Kitabı oku: «Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens», sayfa 13
ZWISCHEN STRUKTUR UND FUNKTION BESTEHT EINE WECHSELBEZIEHUNG
Die Wissenschaft der Gesundheit in der Körperphysiologie erfordert die Qualitäten eines reziproken Austausches zwischen Struktur und Funktion, damit Gesundheit ausgedrückt werden kann. Vom Zeitpunkt der Empfängnis bis zu den letzten Momenten unseres physiologischen Lebens streben Zeit, Gewebe und Tiden in kontinuierlichem Bemühen nach Gesundheit. In jedem Trauma und/oder bei jeder Krankheit gibt es ein von der Körperphysiologie ausgehendes Bemühen, in den gestressten Bereich Gesundheitsmechanismen einzubringen, soweit dies möglich ist.
BEHANDELN IST MEHR ALS EIN ‚KORRIGIEREN‘ VON PROBLEMEN BEI TRAUMEN UND/ODER KRANKHEIT
Es stimmt, dass die Mechanismen eines Traumas und/oder einer Krankheit die Körperphysiologie überlagern und dass Zeit, Gewebe, Flüssigkeiten und Tiden sich innerhalb dieser Stressgebiete organisieren, bis sie zu geschlossenen Kreismustern werden, die nach kompensatorischen Adaptationen im Körper verlangen, damit der Patient funktionieren kann. Ebenso ist es wahr, dass chronische Dysfunktionsmuster, die vielleicht Wochen, Monate oder Jahre alt sind, buchstäblich umtrainiert werden müssen, um wieder ein gesunder Mechanismus zu werden, und dass jedem Trauma und/oder jeder Krankheit ein Gesundheitsmechanismus innewohnt, der darauf wartet, wieder zu gesundem Funktionieren erweckt zu werden. Der Behandler ist in der Lage, seine osteopathisch-palpatorischen Korrekturfähigkeiten bei akuten und chronischen Traumen oder Erkrankungen für ein korrektes Diagnostizieren und Behandeln zu nutzen. Es ist ihm möglich, das gesunde Funktionieren zu erkennen, das darauf wartet, aus dem Inneren des Problems hervorgebracht zu werden. Bei schon lange bestehenden chronischen Problemen braucht es wahrscheinlich Zeit und eine wiederholte, korrekturvorbereitende Behandlung der somatischen Dysfunktion, um endlich das gesunde Element zum Vorschein zu bringen, das da sein sollte. Wenn dieser Gesundheitsfaktor sich dann den palpierenden Händen des Behandlers zeigt, ist dieser bemüht, mit ihm statt mit dem überlagernden Stressmechanismus zu arbeiten. Anders ausgedrückt: Der Behandler sucht sozusagen Hand in Hand mit der Körperphysiologie des Patienten nach von innen kommender Gesundung.
Er bejaht Struktur und Funktion und deren reziproke Wechselbeziehung und entwickelt palpatorische Fähigkeiten, um diese Prinzipien zu nutzen. Die Körperphysiologie des Patienten leitet den Behandler in seinem Bemühen, ihren Bedürfnissen zu entsprechen, indem sie ihm drei Werkzeuge bietet: die unwillkürliche Mobilität der mittellinigen und paarigen Strukturen, die lebenslang in einem Rhythmus von 8–12 Mal pro Minute am Arbeiten ist; die innerhalb dieser Mobilität der mittellinigen und paarigen Strukturen stattfindende schnelle Tide – ein Mechanismus des Liquor cerebrospinalis mit seiner Potency, modifizierbar für die Bedürfnisse der Patientenphysiologie; und die langsame Tide, die innerhalb von 10 Minuten ungefähr 6 Mal hereinkommt und hinausebbt, und deren Funktionieren innerhalb der Körperphysiologie vermutlich einen Vitalitätsfaktor besitzt. Und auch die schon am Anfang erwähnte, von Dr. A. T. Still immer wieder betonte Maxime: „Gesundheit zu finden sollte das Ziel des Behandlers sein“ gehört zu den grundlegenden Prinzipien eines korrigierenden Behandlungsprogramms.
4. DIE KUNST DER PALPATION
4.1. DIE AUFGABE DER DIAGNOSTISCHEN PALPATION IM KRANIOSAKRALEN MECHANISMUS
Vortrag vom Februar 1983.
