Slow Dancing In A Burning Room

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Slow Dancing In A Burning Room
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Rika Mayer

Slow Dancing In A Burning Room

Volume 2 2010-2013

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

B-Side

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Reprise

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Anmerkung

Impressum neobooks

B-Side

Slow Dancing In A Burning Room

Volume 2

2010 - 2013

Roman

Rika Mayer

für Kathi, Maret, Chris und Daniel

You think you know a story, but you only know how it ends.

To get to the heart of the story, you have to go back to the beginning.”

Jonathan Rhys Meyers as King Henry VIII in The Tudors

1

„Oh mein Gott“, setzte Linnea sich auf, um besser hinaus sehen zu können auf das, was vor ihnen lag. „Ich dachte, so etwas gibt es nur im Film!“ Sie war entzückt. Vor ihnen lag ein typisches Dorf des mittleren Westens, so wie sie es aus Fernsehserien kannte. Eine breite Hauptstraße war von Holzhäusern begrenzt, ein paar Bäume säumten die Fassaden und wären da nicht die Autos, so hätte man sich um Jahre zurückversetzt fühlen können.

„Gefällt es dir?“, lenkte Haydn das Mietauto an den Straßenrand und stellte den Motor ab. „Erst, wenn wir die alte Lady mit dem Pfannkuchenfrühstück gefunden haben“, schnallte Linnea sich eilig ab und konnte es kaum erwarten auszusteigen. „Okay, dann steigt mal aus, eure Hoheit“, sah Haydn ihr dabei zu, wie sie ihre Schuhe wieder anzog. „Hey, willst du deiner Frau nicht die Tür aufmachen?“, empörte sie sich und er zog den Schlüssel ab. „Nein, aber ich trag dich dann über die Schwelle.“ „Okay“, rief sie fröhlich und sprang auf den Gehsteig hinaus. Oh, es war herrlich hier!

„Hoffentlich sind wir nicht zu auffällig“, streckte sie sich und wartete auf Haydn, der um das Auto herum kam. „Keine Sorge. Wir sind das perfekte amerikanische Paar.“ Damit beugte er sie über seinen Arm und gab ihr den perfekten Hollywoodkuss. „Ja, genau das habe ich gemeint“, zog sie ihr Shirt zurecht, aber ihr Gesicht strahlte und sie fuhr sich durch die Haare. „Jeder mag frisch verliebte Ehepaare“, zuckte er die Schultern und nahm ihre Hand. „Jetzt komm, Missy. Suchen wir deine alte Lady.“ „Yiiiiihaaah!“ Haydn lachte und legte den Arm um ihre Schultern. „Pass auf, am Ende der Woche trägst du einen Revolver und spuckst Kautabak.“ „Yuk.“ „Also ich stehe auf Cowgirls.“ Sie stellte ihm ein Bein, über das er geflissentlich hinweg stieg. „Du stehst auf alle Girls“, erwiderte sie und er küsste ihre Schläfe. „Tatsache.“

