Kitabı oku: «Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren», sayfa 35

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ff) Politisch motivierte Angriffe auf fremdes Leben

589

Nach Auffassung des BGH können auch „politische“ Motive niedrige Beweggründe im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB sein. Das gilt etwa für die Liquidation des politischen Gegners im Auftrag der PKK[191] oder auch dann, wenn dem Opfer allein wegen seiner Zugehörigkeit zu einer politischen, sozialen oder ethnischen Gruppe das Lebensrecht abgesprochen und es in entpersönlichter Weise quasi als Repräsentant einer Gruppe getötet werden soll[192]. Nichts anderes kann für gewalttätige Angriffe Linksradikaler auf sog. Skinheads wie auch umgekehrt gelten[193]. Aus niedrigen Beweggründen handelt dem BGH zufolge auch, wer sich die rassistischen Beweggründe anderer zu eigen macht und aus Imponiergehabe tötet[194].

590

Ausländerhass als Tatmotiv (für einen gemeinschaftlichen Angriff auf einen Schwarzafrikaner) erfüllt i.d.R. die Voraussetzungen des Mordmerkmals der niedrigen Beweggründe und wird auch nicht ohne Weiteres durch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 StGB in Frage gestellt[195]. Wer aus terroristischen Motiven unbeteiligte Dritte durch einen Sprengstoffanschlag tötet, handelt ganz eindeutig aus niedrigen Beweggründen[196].

gg) Tötung zur Verhinderung kompromittierender „Enthüllungen“

591

Die Tötung zur Wahrung des sozialen Ansehens, wie etwa aus dem Bestreben, das Bekanntwerden als ehrenrührig und belastend empfundene Einzelheiten seines Intimlebens zu verhindern, wird in der Regel als „niedrig“ einzustufen sein. Nicht erforderlich ist, dass der Täter das Opfer zur Verdeckung eigenen, vermeintlich oder tatsächlich strafbaren Verhaltens tötet. Es genügt, wenn er in Bezug auf sich selbst „Verwerfliches“ oder „seinem Ruf oder Ansehen Abträgliches“ zu verdecken sucht[197].

hh) Blutrache und Ehrenmorde

(1) Beurteilungsmaßstab

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Nach Auffassung des BGH[198] kann Blutrache[199] im klassischen Sinne das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrundes objektiv erfüllen. Nichts anderes gilt für den sog. Ehrenmord[200]. Tötung aus Blutrache, bei der sich der Täter seiner „persönlichen Ehre und der Familienehre“ wegen gleichsam als Vollstrecker eines von ihm und seiner Familie gefällten Todesurteils über unsere Rechtsordnung und einen anderen Menschen erhebt, ist objektiv als besonders verwerflich und sozial rücksichtslos anzusehen[201]. Maßgebend ist für die Bewertung des Beweggrundes die Vorstellung der Rechtsgemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland und nicht die Vorstellungswelt des Täters bzw. die Anschauung einer Volksgruppe, die die sittlichen und rechtlichen Werte dieser Rechtsgemeinschaft nicht anerkennt[202]. Unabhängig vom Herkunftsland und soziokulturellen Hintergrund des Täters gilt das Werte- und Rechtssystem der Bundesrepublik[203]. Die primär täterorientierte Rechtsprechung vor allem der 70er- und 80er-Jahre ist weitestgehend überholt[204]. Für eine Verurteilung wegen Mordes müssten aber darüber hinaus die subjektiven Voraussetzungen auf der Bewusstseinsebene des Täters erfüllt sein[205].

