Kitabı oku: «Rollin Becker - Leben in Bewegung & Stille des Lebens», sayfa 14

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DIAGNOSTISCHE PALPATION ALS KUNSTFERTIGKEIT UND WISSENSCHAFT

Beim Palpieren des Primären Atemmechanismus und der Körperphysiologie sind Diagnose und Behandlung nicht voneinander zu trennen. Palpation ist beides: eine Kunstfertigkeit und eine Wissenschaft. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist sie ein Quantensprung in der Sinneswahrnehmung. Sobald der Behandler seine Hände an einen Patienten legt, um palpatorisch zu diagnostizieren und zu behandeln, nimmt er mit ihm an dieser Quantenerfahrung teil. Es ist für ihn vollkommen unmöglich, ein neutraler oder unabhängiger Beobachter zu sein, während er mit den lebendigen Geweben des Patienten arbeitet.

Der Behandler ist ein unwillkürlicher Primärer Atemmechanismus innerhalb einer lebendigen willkürlichen Körperphysiologie. Sein Patient ist mit den gleichen Qualitäten ausgestattet: einem unwillkürlichen Primären Atemmechanismus in einer lebendigen willkürlichen Körperphysiologie. Und mit Hilfe von Palpation kommt es zu einem lebendigen Austausch zwischen diesen beiden lebendigen Systemen. Der Behandler tut wesentlich mehr als nur beobachten. Wenn seine Hände, seine propriozeptiven Nervenfasern und die sensorisch-motorischen Bereiche seines Zentralen Nervensystems die Bewegung, die Mobilität und die Motilität im lebendigen Körper und Gewebe des Patienten wahrnehmen, ist er Beteiligter. Er positioniert seine Hände und ist bereit aufzunehmen. Sein bewusstes Wahrnehmen des Lebens in ihm selbst, das die lebendige Funktion im Patienten verstehen möchte, ist ein ausreichender Stimulus, um den Primären Atemmechanismus und die Körperphysiologie des Patienten dazu aufzurufen, dem teilhabenden Tastsinn des Behandlers ihre Mechanismen und Gewebereaktionen zu zeigen. Zwischen Behandler und Patient gibt es einen Austausch, der wirklich auf einer Ebene von Quanten stattfindet.

Eine ‚objektive‘ Untersuchung lässt sich mit Hilfe eines etwas oberflächlicheren Ansatzes durchführen, wenn der Behandler sich entscheidet, den Bewegungsradius eines Bereiches zu prüfen, indem er die dazugehörigen Teile passiv bewegt. Die Information, die man dadurch bekommt, ist aber relativ dürftig und sagt nichts darüber aus, wie dieser Bereich als ein lebendiger Mechanismus funktioniert.

Der Behandler kann sich auch entscheiden, diesen Bereich auf tiefer gehende Art und Weise zu studieren. Um dies zu tun, muss er seine Handkontakte so anpassen, dass er einen wachen propriozeptiven Kontakt mit dem M. flexor profundus und M. flexor pollicis longus ins Spiel bringt, um die lebendigen Bewegungen im Patienten zu registrieren und es dann dieser Mobilität und Motilität zu ermöglichen, sich in den sensorischen und motorischen Bereichen seines Zentralen Nervensystems zu speichern. Er ist nicht mehr Beobachter, er ist Beteiligter. Er überwacht den sensorischen Input nicht, den er erhält. Auf aktive, nicht auf passive Art und Weise erlaubt er der lebendigen Funktion des untersuchten Bereiches im Patienten, ihm vom sich zu berichten – von ihrer Gesundheit, ihrer Dysfunktion, ihren dynamischen Wechselbeziehungen mit der gesamten Körperphysiologie des Patienten.

