Kitabı oku: «Mårbacka», sayfa 4
Das Andenken
Sie hatten Frau Bergström Lebewohl gesagt und Abschied von Klein-Mårbacka genommen. Die Kinder hatten ihre kostbaren Muscheln eingepackt und die Großen ihre Koffer verschnürt. Nun waren sie im Begriff, sich auf das Dampfschiff zu begeben, das sie von Strömstadt wegführen sollte.
Am Bollwerk stand eine Menge Leute. Nicht nur Kapitän Bergström und seine Mannschaft, auch sonstige bekannte Badegäste und viele andere.
»Ich glaube, alle Lotsen und Seekapitäne und Fischer aus der Stadt sind hier versammelt«, sagte einer der Herren, der mit ihnen zu segeln pflegte.
»Ja, und überdies noch alle Badefrauen und Fischermadamen«, bemerkte ein anderer.
»Sie sind wohl gekommen, um Gustav Lebewohl zu sagen«, sagte Frau Lagerlöf, »er ist mit Gott und der Welt bekannt.«
Leutnant Lagerlöf mußte sich von so vielen verabschieden, daß er fast nicht mehr mit aufs Schiff gekommen wäre. Alle ringsumher wußten, warum er nach Strömstadt gekommen war: nämlich um Heilung zu suchen für ein Kind, das nicht gehen konnte, und jetzt wollten ihn alle noch beglückwünschen.
»Welch eine Freude ist es doch, das kleine Mädchen da auf Deck neben den andern stehen zu sehen!« sagte ein Fischer.
»Sicherlich sind es deine Weißfische, die sie gesund gemacht haben«, erwiderte der Leutnant schlagfertig.
»Ja, Weißfische sind ein gutes Essen«, versetzte der alte Fischer.
Der Leutnant hatte sich schon zu einer Gruppe von Badefrauen gewandt.
»Nehmt alle unsern herzlichen Dank!« sagte er. »Ihr habt auch teilgehabt an dem guten Werk.«
»Du mußt jetzt rasch an Bord kommen, Gustav!« rief Frau Lagerlöf vom Deck herab. »Es hat schon zum drittenmal gepfiffen.«
Im allerletzten Augenblick kamen zwei hübsch gekleidete Mädchen über die Landungsbrücke gelaufen. Sie eilten auf die Lagerlöfschen Kinder zu, knixten, reichten ihnen die Hand, wünschten glückliche Reise, übergaben jeder ein kleines Päckchen und sprangen an Land zurück.
Das waren die beiden Zuckerbäckertöchter, mit denen Anna den ganzen Sommer verkehrt hatte, die aber das kleine kranke Mädchen kaum kannten. Dieses war ganz überwältigt, daß die beiden Mädchen auch ihr eine Abschiedsgabe geschenkt hatten.
Als sie das Papier auseinanderwickelte, sah sie etwas sehr Schönes: ein rotseidenes Band, auf dem ein Stück Papierstramin mit einigen in schwarzer Seide gestickten Buchstaben darauf festgeklebt war. »Das ist ein Buchzeichen«, sagte Back-Kajsa, »das kannst du in dein Gesangbuch legen.«
» Zum Andenken steht darauf«, sagte die Mutter; »damit du das kleine Mädchen nicht vergißt, das für dich das Band gestickt hat.«
Das rote Seidenband mit dem Papierstraminstreifen und den schwarzen Buchstaben lag auch viele Jahre in dem Gesangbuch der Kleinen. Und wenn sie das Buch später in der Kirche aufschlug und das Zeichen darin liegen sah, wanderten ihre Gedanken immer gern in die alten Zeiten zurück.
Sie atmete wieder die Seeluft, sie sah vor sich Schiffe und Schiffsvolk, das Meer selbst zwar am wenigsten, aber dafür alle Arten von Muscheln, Quallen, Krabben, Seesternen, Weißfischen und Makrelen.