PALPATION DES KRANIOSAKRALEN MECHANISMUS
Dr. A. T. Still vermittelte dem osteopathischen Behandler folgende Konzepte: Die Rolle der Arterie ist herausragend. Der Körper hat eine ihm angeborene Fähigkeit, sich selbst zu heilen; und zwischen Struktur und Funktion besteht eine wechselseitige Beziehung. Dr. WIlliam G. Sutherland fügte ein weiteres grundlegendes Konzept hinzu: Der arterielle Strom ist das Höchste, aber das Oberkommando hat der Liquor cerebrospinalis, dessen Fluktuation innerhalb einer natürlichen Höhle man mit Hilfe von Palpation beobachten kann, wenn man kranial arbeitet.
Obgleich Dr. Sutherland über den Mechanismus der Primäratmung – den Kraniosakralen Mechanismus – sprach, wissen wir, dass die Körperphysiologie eine anatomisch-physiologische Funktionseinheit ist, zu der der Primäre Atemmechanismus dazugehört. Der Kraniosakrale Mechanismus ist kein eigener Bereich.
Um diese rhythmische, unwillkürliche, bewegliche, wechselseitige Struktur-Funktion-Beziehung zu demonstrieren, wollen wir über Folgendes nachdenken:
Liquor cerebrospinalis: Er wird ständig produziert, und zwar, wie man annimmt, von den in den Seitenventrikeln und im dritten und vierten Ventrikel des Zentralen Nervensystems befindlichen Plexi choroidei. Vom vierten Ventrikel aus fließt der Liquor cerebrospinalis in die Subarachnoidalräume um das Gehirn herum und den Spinalkanal hinunter zum Os sacrum. Durch die Granulationes arachnoidales im Sinus sagittalis superior wird er wieder in das venöse System resorbiert. Er folgt auch den perineuralen Kanälen oder Umhüllungen der kranialen und spinalen peripheren Nerven und wird dann in das lymphatische Flüssigkeitssystem, die dritte Zirkulation der Körperphysiologie, resorbiert. Was die Zirkulation anbelangt, sind der Liquor cerebrospinalis und die physiologischen Körperflüssigkeiten also eine gemeinsame Funktionseinheit. Weiterhin ist wichtig, dass der Liquor cerebrospinalis fluktuiert und nicht einfach nur zirkuliert wie andere Körperflüssigkeiten. Der Liquor cerebrospinalis ist in der Schädelhöhlung zu Hause, aber seine Bewegung oder Fluktuation lässt sich nicht nur dort mit Hilfe von Palpation beobachten, sondern im gesamten lymphatischen System und in allen Körperflüssigkeiten. Dieses Fluktuieren ist keine wellenartige, sondern eine tidenartige Bewegung. Es ist eine kraftvolle, rhythmisch-konstante, unwillkürliche Flüssigkeitsaktivität, die 8–12 Zyklen pro Minute hat, hereinkommt und hinausebbt. Mit sensiblem palpatorischem Gespür ist es möglich, den Rhythmus dieser Tide so weit zu beeinflussen, dass alle Körperflüssigkeiten einen rhythmisch-balancierten Austausch haben.
Dr. Still hat den Liquor cerebrospinalis als das Höchste Bekannte Element im menschlichen Körper bezeichnet. Dr. Sutherland hat dem hinzugefügt, dass der Liquor eine Potency besitzt, einen Lebensatem-Faktor, der als ein Element in die Physiologie des Zentralen Nervensystems transmutiert wird, und kam aus all diesen Gründen zu der Behauptung, der fluktuierende Liquor cerebrospinalis sei das grundlegende Prinzip im Primären Atemmechanismus.
Hinweise zur Palpation: Von welcher Qualität die Vitalität eines Patienten ist, lässt sich mit Hilfe von Palpation evaluieren. Die gesamte Tide im Patienten kann, wenn sie ein volles Volumen – also 8–12 Zyklen pro Minute – hat, mit einem 110-Volt-Gesundheitsmuster verglichen werden. Eine zu langsam erscheinende Tide hat weniger als 110 Volt (30–90 Volt) und fühlt sich eher flach an als voll – ein Hinweis auf viele potenzielle Probleme, z. B. auf chronischen schweren Stress. Im Rahmen eines erfolgreichen Behandlungsprogramms kann man mit Hilfe einer solchen Evaluation die Rückkehr zur Gesundheit überprüfen.
