Kitabı oku: «Die drei Steine der Macht», sayfa 3

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Liebe geht durch den Magen

Max ließ den Rucksack in dem Zimmer liegen und ging nach unten. Er hörte Gepolter aus der Küche, und Hund bellte im Hof. Durch die geöffnete Tür konnte Max sehen, dass Hund seine Würstchen bekommen hatte und sie nun genüsslich verschlang. Ein Blick über das Treppengeländer sagte ihm, dass Anemone schon wieder fleißig beim Aufräumen war. Er wurde bei der Überlegung, ob er ihr Hilfe anbieten oder lieber mit Hund um die Würstchen kämpfen sollte, von Mimbelwimbel unterbrochen, der mit einem Laib Brot, einer Wurst und einem Stück Käse in den Armen hereingehoppelt kam.

Ohne ein Wort über Max´ verändertes Erscheinungsbild zu verlieren, schickte er ihn zum Brunnen im Garten auf der Rückseite des Wohnhauses, um Wasser zu holen. Mit knurrendem Magen ließ Max sich von Anemone zwei Eimer geben und machte sich zähneknirschend auf den Weg, an Hund vorbei, der seine Mahlzeit verspeist hatte und nun zufrieden im Schatten des Hauses lag.

Der Garten war ein einziges Chaos, Mimbelwimbel hatte nicht übertrieben. Max sah auch die frischen Erdhügel am Rande des Gartens und blickte schnell weg. Er war noch nie so heftig mit dem Tod konfrontiert worden wie in dieser kurzen Zeit.

Die Zerstörung im Garten betraf hauptsächlich die Oberfläche. Plattgetrampelte und zerfetzte Pflanzen lagen verstreut durcheinander, aber die Plünderer hatten nicht in der Erde gewühlt. Vielleicht waren die Mohrrüben und die Kartoffeln schon groß genug, dass es sich lohnte, danach zu graben. Er sah auch noch ein paar Schoten am Erbsengestrüpp, und ein paar kleine Gurken hingen noch an ihren herausgerissen Mutterpflanzen.

„Trödel nicht rum!“

Max zuckte zusammen. Mimbelwimbel schaute aus dem Küchenfenster und machte eine ungeduldige Handbewegung.

„Ich geh ja schon“, murmelte Max mehr zu sich selbst.

Wenn das so weiterging, würde er den Zwerg bald hassen.

Als er mit den Eimern in die Küche zurückkam, hatte Anemone ganze Arbeit geleistet. Alles, was nicht zerbrochen war, hatte sie ordentlich weggestellt und aufgehängt. Der Tisch in der Wohnstube war gedeckt und Mimbelwimbel war bereits kräftig am mampfen. Allein die Aussicht, endlich etwas in den Magen zu bekommen, hielt Max davon ab, sich schon wieder über das schlechte Benehmen des kleinen Mannes zu ärgern.

Anemone schnitt Max eine dicke Scheibe vom Brot und je ein großzügiges Stück von der Wurst und dem Käse ab. Eine Weile aßen sie schweigend. Nicht nur Max war sehr hungrig, wie es schien. Das Brot schmeckte fast wie das Mischbrot, dass er immer beim Bäcker um die Ecke holte. Der Käse hatte einen herzhaften, würzigen Geschmack und passte hervorragend zum Brot. Auch die Wurst war nicht zu verachten. Hund teilte diese Meinung und erbettelte sich noch ein Stück.

Allmählich fühlte Max sich wohler. Ein gefüllter Magen hebt halt doch beträchtlich die Laune. Er kaute noch am letzten Stück, als Mimbelwimbel aufstand, sich die Krümel von der Kleidung klopfte und aus dem Bart zupfte.

„Mach doch nicht so eine Hektik!“, seufzte Anemone.

Max stimmte ihr innerlich zu. Mit vollem Bauch hatte er nun das Gefühl, dass die Zeit ideal für ein kleines Schläfchen sei. Aber der kleine Sklaventreiber war erbarmungslos, und widerstrebend folgten sie ihm in den Garten.