Zugleich stieg das hellrote Häuschen in der Karlstraße aus der Vergessenheit empor. Sie sah den Paradiesvogel, die Frau Kapitän Bergström, das Schiff ›Jakob‹, Holmen Grå, die Osthafenstraße, das Dampfboot ›Uddeholm‹ und die drei Pferde, die den schweren Kutschwagen zogen.
Zum Schluß sah sie auch noch den Wagen an einem großen grünen Grasplatz vorbeifahren, der von niedrigen roten Gebäuden umgeben und von einem weißen Lattenzaun umfriedigt war. Sie hielten vor einem langen roten Wohnhaus mit kleinen Fenstern und einer kleinen Veranda, und sie hörte alle, die mitgekommen waren, aus einem Mund rufen: »Gottlob, daß wir wieder daheim sind!«
Dies war Mårbacka, das merkten alle außer ihr sofort. Wenn sie allein gewesen wäre, hätte sie nicht gewußt, wo sie sich befand. Daß sie eine Heimat hatte, das wußte sie wohl, aber sie hatte noch nie zuvor gesehen, wie sie aussah.
Auf der Veranda stand eine kleine, gebeugte, weißhaarige, schöne alte Frau in einem gestreiften Kleid und einer schwarzen Jacke. Es war die Großmutter. An sie erinnerte sich das kleine Mädchen auch sehr gut, wußte aber durchaus nicht, daß sie so aussah.
Und ebenso war es mit dem Bruder Daniel und dem Kleinsten und der Haushälterin und Othello. Alle waren etwas ganz Neues für sie. Sie erinnerte sich ihrer, aber gesehen hatte sie sie noch nie.
Sie wurde zur Großmutter hingeführt und mußte zeigen, daß sie jetzt gehen konnte. Später, wenn sie in der Kirche von Ost-Ämtervik über das Buchzeichen gebeugt dasaß, wurde ihr eines klar: während der Reise nach Strömstadt hatte sie nicht nur gehen, sondern auch sehen gelernt.
Dank der Reise wußte sie nun, wie alle ihre Lieben aussahen, zu der Zeit, wo sie noch in der Blüte ihrer Jahre standen und sich ihres Lebens freuten. Wäre die Reise nicht gewesen, so wäre alles aus jener Zeit ihrem Gedächtnis entschwunden.
Aber dank dem roten Band lebten alle die andern auch immer weiter. »Laß nicht das Gras der Vergessenheit über all dies wachsen!« sagte es zu ihr. »Erinnere dich deiner Eltern und wie es ihnen am Herzen lag, daß ihr kleines Mädchen frisch und gesund und ein ganzer Mensch werden sollte, und wie sie sich keine Ruhe gönnten, ehe sie es erreicht hatten. Denk an Back-Kajsa und ihre große Liebe und Geduld und an all das Schreckliche zu Wasser und zu Lande, das sie um deinetwillen durchmachen mußte!«
Die Geschichten der alten Haushälterin
Großmutter
Ein Jahr nach der großen Reise nach Strömstadt erlebten die Kinder auf Mårbacka einen großen Kummer.
Ihre Großmutter starb. Bis dahin hatte sie Tag für Tag auf dem Ecksofa im Kinderzimmer gesessen und ihnen vorgesungen oder Geschichten erzählt.
Die Kinder wußten es nicht anders, als daß sie von morgens bis abends mit ihnen sang und ihnen erzählte, und daß sie bei ihr saßen und zuhörten. Das war wunderschön gewesen. Kein anderes Kind hatte es so gut gehabt wie sie.
Woher Großmutter alle die Geschichten und Lieder hatte, das wußten sie nicht, aber Großmutter glaubte selber jedes Wort, was sie erzählte. Wenn sie etwas gar zu Merkwürdiges berichtete, pflegte sie den Kindern tief in die Augen zu schauen und in ihrem überzeugendsten Tone zu sagen: »Alles dieses ist so wahr, wie ich euch sehe und wie ihr mich seht.«
Eines Morgens, als sie zum Frühstück heruntergekommen waren, durften sie nicht in Großmutters Zimmer gehen und ihr guten Morgen sagen, wie sie sonst zu tun pflegten, denn Großmutter war krank. Dann war das Ecksofa im Schlafzimmer tagelang leer geblieben, und die Kinder wußten nicht, wie sie die langen Stunden herumbringen sollten.
