt man zurück, so sieht man die beiden Fische Wasser speien. Das Schiff war gerade unter ihren Mäulern durchgefahren. Es ist aber immer ein Sturm in der Nähe, wenn die Fischdrachen schwimmen; darum verbrennt man Papier oder Schafwolle, damit die Drachen das Schiff nicht in die Tiefe ziehen, oder man läßt den Stabmeister im Schiff Weihrauch verbrennen vor dem Stab in der Kajüte. Dann nimmt er den Stab und schwingt ihn über dem Wasser einmal im Kreise, so ziehen die Drachen den Schwanz ein und verschwinden.

Wenn die Asche im Weihrauchgefäß ohne Ursache auffliegt und sich in der Luft zerstreut, so ist es sicher, dass schwere Gefahr droht.

Vor etwa zweihundert Jahren ward ein Heer ausgerüstet, um Formosa zu unterwerfen. Die Fahne des Feldherrn wurde geweiht mit dem Blute eines weißen Pferdes. Da erschien plötzlich die Himmelskönigin auf der Spitze der Fahne. Im Augenblick war sie wieder verschwunden, aber der Heereszug hatte Erfolg.

Ein anderes Mal, zur Zeit Kienlungs, erhielt der Minister Dschou Ling den Befehl, auf den Liu-Kiu-Inseln einen neuen König einzusetzen. Als die Flotte südlich von Korea vorbeifuhr, erhob sich ein Sturm, und sie wurden verschlagen nach dem schwarzen Wirbel. Das Wasser sah aus wie Tinte; Sonne und Mond verloren ihren Schein, und es erhob sich die Rede, man sei in den schwarzen Wirbel geraten, aus dem noch kein Mensch lebend wieder herausgekommen. Die Schiffer und Reisenden erwarteten klagend ihr Ende. Plötzlich erschienen auf der Fläche des Wassers unzählige Lichter wie rote Lampen. Da wurden die Schiffer hocherfreut und beteten in der Kajüte. »Wir werden leben«, sagten sie, »die heilige Mutter ist gekommen.« Und richtig erschien eine schöne Jungfrau mit goldenen Ohrringen. Die strich mit der Hand durch die Luft; der Wind wurde still und die Wogen eben. Es war, als würde das Schiff von mächtiger Hand gezogen. Plätschernd strich es durch die Wellen, und plötzlich war man außerhalb des schwarzen Wirbels.

Dschou Ling kam zurück, berichtete über die Sache und bat, dass der Himmelskönigin Tempel errichtet und sie in die Liste der Götter aufgenommen werden möge. Und der Kaiser erfüllte die Bitte.

Seitdem stehen an allen Hafenorten Tempel der Himmelskönigin. Am achten Tag des vierten Monats wird ihr Geburtstag gefeiert mit Schauspiel und Opfern.

23. Nu Wa

Nu Wa war die Schwester des Fu Hi. Sie half ihm bei der Ordnung der Ehe. Während nämlich früher Männer und Frauen sich nach Belieben verheiratet hatten, wurden von ihr die Namen der Stämme festgestellt. Leute aus demselben Geschlecht durften sich nun nicht mehr heiraten. Die Ehe ward geschlossen nach dem Befehl der Eltern. Ein Ehevermittler war nötig, und da man noch kein Geld hatte, wurden zwei Felle als Brautgeschenk festgesetzt. So ward Nu Wa als göttliche Ehestifterin bekannt, und die späteren Geschlechter verehren sie als Schutzherrin der Ehe, die über den Beziehungen der Geschlechter wacht. Nach dem Tode ihres Bruders folgte sie ihm auf dem Thron.

Es erhob sich aber ein Mensch, namens Gung Gung, wolligen Leibes und rot von Haaren, der hielt sich ob seiner Weisheit für einen Gott. Er besetzte das Land am Yangtsekiang und empörte sich gegen die göttliche Fürstin. Er nannte sich Geist des Wassers und gebrauchte Zauberformeln, um eine Sintflut zu erregen, die das Wasser aller Flüsse in ihren Betten staute und auf Erden großen Schaden tat. Nu Wa befahl dem Herrn des Feuers, ihn zu unterwerfen. Gung Gung ward besiegt. Da stieß er in seinem Grimm mit seinem Kopfe gegen den Berg Unvollkommen und starb.