Zentrales Nervensystem: Zum Zentralen Nervensystem gehören die Großhirnhälften, das Kleinhirn, der Hirnstamm (mit seinem vierten Ventrikel), in dem sich alle physiologischen Zentrum inklusive des Atemzentrums befinden, die zwölf Hirnnerven, die Hypophyse und Epiphyse und das Rückenmark mit seinem peripheren Nervensystem. Es wurden kleine Bewegungen im Zentralen Nervensystem beobachtet, die auf eine Pulsation der Gehirnarterien, willkürliche Bewegungen des Nackens und Kopfes und Inhalation und Exhalation während der Atemzyklen des Zwerchfell- und Rippensystems zurückzuführen sind.
Zusätzlich erfolgt ein rhythmisches Ein- und Ausrollen der gesamten Neuralröhre – eine Bewegung, die zum Kraniosakralen Mechanismus gehört. Während der expansiven Phase weiten sich die Seitenventrikel und das dritte Ventrikel und füllen sich mit der hereinkommenden Tide des Liquor cerebrospinalis. In der entgegengesetzten Phase werden die Ventrikel mit der abebbenden Tide schmal. Diese konstante, unwillkürliche, rhythmische Motilität des Zentralen Nervensystems trägt zusammen mit dem fluktuierenden Liquor cerebrospinalis und der reziproken Spannungsmembran zu einer guten venösen Drainage des Gehirns, der Hypophyse, der Epiphyse, und anderen Schlüsselfunktionen bei.
Hinweise zur Palpation: Es ist schwierig, die Motilität des Zentralen Nervensystems zu erspüren, und im Allgemeinen auch nicht notwendig. Die Expansion eines komprimierten Teiles einer Großhirnhälfte kann gelegentlich während einer Korrekturphase eines membranösen Gelenkstrains palpiert werden.
Reziproke Spannungsmembran: Es gibt drei Hirnhautschichten, die das Zentrale Nervensystem umhüllen – die Pia mater, die Arachnoidea und die Dura mater. Die Dura mater wurde von Dr. Sutherland reziproke Spannungsmembran genannt, da sie als eine Einheit in ihrer Beziehung mit dem Kraniosakralen Mechanismus funktioniert.
Die Dura mater kleidet das Neurokranium als ihr inneres Periost aus, geht weiter durch die Suturen, vereint sich mit der äußeren Schicht des Periosts im Schädel und geht dann über in die gesamten, von der Schädelbasis herabhängenden Bindegewebssysteme des Körpers. Innerhalb des Neurokraniums hat die Dura drei Verdoppelungen: die Falx cerebri, das Tentorium cerebelli und die Falx cerebelli. Wichtig an diesem Arrangement ist, dass sich Falx cerebri und Tentorium cerebelli am Sinus rectus treffen, um ein Fulkrum zu bilden, wobei die Falx und die zwei Hälften des Tentorium drei bewegliche Sicheln werden. Diese Verbindung nennt man Sutherland-Fulkrum.
Die drei Sicheln – Falx cerebri, rechtes und linkes Tentorium cerebelli – mit ihren vorderen, hinteren, seitlichen und unteren Anhaftungen an den knöchernen Elementen des Schädels und des Os sacrum agieren als eine reziproke Spannungsmembran. Es ist wohlgemerkt eine reziproke Spannungsmembran, es sind keine Membranen. Es ist eine Funktionseinheit.
Entsprechend bewegt sich die reziproke Spannungsmembran in der Flexionsphase in einer anterior-superioren Richtung, wobei sich die Schädelbasis in der Frontalebene des Kopfes weitet. In der Extensionsphase bewegt sie sich in eine posterior-inferiore Richtung, wobei sich die Schädelbasis in der Frontalebene verengt. Das Sutherland-Fulkrum ist das Fulkrum, über oder durch das die drei Sicheln physiologisch funktionieren, wenn sie die Balance im kranialen membranösen Gelenkmechanismus aufrechterhalten. Es ist ein automatisches, sich veränderndes, frei schwebendes, sich anpassendes Fulkrum für die Bewegungen der Synchondrosis sphenobasilaris (SSB) in Torsion und Sidebending, und natürlich auch für alle möglichen Fehlstellungen, die bei kranialen membranösen Gelenkstrains vorkommen.