593

Allerdings kann bei den Tätern, die aus einfachsten Verhältnissen stammen und durch und durch verblendet sind, die subjektive Tatbestandskomponente zweifelhaft erscheinen[206]. Nach wie vor stellt sich auch bei einem ausländischen Täter im Einzelfall die Frage nach der Fähigkeit, die Niedrigkeit der eigenen Beweggründe zu erkennen bzw. realistisch einzuschätzen, denn die subjektiven Voraussetzungen des Mordmerkmals sind nicht erfüllt, wenn der Täter von den in seiner Heimat gelebten Anschauungen (noch) derart intensiv durchdrungen ist, dass er deswegen womöglich die in Deutschland gültigen abweichenden sozialethischen Bewertungen seines Motivs nicht in sich aufnehmen und daher auch die deutsche Bewertung seiner Handlungen als niedrig nicht nachvollziehen kann[207].

(2) Blutrache am Mörder des getöteten Bruders oder Vaters

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Es gibt in der BGH-Rechtsprechung zur Blutrache einen wichtigen Ausnahmefall, bei dem die Selbstjustiz als Reaktion auf Tötung eines Familienangehörigen das Tatbestandsmerkmal des niedrigen Beweggrundes nicht erfüllt. Der Täter handelt dann nicht aus besonders verwerflichen Motiven, wenn er den Mörder eines nahen Angehörigen, dem er besonders nahestand und dessen Tod er nicht verwinden konnte, tötet. Schon 1997 hat der BGH einen solchen Sonderfall hinsichtlich eines jungen Angeklagten angenommen, der den Mörder seines Bruders, dessen Tod er nicht verwinden konnte, ein Jahr nach der Bluttat aufgrund eines überlegten, keinesfalls spontanen Tatentschlusses erschossen hatte. Angesichts der schweren Kränkung, die er durch die Tötung seines ihm besonders nahestehenden Bruders von dem Opfer erfahren habe, sei sein Motiv objektiv nicht als niedrig zu bewerten. Eine Orientierung an der „Blutrache“-Rechtsprechung sei in diesem Ausnahmefall nicht gerechtfertigt[208].

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Vergleichbares entschied der BGH Anfang des Jahres 2006 in Bezug auf ein Tötungsdelikt, das im Sommer 2003 in Reinhausen bei Göttingen verübt worden war. Aus einem mit drei Personen besetzten Auto heraus wurde ein türkischer Familienvater vor seiner Haustür erschossen. Im Täterfahrzeug befanden sich Sohn, Bruder und die Witwe eines türkischen Familienvaters, der 1998 im Saarland hinterhältig ermordet worden war. Der 5 Jahre danach in Reinhausen erschossene Türke galt als Drahtzieher der damaligen Bluttat. Er und weitere Verwandte standen deshalb bereits seit Sommer 1999 unter Mordanklage, die das LG Saarbrücken jedoch jahrelang unerledigt vor sich herschob.

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Das SchwurG Göttingen, vor dem sich nun die drei Fahrzeuginsassen wegen der Tat in Reinhausen zu verantworten hatten, verurteilte den Sohn als Fahrer und den Onkel als Todesschützen jeweils wegen (gemeinschaftlichen) heimtückischen Mordes aus niedrigen Beweggründen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, die Angeklagten hätten aus dem Motiv der „Blutrache“ gehandelt. Die Witwe des 1998 Erschossenen, die bei der Tatausführung im Fond gesessen hatte, erhielt wegen Beihilfe hierzu eine mehrjährige Gesamtfreiheitsstrafe. Bezüglich Sohn und Mutter änderte der BGH das Urteil im Schuldspruch auf Totschlag bzw. Beihilfe zum Totschlag[209]. Der BGH hat dazu ausgeführt, dass ein niedriger Beweggrund in aller Regel in denjenigen Fällen von „Blutrache“ ohne Weiteres anzunehmen sein werde, in denen allein die Verletzung eines Ehrenkodexes als todeswürdig angesehen werde oder in denen ein Angehöriger einer Sippe als Vergeltung für das Verhalten eines anderen Sippenangehörigen, an dem ihn keine persönliche Schuld treffe, getötet werde. Auch die Tötung als Vergeltung für ein als ehrenwidrig bewertetes Verhalten, das indes seinerseits nicht in der Tötung oder zumindest schweren Verletzung einer anderen Person bestanden habe, werde regelmäßig als niedrig zu bewerten sein[210].

