Kitabı oku: «Lebensmutig», sayfa 3
Gute Selbstfürsorge
„Singt ruhig, ich erhole mich inzwischen ein bisschen. Zu viel Gelehrsamkeit kann selbst den Gesündesten kaputtmachen.“
Pippi kann es sich gutgehen lassen! Dabei übertreibt sie es sicher etwas (mit dem zitierten Satz erklärt sie nämlich ihre Weigerung, weiterhin zur Schule zu gehen), aber wenn wir uns nur ein bisschen von Pippis Lebenslust und Daseinsfreude abschauen können, dann nähern wir uns schon einem weiteren Merkmal resilienter Menschen an. „Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen“, so las ich neulich auf dem Cover eines Buches. Genau das ist es! Pippi hat einen inneren Autopiloten, der sie immer wieder zu dem führt, was sie genau jetzt im Moment braucht, um glücklich(er) zu sein. Und dafür nimmt sie sich dann auch alle Zeit der Welt. Diesen inneren Autopiloten haben auch andere resiliente Menschen. Ihre innere Fragestellung heißt nicht in erster Linie: „Was muss ich jetzt tun?“, oder: „Was wird von mir erwartet?“, oder: „Was muss ich tun, um anerkannter, reicher oder schöner zu sein und um anderen zu gefallen?“, sondern: „Was kann ich tun, damit ich glücklicher und zufriedener sein kann?“ Oder: „Was muss ich in dieser Sache tun, damit es mir gutgeht?“ Was zunächst wie Egoismus klingt, ist aber − zumindest, wenn es gut ausbalanciert ist durch Einsatzbereitschaft und Zielorientierung − eher mit einer guten Selbstfürsorge zu beschreiben. Diese gute Selbstfürsorge schützt resiliente Menschen vor dem „Zuviel“. Zu viel Leistung, zu viel Arbeit, zu viel Anspruch, zu viel „Ich-will-es-richtig-machen“ führen dazu, dass Sie Ihren Akku permanent wieder aufladen. Gerade weil Sie die Spielregeln von Anspannung und Entspannung, von Arbeit und Ausruhen, von Fremd- und Selbstfürsorge, von Ora et labora beachten, sind Sie sehr belastbar. So brechen Sie auch im Dienst für andere Menschen nicht nach einem kurzen, kräftezehrenden Sprint zusammen, sondern schaffen auch einen Marathon. Wie gesagt: Was zunächst wie Egoismus aussieht, erweist sich unterm Strich als das genaue Gegenteil.
Die körperliche und seelische Widerstandskraft resilienter Menschen wurzelt in einem guten Gespür für die eigenen Grenzen, in dem, was jetzt dran ist, und in der Weigerung, sich selbst und die eigenen Ressourcen permanent auszubeuten. Ihr Motto lautet: Es soll, und es darf auch mir gutgehen! Gute Selbstfürsorge heißt konkret:
Ich weiß, was mir guttut
Ich weiß, was mir guttut und was ich brauche, um (wieder) gut versorgt zu sein. Klingt erst einmal sehr simpel, ist dann aber doch gar nicht so leicht. Denn oft wissen wir gar nicht, was uns guttut, geschweige denn, was wir jetzt, in diesem Moment, brauchen. Damit sind wir äußerst anfällig für Fake News, die uns unser innerer Schweinehund schickt. Dem fällt bei dem Thema „gute Selbstfürsorge“ aber nichts anderes ein als: „Ab vor den PC und im Internet herumsurfen!“
Oder: „Wie wäre es mit shoppen gehen, um die innere Leere zu füllen?“
Oder doch besser: Couch, Fernseher und Chipstüte/Eis/Tafel Schokolade/die Flasche Wein (am besten in dieser Reihenfolge …)!