„So, das ist mein bestes Zimmer.“ Mrs. Pierce steckte den Schlüssel ins Schloss und drückte die Schnalle hinunter. Sie war alles, was Linnea sich erhofft hatte: Klein, weiße Locken, die Brille an einer schmalen Goldkette und eine Bluse mit Blumenmuster. „Ich hoffe, es wird Ihnen hier gefallen“, öffnete sie die Tür und Linnea spürte, dass Haydn an ihrem Arm fast in Ohnmacht gefallen wäre. „Es ist immer so nett, ein so junges Ehepaar hier zu haben. – Nun?“ Die Wände waren mit zartpinken Rosen tapeziert und die dunklen Möbel waren mit allerhand Schnörkeln verziert. „Ich habe natürlich kein Honeymoonzimmer“, entschuldigte sie sich und überreichte Linnea den Schlüssel. „Aber ein so verliebtes Paar wie sie beide, kann jedes Zimmer verwandeln.“ „Es ist…“ Er gab sich wirklich große Mühe. „Es ist perfekt.“ Er setzte ein dümmliches Grinsen auf und drückte Linnea an sich, um sie auf die Wange zu küssen. „Was sagst du, mein Honeybear?“ „Es ist traumhaft!“ Okay, vielleicht hatte sie gerade ein bisschen zu dick aufgetragen, aber Mrs Pierce schien sehr zufrieden. „Es tut so gut zu sehen, dass junge Leute heutzutage noch heiraten“, lächelte sie und strich eine imaginäre Falte aus der Überdecke. Du meine Güte, wie jung glaubte sie, dass sie beide waren? Linnea war sich sicher, dass sie nicht mehr als Anfangzwanzigerin durchging. „Oh, wir konnten es nur nicht mehr erwarten, Sex zu haben.“ „Wie bitte?“ Linnea zwang sich, nicht laut zu lachen und zwickte Haydn in den Oberarm. „Wir konnten es nicht mehr erwarten, Kinder zu haben“, wiederholte er, ohne mit der Wimper zu zucken. „Wie schön“, lächelte die alte Dame und ging zurück zur Tür. „Also, wenn Sie mit dem Zimmer einverstanden sind, kommen Sie doch nur noch einen Moment mit nach unten, um sich einzutragen.“

 

„Du machst die arme Frau ganz verlegen“, zischte Linnea grinsend auf dem Weg nach unten. „Ach wo“, küsste er sie und sie wäre fast die Treppe hinunter gestolpert. „We totally made her day.“

„Frühstück ist bis halb neun“, schrieb Mrs Pierce eine Nummer auf ein Formular und reichte es Haydn. „Wenn Sie mögen, kann ich Sie wecken.“ „Halb neun, Darling“, wandte er sich besorgt an Linnea. „Denkst du, wir können da schon aus dem Bett?“ Diesmal hatte Mrs Pierce seine Andeutung bestimmt nicht verstanden und lächelte gutmütig. „Wenn Sie ein bisschen zu spät kommen, stelle ich das Essen natürlich gerne warm. Sie möchten natürlich einen gemütlichen Morgen verbringen.“ „Absolut.“ Linnea zwickte ihn wieder in den Arm und setzte ihre Unterschrift unter das Formular. „Haben Sie Ihr Gepäck noch im Wagen?“, gab ihm Mrs Pierce seinen Pass zurück. „Oh, das ist unser Gepäck“, deutete Linnea auf die eine Tasche, die sie neben der Tür abgestellt hatte. „Wir konnten es kaum erwarten und sind durchgebrannt“, fügte Haydn hinzu. „Nicht wahr, Pussycat?“ „Och, Honey! Dabei hatte meine Mutter eine so schöne Feier geplant.“ Mrs Pierce wirkte etwas irritiert, sagte aber nichts und ordnete das Formular ein.

„Das ist ein Alptraum“, ließ Haydn sich aufs Bett sinken und knöpfte seine Schuhe auf. Linnea schob den Spitzenvorhang zur Seite und warf einen Blick in den makellosen Rosengarten mit den weißen Gartenstühlen und dem kleinen Springbrunnen. „Ich finde es sehr romantisch.“ „Du bist ja auch eine Frau“, stand er wieder auf und trat hinter sie. „Euch darf so etwas gefallen.“ Damit legte er die Arme um sie und küsste ihren Nacken. „Ihr Männer findet es romantisch“, ließ sie den Vorhang los, „mitten in der Wildnis zu sitzen und Fisch auszunehmen.“ „Das ist ja auch romantisch. Wild-romantisch“, drehte er sie herum und küsste sie. „Aber wenn du möchtest, darfst du den Fisch ausnehmen. Ich bin ein moderner Mann.“ Sie lachte und ließ sich von ihm aufs Bett drücken.