Während Max und Mimbelwimbel in der ausgetrockneten Erde nach Kartoffeln und Mohrrüben gruben, sammelte Anemone das zurückgebliebene Gemüse ein und suchte die Bäume nach Obst ab.

Es war faszinierend anzusehen, wie Mimbelwimbel einbeinig den Spaten in die Erde trieb, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren. Und er war dabei definitiv effektiver als Max. Was allerdings auch daran liegen konnte, dass Max immer wieder innehielt, um ihm zuzuschauen.

Drei barsche Ermahnungen später, nicht so rumzuglotzen, entschied Anemone, dass sie genug für eine Suppe zum Abendbrot zusammenhatte.

Als sie um die Ecke des Hauses verschwunden war, seufzte Mimbelwimbel abgrundtief.

„Was ist los?“, fragte Max erstaunt.

„Das wirst du heute Abend schon noch erfahren“, meinte der kleine Mann kurz angebunden und betrachtete das bereits umgegrabene Stück.

„Das reicht. Lass uns den Rest aufsammeln, mehr können wir sowieso nicht mitnehmen.“

Sie stellten den Korb mit den Kartoffeln und Mohrrüben am Zugang zum Keller ab. Mimbelwimbel wollte den Proviant für die nächsten Tage zusammenpacken und schickte Max ins Haus.

„Hilf dem Mädchen bei dem, was auch immer sie dem armen Gemüse antut.“

Max zog die Augenbrauen hoch. „Aha, daher weht also der Wind“, dachte er sich.

Als Max in die Küche kam, hatte Anemone bereits Feuer gemacht und einen Topf Wasser auf den Herd gestellt. Sie war noch fleißig am schnippeln und so wie es aussah, wollte sie wohl das Gemüse ins Wasser werfen und kochen. Das würde eine recht geschmacksneutrale Angelegenheit werden.

Max machte einen Abstecher in die Wohnstube und holte die restliche Wurst, die noch auf dem Tisch lag, nahm sich ohne Kommentar ein Messer und begann sie kleinzuschneiden. Anemone schaute ihm mit zunehmender Verwirrung zu.

„Was tust du da?“, fragte sie schließlich.

„Na, damit die Suppe ein bisschen Würze bekommt. Bauchfleisch oder Rippchen wären mir lieber, aber die Wurst wird es auch tun.“

Er schüttete die Wurststückchen in das bereits dampfende Wasser. Anemone starrte ihn mit offenem Mund an. Als er ihr einen belustigten Blick zuwarf, während er einen Holzlöffel vom Haken nahm, um damit den Topfinhalt umzurühren, klappte sie ihn geräuschvoll zu und fragte entrüstet:

„Woher willst du das denn wissen?“

Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah dabei wie ein richtiger Hausdrache aus. Max musste sich ein Lachen verkneifen.

Beiläufig meinte er: „Meine Mutter hat eine Kneipe. Ich musste ihr in den Ferien immer in der Küche helfen, als ich noch zur Schule ging. Und später auch immer mal wieder. Manche Dinge vergisst man nie.“

Er klopfte den Löffel am Topfrand ab, begann dann die Schranktüren aufzuklappen, fand den Deckel und tat ihn auf den Topf.

Anemone fragte ihn, etwas von seinem sicheren Auftreten eingeschüchtert: „Du kannst kochen?“

Max zuckte mit den Schultern.

„Geht so, einen Stern würde ich nicht gewinnen, aber meistens schmeckt es ganz gut.“

In Anemones Gesicht arbeitete es.

„Vielleicht solltest du dann hier weitermachen, ich kann nämlich nicht kochen“, gab sie schließlich zu.

Max nickte und verkniff sich jeglichen Kommentar.