Oder (das ist dann die soziale Variante): „Könntest du dich nicht mal wieder um jemanden kümmern? Der und die brauchen ganz dringend deine Hilfe! Wenn du für andere da bist, fühlst du deine Leere nicht mehr, und das Beste: Das Ganze sieht noch richtig selbstlos aus und sichert dir Anerkennung. Wenn das nicht clever ist!“
Oder: „Wie wär’s mal wieder mit einer neuen Liebesbeziehung? Du fühlst dich dann wieder begehrt, gewollt, geliebt und wertvoll. Dass es die letzten Male immer in einem Fiasko endete und du dich benutzt und weggeworfen gefühlt hast, braucht dich jetzt nicht zu interessieren. Neues Spiel, neues Glück! Diesmal wird es bestimmt klappen!“
Diese Vorschläge sind tatsächlich Fake News. Denn sie täuschen uns etwas vor und verdrehen die Wahrheit. Wenn wir ihnen folgen, dann befriedigen wir unsere Sehnsucht nur oberflächlich und sehr vordergründig. In der Regel fühlen wir uns hinterher noch leerer und unzufriedener. Schlimmstenfalls bringen wir an dieser Stelle einen Suchtkreislauf in Gang, weil wir immer häufiger nach unserem Suchtmittel greifen, uns danach immer mieser fühlen, deswegen erneut zulangen und auch immer mehr davon brauchen.
Um diesen Fake News nicht auf den Leim zu gehen, müssen wir aufhören, vor uns selbst wegzulaufen, und sollten stattdessen den Kontakt zu uns suchen. Heißt konkret: Wenn wir mal wieder das Loch der Bedürftigkeit in uns spüren, dann hilft es, sich für einen Moment zurückzuziehen (den Schweinehund bitten wir, draußen zu bleiben), sich gerade auf einen Stuhl zu setzen und sich selbst und den eigenen Körper überhaupt erst einmal zu spüren. Unsere Füße, die beide fest auf dem Boden stehen, unseren Popo, der den Stuhl berührt und das Gewicht des Oberkörpers trägt, unsere Arme, die locker auf der Lehne liegen oder herabhängen, unsere Schultern, die erst einmal gelockert werden müssen, und unsere Gesichtsmuskulatur, die vielleicht völlig verkrampft ist. Während wir tief ein- und ausatmen, landen wir erst einmal und fahren unsere inneren Triebwerke komplett herunter.
Und dann kann man in sich hineinspüren: Welche Bedürfnisse melden sich da eigentlich? Z.B.: Ich bin einsam und bräuchte jetzt Gesellschaft.
Ich bin total erschöpft und müsste mich jetzt erst einmal ausruhen.
Ich langweile mich oder bin unterfordert und bräuchte eine neue Aufgabe/Herausforderung. Mir fehlen Wertschätzung und Anerkennung, ich bräuchte jetzt …
Aus diesem Geerdetsein und unter Ausschluss des Schweinehundes (der liegt ja immer noch brav in seinem Körbchen), können wir in aller Ruhe überlegen, was uns denn jetzt wirklich und nachhaltig guttun würde. Statt fernzusehen, könnte dann ein schöner Abendspaziergang auf dem Programm stehen. Statt der Einsamkeit mit ein paar Gläschen Wein Gesellschaft zu leisten, könnte der Anruf bei einer guten Freundin helfen. Uns würde vielleicht ein kleines Schläfchen, das Lesen eines guten, ermutigenden Buches, eine Fahrradtour, der Besuch eines Museums oder eines Konzertes, ein heißes Wannenbad mit duftenden Zusätzen, ein Saunatag, das Kreieren einer neuen Deko, das Streichen eines Möbelstücks, das Malen eines Bildes, Musik machen, die Einladung guter Freunde zum gemeinsamen Kochen oder die Organisation eines Spieleabends einfallen. Erstaunlich, was uns in Sachen Selbstfürsorge für gute, kreative Ideen kommen, wenn wir den Schweinehund und seine Fake News mal zum Schweigen verdonnern!