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Eine differenzierte Betrachtung sei hingegen insbesondere dann geboten, wenn mit der „Blutrache“ – wie hier – Vergeltung an jemandem geübt werde, der seinerseits nachvollziehbar als schuldig an der Tötung eines anderen Menschen erachtet werde. Die Bezeichnung eines Motivs als „Blutrache“ dürfe nicht dazu führen, auf die notwendige differenzierte Betrachtung des tatsächlichen Geschehens zu verzichten. Bei allgemein motivierten Tötungsantrieben wie Wut, Zorn, Hass oder Verzweiflung sei der Gefahr zu begegnen, sie vorschnell und fälschlich einer mit Selbstverständlichkeit als niedrig zu bewertenden Blutrache zuzuordnen, obgleich die Niedrigkeit am Maßstab der inländischen Werteordnung zu verneinen wäre[211].

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Gerade bei dem Verlust naher Angehöriger durch eine Gewalttat seien rachemotivierte Tötungen nicht ohne Weiteres als Mord aus niedrigen Beweggründen zu bewerten[212]. Habe der Täter aus persönlichen Motiven aufgrund schwerer Kränkung durch Tötung eines ihm besonders nahestehenden Angehörigen gehandelt, sei diese Form von „Selbstjustiz“ zwar keineswegs billigenswert[213]. Die Tat könne aber auch nicht nur deshalb als besonders verwerflich eingestuft werden, weil der Täter aus einem Kulturkreis stamme, in dem der Gesichtspunkt der „Blutrache“ bis heute relevant sei. Es sei also danach zu differenzieren, ob der Angeklagte tatsächlich allein aus einem ersichtlich nicht billigenswerten Motiv der „Blutrache“, und damit aus niedrigen Beweggründen, oder aus einer besonderen Belastungssituation infolge des Verlustes seiner wesentlichen Bezugsperson bzw. aus ähnlichen, nicht per se niedrigen Motiven heraus gehandelt habe[214]. Ob ein durch Tötung naher Angehöriger zugefügtes Leid auch jenseits von Spontantaten derart erheblich sei, dass der Beweggrund insgesamt nicht mehr als besonders verwerflich und verachtenswert erscheine, könne nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt werden. Maßstab seien insbesondere Gewicht und nähere Umstände der Vortat[215], u. U. deren strafjustizielle Aufarbeitung, Näheverhältnis zum Getöteten (vgl. § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO), Grad fortdauernder persönlicher Betroffenheit[216] und die konkreten objektiven Umstände der Tötung[217].

599

Dass der BGH allerdings in Bezug auf den mitangeklagten Todesschützen von Reinhausen ein ausreichendes Näheverhältnis zum saarländischen Mordopfer und das notwendige Maß an Betroffenheit verneint und diesen wegen Heimtückemordes „aus niedrigen Beweggründen“ zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt hat, vermag nicht zu überzeugen. Immerhin handelte es sich bei diesem Angeklagten um den leiblichen Bruder des 1998 Ermordeten. Die Familienbande unter Yeziden sind bekanntlich sehr eng. Und schließlich hatte die saarländische Justiz den Mordfall seit Jahren vor sich hergeschoben, anstatt endlich Hauptverhandlung anzuberaumen und ein Urteil zu sprechen. Schon das jahrelange, an Strafvereitelung grenzende Nichtstun der Saarbrücker Strafkammer hätte Veranlassung geben müssen, objektiv an der Verwerflichkeit dieses Akts der „Selbstjustiz“, zumindest aber am Bewusstsein des Schützen, seine Beweggründe seien besonders niedrig, zu zweifeln.