„Würdest du bitte weiterschnippeln?“, fragte er höflich. „Ich schaue noch mal in den Garten, ob ich noch ein paar Kräuter retten kann.“

Anemone nickte, nahm das Messer wieder in die Hand und machte dort weiter, wo sie aufgehört hatte.

Erneut stapfte Max um das Haus herum, die Augen überall hingerichtet, nur nicht auf den Boden des Hofes. Hund schien sich nicht im Geringsten unwohl zu fühlen und döste entspannt im Schatten vor sich hin. Er ließ sich auch nicht von dem gedämpften Gepolter, das aus dem Keller kam, stören. Mimbelwimbel machte ganz schön Krach. Max runzelte die Stirn, als er unter der Verbindung zur Scheune durch am Keller vorbei in den Garten ging. Hoffentlich hörte sie niemand.

Max entdeckte nicht nur Petersilie und Liebstöckel (reichlich verknickt, aber egal.) sondern auch noch ein paar kleine Zwiebeln. Nach ein paar Probegrabungen fand er sogar Sellerie. Das würde ausreichen, um den Eintopf nicht allzu langweilig schmecken zu lassen.

Er aß sehr gerne Gemüsesuppe, und die Arbeit im Garten hatte Hunger und Appetit gemacht. Das Wasser mit der Wurst kochte bereits, und Anemone, fertig mit der Schnippelei, wartete auf ihn. Das Suppengemüse landete ebenfalls im Topf, und es dauerte nicht lange, bis sich ein angenehmer Duft im Haus verbreitete.

Mimbelwimbel kam ins Haus.

„Anemo...“

Er brach ab und schnupperte erst verwundert, dann mit zunehmender Begeisterung. Dann kam er in die Küche, beäugte den dampfenden Topf und fragte sie schließlich:

„Was hast du denn angestellt? Das riecht ja zur Abwechslung mal gut!“

Max verschluckte sich an seiner eigenen Spucke, als er auf diese erneute Frechheit eine deftige Antwort geben wollte und musste heftig husten. Während Anemone ihm kräftig auf den Rücken klopfte, fragte sie Mimbelwimbel, der wieder verzückt vor dem Topf stand:

„Was wolltest du eigentlich?“

Mimbelwimbel riss sich von dem Anblick los.

„Ich brauche deinen Proviantbeutel!“

Anemone nickte, hörte auf, Max auszuklopfen, als wäre er ein staubiger Teppich, und fragte ihn:

„Der Rucksack ist voll, oder?“

Max nickte.

„Fast“, brachte er hustend, mit tränenden Augen hervor.

Zu Mimbelwimbel gewandt sagte sie:

„Komm mit, ich gebe ihn dir. In einem der Schlafzimmer habe ich noch eine Umhängetasche neben einer Truhe liegen sehen, die kann Max dann nehmen.“

Zusammen verließen sie die Küche. Max rang noch eine Weile nach Luft und begann dann, das restliche Gemüse und die Kräuter in den Topf zu füllen.

Während die Suppe alleine weiterkochte, durchstöberte Max auf eigene Faust den Hof. Zwei kleine Töpfe, die gut ineinander passten, zwei kleine Messer und ein Schleifstein, Gabel, Löffel und Salz wanderten in den Rucksack. Er fand im Keller zwei leere Wasserschläuche. Wenn sie leer waren, würden sie weniger Platz wegnehmen als Flaschen. In einer der Werkstätten gegenüber vom Wohnhaus entdeckte er ein Bündel Lederschnüre, das er ebenfalls in den Rucksack stopfte.

Nach einem Stück Seife suchte er am längsten. Schließlich wurde er in dem an das Wohnzimmer angrenzende Schlafzimmer fündig. Versteckt, hinten in der Kommode, neben der eine zerbrochene Schüssel mit passendem Krug lag, fand er zwei in Leder eingewickelte Stücke. Schnell verschwanden diese in seiner Hosentasche, bevor Anemone sie sich unter den Nagel reißen konnte. Nach weiterem Wühlen in den Handtüchern förderte er auch noch ein Rasiermesser zu Tage. Super, er würde sich keinen Bart wachsen lassen müssen. Sehr zu seinem Unmut stieß er aber auf nichts, dass in seinen Augen eine Zahnbürste darstellen könnte. Da würde er wohl nachfragen müssen.

