Kitabı oku: «Rechtsgeschichte», sayfa 15
In der Collatio legum Mosaicarum et Romanorum hingegen wurden Bibelstellen mit Zitaten des Gaius, der Spätklassiker und der genannten Codices gegenüber gestellt, wohl um zu demonstrieren, dass das Christentum nicht hinter dem heidnischen Recht zurücksteht (oder umgekehrt?). Eine Gutachtensammlung (consultatio veteris cuiusdam iurisconsulti) des 5. oder 6. Jahrhunderts stammt aus Gallien.
Der Standardtext der Institutionen des Gaius (Rn. 168) aus Verona ist vielleicht eine nachklassische Version des Originalwerkes. Sicherlich sind die unter seinen Namen gestellten res cottidianae oder aureae (täglichen oder goldenen Dinge) eine nachklassische Abhandlung oder Bearbeitung eines älteren Originals. Ein Beispiel für parallele, aber doch voneinander abweichende Stellen findet sich in der Rn. 184.
Neben diesen beiden unter Gaius Namen auftretenden Schriften waren die vom Ende des 3. Jahrhunderts stammenden, aber vielleicht später überarbeiteten Pauli Sententiae (Ansichten des Paulus) in der Nachklassik besonders beliebt. Der Spätklassiker Paulus ist aber höchstwahrscheinlich nicht ihr Verfasser, sein Name wurde nur als eine Art Markenzeichen benutzt.
Eine verkürzende, aber auf Bewahrung klassischer Grundsätze ausgerichtete Bearbeitung der gaianischen Institutionen wohl aus dem 5. Jahrhundert findet sich auf einem in Autun (Frankreich) entdeckten Palimpsest (Gaius Augustodunensis). Das syrisch-römische Rechtsbuch vom Ende des 5. Jahrhunderts stellt eine Art „Gaius des Ostens“ dar, von Bedeutung für die bischöfliche Rechtsprechung (episcopalis audientia), also vor allem mit Familien- und Erbrecht.
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Bisher betrafen die kaiserlichen Konstitutionen einzelne Rechtsfragen. Umfassendere, systematische Darstellungen in den Juristenschriften dienten in der Regel der Vermittlung im Unterricht oder waren Kommentierungen zum ius civile oder zum prätorischen Edikt (Rn. 160, 80, 118).
Die ersten Versuche, das gesamte geltende nachklassische Recht in einem Gesetz zusammenzufassen, also seit den XII Tafeln erstmals wieder eine Kodifikation zu verfassen, unternahm man in den westlichen Germanenreichen. Man nannte diese Gesetze (genauer dazu Rn. 248 ff) später auch Barbarengesetze (leges barbarorum). Die Könige dieser Reiche ließen Gesetzesbücher zusammenstellen, die entsprechend dem Personalitätsprinzip der Antike (vgl. Rn. 119) nur für ihre germanischen oder nur für die römischen Untertanen galten, manchmal aber auch für beide Gruppen. Der Inhalt der Gesetze ist verhältnismäßig primitiv.
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Im oströmischen Reich wurden Rechtsschulen gegründet; in Beryt (heute Beirut), woher die Spätklassiker Papinian und Ulpian stammten, wohl schon vor 239 n. Chr., in Konstantinopel 425 n. Chr. Diese Schulen sorgten für die Ausbildung kaiserlicher Beamter und die Überlieferung des klassischen Rechts auf höherem Niveau. Ob es in Rom bedeutende Rechtsschulen gab, ist nicht sicher.
An diesen byzantinischen Akademien lehrten Professoren (antecessores) in 5-Jahres-Kursen beginnend mit den Institutionen des Gaius bis zu den Kaiserkonstitutionen. Diesen Lehrplan schrieb später Kaiser Justinian durch die Constitutio Omnem sogar gesetzlich fest, quasi ein Juristenausbildungsgesetz.