„Ich habe irgendwie Angst, dass Mrs Pierce vor der Tür steht und horcht“, ließ sie sich ihr Shirt über die Brüste hochschieben und lehnte sich zurück. Haydn grinste und küsste ihren Bauch. „Mrs Pierce denkt, wir sind beide noch Jungfrau.“ „Ja, also fällt sie bestimmt tot um“, schlang sie ihre Beine um seine Hüften, „wenn sie mitkriegt, dass wir ganz und gar unkeuschen Sex haben. Frisch verheiratete Jungfrauen haben romantischen Sex. Ängstlich, vorsichtig, zärtlich und bei Kerzenlicht.“ „Wie langweilig“, seufzte er und biss ihr in den Hals. „Du bist meine Frau, ich kann dich so ficken wie ich will.“ „Oh, aber Liebling, ich bin noch so unerfahren“, rief sie aus. „Ich flehe dich an, sei sanft zu mir.“ Dabei vergrub sie ihre Finger in seinem Rücken. „Nicht so laut“, grinste Haydn und legte ihr die Hand über den Mund. „Sonst kriegt die Arme noch einen Herzinfarkt, wenn sie hört, dass wir es schon bei Tageslicht treiben.“ „Dann darfst du mich aber auch nicht so rannehmen wie sonst“, protestierte sie flüsternd. „Okay“, schob er ihren BH wieder an seinen Platz. „Lass uns Liebe machen wie ein blutjunges Ehepaar in seiner ersten Nacht.“ Damit öffnete er seine Jeans und schob ihren Rock gerade so weit nach oben, dass er sie immer noch bedeckte. Seine Jeans gerade mal bei den Knien nahm er ein Kondom aus der Hosentasche und öffnete es vorsichtig. „Oh, meine Liebste“, flüsterte er dann und zog es über. „Ich kann es kaum erwarten, dich endlich zu spüren.“ Seine Finger schoben ihren Slip etwas zur Seite und Linnea legte ihre Hände auf seine Schultern. „Vorsichtig, mein Schatz“, versuchte sie, ihre Stimme zittern zu lassen.

„Meinst du, Mrs Pierce wäre jetzt zufrieden?“, grinste er und bewegte sich ganz langsam vor und zurück. „Na ja, es ist immer noch Tag“, antwortete Linnea die nicht einmal so tun konnte, als würde es ihr gefallen. „Ja, aber wir beide sind nicht mehr wirklich blutjung.“ Im nächsten Moment brachen sie beide in schallendes Gelächter aus und Haydn ließ seinen Kopf auf ihre Brust sinken. Dann richtete er sich auf und fasste ihr unter den Rock. „So geht das wirklich nicht.“ Mit einem schnellen Ruck zeriss er ihren Slip und drängte sich enger an sie. „Hey“, protestierte Linnea und stöhnte auf. „Ich habe nur mehr einen.“ „Wir gehen später einkaufen.“

2

„Hmmm, es ist doch immer wieder faszinierend wie viel man am Arsch der Welt tun kann.“ Haydn hielt Linnea ein Prospekt unter die Nase. Sie hatten sich geduscht und umgezogen und der Hunger hatte sie nach unten getrieben. „‚Blumengestecke neu erfinden‘ - oioi.“ Haydn grinste und küsste ihren Nacken. „Das ist, was brave Ehefrauen so tun.“ „Ich bestimmt nicht. Die armen Blumen. – Aber vielleicht sollten wir wirklich etwas unternehmen“, nahm sie eine andere Broschüre vom Ständer. „Wir können nicht unsere ganzen Flitterwochen im Bett verbringen.“ „Warum nicht?“, legte er seine Arme um sie und sein Kinn auf ihre Schulter. „Dafür sind sie doch da.“ „Hmmm“, lächelte sie und tätschelte seinen Kopf.