Der Bewegungsspielraum ist relativ rasch feststellbar, indem man einfach die vorhandene Bewegung beobachtet, und er lässt sich objektiv analysieren, indem man einen Bereich mit einem anderen vergleicht. Vom Behandler entwickelt und im täglichen Gebrauch verfeinert, wird diese Palpationsfähigkeit zu einem wertvollen Werkzeug für die Diagnose vor und nach der Behandlung. Es liefert einiges an Information über die Funktionsqualität in dem betreffenden Bereich, wenngleich es dem Behandler kein vollständiges Bild von den Bestandteilen der unwillkürlichen Bewegung, Mobilität und Motilität und den feineren Details der willkürlichen Aktivität vermittelt. Das erfordert ein Beteiligtsein an diesen von innen, aus dem Patienten heraus arbeitenden Einheiten und zudem genügend Zeit, den Geweben zu erlauben, ihre Funktionsweise zu offenbaren. Während der Behandler mit seinem propriozeptiven sensorischen Input palpiert, muss er ein paar Momente oder sogar Minuten warten, bis der erwachte Primäre Atemmechanismus und die Mechanismen der Körperphysiologie zu arbeiten beginnen. Zu diesen Mechanismen gehören alle Zellen, Flüssigkeiten, Bindegewebe und deren tidenartige Bewegung, Mobilität und Motilität.

Ist der palpierte Bereich gesund, wird er dem Behandler diese Tatsache durch entsprechende Tonus-Qualität der willkürlich bewegten Gewebe mitteilen sowie durch die Qualität der unwillkürlichen Mobilität des Grundrhythmus, dem der Primäre Atemmechanismus bei der Flexion/ Außenrotation, Extension/ Innenrotation der mittellinigen und bilateralen Strukturen folgt. Herrscht dagegen in palpierten Bereichen eine Dysfunktion, wird das dem Behandler durch die veränderte Tonus-Qualität der willkürlich bewegten Gewebe sowie durch eine Einschränkung bzw. das Nicht-Stattfinden der tidenartigen Grundbewegung des Primären Atemmechanismus gemeldet. Der Behandler sollte sich von der Körperphysiologie des Patienten diese Befunde zeigen lassen, bevor er sie analysiert. Funktion, so wie lebende Gewebe sie sichtbar machen, kann, wenn sie ihre Arbeit abgeschlossen hat, besser verstanden werden, als wenn sie noch am Arbeiten ist. Hat man eine korrigierende Behandlung initiiert, um die Funktion in Richtung Gesundheit zurückzuführen, ist es ratsam, den Dysfunktionsbereich zu untersuchen, um zu erspüren, wie sich der tidenartige Rhythmus des Primären Atemmechanismus wieder seinen Weg durch die korrigierte Stelle bahnt. Die Anwesenheit der Tide stellt sicher, dass eine weitergehende inhärente Selbstheilung durch die lebendigen Mechanismen des Patienten stattfindet. Ist die Tide nicht oder nur in verringertem Ausmaß vorhanden, deutet dies auf eine verlangsamte lokale Heilfunktion hin.

Palpation ist etwas, das man sich selbst beibringen muss. So wird die Palpationskunst Teil palpatorischer Fähigkeiten. Wenn der Behandler objektive, passive Bewegungstests anwendet, lernt er, anhand palpatorischer Techniken die Qualität seiner eigenen Bewegungen und der des Patienten zu ertasten. Nutzt er als Beteiligter die unwillkürlichen Mechanismen und die Körperphysiologie des Patienten, dann lernt er, mit Hilfe seiner propriozeptiven Nervenbahnen und der sensorisch-motorischen Bereiche seines Zentralen Nervensystems die Qualität der Bewegung, der Mobilität und Motilität von innen, aus dem Patienten heraus, zu lesen. Um aus dem Primären Atemmechanismus maximale sensorische Erkenntnis für die Diagnose schöpfen zu können, muss der Behandler zum Beteiligten werden beim Entwickeln seiner palpatorischen Fähigkeiten, Gesundheit ebenso wie Traumen und/oder Krankheit zu evaluieren und die Behandlung in Richtung Gesundheit zu lenken. Zu lernen, wie man seine Palpationsfähigkeiten anwendet, ist wirklich eine Kunstfertigkeit und erfordert Zeit, Patienten und Geduld.

4.2. PALPATIONSFÄHIGKEITEN ENTWICKELN

Überarbeitete Fassung eines Vortrages, gehalten 1986 in einem Grundkurs der Sutherland Cranial Teaching Foundation in Philadelphia, Pennsylvania.

