Kitabı oku: «My Best Friends Guy», sayfa 2
„Dann kann ich ja einen Punkt auf meiner Liste abhaken. Ich dachte schon, du würdest länger brauchen, um dich für dein Verhalten zu entschuldigen.“
Mein erleichtertes Aufseufzen bringt das Lächeln zurück in sein Gesicht.
„Da wir das geklärt haben, willst du mir nicht verraten, was diese ganze Sache mit Sarah soll?“ Kane lehnt sich zurück und als ich den Schalk in seinen Augen sehe, weiß ich, dass ich meinen besten Freund zurückhabe. So war es früher immer zwischen uns. Wir waren auf einer Wellenlänge, konnten den anderen lesen und es gab keine verkrampften Momente. Bis zum Tag X zumindest. Oder, wenn ich ehrlich war, auch schon einige Male davor.
„Ich beantworte ein paar Fragen, wenn du mir meine beantwortest. Aber die Auflösung muss ich Sarah überlassen.“
Ich nicke zustimmend. So oder so, ich würde rausfinden, warum er Sarahs Freund spielte. Und, was noch wichtiger ist, ich würde meine Gefühle näher ergründen. Also frage ich: „Na dann, schieß los. Wie lautet deine erste Frage?“
Kane überspielt sein Lachen mit einem Brummen und antwortet: „Warum hast du mich nicht angerufen, als du die Diagnose deiner Mum bekommen hast?“
Für diese Antwort musste ich nicht lang überlegen.
„Weil ich sauer auf dich war. Schon vor meinem Besuch bei dir zeigte sie Anzeichen. Ich hatte Angst, es beim Namen zu nennen. Eigentlich wollte ich dir gleich am Anfang von meinen Befürchtungen erzählen. Aber als du deine Tür geöffnet hast und mir gleich nach unserer Begrüßung Pete vorgestellt hast, war mein Plan wie weggewischt. Wir sind beste Freunde seit dem Kindergarten. Selbst unser Umzug hat daran nichts geändert. Wir waren auf dem gleichen College und haben uns ein Zimmer geteilt. Als Pete laut und deutlich sagte, dass er mich nicht leiden kann und du ihn auch noch verteidigt hast, da konnte ich einfach meinen Mund nicht halten. Und trotzdem tut es mir leid, dass er in den Pool gefallen ist. Und dass ich ihn beschimpft habe und dass ich ihm Salz in seinen Joghurt getan habe.“ Meine Stimme wurde immer defensiver, doch Kane lachte jetzt so laut, dass es wohl jeder am anderen Ufer hören konnte.
„Du meinst, es tut dir leid, dass du ihn in den Pool gestoßen hast.“ Als Kane aufsteht und sein Shirt und anschließend seine Hose auszieht, schnappe ich unbewusst nach Luft. Er wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, dann hüpft er nur in Boxershorts bekleidet aus dem Boot, direkt hinter mich.
„Was…?“ Zu mehr komme ich nicht, denn er hebt mich aus dem Boot und wirft mich ins Wasser. Meine Finger krallen sich in den weichen Sand und ich muss so sehr prusten, dass ich Wasser schlucke und husten muss.
„Du hinterhältiger Bastard.“ Als ich aufstehe und meine nassen Haare nach hinten streiche, grinst Kane mich breit an. Und da ist sie wieder, diese Leichtigkeit zwischen uns.
„Das war Petes Rache. Ich musste ihm versprechen, dich mindestens einmal nass zu machen.“
„Auftrag ausgeführt. Heißt das, ihr seid immer noch zusammen?“ Mein Magen krampft sich zusammen und ich warte atemlos auf seine Antwort.
„Ist das wirklich deine erste Frage an mich?“
„Die erste von sehr vielen. Ja.“
„Nein, wir sind nicht zusammen.“
„Warum?“ Mist, die Frage war mir einfach so rausgerutscht. Eigentlich müsste ich jetzt mitfühlend seine Schulter tätscheln und nicht wie ein eifersüchtiger Idiot klingen. Doch Kane sieht ziemlich zufrieden aus, als er an mir vorbei ins Wasser watet.
„Das wäre deine zweite Frage. Vorher bin ich dran.“ Da er einfach so davonschwimmt, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihm hinterher zu schwimmen. Kane ist ein ganzes Stück besser als ich darin und hat schon nach kurzer Zeit einen ordentlichen Abstand zwischen uns gebracht. Das gefällt mir gar nicht, also versuche ich nicht wie ein beleidigtes Kind zu schauen, als ich ihn endlich in der Mitte des Sees einhole, während er dort feixend auf mich wartet.