Nach einigen weiteren Tagen sagte man den Kindern, die Großmutter sei gestorben. Und als diese aufgebahrt in ihrem Sarge lag, wurden sie hineingeführt, und sie sollten ihr die Hand küssen. Aber sie fürchteten sich davor, bis ihnen jemand sagte, dies sei das letztemal, daß sie ihrer Großmutter für alle Freude, die sie ihnen gemacht hatte, danken könnten.
Dann kam ein Tag, an dem man die Märchen und Lieder vom Hofe wegfuhr, eingeschlossen in einen langen, schwarzen Sarg, und sie kehrten nimmermehr zurück.
Das war eine Zeit schmerzlichsten Vermissens für die Kleinen. Es war, wie wenn die Tür zu einer schönen Zauberwelt, durch die sie zuvor hatten frei aus- und eingehen können, verschlossen worden wäre. Und niemand war da, der sie wieder hätte öffnen können.
Nach und nach lernten sie wie andre Kinder mit Puppen und Spielsachen spielen, und man hätte meinen können, sie vermißten ihre Großmutter nicht mehr oder hätten sie gar vergessen. Aber dem war nicht so; sie lebte immerfort in ihren Herzen. Und sie wurden nie müde, den Geschichtchen zu lauschen, die ihnen die alte Haushälterin von ihrer Großmutter erzählte. Diese bewahrten sie in ihrem Herzen wie Schätze, die ihnen nicht verloren gehen konnten.
Das Gespenst am Villarsteinhügel
Die alte Haushälterin pflegte zu sagen, es könne noch nicht gar so lange her sein, seit Mårbacka unter den Pflug genommen worden sei und seßhafte Bewohner bekommen habe, denn ihre alte Herrin habe ihr erzählt, in ihrer Jugend hätten sich die Leute wohl noch daran erinnert, daß Mårbacka einstmals eine Sennerei von einem der großen Bauernhöfe gewesen sei, die auf der westlichen Talseite in der Nähe des Frykensees lagen. Aber die alte Herrin hatte gesagt, jetzt sei es verlorene Mühe nachzuforschen, wann die erste Herde dahin getrieben und der erste Schafstall da errichtet worden sei. Denn Hirten könnten tausend Jahre auf einem Fleck wohnen, ohne eine Spur zu hinterlassen. Und es war wahrlich nicht viel, was aus ihrer Zeit noch in Mårbacka zurückgeblieben war.
Die alte Herrin meinte, es sei jedenfalls ein Hirt gewesen, der der hügeligen Landstraße vor dem Åsberg, wo er sein Vieh und seine Pferde weidete, den Namen Mårbacka gegeben habe. Und außerdem sagte sie, ohne Zweifel hätten die Hirten und ihre Herden die Wege festgetreten.
Jawohl, die Hirten hatten den Weg von Süden her längs des Äsberges genommen, das stand fest; denn von dieser Seite mußten sie mit ihren Herden hergezogen sein. Und der Weg, der von Osten kam und steil am Berge abfiel, der war auch ihr Werk. Diesen Weg nahmen sie, wenn sie die Schafhirten auf der anderen Seite des Åsbergs besuchen wollten. Der Weg aber nach Nordwesten, Sunne zu, war furchtbar schlecht, jetzt noch konnte man erkennen, daß es ein alter Ziegensteig war. Dagegen habe es direkt nach Westen keinen Weg gegeben, meinte die alte Herrin.
Nach Westen zu war alter Seeboden mit moorigen Wiesen und Sumpfland, durch das sich ein Fluß schlängelte. Wenn der Hirt auf der Steinschwelle vor seiner Hütte stand, konnte er den Hof, zu dem er gehörte, drüben auf der andern Talseite liegen sehen; aber um ihn zu erreichen, mußte er weite Umwege nach Norden oder Süden machen.