Als ich in den 1930er-Jahren Student in einem Osteopathie-College war, waren wir mit Lehrern gesegnet, die uns die Kunst der Patientenbehandlung mittels verschiedener Manipulationskünste vermittelten, hauptsächlich High Velocity Thrusting (HVT). Was wir an der Schule lernten, war effektiv; und als ich graduierte, konnte ich eine gute osteopathische Behandlung durchführen. Ich hatte viele Patienten und musste ihnen beim Versuch, ihre Probleme zu lösen, viele Behandlungen geben. Nachdem ich acht bis zehn Jahre mit dieser Art von Allgemeinmedizin zugebracht hatte, begann es mich zu langweilen, dass diese Patienten immer wieder mit den gleichen Problemen in den gleichen Bereichen kamen – Problemen, die eigentlich schon das letzte Mal, als sie da waren, hätten in Ordnung gebracht werden sollen. Von zehn Fällen einer bestimmten Problemart ging es dreien oder vieren innerhalb eines angemessenen Zeitraumes besser, anderen dreien oder vieren ging es irgendwann besser und bei den restlichen zeigte sich überhaupt keine positive Reaktion, egal was ich tat. Was mich frustrierte, war der Umstand, dass ich mit meiner Palpationsfähigkeit nicht zu differenzieren vermochte, warum die eine Person positiv reagierte und die andere nicht. Ich erkannte schließlich, dass man über ein breites Spektrum an Palpationsfähigkeiten verfügen kann, die einem nicht wirklich weiterhelfen – und offensichtlich war das bei mir der Fall.

Deshalb beschloss ich, wieder die Schriften von A. T. Still zu lesen, gab im wahrsten Sinne des Wortes die Praxis der ‚Osteopathie‘ auf und beschloss stattdessen, die Praxis von A. T. Still zu studieren. Nach einiger Zeit realisierte ich, dass ich, wenn ich sein besonders in einem bestimmten Absatz26 ausgedrücktes Konzept als ein Entwicklungsziel verstehen und nutzen wollte, alle meine sogenannten palpatorischen Fähigkeiten aufgeben und etwas ganz Neues lernen musste. Dies begann ich, indem ich einfach meine Hände auf verschiedene, mit den Symptomen zusammenhängende Abschnitte der Patientenkörper legte und lernte, den Geweben da drinnen zuzuhören, zuzuhören, zuzuhören. Ich tat dies, weil Dr. Still, der Alte Doktor, gesagt hat, dass in jeder Körperphysiologie ein innerer Arzt wirkt, der es der physiologischen Funktion ermöglicht, in Richtung Selbstkorrektur zu arbeiten. Die ganzen Fähigkeiten, die Antriebskräfte und alles, was für die Behandlung eines jeden Falles gebraucht wird, sind schon in die Maschine eingebaut. Man muss sie nur erkennen, diese Mechanismen, und mit ihnen arbeiten. Wenn also die Motoren, die antreibenden Kräfte und alles andere schon in Aktion und in Bewegung sind, und wenn selbst das grundlegende, zu allem Notwendigen fähige Prinzip des inneren Arztes in Bewegung ist, dann – so verstand ich – musste ich eine Art von Palpationskunst entwickeln, mit der ich hören konnte, was mir die Körperphysiologie zu sagen hatte, anstatt ihr zu sagen, was sie tun soll.

Zu diesem Zweck legte ich meine Hände sehr vorsichtig über die strapazierten, gestressten, von Dysfunktionen eingeschränkten oder wie auch immer beeinträchtigten Körperbereiche der Patienten, die zu mir in die Praxis kamen – und dann saß ich einige Minuten da und versuchte ganz still, dem zuzuhören, was mir diese Gewebe sagen wollten. Ich hörte nicht einfach nur dem Primären Atemmechanismus zu, ich hörte der gesamten Körperphysiologie des Patienten zu – die Physiologie der Faszien sowie des willkürlichen und des unwillkürlichen Mechanismus mit eingeschlossen. Ich unterschied dies alles nicht in meinem Denken, so klug war ich nicht – ich hatte einfach nur meine Hände dran.