„Also? Frage?“, japse ich.
„Pete denkt, dass du eifersüchtig auf ihn warst. Stimmt das?“ Kane schaut mich ernst an und seine Augen hinter der Brille bitten mich stumm um die Wahrheit. Vorhin hatte ich mir vorgenommen, meine Gefühle zu ergründen. Ich will es langsam angehen lassen. Aber Kane hat anscheinend andere Vorstellungen. Mein Mund fühlt sich trocken an und ich versuche mit den Schultern zu zucken, was schwimmend mitten im See schwieriger ist als gedacht.
„Wahrscheinlich hat er recht. Mir war das zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz klar. Aber mittlerweile hatte ich genug Zeit, diese Woche Revue passieren zu lassen und ein paar Gespräche mit Any unter dem Einfluss von zwei drei Gläsern Whiskey haben geholfen.“ Ich sehe ein Schimmern in seinen Augen aufleuchten. Das kann natürlich nur eine Spiegelung der Sonne durch das Wasser sein, aber ich hätte schwören können, dass sich da etwas raubtierhaftes in seine Gesichtszüge stahl. Nervosität rauscht durch meinen Körper und ich bin mir dessen bewusst, dass ich zwar vollständig angezogen bin, Kane aber nur in seiner Unterhose eine Armlänge von mir entfernt schwimmt. Und es ist das erste Mal, dass ich ihn halbnackt sehe, nachdem ich mir eingestanden habe, dass ich mehr für ihn fühle als beste Freunde fühlen sollten.
„Und war diese Eifersucht auf deine Gefühle in Bezug auf mich als deinen besten Freund bezogen?“ Oder ist da mehr?
Diese Worte braucht Kane nicht auszusprechen. Ich höre sie überdeutlich in meinem Kopf.
„Jetzt bin ich wieder mit meiner Frage dran.“ Ich schlucke und denke an mein Warum von vorhin. Sollte ich lieber etwas anderes fragen? Zum Beispiel, warum er mit einem Mal eine Brille trägt? Ich schüttele den Kopf, was Kane wieder zum Lächeln bringt. Er weiß von den Diskussionen in meinem Kopf.
„Warum?“, stelle ich schließlich die Frage erneut. Und ich muss nicht ausführen, was genau ich damit meine. Ohne zu zögern antwortet Kane mir: „Um ehrlich zu sein, hat Pete mir einen Gefallen getan. Der Gastgeber der Party, auf der Pete ins Wasser gefallen ist, war mein Ex. Wir hatten uns einvernehmlich getrennt, aber ich war ziemlich deprimiert und dann kam dein Besuch dazu. Ich kenne Pete von einem Gelegenheitsjob nach dem College. Er bot an, meinen Freund zu spielen und ich erzählte ihm von dir und irgendwie bekam er den Eindruck, dass du mir nicht guttust. Also hat er versucht dir zu verstehen zu geben, dass du undeutliche Signale aussendest. Außerdem wollte er dich testen.“
Automatisch schüttele ich den Kopf, doch dann denke ich an diese Woche zurück. Ich hatte mich von Sarah getrennt, noch ehe es ernst wurde zwischen uns. Ich war verwirrt und ziemlich gereizt. Schließlich nicke ich.
„Ja, kann sein. Das war nicht meine Absicht, aber zu der Zeit ging mir vieles durch den Kopf und ich habe dich vermisst und mich auf die Zeit zu zweit gefreut.“
Kane schaut mich unentschlossen an, ehe sich der Ausdruck in seinem Gesicht in Zielstrebigkeit ändert und er sagt: „Ich meine damit nicht nur deinen Besuch. Auch davor einige Male. Viele Male, wenn ich die Gelegenheiten mitzähle, die ich ignoriert habe, weil ich dachte, ich bilde sie mir ein.“ Kane kommt langsam näher, so als wolle er mir Zeit lassen, vor ihm wegzuschwimmen. Anspannung macht sich in mir breit. Aber wenn ich mir einmal etwas in den Kopf setze, dann ziehe ich es auch durch. Auf gar keinen Fall würde ich vor ihm fliehen. Also, ich meine nicht noch einmal.