Diese konstante, unwillkürliche Mobilität, die das Sutherland-Fulkrum und seine drei Sicheln zeigen, spiegelt sich in sämtlichen Bindegeweben und allen darin eingeschlossenen Elementen, also in Knochen, Muskeln, Organen, Flüssigkeiten, Zellen etc., wider und ist dort auch palpierbar. Außerdem leben alle Patienten entweder mit einer Torsion oder mit einer Sidebending-Rotation als einer Komponente der physiologischen Struktur ihres Kraniosakralen Mechanismus. Auch diese Komponente spiegelt sich im gesamten Bindegewebe des Körpers wider. Egal ob der Kraniosakrale Mechanismus nun ein gesundes oder ein durch Traumen oder Krankheit bedingtes Muster aufweist: Die konstante, unwillkürliche, rhythmische Bewegung aller Teile des Mechanismus geht weiter. Die reziproke Spannungsmembran ist das mobile Arbeitswerkzeug, das es einem Behandler mit geschulten Palpierfähigkeiten ermöglicht, diese Mechanismen im Patienten zu diagnostizieren und mit ihnen zu arbeiten.
Hinweise zur Palpation: Wenn man mit der reziproken Spannungsmembran innerhalb des Neurokraniums und der Bindegewebe des Körpers arbeitet, lässt Palpation zwei Faktoren erkennen: eine konstante, 8–12 Mal pro Minute erfolgende Bewegung in Form von Flexion/Außenrotation und Extension/Innenrotation sowie ein Strukturmuster der gesamten Körperphysiologie, das im einzelnen Patienten lebt. Es ist wichtig, zunächst dieses Grundmuster der Gesundheit, so wie es für den individuellen Menschen funktioniert, zu diagnostizieren, denn das ist das Muster, auf das man zusteuern muss, damit sich die Gesundheit wiederherstellt. Erst wenn man dieses Grundmuster kennt, diagnostiziert man die Struktur und Funktion des Stressmusters, das für die Beschwerden des Patienten verantwortlich ist. Die sich ständig bewegende reziproke Spannungsmembran und die Bindegewebe werden diese Faktoren wie gesagt unserer geschulten palpatorischen Berührung offenbaren.
Kraniale Gelenkmechanismen: Von den insgesamt 29 Knochen im Schädel betreffen nur 22 den Kraniosakralen Mechanismus, wobei 8 das Neurokranium bilden und die übrigen 14 im Gesicht sind. Es gibt etwas mehr als 100 gelenkige Verbindungen zwischen diesen 22 Knochen. Das Os sphenoidale, das Os occipitale, zwei Ossa temporalia, zwei Ossa parietalia und ein (bzw. zwei) Os frontale bilden das Neurokranium. Sie werden in ihrer Mobilität, soweit es den Bewegungsradius und das Muster ihrer strukturellen Integrität anbelangt, direkt durch das Sutherland-Fulkrum und die reziproke Spannungsmembran kontrolliert. Die relative Mobilität des Os sphenoidale beeinflusst das Os frontale (bzw. beide Ossa frontalia) und die Knochen des Gesichts, und das Os occipitale beeinflusst die Ossa temporalia, die Ossa parietalia und die Mandibula.
Die membranösen Gelenkmuster im Kraniosakralen Mechanismus werden anhand ihrer Beziehung zu der SSB beschrieben. Zu ihnen gehören Torsion (nach rechts oder links), Sidebending-Rotation (rechts oder links) und Kompression. Zusätzlich gibt es im Zusammenhang mit den wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Suturen spezifische membranöse Gelenkstrains, z. B. einen Strain der Sutura occipitomastoidea, also der Beziehung zwischen Frontale und Sphenoid oder Frontale und Parietale, oder einen Strain am Angulus mastoideus des Parietale – und noch so viele mehr, wie es gelenkige Verbindungen gibt.