„Hey, wie wär’s“, ließ er sie los und griff nach einem weiteren Zettel, „mit Square Dance?“, hielt er ihn hoch und schwenkte ihn vor ihren Augen. „Ooooh nein!“, wollte sie ihn ihm entreißen, doch er sprang zur Seite. „Hab dich nicht so. – This could be fun.“ „Ja, für dich vielleicht. Du hast zumindest Rhythmusgefühl.“ „Och, du bist auch nicht so übel – im Bett kannst du ganz gut mithalten. – Ouch!“ Sie boxte ihm in die Seite und nahm ihm den Zettel ab. „C’mon, kid“, protestierte er. „Judging from the rest of the activities: Das ist das einzige, wofür man nicht völlig hirnamputiert sein muss.“ „Ich mache mich bestimmt nicht auf meine Kosten lächerlich.“ „It was your idea to take the honeymoon out of the bedroom!“ Er nahm einen weiteren Flyer und begann, daraus einen Flieger zu basteln. „Ja, aber ich dachte dabei an etwas anderes.“ „Bingo im Gemeindesaal?“ „Ich bin doch noch keine 80.“ Der Flieger sauste an ihr vorbei und landete in einem der Blumenarrangements am Eingang. „Was du nicht sagst.“

Mrs Pierce kam die Treppe herunter und Haydn versteckte den Flieger eilig hinter seinem Rücken. „Ach hier sind Sie! Ich wollte Ihnen sagen, dass wir heute Abend einen Backkurs anbieten.“ Sie lächelte in Linneas Richtung. „Vielleicht möchten Sie Ihren Ehemann in Zukunft mit ein paar Keksen oder einem schönen Kuchen überraschen?“ „Oh“, grinste Haydn. „Ich darf weder Kekse noch Kuchen essen. Mein Körper ist mein Kapital.“ Linnea prustete in ihre Faust und Mrs Pierces Blick verdunkelte sich für eine Sekunde, bevor sie ihre Fassung zurück erlangte. „Eigentlich“, nahm Linnea eilig einen Flyer vom Regal, „hatten wir vor, den Square Dance Abend zu besuchen.“ Sie spürte Haydns leicht spöttischen Blick auf sich. „Oh ja“, atmete Mrs Pierce auf, „das sind sehr lustige Abende.“ Linnea wusste, dass Haydn sich gerade auf die Lippen beißen musste, damit es ihn nicht vor Lachen zeriss. „Wenn ich nicht schon so gebrechlich wäre, würde ich mich selbst ins Vergnügen stürzen.“

„So so, ich habe gehört, wir gehen heute Abend zum Square Dance“, zog er sie an sich, nachdem Mrs Pierce den Raum wieder verlassen hatte und Linnea seufzte. „Bevor ich Kekse backen muss…“ „You know we have a very soft bed upstairs. – And when you close your eyes you might not see all those freaky flowers on the walls.“

3

Das erste Mal, dass Linnea Haydn sagen wollte, dass sie ihn liebte war, als er sich am Morgen beim Rasieren schnitt. Es war ihr vierter Morgen in dem kleinen Rosenzimmer und Linnea war aufgewacht und hatte Haydn neben sich vorgefunden - tatsächlich schlafend. Da das eine solche Seltenheit war, widerstand sie der Versuchung ihn zu wecken, küsste ihn auf die Schulter und kuschelte sich an ihn. Er war die ganze Zeit über unglaublich umgänglich und Linnea fand es faszinierend einfach seine Ehefrau zu spielen, wenn sie in Gegenwart anderer waren. Wenn sie allein waren, war er der Liebhaber, den sich jedermann nur wünschen konnte, aber weit entfernt von einem Ehemann. Verdammt: Etwas für Haydn Cavendish zu empfinden, war das letzte, was sie wollte. Aber er war so unglaublich süß, wie er über dem Waschbecken fluchte und sich das Blut abtupfte, während Linnea neben ihm stand und ihr die Zahnpasta übers Kinn lief, weil sie ihn einfach nur ansehen konnte.