Dadurch zerbrach einer der Pfeiler des Himmels, und der Himmel neigte sich nach Nordwesten. Die Erde aber fiel in der Gegend der entstehenden Öffnung im Südosten in die Tiefe. Da schmolz Nu Wa fünffarbige Steine, um den Himmel wieder auszubessern. Sie nahm die Beine einer Riesenschildkröte und stellte sie als die vier Pole des Himmels auf.

Die Sintflut aber leitete sie ab nach der Stelle, wo die Erde in die Tiefe gesunken war. Darum ist noch bis auf den heutigen Tag der Nordwestwind so kalt und fließen alle Ströme nach Südosten in das große Meer.

Sie ordnete auch die Musik. Dann starb sie, und es wurden ihr Tempel gebaut.

Einstmals kam der Tyrann Dschou-Sin vom Hause Yin am Neujahrstage in den Tempel der Göttin Nu Wa, um dort zu opfern. Es erhob sich aber ein Wind, und der Vorhang vor dem Götterbild wurde beiseite geweht. Da sah der Herrscher das goldene Antlitz der Göttin. Er ward entzündet von unheiliger Liebe zu ihr, schrieb ein Gedicht an die Wand und ging nach Hause.

Die Göttin Nu Wa aber ergrimmte sehr. Sie befahl dem neunschwänzigen Fuchs, sich in das schöne Mädchen Dagi zu verwandeln, um so den Herrscher zu bestricken und sein Reich zugrunde zu richten.

Zu jener Zeit hatte nämlich der Tyrann Dschou-Sin einen Befehl ergehen lassen an alle seine Vasallen, ihm schöne Mädchen darzubringen. Er hatte einen Günstling, der redete ihm vor, dass der Graf Su Hu eine Tochter habe, namens Dagi, die ihresgleichen an Schönheit nirgend finde. Der Herrscher befahl nun dem Su Hu, sie darzubringen. Der wußte keinen anderen Rat, sondern machte sich auf, die Tochter in das Schloss zu begleiten. Auf halbem Wege nächtigten sie in einer Herberge. Da erregte der neunschwänzige Fuchs einen Zauberwind, in dem er Dagis Seele entführte. Dann nahm er Besitz von ihrem Leib, und obwohl er seinem Wesen nach ein lasterhafter Fuchs blieb, änderte sich das Angesicht des Mädchens nicht. Als der König Dschou-Sin sie erblickte, ward er hocherfreut, und sie erlangte außerordentliche Gunst. Er trank mit ihr zusammen Wein und ergötzte sich mit ihr, und die Regierung ward ihm Nebensache.

Die treuen Diener, die zu widersprechen wagten, wurden auf grausame Weise zu Tode gemartert. Man ließ sie glühende Öfen umarmen oder auf dünnen Stangen, die mit Fett bestrichen waren, über Gräben mit lohendem Feuer wandeln. Keine Grenzen kannte nun der Wüstling mehr in seiner Verschwendung. Er baute einen Turm, der bis an die Sterne reichte, ließ Seen graben und mit Wein füllen und in den Wäldern Fleisch aufhängen. Jünglinge und Mädchen mussten hier nackt einander haschen vor den Augen des Königs und seiner Gemahlin.

Einst saßen sie auf dem Turm und sahen, wie ein alter und ein junger Mann einen Fluss durchwateten. Der junge machte ängstlich Schritt vor Schritt und zitterte vor Frost, während der alte, ohne Kälte zu fühlen, beherzt voranschritt. Der König wunderte sich, aber seine Gattin sprach: »Das geht auf ganz natürliche Weise zu. Der alte ist zu einer Zeit geboren, da seine Eltern noch jung waren, darum hat er festes Mark in den Knochen und friert nicht. Der junge aber, der seinen Eltern in hohem Alter geboren wurde, hat nicht genügend Lebenskraft mitbekommen, darum sind seine Knochen hohl, und er fröstelt.« Man rief die beiden her, und es verhielt sich so mit ihrer Geburt, wie Dagi gesagt hatte. Damit noch nicht genug, ließ sie ihnen aber auch die Beine aufschlagen, um nach dem Mark in ihren Knochen zu sehen. — So trieb sie tausend Grausamkeiten.