Anfänglich, wenn ich so vorging, überkam mich, wenn ich mit dem Zuhören fertig war; das Gefühl, dass es nun wohl angebracht sei, etwas zu tun. Also wechselte ich zu einem anderen Bereich des Körpers und machte dort eine kleine Korrektur, damit der Patient glücklich war – aber nie berührte ich den Bereich, an dem ich gearbeitet hatte. Nach ungefähr drei bis vier Jahren wurde ich mir schließlich der Tatsache bewusst, dass ich fühlte, wie etwas geschah. Bis zu diesem Zeitpunkt war ich nicht sicher, was geschah. Im ersten oder zweiten Jahr wurde mir klar, dass, auch wenn ich es nicht verstand, irgendetwas passieren sein musste, weil die Patienten reagierten. Die einzige Ermutigung, die ich von meinen Patienten bekam, waren Kommentare wie dieser: „Sie haben ja bis jetzt nichts getan, Doktor, aber gestern habe ich seit drei Monaten zum ersten Mal den Speicher aufgeräumt.“ Ich lernte also, auf das zu achten, was die Patienten sagten, wenn sie die Praxis verließen: […] ich habe aber siebzehn Autos gewaschen und wurde nicht müde.“ Das sagte mir, dass etwas geschah, auch wenn ich nichts davon mitbekam.

Habt ihr je darüber nachgedacht, dass unsere Palpationskünste im Grunde genommen lausig sind? Fühlt ihr irgendetwas? Spürt ihr wirklich, was da los ist? Wisst ihr wirklich, was los ist? Wir müssen unseren Tastsinn entwickeln, indem wir das sensorische Areal unseres Gehirns trainieren, das dieser Art des Spürens ja nie zuvor ausgesetzt war. Wir nehmen eine Orange und einen Apfel in die Hand und spüren, dass die eine Frucht eine unebene Oberfläche hat und die andere eine relativ glatte – toll! Wie aber steht’s denn nun mit den feinen Motilitäten und Mobilitäten, die hier in diesem Körper stattfinden, den wir fühlen? Wir müssen palpatorische Werkzeuge entwickeln, die der Komplexität und Einfachheit dieses Primären Atemmechanismus entsprechen. Wir müssen lernen zu spüren. Aber dies geschieht nicht durch Unterricht. Ich kann euch nichts darüber beibringen – ihr müsst es selbst auf einer Eins-zu-Eins-Basis lernen. Patienten haben es mir beigebracht, aus ihrem Inneren heraus. Indem ich aus meinem Inneren heraus zuhörte, habe ich von ihrem Inneren gelernt, wie man mit der Körperphysiologie arbeitet. Ich weiß auch jetzt noch nicht alles, was ich eigentlich wissen müsste, ich lerne immer noch.

Fünf Jahre nachdem ich mit dieser neuen Arbeitsweise begonnen hatte, zog ich von Michigan nach Texas. Als es so weit war, kamen über dreihundert Leute zu mir und sagten: „Es gefällt uns, was Sie tun. Wo können wir uns weiter auf diese Art behandeln lassen?“ Ihr könnt es glauben oder nicht, aber das war das erste Mal in den fünf Jahren, in denen auf diese Weise gearbeitet hatte, dass Leute sagten, es gefalle ihnen. Vor diesem Zeitpunkt hatte mir keine einzige Person gesagt, dass es ein guter Ansatz sei. Ich wusste nur deshalb, dass der Ansatz gut war, weil er funktionierte.

Interessanterweise war aber der Umstand, dass ich in diesen ersten Jahren nichts spürte, nicht bestimmend für die Effizienz der Behandlung. Ich konnte nichts von dem spüren, was ich heute spüre, aber ich arbeitete mit einer Körperphysiologie im Patienten, die verstand, dass etwas geschah. Sie tat etwas für diesen Patienten – nicht weil ich es fühlen oder ihr Anweisungen geben oder ihr sagen konnte: ‚Sei ruhig‘ oder sie irgendetwas anderes tun ließ, sondern einfach weil ich den Job übernahm, des Bereichs im Patienten habhaft zu werden, der etwas zu sagen hatte. Es ging darum, meine Hände ruhig zu positionieren und dann mit Hilfe meiner Hände zu lauschen, mit Hilfe meiner Hände zu lesen, in aller Stille zu erspüren, was mir der Patient zu sagen versuchte. Es war nicht das Ego des Patienten oder sein Intellekt, sondern die Ruhe seiner Gewebefunktion, die mir Bericht erstattete, die die notwendigen Veränderungen durchführte und dem Patienten erlaubte, physiologische Veränderungen in Richtung Gesundheit zu machen.