Das zweite Mal waren sie schwimmen gegangen, um der Hitze zu entkommen und Haydn war in der Sonne eingeschlafen. Der Schweiß glänzte auf seiner dunklen Haut, aus seinen Kopfhörern hörte man ganz leise Musik. Linneas Haut war weniger an Sonne gewöhnt und sie hatte sich in den Halbschatten zurückgezogen, von wo sie Haydn besser beobachten konnte. Aber nicht nur sie beobachtete ihn. Zugegeben, er war, neben ein paar Footballspielern, auch der Einzige der sich wirklich in Badehosen zeigen sollte, sein Körper war aber im Vergleich zu den Sportlern so schlank und fein definiert, nirgends zu viel von dem, was nicht sein sollte. Als Linnea von der Toilette zurückkam, fand sie ihren Ehemann inmitten einer Gruppe junger Leute – dem Flirten ganz und gar nicht abgeneigt – und sie setzte sich langsam auf ihre Liege und seufzte. Er lachte, er scherzte, er war so unglaublich sexy – und als er vor den Augen seiner Bewunderinnen mit einem Flickflack und einem Salto ins Wasser sprang, hätten ihre Gedanken nicht weit genug davon entfernt sein können, ihn zu lieben. Er war ein fabelhafter Schwimmer und konnte alle möglichen Kunststücke vollführen, nichts anderes hatte sie erwartet, aber sie konnte es nicht genießen, wenn jeder – vor allem sie selbst – sehen konnte, dass er es nicht für ihr Amüsement tat.

Als er aus dem Wasser stieg, schloss Linnea vor seinen Bauchmuskeln die Augen – um sie erst wieder zu öffnen, als er ihr eine Tüte Eis vor die Nase hielt. „Du hast mal gesagt, du liebst Walnusseis“, lächelte er über ihren verdutzten Blick und warf sich auf seine Liege. Wenn er wüsste, was sie in dem Moment mehr liebte, als Walnusseis. Aber natürlich konnte sie ihm das nicht sagen. Abgesehen davon, dass sie es selbst kaum glauben wollte, würde es ihn wahrscheinlich schneller in die Flucht schlagen, als sie es aussprechen konnte.

Es war einer jener Nachmittage, an denen man nicht einmal vom Mittagstisch aufstehen konnte, weil die Schwerkraft in der Hitze die Oberhand über einen gewonnen hatte. Linnea und Haydn hatten den Vormittag damit zugebracht, vor dem kleinen Fernseher auf ihrem Zimmer einzuschlafen und sie erwachten rechtzeitig zum nachmittäglichen Kinderprogramm. Dann verbrachten sie eine weitere Stunde damit, sich mit Obst zu füttern, während sich Cartoonfiguren auf Spanisch anschrien. Es hätte erotisch werden können, wenn sie nicht ständig das Gefühl gehabt hätten, Pädophilie zu praktizieren. Am Nachmittag waren sie wieder schwimmen gegangen, bevor die Schwüle sie zurück auf ihr Zimmer getrieben hatte. Linnea lag auf dem Bett und dämmerte vor sich hin – einen kalten Lappen auf der Stirn – und Haydn saß am Fenster und zupfte auf der Gitarre, die er in einem kleinen Musikgeschäft neben dem Postamt erstanden hatte.

Irgendwann wurde es plötzlich immer dunkler am Himmel und als der erste Blitz ins Zimmer zuckte, wich Haydn erschrocken von seinem Platz. „Whoa!“ Linnea öffnete die Augen und hörte das erste Donnergrollen. „Was?“ Noch ein Blitz und Haydn legte die Gitarre weg und schluckte: „Erm… nichts.“ Er zog sich aufs Bett zurück und Linnea kam nicht umhin, in sich hinein zu lachen. Hatte er etwa Angst vor Gewittern? Er, der er vor nichts Angst hatte?