Als einst ein Oheim des Königs, Bigan, der wegen seiner Weisheit allgemein geachtet war, ihm Vorwürfe machte, sagte Dagi: »Ich habe gehört, dass Heilige und Weise sieben Öffnungen in ihrem Herzen haben. Reißt ihm das Herz heraus und lasset sehen, ob er ein Heiliger ist!«

So entfremdete sich der Tyrann seine eigenen Verwandten. Der weise Bigan aber ward später als Gott des Reichtums eingesetzt.

Einer der treuesten Diener des Herrschers war Huang Fe-Hu. Er hatte an Weisheit und Mut nicht seinesgleichen und hatte sich im Krieg schon viele Verdienste erworben. Der redete dem Herrscher zu, dass er nicht auf Dagi hören solle, da er sich sonst selber zugrunde richte. Darum nährte Dagi einen Haß gegen ihn in ihrem Herzen. Am Neujahrstag war es Sitte, dass alle Diener des Herrschers mit ihren Frauen sich einfanden, um ihre Glückwünsche darzubringen. Huang Fe-Hus Frau war besonders schön. Nun schmiedete Dagi einen Plan. Sie führte sie auf die Spitze des Sternenturms, um dort dem König vorgestellt zu werden. Im Stillen aber erregte sie des Königs Begierde nach der Frau. Allein die Frau hielt allen Verführungen stand und brach schließlich in Tränen aus. Da wurde der Tyrann böse und schleppte sie an ihren Haaren bis an den Rand des Turmes und warf sie von oben hinunter, also dass sie zerschellte. Als Huang Fe-Hu das hörte, da ward er sehr zornig, bestieg seinen fünffarbigen Götterstier, der in einem Tage tausend Meilen weit laufen konnte, und verließ empört die Stadt. Er schloss sich dem Könige Wu, der gegen den Tyrannen kämpfte, an. Er erlag aber der Macht eines Zauberers, dessen Frau es verstand, der Sonne ihre Strahlen auszuziehen und Zaubernadeln daraus zu machen. Sieben mal sieben solcher Nadeln hatte sie im Besitz und schoß sie den Feinden ihres Mannes in die Augen. Waren sie dann blind, so schlug sie ihr Mann tot. Auf diese Weise ging auch Huang Fe-Hu zugrunde.

Als der König Wu den Tyrannen Dschou-Sin getötet und das Reich errungen hatte, wurde Huang Fe-Hu zum Gott des Großen Berges ernannt, der über Gut und Böse, Lohn und Strafe, Tod und Leben der Menschen zu bestimmen hat und über den zehn Höllenfürsten steht.

24. Der Feuergott

Lange vor Fu Hi war der Zauberschmelzer (Dschu Yung) Herrscher der Menschen. Er erfand den Gebrauch des Feuers, und die Nachwelt lernte von ihm, die Speisen zu kochen. Seine Nachkommen wurden darum mit der Wahrung des Feuers beauftragt. Er selbst aber wurde zum Feuergott ernannt. Er ist eine Verkörperung des roten Herrn, der als einer der fünf Alten zu Anbeginn der Welt sich zeigte. Der Feuergott wird verehrt als Herr des südlichen heiligen Berges. Am Himmel der Feuerstern, das südliche Himmelsviertel und der rote Vogel gehören zu seiner Herrschaft. Wenn Feuersnot sich naht, so hat der Feuerstern einen besonderen Schein. Wenn zahllose Feuerkrähen in ein Haus fliegen, so bricht dort sicher ein Feuer aus.