„Also, was hatte deine Eifersucht zu bedeuten?“
„Sie bezog sich nicht nur auf dich als meinen besten Freund.“
Ich flüstere die Worte, da Kane mittlerweile so nahe ist, dass sich unsere Lippen fast berühren. Unsere Beine streifen sich immer wieder und eine gespannte Vorfreude überfällt mich. Wie würde es sein, männliche Lippen auf meinen zu spüren? Wie würde es sein, Kanes Lippen auf meinen zu spüren? Als ob er meine Gedanken liest, überwindet er den verbleibenden Abstand zwischen uns. Er schaut mich fragend an, gibt mir Zeit, einen Rückzieher zu machen. Doch das würde ich auf keinen Fall machen. Die Anspannung in mir ist so hoch, dass ich fast vergesse, zu atmen. Ganz langsam kommt sein Gesicht näher und als er mich schließlich küsst, hält die Welt um mich herum an. Lodernde Gefühle rasen durch mich hindurch und mit einem Stöhnen vertiefe ich den Kuss. Kane zieht mich an sich und seine Hand an meinem Hinterkopf verhindert, dass ich vielleicht doch noch flüchten kann. Der Kuss entfacht ein Feuerwerk an Gefühlen in mir, die mir völlig unbekannt sind. Unsere Zungen tanzen und sein Geschmack vernebelt mir die Sinne. Seine Erektion streift immer wieder meine Eigene, die in der engen Unterhose schmerzlich gegen den Stoff drückt. Erst als wir drohen, im Wasser unterzugehen, trennen wir uns wieder. Ich schnappe nach Luft und schaue Kane mit großen Augen an.
„Das war…“
„Ja.“ Seine Erwiderung ist kurz und knapp und drückt doch so vieles aus. Seine Hand wandert von meinem Hinterkopf zu meinem Arm und dann zu meiner Hand. Er verflechtet seine Finger mit meinen, während ich immer noch bemüht bin, mich über Wasser zu halten und nicht einfach unterzugehen. Obwohl eine Mund zu Mund Beatmung von Kane in diesem Moment sehr reizvoll wirkt.
„Warum genau sind wir in die Mitte des Sees geschwommen? Am Ufer könnten wir wenigstens stehen und liefen nicht Gefahr, wie Steine zu Boden zu sinken.“
Kanes Lachen beschert mir ein Kitzeln im Bauch und ohne, dass ich es will, stiehlt sich ein breites Grinsen in mein Gesicht.
„Glaub mir, es ist besser so. Ich bin mir nicht sicher, ob ich genug Selbstbeherrschung habe, nicht einfach über dich herzufallen. Außerdem hätte ich schneller vor dir wegschwimmen können, hätten mir deine Antworten nicht gefallen. Genauer gesagt, du hättest einfach wieder zur Party schwimmen müssen, denn ich wäre mit dem Boot auf und davon gewesen, noch ehe du das Ufer erreicht hättest.“
„Nein, du hättest mich nicht zurückgelassen. Dafür bist du viel zu anständig. Und außerdem, wer sagt, dass ich etwas dagegen hätte, wenn du über mich herfällst?“ Ich versuche verführerisch zu klingen, was mir aber kläglich misslingt. Kane kommt wieder näher und drückt mir einen sanften Kuss auf. Diesmal fehlt die wilde Leidenschaft, und trotzdem spüre ich die Berührung seiner Lippen bis in die Zehenspitzen.
„Es gibt noch etliche Fragen zu klären und ich kenne dich. Wir werden langsam machen. Immer, wenn Sarah uns aus den Augen lässt, werde ich dich küssen. Ich werde mich an dir reiben und dir einen Vorgeschmack geben, wie es zwischen uns sein wird. Und wenn du soweit bist, werden wir einen Schritt weitergehen. Aber wir werden nichts überstürzen und wir werden nichts bereuen.“ Ich kann nicht mehr tun, als zu nicken. Kane löst seine Finger von meinen und schwimmt zurück in Richtung Boot. Und während ich ihm hinterherschwimme, wird mir klar, dass er recht hat. Vielleicht wären wir etwas zu weit gegangen und ich hätte mich später damit unwohl gefühlt. Vielleicht auch nicht, aber dass er daran gedacht hat, zeigt mir wieder, was für ein außergewöhnlicher Mann Kane ist. Die letzten Monate waren schmerzlich gewesen. Die Zeit der Grübeleien ist für mich endgültig vorbei. Und wenn ich ehrlich bin, dann kann ich jetzt endlich wieder richtig atmen. Der Druck, den ich vorher nicht einmal wahrgenommen hatte, war verschwunden. Zurück blieben Vorfreude und Leichtigkeit, die mir ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern. Sehr männlich, ich weiß.