Einige Minuten später brach es endgültig, in voller Stärke, über sie herein. Blitze, Donner, Regen. Man spürte regelrecht, wie es plötzlich kühl wurde, als sich die aufgestaute Hitze entlud und Linnea nahm den Lappen von der Stirn und seufzte genüsslich. Endlich würde man sich wieder bewegen können. Haydn neben ihr war weniger gelassen, auch wenn er sich überaus bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Er hatte das Buch zur Hand genommen, das er unten im Wohnzimmer ausgeliehen hatte, wirkte aber viel zu unkonzentriert, um bei seiner Leseschwäche überhaupt über mehr als einen Satz hinaus zu kommen.

„Vielleicht sollten wir morgen ganz früh losfahren“, legte er dann das Buch zur Seite und kratzte sich am Hinterkopf. „Bevor es wieder heiß wird. Und dann schaffen wir eine gute Strecke, bevor wir uns ein Motel suchen müssen. Oder wir schlafen im Auto, Motels können so ausladend sein.“ Linnea wusste, dass er nur redete, um sich selbst abzulenken und drehte sich zu ihm, um ihm die Hand in den Schoß zu legen. „Haydn?“ „Hm?“, unterbrach er sich selbst und sah sie an. „Ich liebe dich.“

 

Sie konnte nicht sagen, dass er geschockt war. Vielmehr konnte sie gar keine Reaktion aus seinem Gesicht lesen. Aber er war nicht davon gelaufen, das war schon was. „Ich darf nur nicht vergessen, zu tanken, wer weiß, wie weit es bis zur nächsten Tankstelle ist“, fuhr er dann fort, als hätte sie nichts gesagt und Linnea schluckte. „Ja, gute Idee.“ „Und wir dürfen nicht vergessen, genügend Proviant einzukaufen.“ „Ich werde gleich eine Liste schreiben.“ „Okay…“ Dann beugte er sich zu ihr um ihr einen Kuss zu geben, den man fast als zärtlich bezeichnen konnte und der sie wieder einmal verwirrt zurück ließ.

Er hatte sich für den Rest des Abends in seinem Buch vergraben und Linnea bemühte sich, andere Beschäftigungen zu finden. Sie putzten sich schweigend die Zähne und gingen zu Bett, ohne irgendwelche Zärtlichkeiten auszutauschen. Linnea verkroch sich unter die Decke und schalt sich selbst für ihre Dummheit. Es dauerte schier endlos, bis sie endlich einschlafen konnte, doch als sie gegen sechs Uhr zum ersten Mal aufwachte, schlief Haydn mit dem Gesicht zu ihr.

4

„Es hat mich sehr gefreut, Sie beide hier zu haben“, lächelte Mrs Pierce und schüttelte ihm die Hand, als Linnea zu ihnen stieß, um sich ebenfalls zu verabschieden. Das Auto war gepackt, sie hatten eine Zweitagesfahrt zum Flughafen vor sich. „Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute – und gute Fahrt.“ „Danke“, ließ er ihre Hand los. „Und danke, dass Sie uns unseren Aufenthalt so gemütlich gemacht haben.“ Damit hob er Linnea hoch, die einmal aufquiekte und setzte sie auf den Beifahrersitz. „Lass den Unsinn“, wehrte sie lachend ab und winkte Mrs Pierce. „Ich hab dich ja doch nicht über die Schwelle getragen“, zuckte er die Schultern und schloss ihre Tür.

„Denkst du, sie weint, weil wir abreisen?“, fragte sie, als Haydn die Fahrertür öffnete. „Sie wird uns jedenfalls nicht so schnell vergessen“, kletterte er auf den Fahrersitz und ließ den Motor an. Dann beugte er sich zu ihr und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss.

Es war stockdunkel, als sie bei einem Motel ankamen. Trotz der Proteste von Haydns Seite hatte Linnea darauf bestanden, nicht im Auto zu schlafen. „Wir haben ja nicht mal eine Matratze.“ Also weckten sie den Portier aus seinem Nickerchen und ließen sich einen Schlüssel geben.