Ich lebe ausgewogen
Gute Selbstfürsorge heißt des Weiteren: Arbeit und Freizeit sind bei mir in guter Ausgewogenheit. Wir leben diesbezüglich mit einer großen Widersprüchlichkeit. Auf der einen Seite haben wir heute in unserem Land mehr Freizeit denn je zuvor, und auch mehr, als es in vielen anderen Ländern dieser Erde der Fall ist. Der Freizeitsektor boomt und ist bei uns längst zu einem nicht mehr wegzudenkenden Wirtschaftsfaktor geworden. Andererseits klagen viele Menschen, dass sie gestresst, völlig überlastet und total ausgepowert sind. Für diesen paradoxen Zustand gibt es eine Menge an Erklärungen, welche auszuführen an dieser Stelle viel zu weit führen würde. In unserem Kontext reicht es hinzuschauen, ob wir denn selbst in guter Ausgewogenheit leben oder uns gegebenenfalls wieder in eine gesunde Balance bringen müssen.
Das heißt für die Überlasteten und Überforderten: Gibt es eine Möglichkeit, die Anzahl meiner Arbeitsstunden zu reduzieren? Werden Überstunden in irgendeiner Form angemessen abgegolten, oder werde ich hier permanent ausgenutzt? Müsste ich mich langfristig vielleicht nach einem anderen Arbeitsplatz umschauen, der meinen Bedürfnissen, meiner Persönlichkeit und meinen Begabungen mehr entspricht? Muss der hohe Lebensstandard, den ich zurzeit pflege, wirklich sein, und ist er es wirklich wert, dass ich zu seiner Finanzierung körperlich und psychisch auf dem Zahnfleisch gehe? Gestalte ich meine Freizeit als Gegenpol zu meiner anstrengenden Arbeit in guter Weise, oder hat hier der innere Schweinehund mit seinen Fake News das Zepter übernommen?
Aber es gibt auch das Gegenteil: ein Zuwenig an Herausforderung und erfüllender Arbeit, das uns erkennen lässt, dass wir gebraucht werden, und das unserem Dasein einen Sinn gibt.
Kann sein, dass wir einer sehr stupiden, für unser Empfinden sinnlosen Tätigkeit nachgehen. Kann sein, dass wir keine Arbeit finden oder uns der Wiedereinstieg in unseren Job nicht gelingt.
Kann sein, dass wir gesundheitlich angeschlagen sind und deswegen auf dem Arbeitsmarkt als „nicht vermittelbar“ gelten.
Kann sein, dass wir im Rentenalter, aber noch topfit und voll leistungsfähig sind.
Kann sein, dass wir aufgrund unserer Familiensituation (kleine Kinder, zu pflegende Angehörige …) gerade keiner bezahlten Arbeit nachgehen können.
Wenn wir uns in dieser Situation befinden, müssen wir lernen umzudenken: Nur weil wir keiner bezahlten Arbeit nachgehen, arbeiten wir ja dennoch, können sehr herausfordernden Tätigkeiten nachgehen und damit unseren Beitrag zum Wohl der Gesellschaft leisten.
Da ich selbst aufgrund unserer vier Kinder sehr lange „nur“ zu Hause war, weiß ich, wie schwer es ist, die eigene, unbezahlte Arbeit wirklich wertzuschätzen und sich gegenüber Geldverdienern nicht permanent minderwertig zu fühlen. So wie eine Freundin von mir, die neulich sagte: „Ich möchte wieder Vollzeit arbeiten gehen, um anderen zu beweisen, dass ich auch zu etwas tauge, und um mich als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu fühlen. Irgendwie schäme ich mich zu sagen, dass ich nur einen Minijob habe.“ In ihrer Selbstabwertung hatte sie völlig ausgeblendet, dass sie durch ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten einen enorm wichtigen Einsatz für die Gesellschaft bringt und an dieser Stelle eine Menge Kompetenzen hat. Verstecken muss sie sich damit wirklich nicht! Ich habe sie sehr ermutigt, bei sich zu bleiben und hinzuschauen, was sie denn wirklich möchte, statt einem vermeintlichen Anspruch von außen Genüge tun zu wollen. Der vorrangige Sinn von Arbeit (zumindest, wie es Gottes ursprüngliche Absicht war) liegt darin, seine Schöpfung zu bewahren, im gesamten Versorgungssystem unseren Beitrag zum Lebensunterhalt zu leisten und das Leben auf dieser Erde kreativ mitzugestalten, zu entwickeln und zu formen. Damit werden wir selbst schöpferisch tätig und finden in unserem Dasein Sinn.