Kapitel 2
Für den Rückweg übernehme ich die Ruder und die gesamte Zeit über kribbelt mein Rücken. In Gedanken stelle ich mir vor, wie Kane mich mit seinem intensiven Blick beobachtet und ich muss mehrfach hin und her rutschen, um eine bequeme Sitzposition zu finden. Was mit einer Erektion in der nassen Hose gar nicht so einfach ist. Sarah erwartet uns bereits. Sie steht neben meiner Mutter, die lacht und sich die nassen Haare mit einem Handtuch trocken rubbelt. Und schon habe ich mich wieder im Griff.
„Ich habe deiner Mum gerade von dem Wasserschaden im Haus meiner Eltern erzählt und wie Kane in meinem Zimmer alles mit Handtüchern ausgelegt hat. Darunter auch das, welches meine Mutter von ihrer Großmutter geerbt hat und sowas wie ein Familienschatz ist.“
Mein Blick schnellt zu Kane, der kurz zu einer Erwiderung ansetzen will, dann aber den Kopf senkt und das Boot mit dem dazugehörigen Seil am Steg festmacht.
„Sean, was hältst du davon, wenn die beiden das Gästezimmer beziehen? Es wäre nur für eine Woche und es steht sowieso frei.“ Meine Mum sieht mich erwartungsvoll an. Sie hat mich gut erzogen und da gehört es dazu, den Nachbarn und Freunden in brenzligen Situationen zu helfen. Der Gedanke, mit Sarah und Kane unter einem Dach zu wohnen macht mich nervös. Und zwar auf eine gute und eine schlechte Weise. Innerlich hadere ich mit mir, doch äußerlich schenke ich meiner Exfreundin ein freundliches Lächeln.
„Ja, na klar. Wobei ich denke, dass das Bett dort drin ziemlich klein für die beiden sein wird.“ Meine Mum tippt sich überlegend mit dem Finger gegen die Lippen.
„Da könntest du recht haben. Es ist wirklich sehr schmal. Kane könnte ja im Büro im Keller auf der Ausklappcouch schlafen und Sarah im Gästezimmer. Was meinst du, Schätzchen?“, fragt sie an meine Exfreundin gewandt. Sarah strahlt übers ganze Gesicht. Wären mir nicht vorher schon Bedenken gekommen, ob ihre Geschichte so stimmt, dann hätte ich spätestens jetzt welche.
„Das ist so lieb von euch. Kane, das ist doch in Ordnung, oder?“
„Ja, das ist in Ordnung. Vielen Dank, Miss Roberts.“
„Ich sagte doch, du sollst mich Pauline nennen.“
Und damit war das Thema vom Tisch. Ich verbringe die nächsten Stunden damit, neben meiner Mum zu sitzen und Gespräche zu führen. Hin und wieder springe ich als Gedankenstütze ein, wenn ihr mal etwas nicht mehr einfällt. Immer wieder wandert mein Blick zu Kane und Sarah. Oftmals begegnen unsere Blicke sich, Kanes Blick ist etwas unsicher und Sarahs Blick in meine Richtung voller Zuneigung. Oha, ich glaube, ich muss schnell etwas unternehmen. Nichts liegt mir ferner, als Sarah zu verletzen. Deshalb spiele ich ja diese ganze Scharade mit. Nachdem die Reste eingepackt sind und alle Gäste den Park verlassen haben, fahren Mum und ich nach Hause, Sarah folgt mit ihrem alten Chevy. Ich kann im Rückspiegel sehen, dass die beiden ein ernstes Gespräch führen und Sarah immer wieder wild mit ihren Händen hin und her fuchtelt. Meine Mutter bekommt davon zum Glück nichts mit.
„Und, was hältst du von Kane?“ Sie klingt müde, aber glücklich, während sie den Kopf am Sitz anlehnt und die Augen geschlossen hält. Sollte ich ihr die Wahrheit sagen? Dass sie Kane schon seit etlichen Jahren kennt? Aber was wäre, wenn sie etwas sagen würde und Sarah anschließend wirklich so wütend ist, dass sie den Kontakt abbricht? Es könnte so oder so sein, dass die Erinnerung daran zurückkehrt. So genau können die Ärzte nicht sagen, an was sich Mum erinnern wird oder nicht.
„Ich finde ihn sehr nett.“ Gut, das war kurz, prägnant und sagt nicht viel aus. Und das weiß meine Mutter auch.