Mit der Seife, dem Rasiermesser und einer festgebundenen Decke war der Rucksack nun komplett (bis auf die Zahnbürste). Er wog einiges, die Provianttasche würde auch noch dazukommen, aber es musste gehen. Die Taschen der anderen Beiden hatten ja auch alles andere als leicht ausgesehen. Er suchte Anemone und fand sie, als sie dabei war, die Zimmer für das Übernachten herzurichten. Er schaute sich um, ob sie allein waren und Mimbelwimbel nicht in irgendeiner Ecke steckte. Seine Frage würde sonst sicherlich nur wieder einen bissigen Kommentar hervorrufen.

Er fragte Anemone leise:

„Sag mal, wie putzt ihr euch eigentlich die Zähne?“

Anemone sah ihn verdattert an, runzelte die Stirn, verkniff sich dann aber den Kommentar, der ihr auf der Zunge lag. Sie faltete die Decke, die sie gerade ausgeschüttelt hatte, zusammen und legte sie auf das Bett.

„Komm, ich zeig es dir.“

Sie holte ein Messer aus der Küche und ging dann nach draußen zu dem Busch, der neben dem Tor wuchs. Sie schnitt einen fingerdicken Ast ab, kürzte ihn auf ungefähr 20 cm und spaltete ihn ein wenig auf. Dann zog sie einen Lappen aus der Rocktasche, riss einen Streifen ab, legte ihn um das gespaltene Holzende und klemmte die Stoffenden am Hölzchen fest. Sie zupfte den Stoff noch ein wenig zurecht und hielt Max das Hölzchen hin. Er nahm es zweifelnd und simulierte die Putzbewegung, die er mit einer Zahnbürste machen würde. Anemone nickte zustimmend. Max widerstand dem Drang, resignierend die Schultern hängen zu lassen. Er würde wohl als erstes einen Zahnarzt aufsuchen müssen, falls er wieder nach Hause kam. Bei dem Gedanken an Holzsplitter im Zahnfleisch lief ihm ein Schauer über den Rücken. Nichtsdestotrotz schnitt er sich ein zweites Holz in der passenden Länge ab.

„Wir können dann essen. Die Suppe müsste so weit sein“, sagte er zu Anemone, die sich sofort auf die Suche nach Mimbelwimbel machte.

Eine halbe Stunde später saßen sie im Wohnzimmer am Tisch um den dampfenden Topf herum. Mimbelwimbel sabberte förmlich. Auch Hund bekundete lautstark sein Interesse, so dass er ebenfalls einen Teller voll bekam. Anemones Gesicht wurde immer finsterer, während Mimbelwimbel, laut schlurfend und schmatzend, unterbrochen von einem Mmmh nach dem anderen, seinen Teller leerte.

Schließlich platzte sie heraus: „Ich weiß, dass ich nicht gut kochen kann, aber du musst es nicht so deutlich zeigen!“

Mimbelwimbel nahm sich ungerührt Nachschlag.

„Das war die Untertreibung des Jahres!“, meinte er an Max gewandt. „Unter diesen Umständen bin ich absolut dafür, dass du uns begleitest.“

Er löffelte weiter.

„Und das von dir, das ist ja fast eine Liebeserklärung!“, sagte Anemone bissig.

„Unsinn!“, gab Mimbelwimbel zurück. „Ich denke praktisch. Eine gute Ernährung ist die Grundlage für eine gute Gesundheit.“

Max schaufelte hastig Suppe in sich hinein und tat so, als ob er nichts hörte. Ein falsches Wort, und Anemone würde explodieren.