Im Vierstromland lebte ein Mann, der war sehr reich. Eines Tages stieg er auf seinen Wagen und trat eine weite Reise an. Da begegnete ihm ein rot gekleidetes Mädchen, die bat, sie mitzunehmen. Er ließ sie auf den Wagen steigen und fuhr sie einen halben Tag lang, ohne einen falschen Blick nach ihr zu werfen. Da stieg das Mädchen wieder ab und sagte beim Abschied: »Ein Edler, wahrlich, bist du! Von dieser Rechtschaffenheit gerührt, muss ich die Wahrheit dir enthüllen. Ich bin der Feuergott. Morgen wird in deinem Hause Feuer ausbrechen. Kehre eilig heim und bestelle deine Sachen und rette, was du kannst!« Erschrocken wandte der Mann den Wagen und fuhr, so schnell er konnte, heim. Alles, was er an Schätzen, Kleidern und Kleinodien hatte, ließ er aus dem Hause schaffen. Eben wollte er zur Ruhe gehen, da brach im Herde Feuer aus, das sich nicht stillen ließ, bis der ganze Bau in Staub und Asche sank; doch blieb ihm seine bewegliche Habe wohlbehalten.

25. Die drei waltenden Götter

Es gibt drei Herren im Himmel und auf der Erde und im Wasser, die heißen die drei waltenden Götter. Sie sind alle Brüder und stammen von dem Vater des Mönches am Yangtsekiang. Als der auf dem Fluss fuhr, wurde er von einem Räuber ins Wasser geworfen. Dort ist er aber nicht wirklich ertrunken; sondern es kam ein Triton des Wegs. Der nahm ihn mit und brachte ihn ins Drachenschloß. Der Drachenkönig sah, dass er etwas Außerordentliches an sich hatte; darum gab er ihm seine Tochter zur Frau. Die gebar ihm drei Söhne. Die Söhne hatten von früher Jugend an eine Vorliebe für geheime Weisheit. So gingen sie miteinander auf eine Insel im Meer. Dort setzten sie sich hin und pflegten der Beschauung. Sie hörten nichts, sie sahen nichts, sie redeten nichts und bewegten sich nicht. Die Vögel kamen und nisteten in ihrem Haar; die Spinnen kamen und spannen Netze über ihr Gesicht. Würmer und Kerfe kamen und krochen ihnen zur Nase und den Ohren aus und ein. Sie aber kümmerten sich nicht darum.

Als sie viele Jahre so gesessen hatten, erlangten sie geheimen Sinn und wurden Götter. Der Herr aber machte sie zu den drei Waltenden. Der Himmel schafft die Dinge, die Erde fertigt die Dinge, das Wasser erzeugt die Dinge. Die drei Waltenden ließen ihre Urkraft kreisen, um dabei zu helfen und zu ordnen. Darum heißen sie auch die drei Urgötter. Überall auf Erden sind ihnen Tempel errichtet. Geht man in einen dieser Tempel hinein, so sitzen die drei Waltenden auf einem Sockel. Sie haben Fransenhüte auf und Zepter in den Händen wie Könige. Der aber auf dem letzten Platze zur Rechten sitzt, der hat Glotzaugen und sieht zornig drein.

Fragt man, was das bedeute, so erzählen die Leute: »Die drei waren Brüder und wurden von dem Herrn zu waltenden Göttern gemacht. Sie redeten nun darüber, wie sie sitzen sollten. Der jüngste sprach: »Morgen früh, ehe die Sonne aufgeht, wollen wir hier zusammenkommen. Wer zuerst kommt, der soll in die Mitte auf den Ehrenplatz, der zweite auf den zweiten und der dritte auf den letzten Platz.« Die beiden älteren Brüder waren’s zufrieden. Am anderen Morgen in aller Frühe kam zuerst der jüngste und setzte sich auf den mittleren Platz und wurde Gott des Wassers. Der mittlere kam zu zweit; er setzte sich zur Linken und ward Gott des Himmels. Zuletzt von allen kam der älteste. Wie der nun sah, dass seine Brüder schon auf ihren Plätzen saßen, da ward ihm übel zumute, und doch durfte er nichts sagen. Der Zorn stieg ihm ins Gesicht, die beiden Augäpfel traten ihm wie Kugeln aus den Höhlen, und seine Adern schwollen auf wie Wülste. So setzte er sich zur Rechten und ward Gott der Erde. Die Handwerker, die die Götterbilder machen, haben das gesehen und ihn also abgebildet.«