Im Unterricht wurden die Quellen Satz für Satz interpretiert. Die Methode war offenbar stark scholastisch, wenig originell, aber erfolgreich bedacht auf Bewahrung der klassischen Texte. Von der Literatur dieser Schulen ist fast nichts erhalten. Ihre Arbeit schuf jedoch die Grundlage für die geistig weit über den westlichen Versuchen stehende Zusammenstellung des römischen Rechts unter Justinian.
II. Die Kodifikation unter Justinian
1. Die Entstehung des Corpus Iuris Civilis
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Unsere Kenntnis des römischen Rechts beruht vornehmlich auf der Gesetzgebung[13] des oströmischen Kaisers Justinian (527-565). Er stammte aus Tauresium in der Region Illyrien in der dem lateinischen Sprachgebiet zugehörigen Provinz Dacia mediterranea (Makedonien, Balkan). Angeblich in einfachen bäuerlichen Verhältnissen aufgewachsen, wurde er von seinem Onkel (dem späteren Kaiser Justinus) an den Hof in Konstantinopel geholt. Justinian war der letzte große Herrscher der Antike, nach einer langen Periode der Schwäche. Sein Programm war die restauratio imperii, also die Wiederherstellung des alten Reiches. Dazu unternahm er nicht nur erfolgreiche Eroberungen, sondern war auch kulturell aktiv. Berühmte Bauten wie die Sophienkirche, als Hagia-Sophia-Moschee eines der Wahrzeichen des heutigen Istanbul, wurden von ihm veranlasst und auch in der Kirchenpolitik setzte er Zeichen. In diesem Zusammenhang der Reichserneuerung muss man die Kodifikation des römischen Rechts sehen.
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Sogleich nach seinem Regierungsantritt im Jahre 528 setzte Justinian durch die Constitutio Haec eine Kommission zur Sammlung von Kaiserkonstitutionen, der Ausscheidung veralteter Regelungen und der Entscheidung von Streitfragen ein. Der Kommission gehörte als magister officiorum (kaiserlicher Kanzleivorsteher) Tribonian an. Man knüpfte an ältere Sammlungen (Rn. 212) an. Ein bereits 529 publizierter Codex dieser Kommission ist jedoch verschollen. Er soll u. a. noch Valentinians Zitiergesetz aus dem Jahre 426 (Rn. 211) enthalten haben. Die endgültige Neufassung des Codex (abgekürzt Cod. oder C.), also der Sammlung der noch gültigen Kaiserkonstitutionen, folgte 534 (Codex repetitae praelectionis, d.h. Kodex der zweiten Lesung).
Verloren sind auch die sog. quinquaginta decisiones, eine amtliche Sammlung von Konstitutionen, die alte Kontroversen entschieden.
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Zum quaestor sacri palatii und damit zum Justizminister aufgestiegen, wurde Tribonian Vorsitzender einer neuen Gesetzgebungskommission. Ihr gehörten unter anderem die an den Rechtsschulen (Rn. 215) tätigen Professoren Theophilus (aus Konstantinopel), Dorotheus und Anatolius (beide aus Beryt), aber auch Rechtsanwälte an.
Diese Kommission von Kompilatoren (compilare = ausplündern, ausbeuten, gemeint der alten Schriften) nahm im Jahre 530 die Sammlung und Zusammenstellung des römischen Rechts aus den Werken der klassischen Juristen in Angriff. Schon 533, also nach sehr kurzer Zeit wenn man den Umfang des Werkes bedenkt, waren die Digesten (digesta, von digerere, aneinander reihen) oder griechisch Pandekten (alles aufnehmend, umfassend) fertig.
Die Digesten bestehen aus einer nach Themen geordneten Sammlung von Zitaten aus den klassischen Juristenschriften. Die Kommissionsmitglieder haben dafür 2000 Bücher mit insgesamt 3 Millionen Zeilen durchgesehen, wie Justinian stolz in seinen Einführungsgesetzen zu den Digesten berichtet.[14] Die Originalschriften der klassischen Juristen sind mit Ausnahme der Institutionen des Gaius und geringer Bruchstücke anderer Texte (Rn. 213) verloren. Justinian hatte nämlich angeordnet, diese alten Schriften zu vernichten, um sicherzustellen, dass man nur mit seinem Gesetzgebungswerk arbeitete.