Diesen eigentlichen Sinn von Arbeit können wir auch dann finden, wenn wir keiner bezahlten Arbeit nachgehen. Und wir können ihn auch neben einer, in unserer Wahrnehmung, stupiden oder sinnlosen Arbeit finden. Wie die Frau, von der ich neulich las, die einen recht eintönigen Job in einer Fabrik hat, sich aber ehrenamtlich um die Kinder Geflüchteter kümmert, mit ihnen spielt, kocht und ihnen bei den Hausaufgaben hilft. Diese unbezahlte Arbeit, so sagte sie, sei ihre eigentliche Tätigkeit. Eine Tätigkeit, die ihrem Leben Sinn gäbe, mit der sie etwas bewirke und spürbar zum Wohl der Gesellschaft beitragen könne. „Das andere“, erzählte sie, „muss halt sein, damit das Geld reinkommt.“
Ich investiere in Beziehungen
Gute Selbstfürsorge heißt auch: Ich investiere in Beziehungen. Gott hat uns nicht als Einzelkämpfer geschaffen, sondern als Menschen, die einander brauchen. Unsere Resilienz ist deutlich größer, wenn wir über ein stabiles Netz an Beziehungen verfügen. Die Bibel findet als Erklärung dafür eine sehr bildreiche, poetische Sprache: „Zwei haben es besser, als einer alleine: Zusammen erhalten sie mehr Lohn für ihre Mühe. Wenn sie hinfallen, kann einer dem anderen aufhelfen. Doch wie schlecht ist der dran, der allein ist und fällt, und keiner ist da, der ihm beim Aufstehen hilft! Es können sich zwei, die in einer kalten Nacht unter einer Decke liegen, aneinander wärmen. Doch wie kann einer, der alleine liegt, warm werden? Ein Einzelner kann leicht von hinten angegriffen und niedergeschlagen werden; zwei, die zusammenhalten, wehren den Überfall ab. Und: Ein dreifaches Seil kann man kaum zerreißen“ (Prediger 4, Verse 9-12). Besser und schöner kann man die Notwendigkeit von Beziehungen für unsere Resilienz eigentlich nicht beschreiben! In solch tragende Beziehungen müssen wir aber investieren, denn sie fallen in der Regel nicht vom Himmel. Immer wieder sagen Menschen mir: „Aber ich hab niemanden!“ Dann frage ich zurück: „Was tust du denn dafür, dass du jemanden ‚hast‘?“
Auch hier geht es wieder darum, aus der Opferhaltung herauszutreten und verantwortlicher Mitgestalter des eigenen Lebens zu werden. Wer nämlich selbst auf andere zugeht, wer das Gespräch und die Begegnung sucht, wer sich mitteilt, wer sich öffnet, wer anderen dient und sie unterstützt, wer sich ehrlich und empathisch für das Ergehen anderer interessiert und ihnen zuhört, wer freundlich, zugänglich, zuvorkommend, unternehmungslustig und hilfsbereit ist und sich Zeit für andere Menschen nimmt, der ist jemand, von dem andere sagen werden: „Den oder die möchte ich gerne näher kennenlernen und zum Freund haben.“ Wer aber nichts investiert, kann hier natürlich auch nicht viel erwarten. Wer möchte schon mit jemandem zusammen sein, der unfreundlich, wenig hilfsbereit, nörglerisch und verschlossen ist? Oder der immer nur selbst redet, aber nicht zuhört, der sich nicht von seiner Couch oder aus seinen vier Wänden wegbewegen will und der nie Zeit hat? Also, fangen Sie erst einmal an, selbst der zu sein, den Sie gerne zum Gegenüber hätten. Der Rest erledigt sich dann vermutlich von selbst!