26. Konfuzius

Als Konfuzius geboren ward, da kam ein Kilin und spuckte einen Nephritstein aus, darauf stand geschrieben: »Sohn des Wasserkristalls, du wirst einst ungekrönter König werden!«Er wuchs heran und ward neun Fuß hoch. Er war schwarz und häßlich im Gesicht. Seine Augen standen hervor, seine Nase war aufgestülpt. Die Lippen bedeckten die Zähne nicht, und die Ohren hatten große Öffnungen. Er lernte fleißig und war bewandert in allen Dingen. So ward er zum Heiligen.

Eines Tages stieg er mit seinem Lieblingsjünger Yän Hui auf die höchste Spitze des Großen Berges. Er sah bis nach dem Yangtsekiang im Süden.

»Siehst du«, sprach er zu Yän Hui, »was das für ein Ding ist, das vor dem Stadttor von Wu schimmert?«

Yän Hui sah genau hin und strengte seine Augen an; dann sagte er: »Das ist ein Stück weißes Tuch.«

»Nein«, sprach Konfuzius, »das ist ein weißes Pferd.«

Und als man nachsah, war es wirklich so. Der Große Berg ist von der Hauptstadt Wu wohl tausend Meilen weit entfernt, und dass Konfuzius auf diese Entfernung ein weißes Pferd erkennen konnte, zeigt seinen Scharfblick. Yän Hui kam ihm ja nicht ganz gleich; doch sah er wenigstens noch etwas Weißes. Darum nennt man ihn den zweiten Heiligen.

Ein andermal grub man in seiner Heimat einen Brunnen. Da stieß man auf ein Tier, das sah aus wie ein Schaf, hatte aber nur ein Bein. Niemand wußte, was es war. Da fragte man den Konfuzius. Der sprach: »Das ist ein Springschaf; wenn es erscheint, dann kommt ein großer Regen.« Und richtig fiel ein Regen bald danach.

Ein andermal ward im Yangtsekiang ein Ding ans Land geschwemmt, das war grün und rund und so groß wie eine Melone. Der König von Tschu sandte hin und ließ den Konfuzius fragen, was es wäre. Der sprach: »Die grüne Entengrütze im Yangtsekiang trägt alle tausend Jahre einmal Frucht. Wer diese Frucht erlangt, dem fällt die Herrschaft über die Welt zu.«

Ein andermal gruben sie in der Heimat des Konfuzius einen Riesenknochen aus. Den luden sie auf einen Wagen und führten ihn zu Konfuzius, um ihn darüber zu befragen. Der sprach: »Vor alten Zeiten hat der große Yü die Reichsfürsten um sich versammelt. Windhalter allein war nicht erschienen. Yü ließ ihn töten und an diesem Ort begraben. Windhalter, heißt es, war ein Riese. Das ist ein Knochen von ihm.«

Als der Tod des Konfuzius herannahte, da fing der Fürst von Lu auf der Jagd ein Kilin, und man tötete es. Dem Kilin, das bei des Konfuzius Geburt erschienen war, hatte seine Mutter einen roten Faden um das Horn gebunden. Das tote Kilin hatte diesen Faden noch immer am Horn.

Als Konfuzius davon hörte, brach er in Tränen aus: »Meine Lehre hat keinen Erfolg! Was tust du da? Ich werde sterben müssen.«

Denn das Kilin zeigt sich nur, wenn ein großer Mann auf Erden ist. Um jene Zeit schrieb Konfuzius gerade an seinem Buch: »Von Blüte und Untergang der Staaten.« Mit diesem Ereignis legte er die Feder weg und schrieb nicht weiter.

Auch träumte ihm, er sitze in einem Tempel zwischen zwei Mittelpfeilern. Da sagte er zu seinen Jüngern: »Ich werde sterben müssen.« Dann dichtete er ein Lied:

Es stürzt der Große Berg, Es bricht des Daches First; Der Weise fährt dahin.

Danach legte er sich zu Bett, ward krank und starb.