Die Körperphysiologie arbeitet ausschließlich auf diese Art und Weise, und das ist auch der einzige Grund, weshalb wir über die Entwicklung entsprechender palpatorischer Fähigkeiten reden. Die Körperphysiologie funktioniert nicht nach unserem Plan, sondern nach ihrem eigenen; und sie hat lediglich ein Ziel – Gesundheit. Wir können lernen, verschiedene Qualitäten von Gesundheit zu unterscheiden, zu verstehen und zu spüren. Wir können lernen, das mit einer Dysfunktion einhergehende Gestresst- und Angespanntsein in der Physiologie zu spüren. Wir können von innen lernen. Der Behandler in mir wird mit dem Behandler im Patienten arbeiten, um in aller Stille zu lernen. Warum ist der Patient zu mir gekommen? Ich weiß es nicht, aber ich kann zu seinem inneren Behandler und meinem inneren Behandler gehen, und lernen, meinen Mund zu halten und zuzuhören. Ich kann dem Behandler in den Geweben einer Patientin zuhören und über meine sensorischen Kanäle eine Art Bericht empfangen. Auf diese Weise kann ich anfangen zu verstehen. Das Entwickeln palpatorischer Kunstfertigkeit gelingt ausschließlich auf der Basis einer Eins-zu-Eins-Beziehung. Es gibt niemand außer dir und deinem Patienten. Für mich ist der Patient der einzige Lehrer. Die Wissenschaft der Osteopathie und die Körperphysiologie des Patienten sind die Lehrer und ich bin der Schüler. Schlussendlich wachen die sensorischen Areale auf und wir entdecken plötzlich, dass wir fühlen können.

Jetzt kann ich euch ein paar kleine Hinweise geben, die vielleicht eure Fähigkeit ermutigen, bei eurer Palpation mehr zu spüren. Ihr könnt mir glauben, sie bedeuten nichts, außer dass sie euch helfen, allmählich eure palpatorischen Fähigkeiten zu trainieren. Es sind einfach ein paar Hinweise, es geht nicht darum, es genau so zu machen; es sind einfach ein paar Vorschläge aus dem heraus, was ich über Jahrzehnte von meinen Patienten gelernt habe. Das Erste, was ihr – auch wenn euch das nicht gefallen wird – tun müsst, ist, euer Ego aufzugeben. Ihr seid nicht halb so klug wie euer Körper bzw. der Körper des Patienten auf der Liege.

Als Nächstes ist es hilfreich, über die vier Ebenen der palpatorischen Fähigkeiten nachzudenken. Die erste Ebene ist ein oberflächlicher Kontakt. So ganz nebenbei fasst ihr einfach etwas an. Ihr hört nicht zu, ihr registriert einfach, dass ihr etwas berührt. Bei diesem Kontakt benutzt man einfach die Rezeptoren für Berührung in Fingern und Hand. Die nächste Ebene der Palpationskunst entwickelt man, indem man mit den propriozeptiven Bahnen des M. flexor pollicis longus und des M. flexor digitorum profundus arbeitet; dies sind die Muskeln des Unterarms, die die Bewegung der Finger und des Daumens steuern. Ihr könnt beim Anfassen eines Mechanismus nur oberflächlichen Kontakt haben – und dann kontrahiert ihr eure Muskeln etwas, und sofort seid ihr euch auf eine völlig andere Art und Weise der Tatsache bewusst, dass ihr ein Objekt spürt. Versucht es selber: Lasst zuerst eure Hände irgendwo auf eurem Körper Kontakt herstellen. Dann macht nichts anderes als ein kleines bisschen eure Mm. flexor pollicis und Mm. flexor digitorum zu kontrahieren. Fühlt ihr jetzt etwas, was ihr vorher nicht gespürt habt? Geht jetzt zurück zum Spüren ohne Propriozeptoren. Die unterschiedliche Qualität des Spürens entsteht, weil ihr mit dem propriozeptiven Kontakt hindurchreicht zu einem Körper mit Flüssigkeit, einer Reihe von Ligamenten und Muskeln, und all dies bewegt sich. Bei oberflächlichem Kontakt spürt ihr keine Bewegung – alles, was ihr macht, ist, den Körper anfassen. Wenn ihr aber die Propriozeptoren nutzt, hört ihr auf mechanische Weise der Funktion zu, die sich in diesem bestimmten Gebiet vollzieht.