Die grundlegenden, in Bezug auf die SSB beschriebenen Muster, also z. B. eine Torsion, spiegeln sich in allen Knochenteilen und im Bindegewebe der gesamten Körperphysiologie wider. Das Gleiche gilt für einige schwere spezifische membranöse Gelenkstrains, wie z. B. eine Dysfunktion der Sutura occipitomastoidea.
Hinweise zur Palpation: Die knöchernen Elemente liegen an der Oberfläche des Kraniosakralen Mechanismus und sind für taktiles Evaluieren besser zugänglich. Es ist jedoch wichtig, zu verstehen, dass sie Teil eines membranösen Gelenkmechanismus sind. Und die Kunst der Diagnose besteht darin, das mobile Funktionieren dieser knöchernen Elemente in Gesundheit und in Dysfunktion zu palpieren. Die Knochen werden sozusagen von einem beweglichen Mechanismus auf die Fahrt mitgenommen.
Os sacrum: Das Os sacrum spielt eine wichtige Rolle in der Mobilität der Körperphysiologie, denn es hat ein kompliziertes wiegendes Muster für willkürliche oder haltungsbedingte Beckenbewegung und eine konstante, rhythmische, unwillkürliche Flexion-Extension-Mobilität als Teil des Kraniosakralen Mechanismus. Das Sakrum bildet den unteren Pol der reziproken Spannungsmembran und gehört zum Sutherland-Fulkrum und den drei Hebelarmen oder Sicheln. Durch ein Trauma in seiner unwillkürlichen Mobilität blockiert, kann das Os sacrum die Bewegung der gesamten reziproken Spannungsmembran und der Bindegewebe des Körpers einschränken. So eine Einschränkung kann zu vielerlei Problemen in der gesamten Körperphysiologie beitragen. Ein Verlust an unwillkürlicher Mobilität des Sakrum wird jedoch nicht notwendigerweise zu einem Verlust an willkürlicher bzw. Haltungsmobilität des Sakrum führen, und der Verlust an unwillkürlicher Bewegung wird oft übersehen. Hinweise zur Palpation: Eine ‚blockierte‘ unwillkürliche Mobilität des Os sacrum kann schon Jahre bestehen und nur durch die trainierte palpatorische Fähigkeit des Behandlers entdeckt werden. Wenn das Sakrum blockiert ist, versucht der gesamte Beckenbereich – Sakrum und beide Hüftknochen – als eine Einheit zusammen mit dem Sutherland-Fulkrum in rhythmische Flexion und Extension zu gehen. Wenn das Sakrum gelöst wird und wieder frei mit dem Sutherland-Fulkrum funktionieren kann, sind das Sakrum und die beiden Hüftknochen wieder drei einzelne Bewegungseinheiten. Das palpatorische Diagnostizieren dieses Sakrum-Faktors ist sehr wichtig, um die Gesundheitsmuster des Patienten zu bestimmen.
Dies ist also der Primäre Atemmechanismus. Aus dessen Einheit ergibt sich eine grundlegende anatomisch-physiologische Tatsache: Wir haben in der gesamten Körperphysiologie eine vitale, inhärente, rhythmische, unwillkürliche Bewegung, die sich 8–12 Mal pro Minute alternierend als Flexion aller Strukturen der Mittellinie mit Außenrotation aller bilateralen Strukturen und als Extension aller Strukturen der Mittellinie mit Innenrotation aller bilateralen Strukturen ausdrückt. Diese Bewegung – ein für die Gesundheit jedes Menschen essenzieller Mechanismus – vollzieht sich lebenslang sowohl im Behandler als auch im Patienten. Man kann sie in jedem Körperbereich palpieren und zur Diagnose nutzen. Alle fünf Komponenten (also die Fluktuation des Liquor, die Motilität des Zentralen Nervensystems, die reziproke Spannungsmembran, die Gelenkmobilität der Schädelknochen und die unwillkürliche Mobilität des Sakrum) können für eine palpatorische Diagnose genutzt werden, solange der Behandler die Qualität und Art der Flüssigkeit oder Gewebe, um die es sich handelt, sowie deren funktionelle Relation zu den anderen Komponenten berücksichtigt.