So wußte er nicht nur, was während seines Lebens vor sich ging, sondern auch, was nach seinem Tode kam. Der Traum, dass er sich selbst im Tempel sitzen sah zwischen den zwei Hauptpfeilern, war eine Weissagung der Verehrung, die ihm in späteren Jahrhunderten zuteil ward.

Aber auch nach seinem Tode noch gab er Beweise von seiner Allwissenheit. Als einst der böse Kaiser Tsin Schï Huang alle anderen Staaten unterjocht hatte und das ganze Reich durchzog, da kam er auch nach der Heimat des Konfuzius. Da kam er an sein Grab. Er wollte es öffnen lassen und sehen, was darin sei. Alle seine Beamten rieten ihm ab, aber er hörte nicht auf sie. So wurde denn ein Gang hinein gegraben, und man traf in der Hauptkammer auf den Sarg. Das Holz schien noch ganz neu zu sein. Wenn man daran klopfte, so klang es wie Erz. Links vom Sarg war eine Tür, die führte in ein inneres Gemach. Darin standen ein Bett, ein Tisch mit Büchern und Kleidern, alles wie für einen lebenden Menschen gehalten. Tsin Schï Huang setzte sich auf das Bett und blickte auf den Boden. Da standen zwei Schuhe aus roter Seide, die an der Spitze ein gesticktes Wolkenmuster trugen. Sie waren neu und rein und ohne Staub. An der Wand stand ein Bambusstab. Zum Scherze zog der Kaiser die Schuhe an, nahm den Stab und ging zum Grabe hinaus. Da erschien plötzlich eine Tafel, darauf standen folgende Verse:

 Tsin Schï Huang hat sechs Reich’ überrannt,

 Öffnet mein Grab und mein Bett er fand,

 Stiehlt meine Schuh’, nimmt den Stock in die Hand:

 Kommt er nach Schakiu — sein Ende er fand.

Tsin Schï Huang erschrak sehr und ließ das Grab wieder schließen. Als er aber nach Schakiu kam, da traf ihn eine hitzige Krankheit, an der er starb.

Als später zur Han-Zeit Dschung Li I als Fürst von Lu eingesetzt war, da nahm er von seinem eigenen Gelde zehntausend Lot und gab sie dem Tempelbewahrer, um den Tempel des Konfuzius auszubessern. Da traf man auf den Wagen des Konfuzius und fand seinen Tisch, seine Matte, sein Schwert und seine Schuhe. Ein Tempelarbeiter, namens Dschang Be, der vor der großen Halle Gras jätete, fand in der Erde sieben Nephritzepter. Er steckte eines zu sich und brachte die anderen dem Dschung Li I. Der ließ sie auf dem Tisch des Konfuzius aufstellen. Dieser Tisch stand in der früheren Lehrhalle des Konfuzius. An der Wand dieser Halle stand auch ein Bett. Oben über dem Bett hing eine große Tonne. Dschung Li I fragte den Tempelbewahrer, was das sei. Der erwiderte: »Es ist eine Hinterlassenschaft des Konfuzius. Eine Inschrift mit roten Zeichen steht darauf, darum habe ich es nicht gewagt, sie zu öffnen.«

Dschung Li I sprach: »Der Meister war ein Heiliger, vielleicht enthält die Tonne Lehren, die er der Nachwelt zu geben hat.«

So wurde sie geöffnet. Es fand sich ein Zettel darin, darauf stand geschrieben: »In späterer Zeit wird ein Gelehrter kommen, der meine Bücher ordnet. Er wird meinen Wagen finden und meine Schuhe und meinen Bücherkasten. Dschung Li I bekommt sieben Zepter, aber Dschang Be versteckt eines davon.«

Als Dschung Li I diese Schrift gelesen hatte, da berief er den Dschang Be und sprach zu ihm: »Es waren sieben Zepter da, warum hast du eines davon versteckt?«

Da fiel jener vor ihm nieder und gab das gestohlene Zepter heraus.

Konfuzius hatte einst zu einem Jünger gesagt: »Die Ereignisse von hundert Geschlechtern kann man vorher wissen.«

In dieser Geschichte zeigt sich ein Beweis davon.

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