Zu jedem Thema sind die den Kompilatoren am wichtigsten erscheinenden Aussagen aneinander gereiht unter Angabe des Autors und des Werkes, aus dem das Zitat stammt. Man nennt diese Ausschnitte leges (von lex, hier nicht im Sinne von Gesetz, sondern als zu lesender Abschnitt) oder Fragmente (fragmentum = Bruchstück, Überbleibsel; Beispiele Rn. 117, 167, 174).
Der auf den ersten Blick recht unübersichtliche Aufbau der Digesten orientierte sich wohl am prätorischen Edikt. Unterteilt sind die Digesten in 50 Bücher, diese enthalten jeweils Titel mit Überschriften und darunter stehen die einzelnen Klassikerzitate. Längere Fragmente sind in sich noch durch sog. Paragraphen gegliedert. Nach heute üblicher Zitierweise bedeutet z. B. Dig. oder D. 18, 1, 9, 1 also Digesten Buch 18, Titel 1, lex (oder Fragment) 9, § 1. Die Paragraphenbezeichnung beginnt mit pr. (principium = Anfang), erst dann kommt § 1, § 2 usw.
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Trotz der vorhergehenden gründlichen Beschäftigung der byzantinischen Professoren mit dem römischen Recht bleibt es erstaunlich, in welcher verhältnismäßig kurzen Zeit die Kompilation insbesondere der Digesten abgeschlossen werden konnte. Die Wissenschaft hat daher versucht, den Hergang der Arbeiten in der Kommission unter Tribonian zu erhellen.
So stellte Friedrich Bluhme (1797-1874) fest, dass zu den Themen der Digestentitel jeweils zunächst die libri ad Sabinum, dann die Ediktskommentare, danach die Gutachten der Spätklassiker Papinian, Paulus und Ulpian sowie schließlich manchmal andere nachträglich herangezogene Schriften ausgewertet worden waren. Man nennt seine Entdeckung die Bluhmesche Massentheorie, weil er die Titel einteilte in Sabinus-, Edikts-, Papinians- und Appendixmasse. Bluhme schloss aus der Anordnung auf die Existenz von drei Unterkommissionen. Die Lehre von den Prädigesten hingegen vermutet, dass es schon vor Beginn der Arbeiten an den überlieferten Digesten vergleichbare private Zitatensammlungen gab. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Professoren für ihren Unterricht nach Sachgebieten geordnete Zusammenstellungen treffender Klassikerfragmente benutzten, die sie bei der Kommissionsarbeit verwerten konnten.
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In einer seiner Einführungskonstitutionen zu den Digesten[15] hebt Justinian ausdrücklich hervor, dass die alten Juristenschriften nicht immer unverändert übernommen worden seien, sondern, wo nötig, man auch vieles im Interesse der Nützlichkeit geändert habe. Änderungen in den klassischen Texten nennt man Interpolationen, und in zwei Epochen der Beschäftigung mit dem römischen Recht spielte die sog. Interpolationenforschung eine große Rolle.
Das gilt zunächst für die Periode des Humanismus am Anfang der Neuzeit, als man sich auf die Antike zurück besann und die Franzosen in der Rechtswissenschaft führend waren (sog. mos gallicus, Rn. 396 ff, 400). Die Quellen wurden nicht mehr kritiklos hingenommen, sondern das römische Recht wurde auch historisch untersucht.
Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein – also zu der Zeit, als in Deutschland das BGB geschaffen wurde und die alten Quellen als geltendes Recht ersetzte – gab es schließlich eine starke interpolationenkritische Richtung der Rechtsgeschichte. Große Teile der in den Digesten zitierten Fragmente hielt man für nachträglich verfälscht, nicht nur von den Leuten Justinians, sondern auch schon vorher durch unbekannte nachklassische Schreiber. Bis zum Jahre 1929 sind die Interpolationsbehauptungen im Index interpolationum der Autoren Ernst Levy und Ernst Rabel gesammelt. Die gegenwärtige Wissenschaft ist in der Annahme von Interpolationen wieder deutlich zurückhaltender. Vor allem muss man beachten, dass nicht schon jeder Widerspruch und jede sprachliche Unbeholfenheit den Schluss auf eine sachliche Veränderung rechtfertigt.
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Interpolationen durch die Leute Justinians sind vor allem dort zu finden, wo die klassischen Texte nicht mehr mit der neuen Rechtswirklichkeit übereinstimmten, so wegen der Veränderungen des Zivilprozesses (Rn. 224) oder wegen des Außergebrauchkommens der mancipatio:
C. 7, 31, 1, 5 Kaiser Justinian an Johannes. Da ja die Einteilung der Sachen in res mancipi und nec mancipi ziemlich veraltet ist, muss sie vernünftigerweise abgeschafft werden, so dass in Bezug auf alle Sachen und alle Anwendungsorte dieselbe Regelung gilt und nutzlose Zweifel und Unterscheidungen aufgehoben sind (im Jahre 531).
Nicht immer wurden aber die alten Fragmente rechtlichen Neuerungen angepasst. So findet man etwa zur Frage des Eigentumserwerbs durch Verarbeitung in den Digesten durchaus noch Belege für die alten Standpunkte der Sabinianer und Prokulianer, obwohl Justinian sich für die Mittelmeinung entschieden hatte, der Verarbeitende werde Eigentümer der neuen Sache, es sei denn, die Verarbeitung könne rückgängig gemacht werden (Rn. 164).
Justinian hatte in der Constitutio Tanta wiederholt statuiert, sein Gesetz sei frei von Widersprüchen. Indessen ist nichts weniger wahr als diese Behauptung. In erster Linie wird man Widersprüche durch Klassikerkontroversen zu erklären haben, denn es wäre ganz unwahrscheinlich, wenn alle Juristen durch Jahrhunderte zu derselben Frage jeweils dieselbe Ansicht vertreten hätten. Auch wenn unter dem Namen desselben Juristen abweichende Meinungen überliefert sind, zwingt das noch nicht zur Annahme einer Interpolation; denn auch bei modernen Autoren soll es vorkommen, dass sie ihre Ansichten ändern. Findet man allerdings dasselbe Fragment in verschiedenen Sammlungen mit genau entgegengesetzter Entscheidung, so wird man nicht um die Konsequenz umhinkommen, dass eine davon unecht ist. Ein bekanntes Beispiel dafür bietet die Parallelüberlieferung von Ulpians Ediktskommentar in Dig. 9, 2, 27, 17 und in der Collatio legum Mosaicarum et Romanorum 2, 4, 1. Es geht darum, ob bei Verletzung eines Sklaven nach der lex Aquilia (Rn. 108) die Heilungskosten zu ersetzen sind. Die Digesten bejahen die Frage, die Collatio (Rn. 213) verneint sie. Die überwiegende Meinung unter den modernen Rechtshistorikern gibt der Version der (älteren) Collatio den Vorzug. Vom Sinn des Schadenersatzes her spricht mehr für die (jüngere) Fassung der Digesten. Generell nennt man diese Versionen Textstufen, deren Veränderungen sich teilweise rekonstruieren lassen.[16]
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Im Allgemeinen kann man davon ausgehen, dass den Kompilatoren bessere Textvorlagen zur Verfügung standen, als sie im Westen überliefert waren, und dass es den Intentionen Justinians, Tribonians und der byzantinischen Professoren entsprach, das klassische Recht so weit wie praktisch möglich zu bewahren. Dennoch kann von einer korrekten Textwiedergabe damals nicht immer ausgegangen werden. Die Vervielfältigung der Bücher durch Abschreiben oder häufig aufgrund Diktats war Quelle vieler Fehler, die auch durch die nachträgliche Korrektur der Handschriften nicht gänzlich eliminiert werden konnten. Das versehentliche Weglassen oder Hinzufügen eines „nec“ (nicht) verkehrte, wie im Beispiel oben, den Sinn einer Stelle in ihr Gegenteil.