Hilfreich für das Funktionieren dieses propriozeptiven Kontakts ist es, ein Fulkrum zu schaffen. Legt eure Unterarme bequem auf die Behandlungsbank und stützt euch dann sanft auf euren Ellenbogen. Das führt zu einer leichten Kompression. Wenn ihr euch zu stark auf die Ellenbogen stützt, dann blockiert ihr das, was ihr zu spüren versucht. Ihr verhindert dann, dass etwas geschieht. Eine Methode, den richtigen Druck zu finden, ist, sich zunächst zu stark hineinzulehnen und dann den Druck allmählich wieder teilweise aufzugeben. Nehmt den Druck von den Armen, aber bewegt die Hände nicht – und plötzlich merkt ihr, dass etwas geschieht. An diesem Punkt seid ihr weder zu fest am Behandlungstisch fixiert noch hängt ihr frei – ihr habt einen schwebenden Kontakt. Durch diesen Kontakt wird alles, was im Patienten geschieht, reflektiert, was ihr daran merkt, dass eure Propriozeptoren jetzt genau in Einklang sind mit der Spannung in dem Teil des Mechanismus des Patienten, den ihr anfasst.

Diese Vorstellung, mit der Spannung in Übereinstimmung zu sein, wird besonders deutlich bei einem Patienten, der einen extrem verspannten, fibrotischen und dysfunktionalen Lumbalbereich hat. Wenn ein derartiger Fall zu euch in die Praxis kommt, legt eine Hand unter den M. psoas, schafft einen Kontakt- bzw. Fulkrum-Punkt und stützt euch dann fest auf euren Ellenbogen. Ihr werdet wahrscheinlich feststellen, dass ihr sehr stark gegen die Behandlungsliege drücken müsst, gegen diesen Fulkrum-Punkt, bis euer Druck endlich mit der Spannung in diesem M. psoas übereinstimmt. Wenn ihr dann etwas Druck wegnehmt, kommt ihr an den Punkt, wo dieser Muskel zu arbeiten anfängt. Das ist ein Beispiel, wie man über propriozeptiven Kontakt Kompression anwenden und so steuern kann, dass sie mit der im Körper spürbaren Pathologie übereinstimmt. Dies bringt das Ganze zum Arbeiten.

Bislang haben wir über die Fingerspitzen und Unterarme gesprochen – jetzt wollen wir weiter nach oben gehen. Wenn ihr euren Handkontakt hergestellt und eure propriozeptiven Bahnen auf Empfang geschaltet habt, hört ihr dem zu, was in dieser Körperphysiologie geschieht – ihr schaltet sozusagen das sensorische Areal eures Gehirns ein. Das klingt dumm, aber wie sonst soll man über etwas sprechen, das sich eigentlich nicht erörtern lässt? Denkt also von da oben aus, spürt von da oben aus! Spürt vom Gehirn aus, hört immer weiter der Körperphysiologie zu. Es ist ein bisschen schwierig, aber ihr werdet allmählich herausfinden, dass ihr die Dinge nicht nur unten in euren Armen spüren könnt, sondern diese Information auch in euren sensorischen und motorischen Gehirnbereichen aufnehmt. Diese Ebene der Palpation nenne ich sensorisch-motorisch. Auf der einen Seite des Sulcus centralis ist der sensorische Bereich, auf der anderen der motorische – und beiden diskutieren das Problem, das man da unten spürt. Die Fähigkeit, von den sensorischen und motorischen Bereichen aus zu fühlen, ist einfach ein weiteres Werkzeug – es ist kein Ziel an sich.