Schließlich war der Topf leer, und sie saßen satt und träge auf ihren Stühlen. Hund verzog sich in eine Ecke und rollte sich zusammen. Anemone holte ein paar Äpfel aus der Küche. Max und Mimbelwimbel sahen ihr zu, wie sie die Äpfel in Stücke schnitt. Eine angenehme Stille machte sich breit.

Max nahm sich ein Stück Apfel, biss ab und kaute bedächtig. Mimbelwimbel hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt, die Hände über den vollen Bauch gefaltet, die Augen geschlossen und schnarchte leise. Durch die geöffneten Fenster wehte eine leichte, kühle Brise. Jetzt, wo die Sonne schon niedrig stand, ließ die drückende Hitze des Tages nach und wich einer angenehmen Wärme. Max war müde, wollte aber noch nicht schlafen gehen und schaute Anemone träge dabei zu, wie sie die Apfelreste in die Schüssel, in der sie die Äpfel rein gebracht hatte, warf. Dabei machte sie so viel Lärm wie es nur ging. Sie schob ihren Stuhl geräuschvoll über den Boden, rückte am Tisch und warf das Messer den Apfelresten klappernd in die Schüssel hinterher. Hund hob leicht den Kopf und öffnete die Augen einen Spalt weit. So fest auftretend wie es ging stapfte Anemone zur Tür hinaus in den Hof.

Mimbelwimbel hatte aufgehört zu schnarchen und öffnete langsam ein Auge.

„Sie ist wohl noch sauer“, meinte Max leichthin.

Mimbelwimbel gähnte und reckte sich.

„Ich hätte deine Reaktion sehen wollen, wenn du nach zwei Wochen ungenießbarer ...“, Mimbelwimbel suchte nach einem passenden Wort, „... Pampe eine vernünftige Mahlzeit bekommst.“

Er griff nach einem Apfelstück.

„Na, so schlimm war es doch bestimmt nicht“, meinte Max.

„Hast du eine Ahnung!“

Dem kleinen Mann lief deutlich sichtbar ein Schauer über den Rücken.

„Wieso bist du eigentlich unterwegs?“, fragte Max und erntete zum ersten Mal keinen bissigen Kommentar auf eine Frage.

Mimbelwimbel mümmelte noch einen Augenblick an seinem Apfelstück herum und schluckte es dann herunter. Während er ein weiteres Stück nahm, fragte er:

„Hat Anemone dir schon etwas erzählt?“

Er biss ab.

„Nur, dass Wobbelhobbel im Bergbau arbeiten, gut weben können und Handel treiben. Aber wie ein Händler siehst du nicht aus.“

Mimbelwimbel nickte.

„Bin ich auch nicht.“ Er machte es sich auf seinem Stuhl bequem. „Ich komme vom Schwarzberg, im Mittleren Gebirge, weit im Süden. Seit Jahrhunderten gräbt meine Familie dort nach Erz. Wir nennen diesen Teil des Mittleren Gebirges auch Erzgebirge, weil die Berge so ergiebig sind. Wir suchen hauptsächlich nach Edelmetallen für die Herstellung von Schmuck und Münzen. Gold, Silber und Kupfer. Wir haben aber auch mehrere Stollen, in denen wir Eisenerz abbauen. Die Nachfrage steigt stetig. Hin und wieder finden wir auch Edelsteine, ist aber eher die Ausnahme.“

Anemone kam wieder herein und setzte sich. Max lächelte sie kurz an und wandte sich Mimbelwimbel wieder zu:

„Klingt so, als ob deine Familie riesig ist. Das ganze hört sich nach einer Menge Arbeit an.“

Mimbelwimbel nahm sich noch ein Stück Apfel.