Häufig mußten die Hirten von Süden her gekommen sein, denn der ›Ruhestein‹, wo sie auf ihrer Wanderung zu rasten pflegten, lag noch am Wegrand, etwas südlich vom Hofe. Aber die Hirten wagten sich des Nachts, nach Einbruch der Dunkelheit, nicht dort aufzuhalten, das war die Schattenseite.
Seht, zu der Zeit, als Mårbacka noch eine Sennhütte war, befand sich in der Gemeinde Sunne ein Pfarrer, der so hart und böse war, daß sich ein Bursche, der als Knecht bei ihm diente, nach ein paar Monaten erhängt hatte. Als der Pfarrer Kunde von dem Geschehenen erhielt, besann er sich nicht lange, sondern beeilte sich, den Toten abzuschneiden und ihn aus dem Hofe fortzutragen. Und die alte Herrin hatte gesagt, er habe aus keinem andern Grunde für entweiht und unrein gegolten, als weil er einen Selbstmörder berührt hatte. In Sunne ließ ihn die Gemeinde nicht mehr die Kirche betreten; diese wurde zugeschlossen, bis ein anderer Pfarrer ernannt und in Sunne eingezogen war.
Aber dieser Pfarrer war auch nach Ämtervik gefahren, um dort Gottesdienst zu halten, denn dort war auch eine Kirche und ein kleines Pfarrhaus, aber kein Geistlicher. Und nun hatte wohl der Pfarrer von Sunne gedacht, Ämtervik liege allzuweit aus der Welt draußen, da könne man noch nicht wissen, daß er unrein war. So könne er sich wohl noch dorthin begeben und Gottesdienst halten.
Er ritt auch nach Ämtervik zur Kirche; aber das böse Gerücht war da gleichzeitig mit ihm eingetroffen, und während er am Altar betete, erzählten die Leute in der Kirche sich flüsternd, was er getan hatte, und daß er deshalb unwürdig sei, ein Gotteshaus zu betreten.
Und damit nicht genug: die Bauern in Ämtervik hatten das Gefühl, er habe ihnen große Mißachtung bewiesen. Sie besprachen sich untereinander, sagten, sie seien geradezu rechtschaffene Leute wie die in Sunne, und sie wollten nicht mit einem Pfarrer vorlieb nehmen, den diese verschmähten.
Einige junge Burschen verabredeten sich, ihm einen Denkzettel zu verabfolgen. Aber da sie wußten, daß es gefährlich sei, Hand an einen Pfarrer zu legen, beschlossen sie zu warten, bis er wieder auf dem Heimweg wäre. Er ritt ja allein, und zwischen Ämtervik und Sunne war manche einsame Stelle, an der er vorbei mußte, wo man ihm in einem Hinterhalt auflauern konnte.
Doch der Geistliche mußte wohl Unrat gewittert haben, denn er kehrte nicht auf dem gewöhnlichen Weg auf der Westseite des Tales nach Sunne zurück, sondern bog in die Sennenpfade ein, die sich auf der Ostseite hinzogen, und dachte, er werde den Weg nach Hause auch auf diese Weise finden.
Und die alte Herrin hatte gesagt, denen, die an der Westseite vergeblich auf ihn gelauert hatten, sei es plötzlich klar geworden, daß er sich weggestohlen habe und sie unverrichteter Dinge wieder heimziehen könnten. Es war aber einer unter ihnen, ein Bruder des durch den Pfarrer in den Tod Getriebenen, der ihn sich nicht so einfach entwischen lassen wollte. Er ergriff eine lange Stange, die noch vom Heuverladen her auf der Wiese lag, und mit dieser in der Hand schwang er sich über den Sumpf im Tale. Die andern machten es ihm nach, und mit Laufen und Springen kamen sie wirklich ohne besonders große Schwierigkeit auf die andere Talseite hinüber. Dicht unterhalb des Schafstalls von Mårbacka fanden sie wieder festen Boden. Sie eilten südwärts weiter, um dem Reiter den Weg abzuschneiden, und an dem Hügel unter dem Ruhestein trafen sie mit ihm zusammen.