Wir haben also diese drei Ebenen der Palpationsfähigkeit – einen oberflächlichen, einen propriozeptiven und einen sensorisch-motorischen Kontakt – und wollen jetzt einen Schritt weitergehen. In dem Bewusstsein, dass all diese Werkzeuge sowieso arbeiten, hört einfach hin, hört hin, hört hin. Ihr macht einen Quantensprung, akzeptiert, dass alles Mögliche geschehen kann, und ihr wisst nicht warum. Dies bedeutet Spüren anhand eines Quantensprungs. Man entwickelt palpatorische Fähigkeiten, die man nicht definieren kann, die aber tatsächlich und garantiert funktionieren. Oberflächlicher Kontakt bildet die erste Ebene eurer Unterweisung durch die Körperphysiologie. Bezieht ihr auch die Propriozeptoren mit ein, erreicht ihr eine zusätzliche, tiefere Ebene, und wenn ihr euch auch des Sensorisch-Motorischen bedient, gelangt ihr auf eine noch tiefere Ebene der Unterweisung. Nun könnt ihr diese drei Ebenen vergessen und euch sagen: Ich werde jetzt Zuhören, Zuhören mit großem Z – und ihr kommt auf eine Quantenebene. Ich kann das nicht erklären, aber ich bekomme auf dieser Quantenebene mehr Information als auf allen drei anderen Ebenen zusammen.

Diesen Quantenkontakt vergleiche ich gerne mit einem Wasserläufer. Wisst ihr, was ein Wasserläufer ist? Habt ihr jemals so ein Insekt gesehen, wie es auf einem Teich herumläuft? Eine Möglichkeit, beim Erlernen des Palpierens in Bereiche der Quantenmechanik zu kommen, ist, ein Wasserläufer zu werden, der auf der Oberfläche eines Flüssigkeitskörpers herumläuft, in diesem Falle ist dies die Körperphysiologie. Ein Wasserläufer wird nie nass oder ertrinkt oder so etwas. Er läuft einfach auf der Oberfläche dieses Wassers herum, das lebendig ist, und er ist ebenfalls lebendig. Der Wasserläufer bewegt sich auf diesem Wasserkörper und entdeckt gestresste oder angespannte Gebiete. Als Behandler kann man also durch den Wasserläufer dem zuhören, sich auf das konzentrieren, was in der Körperphysiologie geschieht. Ist das nicht schön? Das Käferchen macht all die Arbeit und ihr sitzt da und hört zu. Wenn ihr diesen kleinen Wasserläufervergleich aufnehmt, könnt ihr andere Eindrücke von der Funktionsweise bekommen. Es gibt euch einfach eine Vorstellung – und es macht Spaß, damit zu spielen.

Wenn ihr anfangt, das Problem eines Patienten zu untersuchen, denkt still darüber nach, was hier geschieht, und begreift, dass ihr beim Lesen dieses Mechanismus die Rolle eines Behandlers zu spielen habt. Ihr nutzt euren oberflächlichen Handkontakt und holt euch so viel Information wie möglich. Dann nehmt über den propriozeptiven und den sensorisch-motorischen Kontakt Fühlung auf, um nun Input von diesen Ebenen zu bekommen, und schaut schließlich mit dem Wasserläufer in die gesamte Körperphysiologie des Patienten. Ihr seid damit einverstanden, euch von der Körperphysiologie dieses Patienten benutzen zu lassen, während ihr den Nachrichten zuhört, die euch durch den Wasserläufer übermittelt werden. Mit diesen Nachrichten, versucht der innere Behandler des Patienten zu zeigen, wie ihr diesem Patienten helfen könnt, sich in Richtung der Wiederherstellung von Gesundheit zu bewegen.

Jetzt möchte ich gerne, dass ihr an die Behandlungsliegen geht, eure Hände irgendwo am Körper anlegt, zum Wasserläufer werdet, und dem zuhört, was geschieht – was auch immer es ist – beobachtet einfach für zehn Minuten.

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23 aralık 2023
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