„Die Bergwerke werden nicht nur von meiner Familie unterhalten. Wir haben uns mit drei anderen Familien zusammengetan. Wir sind so effektiver. Unserer Familie, den Wimbels und den Wobbels, gehören die Gold-, Silber- und Kupfererzstollen. Die Eisenerzstollen gehören den Wabwels und den Mimbwos. Wir verhütten das gefundene Erz auch selbst. Die Mimbwos sind da wahre Spezialisten, darum haben wir sie auch in die Gemeinschaft aufgenommen, obwohl sie nur einen Stollen mitgebracht haben. Das Erz selbst zu verhütten spart Zeit und Geld, denn nur reines Metall kann gut verkauft werden.“

Mimbelwimbel kratzte sich am Bart.

„Warum bist du aber hier und nicht bei deiner Familie?“, fragte Max weiter.

„Zweimal im Jahr melden wir die Mengen, die wir gefunden haben, an die Handelszentrale in Altseeburg. Seit zehn Jahren mache ich das. Vorher hat es mein Vater getan. Ich handle einen Preis aus, und die Ware wird abgeholt. Ich kaufe in der Regel auch gleich die Dinge ein, die wir nicht selbst herstellen können, aber zum Leben brauchen, und reise mit den Leuten vom Handelshaus zurück. Wir könnten das auch über die herumreisenden Vertreter regeln, aber im Handelshaus bekommt man einfach einen besseren Preis!“

Mimbelwimbel rülpste, wischte sich mit dem Bart den Mund ab (Anemone verzog angeekelt das Gesicht) und lehnte sich wieder gemütlich zurück.

„Wäre es nicht einfacher, das Metall direkt nach Altseeburg zu bringen?“, fragte Max.

Er fand das Ganze recht merkwürdig. Gewöhnt an Telefon und Internet kam ihm diese Vorgehensweise doch mehr als umständlich vor.

„Viel zu gefährlich“, antwortete Mimbelwimbel. „Nicht nur in der heutigen Zeit, sondern schon immer. Solange man offensichtlich nichts Wertvolles bei sich hat, interessiert sich dieses Pack von Wegelagerern kaum für einen, obwohl ...“ Mimbelwimbel klopfte sich nachdenklich an die Nase. „Ich habe gehört, dass Leute nicht nur ausgeraubt, sondern auch gefangen genommen wurden und erst gegen Zahlung eines Lösegeldes wieder frei kamen.“

Er zuckte mit den Schultern. Ihm war es wohl noch nicht passiert.

„Was passiert mit denen, für die nicht gezahlt wird?“, fragte Max in die Pause hinein, die Mimbelwimbel machte.

Der kleine Mann zuckte wieder mit den Schultern und zog einen Zeigefinger über die Kehle.

„Jedenfalls ...“, fuhr er fort, „... müssten wir so viele Leute zum Schutz der Ware mitschicken, dass wir in dieser Zeit erheblich weniger fördern würden. Wir sind nun auch nicht die besten Kämpfer. Es rechnet sich mehr, die ausgebildeten Schutztruppen des Handelshauses zu bezahlen. Das Risiko des Verlustes liegt dann auch nicht mehr bei uns.“

Das klang wiederum logisch.

„Du reist also zweimal im Jahr nach Altseeburg?“

Mimbelwimbel nickte.

„Bist du schon mal woanders gewesen?“

Max fragte sich, ob es in dieser Welt nur dieses Stück Land gab, oder ob seine Bewohner auch über die Ufer hinausschauten. Falls Ufer überhaupt existierten.

„Nein, aber ich habe einen Vetter, der hat überhaupt kein Gespür für den Bergbau. Er ist nach Altseeburg in das Handelshaus gegangen und dann eine Weile über die Meere gesegelt. Von ihm könnte ich dir ein paar spannende Geschichten erzählen. Mach ich vielleicht auch. Irgendwann.“

Mimbelwimbel hatte für heute offensichtlich genug erzählt. Es war mehr gewesen, als Max am gesamten Tag von ihm gehört hatte.

„Sie sind wirklich spannend!“, sagte Anemone, und Mimbelwimbel verzog sein Gesicht zu etwas, das tatsächlich ein Lächeln sein konnte.