„Er scheint ein höflicher junger Mann zu sein. Sehr gut erzogen und er scheint Sarah sehr zugetan zu sein. Ich habe aber das Gefühl, dass es zwischen den beiden nicht sehr harmonisch läuft.“
Ich schlucke und umklammere das Lenkrad fester.
„Was genau meinst du?“ Meine Mutter dreht den Kopf zur Seite und öffnet die Augen. Ich traute mich nicht, zu ihr zu schauen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ihre Stirn in Falten liegt.
„Na ja, irgendwie stimmt die Chemie nicht ganz. Und ich habe das Gefühl, dass Sarah ziemlich oft sehnsüchtige Blicke in deine Richtung schickt. Ich vergesse zwar so einiges, aber ich bekomme noch vieles mit.“
Danach schweigen wir eine Weile, doch so wie ich meine Mutter kenne, kommt da noch irgendetwas. Und ich habe recht.
„Sei bitte vorsichtig mit Sarah. Du solltest ihr keine Hoffnungen machen. Ich möchte nicht, dass ihr drei verletzt werdet.“
„Ich bin vorsichtig Mum“, versichere ich. „Ich werde mal mit Sarah unter vier Augen reden.“ Und auf jeden Fall noch mal mit Kane. Ob er seine Worte wahr machen würde? Ich bekomme eine Gänsehaut bei dem Gedanken an unseren Kuss im See. Das ist es, was mir bei Sarah gefehlt hat. Und was mir letztendlich die Augen für meine Gefühle für Kane öffnete. Nachdem wir endlich zu Hause angekommen sind und alle ihre Zimmer und frische Bettwäsche zugeteilt bekommen haben, entschuldigt sich meine Mutter für den Abend und verschwinde in ihrem Zimmer. Die ständige Sorge um sie ist mittlerweile ein solcher Teil meiner Selbst geworden, dass ich nicht einmal mitbekomme, wie ich noch eine Weile auf ihre geschlossene Tür schaue. Erst Sarahs sanfte Berührung an meinem Arm reißt mich aus meiner Starre.
„Wollen wir uns vielleicht etwas nach draußen setzen, während Kane seinen Schlafplatz bezieht?“
Nickend gehe ich die Stufen voran nach unten, um erst Kane zu helfen und dann das Gespräch mit Sarah zu suchen. Wir haben vor einigen Jahren den Keller in ein Arbeitszimmer umgebaut, mit einem großen Tisch, auf dem sich etliche Ordner stapeln. Kisten vom Dachboden stehen gestapelt in den Ecken, in denen sich Sachen befinden, die wir beim nächsten Nachbarschaftsflohmarkt verkaufen oder verschenken wollen. Ich ziehe die Couch für Kane aus und beeilt mich, wieder nach oben zu kommen. Ich sehne mich nach einem kalten Bier, aber zuerst würde ich das Gespräch mit Sarah hinter mich bringen. Ich zucke bei diesem Gedanken innerlich zusammen. Wann hatte ich aufgehört, unsere Gespräche zu genießen und angefangen, es als Ärgernis zu sehen, ihr meine Gedanken mitzuteilen? Mit einem mulmigen Gefühl trete ich auf die Terrasse.
„Hör mal…“ Wir beide sprechen die Worte gleichzeitig aus und fangen anschließend an zu lachen. Ich lasse mich auf einen gepolsterten Stuhl sinken und schaue breit grinsend in den Himmel hinauf. Sarah macht es mir nach, wobei sie eher mich anschaut als den Himmel. Die Wolken türmen sich zu dunklen Gewitterwolken zusammen und in der Ferne kann man schon den Donner hören. Die Insekten um uns herum veranstalten ein abendliches Konzert und die Rosen meiner Mutter senden ihren lieblichen Duft zu uns.
„Wir haben hier oft abends gesessen und einfach nur über Gott und die Welt geredet. Ich vermisse diese Zeit, in der wir unbeschwert miteinander umgehen konnten,“ sagt sie leise.
„Ich auch.“ Ich drehe mich so herum, dass ich Sarah direkt anschauen kann.
„Meine Mum hat vorhin im Auto etwas zu mir gesagt. Ich soll vorsichtig mit dir sein und dir keine falschen Hoffnungen machen.“ Sarah hebt an, etwas zu erwidern, doch ich wedele mit meiner Hand und bitte sie still, mich ausreden zu lassen.