(3) Auftragsmord zur Rettung der Ehre

600

Der BGH hatte sich auch mit einem Fall zu befassen, bei dem in Deutschland drei Angehörige der PKK im Spätsommer 1999 einen Doppelmord zur Wiederherstellung der Ehre auf Befehl ausgeführt hatten. Das LG, das alle drei nur wegen Totschlags verurteilte, hatte ihnen zugebilligt, aufgrund ihrer „stark verinnerlichten heimatlichen Wertvorstellungen“ die besondere Verwerflichkeit ihrer Beweggründe nicht bewusst erfasst zu haben. Der BGH, der das Urteil auf Revision der StA aufhob, hielt dem LG vor, wichtige, für ein vorhandenes Wertebewusstsein sprechende Gesichtpunkte nicht berücksichtigt zu haben. Die Tötung sei auch aus Sicht der Angeklagten, die über den Mordauftrag entsetzt waren, unangemessen gewesen. Sie, die seit Jahren in Deutschland lebten, hätten im Falle einer Befehlsverweigerung allenfalls Ehrverlust, jedoch keine mit körperlichen Leiden verbundene Bestrafung zu befürchten gehabt und seien schon in anderem Zusammenhang mit der deutschen Justiz wegen Verstrickung in einen Fall der Blutrache in Berührung gekommen[218].

(4) Abgrenzung vom Spontandelikt

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Dass es gleichwohl aller Mühen wert ist, als Verteidiger dem Gericht eine differenzierte Einzelbetrachtung abzuringen, zeigt ein vom LG Münster entschiedener Strafprozess um einen tödlichen Streit zwischen yezidischen Familien. Obwohl vieles auf einen Ehrenmord hindeutete, hatte die Jugendkammer keine hinreichend sichere Überzeugung vom Vorliegen der Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe und der Heimtücke zu gewinnen vermocht und die Angeklagten nur wegen Totschlags zu Freiheits- bzw. Jugendstrafen zwischen 7 und 12 Jahren verurteilt. Die auf Sachrügen gestützten Revisionen der Nebenkläger, die eine Verurteilung wegen Mordes erstrebten, hat der BGH als unbegründet verworfen[219]. Im August 2008 hatte der Hauptangeklagte seinen ehemaligen Freund auf offener Straße mit elf Messerstichen getötet. Die vier weiteren Angeklagten, die mit dem Haupttäter verwandt oder verschwägert sind, erkannten und billigten dessen Vorhaben spätestens, als sie diesen von hinten mit dem Messer auf das Opfer zukommen und auf es einstechen sahen. Einer der Angeklagten gab Hinweise zur Stichführung und „feuerte“ – gemeinsam mit den weiteren Angeklagten – den Haupttäter an. Einer von ihnen verhinderte ein Eingreifen der Ehefrau des Opfers. Obwohl die Kammer das Tatmotiv „in erster Linie“ in einem zwischen dem späteren Tatopfer und der Ehefrau eines der Angeklagten unterstellten Liebesverhältnis sah, konnte sie trotz schon vor der Tat bestehender „Bestrafungspläne“ nicht ausschließen, dass die Angeklagten den Tötungsentschluss erst spontan vor Ort gefasst hatten.

ii) „Grundlose“ Tötung

602

Abzulehnen ist der Vorstoß des 2. Strafsenats, den Anwendungsbereich des Mordes aus niedrigen Beweggründen zu erweitern und auf Fälle zu erstrecken, in denen der Täter in dem Bewusstsein handelt, keinen Grund für eine Tötung zu haben oder zu brauchen, oder wenn er bewusst seine frustrationsbedingten Aggressionen an einem unbeteiligten Opfer abreagiert[220]. Bestand bislang Einigkeit, dass niedrige Beweggründe ihrer positiven Feststellung bedürfen, ist nun erstmals die Möglichkeit eröffnet, die Höchststrafe zu verhängen, nur weil kein Tötungsmotiv erkennbar ist. Zu Recht weist Salinger[221] darauf hin, dass diese Spruchpraxis den Beschuldigten, der sich bislang schweigend verteidigen konnte, zu Angaben zur Tat und ihren Hintergründen nötigt, will er über die Feststellung fehlender Nachvollziehbarkeit lebenslange Haft vermeiden. Der 1. Strafsenat ist dieser Rechtsprechung zu Recht nicht gefolgt; es stelle für sich keinen niedrigen Beweggrund dar, wenn der Täter ohne jeglichen (von außen erkennbaren) Grund handele[222].