Es war nur ihre Absicht gewesen, dem Pfarrer eine gehörige Tracht Prügel zu verabfolgen, aber unglücklicherweise war jetzt der Mann bei ihnen, der einen Bruder zu rächen hatte. Er trug ein Schwert unter dem Mantel, und als die andern den Pfarrer vom Pferde heruntergerissen und ihn zu Boden geworfen hatten, zog er das Schwert hervor und hieb ihm den Kopf ab.
Als die Tat vollbracht war, entsetzten sich alle und jetzt dachten sie nur daran, wie sie es anfangen sollten, unentdeckt zu bleiben. Sie ließen das Pferd laufen und die Leiche am Wegrande liegen, damit es aussah, als ob der Mord von wilden Räubern begangen worden sei. Sie selbst machten sich schleunigst auf den Heimweg, und zwar wieder zurück über die Sumpfwiesen. Sie hofften, es sei kein Zeuge vorhanden, der sie auf der andern Talseite gesehen hatte. Auf dem gebahnten Wege hatte sie niemand gesehen, und daß sie sich über den Sumpf gewagt hatten, das würde ja niemand auch nur ahnen.
Es ging besser, als sie erwarten konnten. Da sich der Geistliche zur Zeit seines Todes in seinen Gemeinden mißliebig gemacht hatte, wurde gar nicht weiter nach ihm gesucht, und als er endlich gefunden wurde, gab man Räubern und Waldläufern die Schuld an der Missetat. Noch im Tode wurde er als unrein angesehen. Niemand wollte die Leiche berühren, und da man der Ansicht war, er dürfe nicht in geweihter Erde ruhen, ließ man ihn lieber gleich liegen, wo er lag. Man bedeckte ihn nur mit Rasenstücken und wälzte einen Haufen großer Steine darüber, damit ihn die wilden Tiere nicht herausscharren könnten.
Doch die alte Herrin hatte gesagt, der tote Pfarrer habe in dem Grab, das ihm auf diese Weise bereitet worden war, keine Ruhe gefunden, und in hellen Mondnächten habe man ihn an dem Hügel unterhalb des Ruhesteins gesehen, im langen Talar und den Kopf in den Händen. Die Pferde sahen ihn besser als die Menschen. Sie scheuten und stiegen, so daß die Reisenden oft zu Umwegen durch wilde Wälder gezwungen wurden.
Solange nur Hirten in Mårbacka wohnten, hatte der Spuk nicht allzuviel zu bedeuten gehabt. Als sich aber neue Ansiedler einfanden und zuletzt ein richtiger Bauernhof erstand, wurde es schon bedenklicher. Niemand wußte, auf welche Weise man das Gespenst zwingen könnte, ruhig in seinem Grabe zu bleiben, und jahraus, jahrein mußte man sich hüten, gegen Mitternacht am Ruhestein vorbeizufahren.
Aber die alte Herrin hatte der Haushälterin versichert, jetzt brauche niemand mehr vor dem Pfarrer ohne Kopf Angst zu haben, denn eine Bauernfrau von Mårbacka, die ein vernünftiges und entschlossenes Weib war und ein wenig mehr verstand als andre Leute, habe ihm Ruhe verschafft.
Das war so zugegangen: jene Bäuerin kam eines Abends spät am Ruhestein vorbeigeritten. Es war heller Mondschein, und wie sie erwartet hatte, stand das Gespenst auf dem Weg unterhalb des Steinhaufens, wie wenn es ihr den Weg versperren wollte.
Aber die Bäuerin hatte keine Angst, und sie ritt ein Pferd, das ebenso ruhig und furchtlos war wie sie selber. Sie ritt dicht zu dem Gespenst hin und ermahnte es, sich zur Ruhe in sein Grab zu legen.
»Wie kommt es, daß du an dem Ort, wo du hingehörst, nicht stille liegen bleiben kannst?« fragte sie. »Du weißt, daß du kein besseres Grab bekommen kannst. Nimmermehr darfst du in geweihter Erde ruhen, du, der du befleckt und unrein warst, als du starbst.«
Dieses sagte sie mit voller Überzeugung, denn der Pfarrer war ja ein böser Mensch gewesen, und sie selber sah ihn für völlig unwürdig an, in Kirchhofserde zu ruhen.