„Er hat mir ein paar erzählt, bevor wir über dich gestolpert sind. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie alle der Wahrheit entsprechen. Besonders die mit der Meerjungfrau ...“

Max sah Mimbelwimbel gespannt an, doch der machte nur ein unschuldiges Gesicht, oder versuchte es zumindest, und zog die Schultern hoch.

„Ich habe nur wiedergegeben, was Hombelwimbel mir erzählt hat.“ Er grinste frech und sah dabei sehr verschlagen aus.

„Warum bist du eigentlich unterwegs?“, fragte Max Anemone.

Diese Frage war ihm schon die ganze Zeit durch den Kopf gegangen. Nach dem, was Mimbelwimbel erzählt hatte, konnte er auch nicht glauben, dass es üblich war, dass Frauen alleine auf Reisen gingen. Mimbelwimbel wurde bei dieser Frage ganz still und beobachtete Anemone aus halb geschlossenen Augen.

Anemone schien sich auf einmal sehr unwohl zu fühlen.

„Ich suche jemanden“, antwortete sie knapp.

„Entschuldige bitte, ich wollte dir nicht zu nahe treten“, sagte Max besorgt.

Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet. Sie lächelte etwas verkrampft, entspannte sich dann aber.

„Was willst du jetzt eigentlich machen?“, fragte sie Max im Gegenzug.

Den Gedanken daran hatte Max den ganzen Tag über immer wieder verdrängt. Aus dem einfachen Grund, dass er dabei Panik bekam und nicht mehr klar denken konnte.

„Ich weiß nicht, ich ...“

Er verstummte. Plötzlich standen ihm Tränen in den Augen. Er kämpfte sie mühsam zurück und schluckte hart.

„Ich möchte zurück nach Hause, aber ich weiß nicht wie.“

Die andere Welt machte ihm Angst. Er sehnte sich nach dem Gewohnten, egal wie unbequem es auch manchmal war. Damit kam er klar. In seiner Welt wusste er sich zu helfen. Aber hier war er allein. Überall lauerten unbekannte Gefahren.

Plötzlich überkam ihn schreckliches Heimweh, und die Panik war wieder da. Was, wenn er wirklich nicht wieder zurückkam? Er würde seine Familie nie wiedersehen. Er hatte am Samstag mit seinen Freunden ins Kino gehen wollen. Max verlor den Kampf gegen die Tränen und spürte wie sie ihm die Wangen hinunterrollten. Verlegen wischte er sie mit einer Hand weg und wagte nicht aufzusehen, in der Befürchtung, Spott oder Verachtung in den Augen der anderen zu erkennen. Er merkte, wie sich eine weiche Hand auf seine legte und sacht zudrückte. Anemone sah ihn mitfühlend an, selbst den Tränen nahe, von den seinen gerührt. Mimbelwimbel schaute ihn ernst und nachdenklich an. Keine Spur von Spott und Hohn. Max fing sich allmählich wieder und versuchte zu lächeln.

Mimbelwimbel räusperte sich.

„Dein Auftauchen war schon sehr seltsam. Ich konnte den Weg gut einsehen, und du hast definitiv nicht dagelegen, bis ich über dich gestolpert bin. Und du scheinst mir intelligent genug zu sein, um nicht in dem lächerlichen Ding, in dem du da gesteckt hast, und ohne Schuhe vor die Tür zu gehen.“

„Danke!“, sagte Max trocken.

Mimbelwimbel neigte huldvoll den Kopf. Anemone nahm ihre Hand von Max´ und nahm sich das letzte Apfelstück. Nachdenklich knabberte sie daran.

„Du hast nicht zufällig schon mal von so einer Sache gehört?“, fragte sie Mimbelwimbel.

Doch der schüttelte nur den Kopf.