Ich achte auf die Basics
Gute Selbstfürsorge heißt: Ich achte auf die Basics wie: ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung, genügend Bewegung und die Pflege meiner Spiritualität. Zur Vertiefung dieses Bereiches der Selbstfürsorge und damit zur Stärkung unserer Resilienz empfehle ich Ihnen das Buch „Body, Spirit, Soul“ von Heike Malisic und Beate Nordstrand (siehe Anhang). Dass wir schlecht drauf sind, wenn wir übermüdet, hungrig oder „vollgefressen“ sind, kennen die meisten von uns aus eigener Erfahrung. Genauso wie die lähmende Trägheit und Lustlosigkeit, die uns befällt, wenn wir zu viel rumhängen und uns zur Couch-Potato entwickelt haben. Wir merken sowohl an unserem körperlichen wie auch an unserem seelischen Missbehagen: Irgendetwas stimmt hier nicht!
Viel schwerer dagegen ist es zu erkennen, dass wir in Sachen Spiritualität unterversorgt sind. Wir fühlen dann nur eine tiefe Leere, Sinnlosigkeit und fehlende Verortung bzw. Anbindung. Es lohnt sich, dieses Gefühl nicht einfach nur zu verdrängen, zu betäuben oder mit Oberflächlichkeiten vorübergehend zufriedenzustellen. Dieses Gefühl will Sie ermutigen und ermahnen, dorthin zu gehen, wo Sie eigentlich hingehören: zu Gott. Denn Sie sind dazu geschaffen, in Gemeinschaft mit Gott zu leben. Bei ihm wird Ihr spiritueller Hunger gestillt, bei ihm wird Ihr Inneres satt, und bei ihm finden Sie alles, was Sie brauchen!
Wir sehen also: Manchen Menschen wurde ein gewisses Maß an Resilienz mit in die Wiege gelegt. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, können Sie sehr dankbar sein! Wenn nicht, können Sie in diesem Bereich aber wachsen und Veränderung erfahren. Sie können resilienter werden. Sie können sich selbst anleiten und trainieren. Pippi hat keine Eltern, die ihr etwas beibringen, deswegen muss sie sich selbst vieles beibringen und hat gelernt, sich zu fördern und zu fordern. Wie sie das tut? Schauen Sie selbst:
„‚Knie − beugt!‘, schrie Pippi und machte einen schönen Knicks. Dann lächelte sie Frau Settergren an und sagte mit ihrer gewöhnlichen Stimme: ‚Ich bin nämlich sehr schüchtern, und wenn ich mich nicht selber kommandiere, dann würde ich in der Diele stehen bleiben und nicht wagen hereinzukommen.‘“
Wahrscheinlich müssen wir alle uns selbst ein wenig kommandieren, damit wir lebensmutiger werden!
Bis hierher und nicht weiter!
Lebensmutig Grenzen setzen
Vor ein paar Wochen rief eine Freundin bei mir an und fragte mich, ob ich für ein paar Stunden ihren wenige Monate alten Labradorwelpen beaufsichtigen könne. Sie musste etliche Besorgungen in der Stadt machen, zu denen sie den kleinen Hund verständlicherweise nicht mitnehmen wollte. Aber den kleinen Kerl so lange allein zu Hause lassen – das ging auch noch nicht.
Da ich selbst an diesem Nachmittag zu Hause war, war das Ganze für mich kein Problem. Sie lud das Tier samt Zubehör bei mir ab und düste los Richtung Shoppingmeile.
Der Hund war wirklich zuckersüß, wie es kleine Hundebabys nun mal sind. Er beschnüffelte alles, knabberte meine Gartenschuhe an und zog sie durchs Wohnzimmer, wälzte sich auf unserem Teppich und hatte augenscheinlich viel Spaß.