„Ich habe es schon vorher gesagt, aber vielleicht nicht richtig. Ich liebe dich, wie man eine gute Freundin nur lieben kann. Vielleicht auch eine Schwester. Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben geworden. Und deshalb war es falsch von mir, dich nach meiner Rückkehr zu küssen.“
Das Lächeln verschwindet aus Sarahs Gesicht und ich sehe, wie sie sich innerlich zusammenreißt. Ihre Gestalt wirkt im Licht des Blitzes, der über uns den Himmel erhellt, noch zarter als sonst. Doch dann strafft sie die Schultern und sieht mir direkt in die Augen. Da ist sie wieder, die Sarah, die ich vom Anfang unserer Beziehung her kenne.
„Als ich damals mit meinen Eltern hierherzog, um im Blumenladen meiner Mutter zu helfen, wollte ich eigentlich nur eine Woche im Haus meiner Eltern wohnen. Wusstest du das?“
Ich schüttele den Kopf. Das hat sie mir nie erzählt.
„Ich ging gleich am ersten Tag los und wollte mir eine Wohnung suchen. Etwas in der Nähe des Geschäftes, aber nicht allzu weit weg, falls sie Hilfe brauchen. Und am zweiten Tag kamst du deine Mutter besuchen und ich sah dich durchs Wohnzimmerfenster. Du warst so nett und charmant, so ganz anders als die Kerle, die ich sonst so kannte. Ich weiß noch, wie ich meine Pläne für eine eigene Wohnung immer weiter hinausschob, nur um da zu sein, falls du deine Mum wieder besuchst. Und als du dann bei ihr eingezogen bist, weil sie die ersten Anzeichen ihrer Krankheit zeigte, verliebte ich mich noch ein bisschen mehr in dich.“
„Sarah…“ Diesmal ist sie es, die die Hand hebt.
„Ich sage das nicht, um dich traurig zu machen. Ich möchte damit sagen, dass wir zuerst Freunde waren. Ich habe mich an deine Fersen geheftet und mich mit dir angefreundet. Ich habe auch unser erstes Date eingefädelt. Du bist mir wichtig. Du hast mir damals nicht viel von deinem Freund K erzählt, aber als du mich nach deinem Besuch bei ihm geküsst hast, gebe ich zu, dass da ein kleiner Funke Hoffnung wiedererwacht ist und ich wollte nicht nachfragen, was in dieser Woche passiert ist. Ich gebe meine Ziele nie schnell auf und es tut weh, dass das ein betrunkener Ausrutscher war und ich es zugelassen habe. Obwohl ich gespürt habe, dass du neben dir stehst. Also mach dir keine Sorgen. Ich bin erwachsen und passe auf mich auf. Und nun werde ich nach Kane schauen gehen.“ Sarah erhebt sich, gibt mir einen Kuss auf die Wange und verschwindet dann im Haus. Mittlerweile ist das Gewitter nähergekommen und ich beobachte die Blitze, die alle paar Minuten am Himmel zu sehen sind. Der Wind bringt den Geruch nach Regen und die ersten Tropfen fallen, als sich die Schiebetür erneut öffnet. Ein Bier wird vor mein Gesicht gehalten und ich bringe ein dankbares, wenn auch schiefes Lächeln zustande.
„Lass mich raten, das Fenster im Keller ist auf und du hast alles gehört.“
Kane nickt und setzt sich statt auf den Platz, auf dem Sarah gesessen hat, auf die breite Bank. Er lehnt sich an und überkreuzt die Beine. Äußerlich sieht er entspannt aus, aber seine Finger, die die Bierflasche festhalten, sind weiß.
„Seit wann trinkst du Bier? Und noch wichtiger, seit wann trägst du eine Brille?“
Kane lacht und nimmt einen kleinen Schluck.
„Ich dachte, das wirkt etwas kumpelhafter, als wenn ich mit einem Glas Wein rauskomme. Deine Mutter hat noch immer meinen Lieblingswein in der Kammer stehen. Den sparen wir uns für einen anderen Abend auf. Solange du mich nicht zwingst, zwei davon zu trinken, ist ein Bier ok.“ Er schiebt mit dem Mittelfinger seine Brille nach oben und ich muss meinen Blick wieder in den Himmel richten, um nicht wie ein Trottel auf seinen Mund zu starren.
„Und die Brille habe ich erst seit zwei Monaten. Ich habe mich eigentlich schon dran gewöhnt.“ Und wieder schiebt er die Brille mit dem Finger nach oben, während er am Etikett seiner Bierflasche herumspielt.