„Mir ist, als ob. Aber ich komme nicht darauf. Ich glaube, es war eine Geschichte, die mir erzählt wurde, als ich noch klein war, aber ich kann mich nicht erinnern.“ Mimbelwimbel zuckte mit den Schultern. „Für mich sieht das ganze nach Zauberei aus!“

Anemone verschluckte sich und hustete heftig. Diesmal klopfte Max ihr auf den Rücken. Mit hochgezogenen Augenbrauen fragte er Mimbelwimbel ungläubig:

„Gibt es hier etwa Zauberer?“

„Natürlich nicht!“, keuchte Anemone und hustete erneut.

„Bei euch etwa?“

Max schüttelte den Kopf.

„Nein. Nur welche, die so tun.“

Anemone holte tief Luft und wischte sich die Tränen ab.

„Es gibt die Geschichte, dass die Weise Magna zaubern kann. Man hat uns, als wir noch Kinder waren, immer erzählt, dass sie kommen würde und uns in Frösche verwandelt, wenn wir unartig sind. Aber wer glaubt das.“

Mimbelwimbel nickte.

„Ja, damit stellen wir unsere Kinder auch ruhig.“

Max sah von einem zum anderen.

„Was ist die Weise Magna?“

Anemone zuckte mit den Schultern.

„Sie soll in Altseeburg, in einer Höhle unter der Burg, wohnen.“

Max und Anemone sahen Mimbelwimbel an, in der Annahme, dass er mehr wüsste. Mimbelwimbel schaute von Max zu Anemone und wieder zurück und meinte dann entschuldigend:

„Mehr weiß ich auch nicht, ich meine nur mal gehört zu haben, dass sie Teil der Regierung ist, in beratender Funktion.“

Mimbelwimbel hob hilflos die Hände.

„Meinst du, dass sie vielleicht Rat in seinem Fall weiß und wir sie fragen können?“

Anemone nickte in Max´ Richtung. Mimbelwimbel raufte sich den Bart, bohrte dann mit dem kleinen Finger im Ohr und hatte dabei die ganze Zeit die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. Schließlich zuckte er mit den Schultern.

„Warum nicht? Wenn sie keinen Rat weiß, wer dann?“

Anemone nickte zustimmend.

„So machen wir es. Du kommst mit uns nach Altseeburg, und dann sehen wir weiter.“

Max nickte langsam. Es war ein Plan. Allerdings schwante ihm nichts Gutes. Er hatte das dumpfe Gefühl, dass dies nicht nur ein kleines Abenteuer werden würde, aber wenigstens war er nicht allein.

Es wurde allmählich dunkel draußen. Anemone erhob sich.

„Es wird Zeit ins Bett zu gehen. Wir sollten morgen früh aufstehen.“ Sie stellte die Teller in den Topf und brachte ihn in die Küche. Max hatte sich gerade hochgequält als sie zurückkam.

„Ich schlafe hier.“ Sie deutete auf die Schlafkammer hinter dem Wohnzimmer. „Für Mimbelwimbel habe ich das Zimmer hinter der Webstube aufgeräumt, und du kannst oben in dem Zimmer der Knechte schlafen.“

Sie verschwand in ihrer Schlafkammer.

„Wäre schön, wenn du noch mal Wasser holen könntest!“, rief sie heraus.

Max stand ein wenig verunsichert da. Na hoffentlich würden sie ihn da oben nicht vergessen. Mimbelwimbel schien seine Gedanken erraten zu haben. Er kletterte vom Stuhl und boxte Max leicht in den Oberschenkel.

„Keine Angst. Wir werden dich schon nicht vergessen!“, sagte er und hoppelte aus dem Zimmer.

Beruhigt holte Max das Wasser, wusch sich rasch und putzte sich mehr schlecht als recht die Zähne.

Bis auf die Unterhose ausgezogen, lag er schließlich im Bett. Es war unbequem, wellig und es raschelte, wenn er sich bewegte. Aber bevor er sich darüber Gedanken machen konnte, wie er in dem Ding bloß zur Ruhe kommen sollte, war er bereits fest eingeschlafen.

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Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
440 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783943172379
Telif hakkı:
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