Natürlich sind auch gezielte Änderungen denkbar. Aber es hieße wohl die Geisteskraft der nachklassischen Juristen zu überschätzen, wollte man ihnen zutrauen, sie hätten erhebliche Partien der Klassikerschriften gezielt umgearbeitet. Auch sprachliche Unebenheiten lassen für sich allein keinen Schluss auf eine Interpolation zu. Abwegig ist es, die Diktion Ciceros oder Caesars zum Kriterium für die Echtheit der Klassikerzitate zu machen. Auch muss man damit rechnen, dass vieles von den Klassikern nicht selbst geschrieben, sondern mehr oder weniger genau diktiert oder vielleicht von Assistenten ausformuliert worden ist. Im Übrigen können am Rande oder zwischen den Zeilen eines Manuskripts angeordnete Glossen, also erläuternde Bemerkungen eines Benutzers in den Büchern, beim nächsten schriftlichen Übertragen des Textes in diesen aufgenommen worden sein. Das alles darf nicht zur leichtfertigen Annahme sachlicher Änderungen verleiten, wie es jedoch zur Zeit der extremen Interpolationenjagd geschah.
Manche Texte sind allerdings derart verdorben, dass man nur mit Mühe erkennen kann, was sich ihr Verfasser (vielleicht) einmal dabei gedacht hat.[17] Eine Sinnveränderung mag gelegentlich auch dadurch eingetreten sein, dass ein Fragment in der Kompilation aus seinem ursprünglichen Zusammenhang gerissen wurde. Ein wichtiges Hilfsmittel, solche Zusammenhänge wieder herzustellen, ist die „Palingenesia iuris civilis“ (1889) von Otto Lenel, in der die Klassikerfragmente wieder (soweit als möglich) in die Reihenfolge der Werke eingeordnet sind, aus denen sie stammen.
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Damit sein Kodifikationswerk nicht verfälscht und entstellt wurde, hatte Justinian in seinen Einführungsgesetzen die Kommentierung der Digesten verboten.[18] Erlaubt waren nur Übersetzungen ins Griechische (katapoda), Verzeichnisse von Parallelstellen (paratitla) und Inhaltsangaben (indices). Wer glaubte, eine Rechtsfrage sei in den Digesten nicht beantwortet, sollte sich um Rat an den Kaiser wenden.[19] Das Kommentierungsverbot wurde indessen schon zu Zeiten Justinians übertreten. So entstanden in den Rechtsschulen erläuternde (griechische) Paraphrasen und Anmerkungen sogar von den Kommissionsmitgliedern Theophilus und Dorotheus. Zum großen Teil erhalten ist eine von Theophilus verfasste Paraphrase der Institutionen. Eine Paraphrase zum Codex stammt von dem Professor Thalelaios aus der Zeit Justinians.
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Im gleichen Jahr wie die Digesten wurden 533 auch die von Theophilus und Dorotheus verfassten Institutionen veröffentlicht (Institutiones Iustiniani = Justinianische Institutionen, abgekürzt Inst. oder I.). Sie waren stark an der Vorlage des Gaius (Rn. 168) orientiert; die Institutionen Ulpians sowie anderer klassischer Juristen wurden eingearbeitet. Dieses Einführungslehrbuch hatte ebenfalls Gesetzeskraft!