„Ich finde sie steht dir.“ Kane schnaubt und ich grinse.
„Weißt du, was mir gerade klar geworden ist?“, frage ich.
Kane schüttelt den Kopf. Das stetige Geräusch des Regens lullt mich ein und ich kuschele mich etwas tiefer in meinen Sitz.
„Ich habe schon lange nicht mehr an dich als K gedacht. Dieser Buchstabe war dein Name für mich als mein bester Freund. Du kennst all meine Geheimnisse, kennst mich, seit ich im Kindergarten von der Toilette gefallen bin, um den Käfer an der Wand einzufangen.“ Ich liebe es, wenn Kane lacht. Dieses Mal kommt es tief aus dem Bauch heraus. Diese Erinnerung ist der Grundstein unserer Freundschaft.
„Du wolltest ihn einfangen, um ihn zu malen. Ich glaube, Miss Prescott hatte danach ein bisschen Angst vor dir, weil du dich geweigert hast, den Käfer loszulassen, um deine Hose hochzuziehen.“
„Hey, das war die erste Zeichnung, die meine Mum an den Kühlschrank gehangen hat. Und Miss Prescott hatte vor allen Insekten Angst. Vor Hunden glaube ich auch. Und es würde mich nicht wundern, wenn sie auch vor Katzenbabys Angst hat.“
Warme braune Augen schauen mich an, doch Kane lässt mich reden.
„Ich habe dich so lang nicht gesehen und dich vermisst. Any war immer eifersüchtig darauf, wie nahe wir uns stehen.“ Die Präsenz Form ist in diesem Fall mit Absicht gewählt. Jetzt bin ich an der Reihe, am Papier an meiner Flasche herumzufummeln.
„Ich bin anscheinend einer von der langsamen Sorte. Mir war nicht klar, wie speziell du für mich bist. Erst als ich mit Sarah ausging, machte es endgültig klick. Aus irgendeinem Grund habe ich ihr kaum etwas von dir erzählt. So, als wollte ich sie von dieser Seite in mir trennen wollen. Und seit dem Besuch bei dir bist du nicht mehr nur mein Kindheitsfreund K, sondern eben auch der erwachsene Mann Kane, dessen Freundschaft mir wichtig ist. Den ich aber auch mit ganz anderen Augen sehe.“
Ich räuspere mich laut und nehme einen kleinen Schluck von meinem mittlerweile warmen Bier.
„In was auch immer du mit ihr verwickelt bist, ich wollte ihr nie wehtun. Und als ich nach unserer Woche, in der ich dich mit Pete teilen musste und noch verwirrter war als je zuvor in meinem Leben nach Hause kam, war Anys Idee, mich etwas lockerer zu machen.“ Ich schlucke und traue mich nicht, Kane anzuschauen.
„Und dann hast du Sarah geküsst?“
Ich nicke, schaue aber nicht auf. War ja klar, dass er davon weiß. Ich schäme mich und gleichzeitig kann ich nicht leugnen, dass dieser Schritt wichtig für mich gewesen ist. Immerhin hatte ich erst danach den Mut gefunden, ehrlich zu mir zu sein. Im Grunde genommen hätte ich nie gedacht, dass ich nicht ehrlich zu mir selbst bin. Ich meine, wenn man sich nicht einmal selbst die Wahrheit eingestehen kann, wem dann? Am Ende des Tages ist man mit den Gedanken in seinem Kopf allein. Neben mir raschelt es und ich hätte nicht überraschter sein können, als Kane mir meine Flasche aus der Hand nimmt, seine und meine auf den Tisch stellt und sich rittlings auf mich setzt. Sofort sind alle meine Sinne geschärft. Er hat einen Duft an sich, der entweder von einem sehr teuren Rasierwasser oder Parfüm kommt. Ich kenne mich damit nicht aus, aber es riecht verdammt gut. Kane kommt mir so nahe, dass seine Nase gegen meine stößt. Ob er mich küssen wird? Ich bin nervöser, als ich es im See war. Vielleicht, weil ich weiß, was seine Lippen bei mir auslösen. Oder vielleicht weil wir erwischt werden könnten. Er streicht mit den Lippen meine Wange entlang und flüstert in mein Ohr: „Und hat sich Sarahs Kuss wie meiner angefühlt?“ Ich schüttele sacht den Kopf, aus Angst, dass er sich zurückziehen und sein heißer Atem meine Haut nicht mehr berühren würde.