„Now, this is just wrong“, knipste Haydn das Licht an und ihre Blicke fielen auf die Glasbausteinwand, die das Zimmer vom Bad trennte. „Also so schlimm ist es nun auch wieder nicht“, stellte Linnea ihre Sachen ab und sah sich in dem kleinen Raum um. „Ich hätte erwartet, dass es dich mehr ekeln würde als mich“, kam Haydn hinter ihr ganz herein. „Ich habe immerhin schon in grausameren Hotels übernachtet als du.“ „Willst du zurück in das Blumenzimmer?“, ging sie ins Badezimmer und drehte das Licht an. „Okay…“, kam sie wieder zurück und biss sich auf den Finger. „Vielleicht wäre das Auto doch die bessere Lösung.“

Haydn putzte sich die Zähne, während Linnea das Bett durchsuchte. Obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie tatsächlich etwas finden wollte. „Ich glaube, man kann darin schlafen“, saß sie darauf, als er aus dem Badezimmer kam, „aber sicherheitshalber sollten wir keinen Sex haben.“ Er lehnte sich an die Glaswand und sah sie lange an, bevor er lächelte und nickte. „Klingt weise“, ging er zum Bett und zog sein Hemd aus, bevor er zu Linnea unter die Decke kroch. Sie trug den Seidenpyjama, den er ihr gekauft hatte und ihr Haar war zu einem Zopf geflochten. Es war das erste Mal, dass er sie fürs Bett zurecht gemacht sah – bisher hatte sie sich nie darum gekümmert, da er sie ohnehin wieder ausgezogen und ihr Haar sich gelöst hatte. Obwohl sie ein paar Sommersprossen hatte, war ihr Gesicht beinahe makellos und ihre nackten Schultern leuchteten elfenbeinfarben. Er wusste, dass sie nicht mehr das Mädchen war, das er vor über zweieinhalb Jahren kennen gelernt hatte, aber er weigerte sich zu sehen, dass nur sein Blickwinkel sich verändert hatte. Er zog sie an sich und küsste sie. Sie schmeckte nach Minze.

Linnea setzte sich auf ihn und sie küssten sich, bis sie beide zu müde waren, um sich aufrecht zu halten. Die Fahrt hatte sogar Haydn erschöpft und er fiel schnell in einen unruhigen Schlaf voll alter Träume. Als er die Augen wieder öffnete, sah er direkt in Linneas graublaue Augen. Ihr Blick war sanft, aber die Tatsache, dass er sie direkt ansah, erschreckte ihn. Da sie am Tag davor vor ihm aufgestanden war, wusste er nicht, dass er sich schon in der letzten Nacht im Schlaf zu ihr gedreht hatte, aber er wusste, was es bedeutete.