»Und du brauchst auch nicht aus deinem Grab zu steigen, um dich zu rächen«, fuhr sie fort; »denn du liegst hier um deiner eigenen Taten willen und weil du den Lohn empfangen hast, den du verdienst, das weißt du selber recht wohl.«
Während sie so sprach, schien das Gespenst vor ihr dunkler zu werden, und die Gestalt schien an Deutlichkeit zuzunehmen, schließlich sah es aus, als wolle es sich auf sie stürzen. Aber sie fürchtete sich nicht, sondern redete noch einmal zu ihm, um endlich einmal diesem Jammer ein Ende zu machen.
»Wenn du aber still und ruhig in deinem Grabe liegen bleiben willst, so gelobe ich dir, jedesmal ein Vaterunser für dich zu beten, so oft ich hier vorüberkomme«, sagte sie.
Zugleich fing sie an zu beten, und kaum hatte sie die ersten Worte gesprochen, so sah sie, wie das Gespenst sich wie in einem Nebel auflöste und im Mondschein dahinschwand. Es blieb nur noch ein lichtes Schattenbild, und ehe die Bäuerin Amen sagte, war auch dieses entschwunden.
Von der Zeit an ließ sich das Gespenst am Ruhesteinhügel nicht mehr sehen, und nachdem diese Plage zu Ende war, blühte das Glück in Mårbacka neu auf. Es wurde ein ebenso guter Hof mit stattlichen Gebäuden wie irgendeiner im Bezirk, und die Eigentümer lebten in Wohlstand und brauchten um ihr Fortkommen keine Sorge zu haben.
Die alte Herrin hatte gesagt, was am besten zeige, welch ein bedeutender Hof Mårbacka geworden, sei die Tatsache, daß im Anfange des siebzehnten Jahrhunderts ein junger Bursche von dort auf die Hochschule geschickt worden sei. Er hatte es bis zum Pfarrer gebracht, nannte sich nach dem Hofe seiner Väter Morell und wurde später zum Diakonus von Ämtervik gewählt. Er ließ sich auf seinem Erbgut Mårbacka nieder und ist der erste Geistliche gewesen, der im Kirchspiel wohnte. Alle seine Vorgänger hatten ihren Sitz in Sunne gehabt und waren nur an den Predigtsonntagen nach Mårbacka herausgekommen.
Die Bauern in Ämtervik waren es sehr zufrieden, nun ihren eigenen Pfarrer zu haben, und vor allem gefiel es ihnen, daß er seinen eigenen Hof hatte, auf dem er wohnte, und sie ihm somit kein Pfarrhaus zu bauen brauchten. Freilich lag der Hof Mårbacka weit entfernt von der Kirche, aber dieser Mißstand wurde reichlich aufgewogen, denn durch seinen Besitz war der Pfarrer ein wohlhabender, unabhängiger Mann.
Das Pfarrersgehalt war nur klein, und der größte Teil davon fiel an den Probst in Sunne, und der Diakonus wäre ein richtiger Hungerleider gewesen, wenn er Mårbacka nicht besessen hätte.
Um nun diesen Zustand, der für Gemeinde und Pfarrer der vorteilhafteste war, auch in Zukunft zu erhalten, verheiratete der erste Hilfsprediger in Mårbacka eine seiner Töchter mit einem Pfarrer namens Lyselius und richtete es so ein, daß er Hof und Amt zugleich als Erbe empfing.
Ebenso machte es Lyselius. Er gab eine seiner Töchter dem Pastor Erik Wennervik zur Ehefrau, und auch dieser bekam Hof und Amt als rechtmäßiges Erbe.
Und die alte Herrin hatte gesagt, alle seien darüber einig gewesen, daß diese Angelegenheit aufs beste geordnet sei und daß sie so weiterbestehen müsse. Sie meinte, auch die Pfarrtöchter seien stets zufrieden und glücklich dadurch geworden.
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