PALPATORISCHE HINWEISE BEI SPEZIFISCHEN SYMPTOMEN ODER ERKRANKUNGEN
Viele der mit dem Kraniosakralen Mechanismus verbundenen klinischen Probleme werden beim Palpieren diagnostische Hinweise in einer oder mehreren dieser fünf Komponenten liefern. Hier einige Beispiele:
Kopfschmerzen: Kopfschmerzarten gibt es so viele wie Kopfschmerzpatienten. Stößt man beim Palpieren auf subokzipitale Spannungen, unterstützt dies die Annahme, dass es – bedingt durch reduziertes Schaukeln der Schädelschale in Flexion und Extension – zu einer Stauung der venösen Drainage aus dem Neurokranium gekommen ist. In Fällen von echter Migräne gibt es fast immer ein Sidebending-Rotationsmuster des SSB, wobei die prodromalen Symptome auf der Seite anfangen, wo die Ala major des Os sphenoidalis und das Os occipitale hoch stehen. Das Vorhandensein dieses Musters ist nicht ursächlich für die Migräne, aber nützlich, um die Diagnose abzusichern.
Hoher Blutdruck: Ein häufiger palpatorischer Befund bei chronisch hohem Blutdruck ist eine Abflachung des Tentorium cerebelli, was dessen anatomische Funktion beeinträchtigt. Bei der Extension wird es nicht so steil, wie es bei seiner rhythmischen Bewegung sollte.
Dyslexie: In vielen dieser Fälle liegt ein intraossäres Muster des Os temporale vor.
Trigeminusneuralgie: häufig mit zahnärztlich verursachten traumatischen Strainmustern verbunden.
Hormonelle Störungen: Eine Einschränkung der Motilität der Hypothalamus-Hypophyse-Achse kann zu einer Unter- oder Überaktivität der hormonellen Funktion führen und hängt möglicherweise mit einem vertikalen oder lateralen membranösen Gelenkstrain der SSB zusammen.
Gehirnerschütterung: Hier vermittelt die reziproke Spannungsmembran das Gefühl einer schockartigen Rigidität in ihrer Funktionsweise.
Meningitis, postmeningitischer Zustand: Die reziproke Spannungsmembran ändert hier ihre Tonus- und Funktionsqualität. Im akuten Zustand fühlt sie sich an wie ein nasses Papiertaschentuch, im chronischen postmeningitischen Zustand wie durchweichter Pappkarton. Und in jedem der beiden Zustände ist eine das Zentrale Nervensystem betreffende chronische venöse Stauung feststellbar.
Muster der SSB: Verstärktes Trauma kann vorhandene Muster dekompensieren und kraniosakrale und andere Körpermechanismen beeinträchtigen.
Spezifische membranöse Gelenkstrains: Sie können, egal ob akut oder chronisch, über einen Zeitraum von Monaten oder Jahren sehr schwächend wirken.
Die 12 Hirnnerven: Jeder von ihnen kann in seiner Funktionsbeziehung eingeschränkt sein. Damit verbundene Probleme können im Gesichtsbereich auftreten, mit Symptomen an Augen, Ohren, Nase, Rachenraum, oder im Neurokranium und der Schädelbasis und dort ein Vagus-Syndrom auslösen, oder unten am Sakrum und dessen parasympathischen efferenten Fluss beeinträchtigen. In einem interessanten Fall verlor der Patient seine Sehfähigkeit als Folge einer durch ein Trauma verursachten Kompression des Parietale, die den Lobus occipitalis des ZNS und seinen Sulcus calcarinus im Bereich des Sinus tectus gegen die Falx cerebri presste. Die Kompression des Os parietale und der damit einhergehende Verlust an membranöser und artikulärer Mobilität, wurde durch Palpieren festgestellt. Os sacrum: Seine Funktionsfreiheit ist palpierbar. Ein ‚blockiertes‘ Sakrum, verursacht durch einen schweren Sturz aufs Gesäß oder durch ein Schleudertrauma, aber auch eine eingeschränkte physiologische Funktionsfähigkeit nach einer Geburt sowie andere beeinträchtigende Faktoren lassen sich mit Hilfe von Palpation diagnostizieren.