Wie die Institutionen des Gaius bestehen auch die Justinians aus vier Teilen. Deutlich verändert ist allerdings das Prozessrecht, das dem aktuellen Stand angepasst wurde. Weder die historischen Ausführungen über das Legisaktionenverfahren (Rn. 56) sind enthalten noch das 342 n. Chr. abgeschaffte Formularverfahren, sondern nur noch die praktizierte Beamtenkognition (Rn. 154 ff). Der eher kurze Abschnitt „Über die Klagen“ (Inst. 4, 6) enthält u. a. schulmäßige Einteilungen der Klagen, die sich in die Richtung materieller Ansprüche entwickeln.
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Die Gesetzgebung Justinians erschöpfte sich nicht in den drei großen Teilkodifikationen. Von ihm stammen zahlreiche Konstitutionen, teilweise in griechischer Sprache, die später als leges novellae, Novellen, gesammelt wurden.
Wichtig ist beispielsweise die Novelle 118 mit der auch für das gemeine Recht maßgebenden Regelung der gesetzlichen Erbfolge, abweichend von der bisherigen (Rn. 178). In der ersten Klasse waren nun die Abkömmlinge des Erblassers nach Stämmen. Die zweite Klasse bildeten die Vorfahren (Eltern!) nach Gradesnähe und vollbürtige Geschwister (diese zusammen mit den Vorfahren); die eine Hälfte des Nachlasses ging an den väterlichen, die andere Hälfte an den mütterlichen Stamm. Zur dritten Klasse gehörten halbbürtige Geschwister, zur vierten die übrigen Seitenverwandten nach Gradesnähe. Nicht erwähnt ist der Ehegatte. Nach älterem Recht, das insoweit wohl fortgelten sollte, erbte die Ehefrau erst nach den Verwandten des Erblassers; wenn sie bedürftig war aber ein Viertel schon neben den Kindern.
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Die Einführung des Gesetzeswerkes in Italien, also im (ehemaligen) weströmischen Reichsteil, bestätigte Justinian auf Bitten des Papstes Vigilius in der Sanctio pragmatica pro petitione Vigilii im Jahre 554. Trotzdem war die Kodifikation im Westen kaum in praktischem Gebrauch. Erst die Glossatoren des Hochmittelalters richteten ihre Gelehrsamkeit wieder auf das Werk des byzantinischen Kaisers, was bei der Wiedergeburt des römischen Rechts zu behandeln sein wird (Rn. 377 ff).
2. Bearbeitungen und Überlieferung
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Auch die byzantinische Rechtspraxis war durch die umfangreichen (lateinisch abgefassten!) Gesetzeswerke Justinians überfordert. Im Osten prägte das römische Recht jedoch kontinuierlicher als im Westen die Realität des Rechts.
Abgesehen von den schon zu Zeiten Justinians verfassten Kommentierungen (Rn. 223) entstanden bald einfachere Darstellungen des justinianischen Rechts in der griechischen Landessprache. Dazu gehört beispielsweise die Digestenparaphrase (Zusammenfassung der Digesten) eines unbekannten Verfassers, des sog. Anonymus, im 7. Jahrhundert. Sie wurde erläutert durch den Kettenkommentar (Katene), ebenfalls von (anderen) Unbekannten verfasst. Dieser Kommentar enthält Bemerkungen byzantinischer Professoren, teilweise noch aus der Zeit Justinians. Er ist für uns beachtlich, weil diese Professoren auf Stellen der römischen Klassiker zurückgriffen, die nicht in die Digesten aufgenommen worden waren und uns sonst nicht überliefert sind.
Im 8. Jahrhundert ließ Kaiser Leo III. der Isaurier einen griechischen Auszug aus den Gesetzen Justinians herstellen, die Ekloge. Auffällig in der Ekloge sind die grausamen Körperstrafen.
Anknüpfend an Arbeiten seines Vorgängers Basilius I. Macedo führte Leo VI. der Weise (886-911) ein neues Kaiserrecht ein, die Basiliken, die aber vornehmlich aus der Digestenparaphrase des Anonymus und der Codexparaphrase des Thalelaios bestanden. Dazu benutzte man den Kettenkommentar des Anonymus und die Gelehrten schrieben neue Anmerkungen. Die alten und neuen Anmerkungen zu den Basiliken werden Scholien genannt.