Irgendwann bekam ich mit, dass er vor unserem Sofa hockte und mit langem Hals sehnsüchtig nach oben schielte. An seinem zögerlichen Verhalten merkte ich, dass meine Bekannte ihm bereits beigebracht hatte, dass ein Hund nichts auf einem Sofa zu suchen hat.
Er bemerkte mich, wandte sich ab und spielte weiter.
Als ich das nächste Mal nach ihm schaute, sah ich, dass er schon wieder an gleicher Stelle vor dem Sofa hockte. Diesmal aber hatte das vorwitzige Kerlchen bereits eine Pfote oben auf die Couch gelegt – könnte ja sein, dass es bei mir andere Grenzen gibt als bei seinem Frauchen. Ich räusperte mich laut und vernehmlich, was ausreichte, dass er seine Pfote direkt zurückzog und mit unschuldiger Miene Richtung Gartenclogs abdrehte.
Etliche Minuten verstrichen, bevor ich erneut nach ihm sah, und da saß das Bürschchen doch schon wieder vor der Couch! Diesmal hatte er bereits beide Pfoten obenauf, machte sich dabei ganz lang und sondierte schon mal die Lage auf dem Polster. Man konnte seine Hundegedanken förmlich sehen: „Oooh, diese superweichen Kissen und diese flauschige Decke dort in der Ecke …“
Da ich diesen Hund nicht zu erziehen brauchte, machte ich mir den Spaß und wartete ab, wie es weitergehen würde. Er schaute mich sichtlich ertappt an, trollte sich aber erst einmal. So ganz sicher war er sich wohl doch noch nicht, woran er mit mir war.
Ich musste kurz telefonieren, bevor ich erneut einen Blick ins Wohnzimmer warf.
Und … richtig! Jetzt thronte der kleine Kerl mitten auf meiner Couch, schaute mich mit schiefgelegtem Köpfchen aus seinen süßen, dunkelbraunen Labradorwelpenaugen an, so als wolle er sagen: „Siehste, geht doch! Hätten wir doch auch gleich so haben können!“
Ich musste lachen, hatte ich doch gerade einen typischen Fall von Grenzüberschreitung erlebt: Ich hatte keine klaren Grenzen gesetzt, also hatte der kleine Hund auf sehr charmante Weise ausgelotet, wie weit er gehen konnte. Und zwar so lange, bis er am Ziel seiner Wünsche angekommen war!
Was in diesem Fall harmlos und sogar recht witzig war, ist in anderen Situationen alles andere als ein Spaß. Denn Grenzen an den richtigen Stellen zu setzen – sodass sie uns schützen, aber nicht einengen – ist gar nicht so leicht und manchmal richtig harte Arbeit. Und ganz sicher geht es in den meisten Fällen um weitaus mehr als um ein kuscheliges Plätzchen auf der Couch!
Anders, als man zunächst denkt, geht es für lebensmutige Menschen bei dem Thema „Grenzen setzen“ nicht nur um die Fähigkeit, nach außen, also anderen Menschen gegenüber, Grenzen zu setzen, sondern auch sich selbst gegenüber, also nach innen, diese Grenzen zu ziehen.
Lebensmutige Menschen haben gelernt, in guter Weise Grenzen zu setzen. Das meint zunächst einmal die Fähigkeit, sich selbst zu begrenzen und zu leiten. So verhindern sie, dass sich schädliche Gefühle, Bedürfnisse oder Verhaltensweisen in ihrem Leben ausbreiten, sie blockieren und ihnen ihren Lebensraum streitig machen. Lebensmutige Menschen haben aber auch eine klare Vorstellung von ihren Außengrenzen und haben gelernt, diese zu akzeptieren. Sie machen diese Grenzen auch für andere sichtbar und sorgen so dafür, dass sie respektiert werden. In gleicher Weise sind sie in der Lage, auch die Grenzen anderer zu achten. Lebensmutige Menschen haben verstanden, dass Grenzen nach außen und nach innen nötig sind, damit sie ihr Potenzial voll entfalten und sich bestmöglich zu dem Menschen entwickeln können, den Gott bereits in ihnen sieht.
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