Neugeborene, Kleinkinder und Kinder: Die Bedeutung der palpatorischen Diagnose beim Untersuchen des Kraniosakralen Mechanismus von Neugeborenen, Kleinkindern und Kindern kann nicht genug betont werden. Der im Fetus arbeitende Primäre Atemmechanismus ist, geschützt durch die Flüssigkeit, die das Ungeborene umgibt, frei, seine rhythmische Funktion auszuüben. Seine tidenartige Bewegung spendet einen Vitalitätsfaktor (was auch immer das sein mag) und eine rhythmische, unwillkürliche Bewegung für jede Zelle des Körpers im sich entwickelnden Körper des Ungeborenen, und zwar 8–12 Mal pro Minute.
Dann wird das Baby geboren und während dieses Prozesses bei seiner Passage durch den Geburtskanal konfiguriert. Der Primäre Atemmechanismus fährt in diesem neugeborenen Gehäuse aus reziproker Spannungsmembran, Bindegewebe, und Flüssigkeit, mit seiner tidenartigen Bewegung fort und führt den Mechanismus des Neugeborenen buchstäblich hin zu einem vollkommenen Muster der Gesundheit, indem er entstandene Stressbereiche dekonfiguriert und die Gesundheit zurückformt zur einfachen Funktion von Mobilität und Motilität, ausgedrückt durch Flexion/Außenrotation und Extension/Innenrotation. Zu diesem Zeitpunkt wird ein physiologisches Muster einer Rotation oder Sidebending-Rotation erworben – als Teil des lebenslangen Gesamtmusters der Gesundheit in diesem Individuum.
Beim Neugeborenen gibt es noch keine gelenkigen Verschaltungen, ausgenommen die Gelenkkontakte der Kondylen des Os occipitale mit den entsprechenden Gelenkflächen des Atlas. Bis zum Alter von 10–13 Jahren, wo die Knochenplatten ihre gelenkige Eigenart zu entwickeln beginnen, manifestieren sich alle Stöße, Stürze, Verdrehungen oder Verrenkungen vor allem als membranöse Dysfunktionen. Mit diagnostischer Palpationskunst kann man den Kraniosakralen Mechanismus eines Kindes untersuchen, um die Grund-Gesundheitsmuster der membranös-gelenkigen Verbindungen zu finden, die dieses Individuum entwickelt, um sie lebenslang zu behalten. Jedes Trauma und/oder jede Krankheit, das/ die der Patient in seinem Leben erwirbt, sollte – abgesehen davon, dass man die aufgezwungene Dysfunktion korrigiert – in Richtung dieser gesunden Funktionsweise geleitet werden.
Dies ist kein langwieriger Prozess. Geschulte Palpationskunst kann mit dem Fluid Drive des tidenartigen Liquor und mit der reziproken Spannungsmembranarbeiten und ihnen erlauben, ihr grundlegendes Funktionsmuster innerhalb des Kraniosakralen Mechanismus sowie – durch die Bindegewebe und die Flüssigkeitsmatrix des Körpers – für die gesamte Körperphysiologie zu zeigen. Zukünftige Gesundheits- und Dysfunktionsmuster eines Individuums kann der Behandler besser verstehen, wenn er eine palpatorische Aufzeichnung der lebenslangen grundlegenden unwillkürlichen Mobilität des betreffenden Patienten hat.
Insgesamt betrachtet gibt es also von Kopfschmerzen bis zur Behandlung von Neugeborenen eine Menge medizinische Probleme, die mit Hilfe von ausgebildeter Palpationskunst diagnostiziert und behandelt werden können. In vielen Fällen sind die palpatorischen Werkzeuge sogar der einzige Weg, um Resultate zu erzielen. Daneben ist es auch eine medizinische Tatsache, dass ligamentäre Gelenk-Dysfunktionen, faszialer Zug nach unten und andere traumatisch oder durch Krankheit bedingte Probleme verschiedene Funktionsbereiche des Primären Atemmechanismus beeinträchtigen können. Umgekehrt können Probleme im Kraniosakralen Mechanismus einen negativen Effekt auf den Rest des Körpers haben. Man kann daraus schließen, dass die Körperphysiologie eine Funktionseinheit ist, egal ob in Gesundheit, traumatisch bedingten Zuständen und/oder Krankheit. Mit palpatorischem Geschick kann man im gesamten Körper – von Kopf bis Fuß und umgekehrt – gesund funktionierende wechselseitige Beziehungen, aber auch medizinische Probleme aufspüren.