603

Der 2. Strafsenat hat sich denn auch mittlerweile zur Vermeidung von Missverständnissen selbst veranlasst gesehen, seine fragwürdige Rechtsauffassung in einem Fall „zu erläutern“ bzw. „zu konkretisieren“, bei dem ein Mann, der seine drogen- und alkoholabhängige Mitbewohnerin, die ihm 50,00 € entwendet hatte, aus scheinbar nichtigem Anlass brutal misshandelt und schließlich durch einen Kopfschuss und einen Messerstich ins Herz regelrecht hingerichtet hatte. Entscheidend sei, so der 2. Senat, der Gesamtzusammenhang der den Täter bewegenden Gründe; hierbei könnte etwa auch der Umstand des Vertrauensbruchs eine wichtige Rolle spielen. Allein aus dem Fehlen eines psychologisch naheliegenden oder menschlich nachvollziehbaren Grundes für die vorsätzliche Tötung eines Menschen könne und dürfe nicht ohne Weiteres auf das Vorliegen eines besonders verachtenswerten, niedrigen Beweggrunds geschlossen werden[223].

604

Auch dass der Täter „nach eigenem Gutdünken“ über das Leben des Tatopfers verfüge, sei der Regelfall des § 212 Abs. 1 StGB und qualifiziere die Tat daher nicht schon als Mord aus niedrigen Beweggründen. Dasselbe gelte für die „Motivlosigkeit“ oder das Fehlen eines einleuchtenden Tatmotivs. Bloße (vermeintliche) Motivlosigkeit für sich allein könne die Tötung nicht zum Mord machen. Dies komme vielmehr nur in Betracht, wenn der Täter gerade in dem Bewusstsein handele, einen nachvollziehbaren Grund für eine Tötung gar nicht zu brauchen. Ein solches, das Leben des Tatopfers bewusst als von vornherein unbedeutende Größe behandelndes Handlungsmotiv sei mit dem Fehlen eines (feststellbaren) Beweggrundes nicht gleichzusetzen.

jj) Tötung aus Geltungssucht und Imponiergehabe

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Als niedrig einzustufen ist die Tötung aus dem Drang nach sozialem Ansehen, um sich bei den Jugendlichen seines Umfelds Respekt zu verschaffen und nicht mehr verlacht zu werden[224].

e) Grenz- und Streitfälle hinsichtlich der objektiven Tatseite

aa) Rache für Diskothekenrausschmiss

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Scheinbar alltäglich war der Fall eines Gastes, der ein Lokalverbot missachtet hatte und vom Wirt unter Anwendung von Gewalt, die das Maß des Erforderlichen überschritt und die Züge einer Bestrafungsaktion trug, des Lokals verwiesen worden war. Der Betreffende war bewaffnet zurückgekehrt, um sich an dem Gastwirt zu rächen und diesen zu erschießen. Der Gastwirt, der den Betreffenden kommen sah, bewaffnete sich seinerseits und stellte sich ihm entgegen. Bei dem Schusswechsel kam der Gastwirt ums Leben. Ein solches Rachemotiv sei, so der BGH, nur dann „niedrig“, wenn es seinerseits auf niedrigen Beweggründen beruhe. Das wäre dann der Fall, wenn diese Gefühlsregungen jeglichen nachvollziehbaren Grundes entbehrten. In dem besagten Fall fehle es jedoch vor dem Hintergrund der Begleitumstände des Rausschmisses und der leichten Reizbarkeit des Angeklagten sowie seiner nicht ganz unerheblichen Alkoholisierung nicht an nachvollziehbaren Gründen; das Rachemotiv sei daher (schon objektiv) noch nicht als niedrig zu bewerten[225].