Auch die Basiliken erwiesen sich als noch zu umfangreich für den täglichen Gebrauch, und so wurde das römische Recht in Gestalt von Auszügen der Basiliken, also Auszügen des Auszugs angewendet. Zu nennen sind hier die alphabetisch geordnete Synopsis Basilicorum aus dem 10. Jahrhundert, der Tipucitus („was wo gefunden [wird]“) des Richters Patzes aus dem 12. Jahrhundert und schließlich der Hexabiblos (sechs Bücher) des Richters Konstantin Harmenopoulos aus Saloniki von 1345. Dieser Hexabiblos wurde 1835 zum Zivilgesetzbuch für das nach der langen Türkenherrschaft unabhängig gewordene Griechenland bestimmt und erst 1946 durch das neue, auf dem deutschen BGB aufbauende Zivilgesetzbuch abgelöst.
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Die älteste erhaltene und damit grundlegende Handschrift der Digesten ist die sog. Florentina aus dem 6. Jahrhundert, die um 1050 in Pisa auftauchte und sich seit 1406 in Florenz befindet.
Auf die Florentina dürfte sich die Lotharische Legende beziehen: 1135 hatte der durch Kaiser Lothar von Supplinburg gegen den König Roger II. von Sizilien unterstützte Papst Innozenz II. die süditalienische Stadt Amalfi eingenommen, mit entscheidender Hilfe der Pisaner. Als Dank soll der Kaiser ihnen nach der Legende eine in Amalfi erbeutete Handschrift geschenkt und dabei durch ein Reichsgesetz die künftige Geltung des römischen an Stelle des germanischen Rechts sowie die Erteilung von Unterricht im römischen Recht angeordnet haben.
Die Lotharische Legende wurde von dem an der Universität Helmstedt wirkenden Gelehrten Hermann Conring (1606-1681) in seinem Werk „De origine iuris Germanici“ (1643) widerlegt (vgl. auch Rn. 402, 482). Tatsächlich wurde das römische Recht im mittelalterlichen deutschen Reich nicht ratione imperii, sondern imperio rationis rezipiert, also nicht kraft kaiserlicher Autorität in Nachfolge des römischen Imperiums, sondern aufgrund der ihm innewohnenden ratio scripta (geschriebene Vernunft). Die Anerkennung als Gesetz erfolgte erst später, im Ewigen Landfrieden von 1495 (Rn. 428 ff).
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Von der Florentina sind die Digesten-Handschriften des Mittelalters abgeschrieben, die aber noch nach anderen, uns nicht mehr bekannten Vorlagen korrigiert wurden. Die ältesten Codex-Handschriften stammen aus dem 6. und 7. Jahrhundert.
Um die Ausgabe der Texte der drei Teilkodifikationen haben sich später verdient gemacht vor allem Gregor Haloander (1500-1531) und Dionysus Gothofredus (Denis Godefroy, 1549-1622), von dem erst die zusammenfassende Bezeichnung Corpus Iuris Civilis für Institutionen, Digesten und Codex stammt.
Die heute für die Beschäftigung mit dem römischen Recht maßgebende Standardausgabe des Corpus Iuris Civilis ist die von Theodor Mommsen und Paul Krüger (Institutionen, Digesten und Codex) bzw. Rudolf Schöll und Wilhelm Kroll (Novellen), in zahlreichen Neuauflagen und Nachdrucken erschienen.
Es gibt verschiedene mehr oder weniger gelungene Übersetzungen in neue Sprachen, auch ins Deutsche.[20] Eine moderne deutsche Übersetzung ist in Arbeit.[21] Zu beachten ist immer, dass jede Übersetzung schon selbst eine Interpretation enthält (Rn. 31).
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