„Soll ich dir sagen, wie sich unser erster Kuss für mich angefühlt hat?“ Diesmal wartet er nicht auf eine Reaktion von mir. Seine Zunge schnellt hervor und berührt die zarte Haut hinter meinem Ohr. Mein ganzer Körper erzittert. Ich kann spüren, wie er lächelt und mein Magen führt einen Tango auf. Von meinem besten Stück will ich erst gar nicht anfangen.
„Ich träume seit meinem zwölften Lebensjahr davon, dich zu küssen. In meiner Fantasie raube ich dir den Atem. Deine Welt fokussiert sich nur noch auf mich und du lässt einfach los. Und als ich dich endlich kosten konnte? Da ist all das mir passiert.“
Noch nie in meinem Leben habe ich etwas gehört, das sexyer war als das. Und ich bringe keinen einzigen Ton heraus.
„Du hast mir all die Jahre immer wieder verwirrende Signale gesandt. Mir ist unsere Freundschaft sehr wichtig. Deshalb habe ich so lang gezögert, mich mit dir auszusprechen. Also schlage ich etwas vor. Du nennst mich K, wenn wir allein sind. Eines Tages wirst du diesen Buchstaben sogar stöhnen. Und vor allen anderen nennst du mich Kane. Denn ich möchte beides für dich sein. Dein bester Freund, dein Liebhaber und der Partner an deiner Seite.“ Als er aufsteht dringen schlagartig die Geräusche um mich herum wieder zu mir durch. In der Ferne ist plötzlich die Alarmanlage eines Autos zu hören. Der Regen ist stärker geworden und trommelt unermüdlich gegen das Dach und ich kann meinen Puls in meinen Ohren rauschen hören. Kane schenkt mir ein Lächeln, das mir sagt, dass er mich jetzt so zurücklassen will. Ich räuspere mich und kneife die Augen zusammen, als er leise lacht.
„Du hast extra für mich Parfum aufgelegt, oder?“
„Vielleicht.“ Und mit diesem Wort verschwindet er im Haus. Ich könnte jetzt sauer sein, weil er mich mehr oder weniger verführt hat, nur um mich dann hängen zu lassen. Aber stattdessen fühlt sich mein Kopf so leicht an wie schon lange nicht mehr. Also bleibe ich noch sitzen, trinke beide Biere aus, ohne mich daran zu stören, dass sie warm sind und genieße das Schauspiel des Gewitters.
Am nächsten Morgen werfe ich dem Wecker auf meinem Nachttisch einen bösen Blick zu, ehe ich mich umdrehe und in mein Kissen schreie. Natürlich lautlos, damit ich niemanden wecke. Ich liege seit einer Stunde wach und kann einfach nicht mehr einschlafen. Schließlich stehe ich auf und ziehe meine Laufsachen an. In den letzten Stunden, in denen ich eigentlich schlafen sollte, wanderten meine Gedanken immer wieder zu Kane. Dann zu Kane und Sarah. Dann zu mir und Kane und anschließend zu Sarah und mir. Meine Gedanken drehen sich im Kreis, also beschließe ich, meine offenbar angestaute Energie loszuwerden. Ich ziehe meine Laufsachen an und versuche leise die Treppen nach unten zu gehen. Als eine Treppenstufe laut knarzt, beeile ich mich nach unten zu kommen. Hoffentlich hat Sarah keinen allzu leichten Schlaf. In der Küche mache ich meiner Mutter und mir im Mixer einen Smoothie, dessen pinke Farbe verrät, dass der Hauptbestandteil rote Beete ist. Ich habe mich mittlerweile an den Geschmack gewöhnt, aber gern trinke ich das Zeug noch immer nicht. Mums Glas stelle ich in den Kühlschrank. Mit etwas im Magen und nach einer halben Flasche Wasser stecke ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und beginne meinen Lauf. Ich laufe eigentlich regelmäßig, seit meine Mutter die Diagnose bekommen hat. Ein Psychologe würde jetzt vielleicht sagen, dass das mein Ventil ist, um mit dem Stress und den Sorgen umzugehen. Und ich stimme diesem imaginären Psychologen hundertprozentig zu. Ich weiß nicht, ob ich die Anfangszeit ohne die körperliche Erschöpfung überstanden hätte. Ich griff tausende Male zum Hörer und war kurz davor, Kane anzurufen oder ihm zu schreiben. Und doch habe ich nie eine Nachricht abgeschickt oder den Anruf Button gedrückt.