bb) Revanche für schwere Beleidigungen

607

Rachsucht war Gegenstand einer weiteren Entscheidung, die sich mit einem versuchten Tötungsdelikt zweier junger Männer befasste, die zuvor unter Zeigen des „Stinkefingers“ als Schwule beleidigt worden und daraufhin zum Gegenangriff übergegangen waren, um ihre Gegner „zur Strafe zusammenzuschlagen“. Der BGH[226] hat die Annahme „niedriger Beweggründe“ beanstandet: Dass die Tat zum Nachteil der Opfer brutale Züge angenommen habe und zum Tötungsversuch eskaliert sei, könne dem Anlassverhalten der späteren Opfer nicht seine Bedeutung nehmen. Die Angeklagten seien sehr jung und durch den Genuss alkoholischer Getränke enthemmt gewesen, die Beleidigungen demgegenüber von einigem Gewicht. Die Verärgerung, die zur Racheaktion führte, habe demnach objektiv nicht einer gewissen Berechtigung entbehrt und beruhe jedenfalls ihrerseits nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, auf niedrigen Beweggründen.

cc) Tötung eines Belastungszeugen oder Anzeigeerstatters aus Vergeltung

608

Wer einen anderen aus Vergeltung tötet oder zu töten beabsichtigt, weil dieser als Belastungszeuge ausgesagt hat, handelt ebenso verwerflich, wie derjenige, der zur Verdeckung einer durch ihn selbst verübten Straftat tötet[227]. Auch die Tötung aus Rache für eine (berechtigte) Strafanzeige steht wegen des krassen Missverhältnisses zwischen Anlass und Tat auf tiefster Stufe[228].

2. Habgier

609

Habgier ist die Steigerung des Erwerbssinns auf ein unnatürliches, ungesundes, sittlich verwerfliches Maß[229]. Die Annahme von Habgier setzt voraus, dass sich das Vermögen des Täters – objektiv oder zumindest nach seiner Vorstellung – durch den Tod des Opfers unmittelbar vermehrt oder dass durch die Tat jedenfalls eine sonst nicht vorhandene Aussicht auf einen unmittelbaren Vermögenszuwachs entsteht[230]. Es genügt unter Umständen, dass die Tötung die Durchsetzung von Forderungen verhindern soll[231].

610

Das Gewinnstreben muss der Tat innewohnen. Es genügt nicht, dass der Entschluss, dem Opfer Geld wegzunehmen, erst nach der Tötung gefasst wird[232]. Hat sich der Täter dahingehend eingelassen, das Opfer nur aus Wut und Verärgerung über vorangegangene Beschimpfungen getötet zu haben, kann die Annahme, er habe in Wahrheit aus Geldgier gehandelt, nicht schon daraus hergeleitet werden, dass er sich in dringenden Geldnöten befunden und unmittelbar im Anschluss an die Tat zur Bank begeben hat, um das Guthaben des Opfers zu erkunden[233]. Liegen außer Gewinnstreben noch andere Beweggründe (sog. Motivbündel) vor, so ist Habgier nur zu bejahen, wenn in einer Gesamtbetrachtung der Täterpersönlichkeit unter mehreren Motiven das Gewinnstreben „bewusstseinsdominant“ gewesen ist[234]. Im Übrigen kann im Einzelfall Veranlassung bestehen, am Mordmerkmal der Habgier zu zweifeln, wenn die Möglichkeit besteht, dass durch die Wegnahme von Geld, Wertsachen und sonstigen Gegenständen eine falsche Spur gelegt werden sollte[235].

611

In den Fällen des Mordes wegen Tötung aus Habgier kann die lebenslange Freiheitsstrafe nicht wegen außergewöhnlicher Umstände i.S.v. BGHSt 30, 105[236] durch eine zeitige Freiheitsstrafe nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB ersetzt werden[237].

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