„Guten Morgen.“ „Guten Morgen.“ „Was hast du geträumt?“ „Wieso?“ „Du warst ziemlich unruhig.“ „Hast du nicht geschlafen? Ich dachte, du warst sooo müde.“ „Das Bett ist gut gefedert und du hast dich ziemlich oft hin und her gedreht.“ Draußen hörte man Autotüren und einen Motor anspringen. „Deshalb schlafe ich nie“, zuckte er mit den Schultern und wollte sich aufsetzen, doch sie hielt ihn zurück. „Bleib noch einen Moment.“ „Wir sollten zusehen, dass wir uns auf den Weg machen“, fuhr er sich durch die Haare und warf einen Blick auf die Uhr. „Du hast noch nichts dazu gesagt.“ Er gähnte. „Wozu?“ „Ich liebe dich!“, setzte sie sich ebenfalls auf und sah ihn an. „Hmmm, hätte nicht gedacht, dass du das so schnell wieder sagst.“ „Siehst du: Eine Reaktion! Gestern hast du nicht reagiert.“ Wenn auch so ganz und gar nicht die Reaktion die sie sich erhoffte und nicht erhoffen konnte. „Weil der Moment dich überwältigt hat. Die Tatsache, dass ich keine Gewitter mag.“ „Trotzdem hättest du irgendetwas sagen können.“ „Und was?“, drehte er sich zu ihr und legte seine Hand an ihre Wange. „Was hast du erwartet, dass ich sage? Was erwartest du, dass ich sage?“ Sie blinzelte. „Ich weiß, was du willst, dass ich sage“, flüsterte er und streichelte ihre Wange, „aber du willst nicht, dass ich lüge, oder?“ Der Glanz in ihren Augen verschwand schlagartig und ihr Gesicht wurde blass. „Ich verstehe“, wich sie von seiner Hand zurück und verkrampfte ihre Hände. Nein, sie wollte nicht, dass er sie anlog, aber musste er gleich so verletzend ehrlich sein? Sie war in letzter Zeit schon genug gedemütigt worden, aber dieser Moment war vielleicht der Schlimmste von allen. Wenigstens hatte sie sich Albin nicht so derart an den Hals geworfen, er hatte gewusst, was sie für ihn empfand. Aber Haydn musste es doch auch wissen. Er wusste immer alles.

„Léa!“, zwängten sich seine Finger in eine ihrer Hände. „Du denkst, ich habe mir nur einen Spaß erlaubt, indem ich dich geheiratet habe, oder?” Sie nickte. „Jeder deiner Freunde weiß, dass du überhaupt nicht heiraten willst.“ „Aber ich habe dich gefragt - oder nicht?“ „Weil ich gerade anwesend war und verletzlich war…“ „Und ich betrunken war, ja ja, ich weiß.“ Er stand auf und nahm seine Jeans von dem einzigen Stuhl im Raum. „Das warst du ja auch“, stieg Linnea in ihre Schuhe, um nicht den Boden mit den nackten Füßen berühren zu müssen. „Du hättest nein sagen können“, zuckte er die Schultern und Linnea seufzte. „Ich war auch betrunken.“ „Okay, wenn das so ist“, nahm er ohne ein weiteres Wort den Telefonhörer ab, „werde ich an der Rezeption anrufen und fragen, ob es in der Nähe einen Scheidungsrichter gibt.“ Linnea schluckte.

„Warum bist du so?“, murmelte sie dann. „Warum kannst du nicht zugeben, dass du ein Herz hast?“ Sie atmete tief und stöhnte. „Du bist auch nur ein Mensch, Haydn Cavendish! Wenn ich dich jetzt umbringen würde, würdest du sterben, wie alle anderen auch!“ Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund. Das hatte sie so bestimmt nicht sagen wollen! „So?“, legte er den Hörer wieder auf. „Ist es das was du willst? Schön“, breitete er die Arme aus. „Bring mich um! Dann brauche ich es wenigstens nicht selbst zu tun.“ Die Tränen hatten sich nach oben gekämpft und sie sank aufs Bett, die Hände auf die Brust gepresst. „Bist du verrückt?“, rang sie nach Atem. „Sag so was nie wieder, okay?“ Es zeriss sie fast. „Du machst mir Angst.“ Haydn ließ die Arme sinken und setzte sich auf den Stuhl. Dann legte er das Gesicht in die Hände.

„Hör mir jetzt genau zu“, kam er schließlich wieder zu ihr und sie sah auf. Er fuhr ihr durch die Haare, legte ihr den Daumen über den Mund und ließ seine Hand an ihrem Kinn ruhen. „Ich habe dich sehr lieb, Léa. Das weißt du. Aber ich kann dich nicht lieben und du wirst damit leben müssen, denn ich habe nicht die Kraft darüber zu streiten.“ Sie nickte langsam, nahm seine Hand und küsste sie, bevor sie sie sich an die Brust legte. „Okay“, flüsterte sie.