Kitabı oku: «Don Bosco - eBook», sayfa 5

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Onkel Michele hilft

Margherita litt schwer darunter, dass Giovanni so lange auf dem Hof der Familie Moglia bleiben musste. Wahrscheinlich hatte sie, kurz bevor der Vertrag zwischen ihr und Herrn Moglia am 11. November 1829 auslief, darüber auch mit ihrem Bruder Michele gesprochen. Dieser ging nämlich zu seinem Neffen und traf ihn an, als er gerade die Kühe aus dem Stall führte. „Nun, Giovanni, bist du gern hier oder nicht?“, fragte er ihn. „Nein“, antwortete dieser. „Ich werde zwar gut behandelt, aber ich möchte studieren. Die Jahre vergehen, ich bin schon 14 und trete noch immer auf der Stelle.“ „Gut, dann bring jetzt das Vieh in den Stall und komm nach Becchi zurück. Ich spreche mit deinem Arbeitgeber, dann muss ich noch auf den Markt nach Chieri. Heute Abend komme ich bei dir zu Hause vorbei, dann werden wir alles regeln.“

Giovanni schnürte also sein Bündel von Neuem und verabschiedete sich von Dorotea und Luigi Moglia, von dem alten Giuseppe, Teresa und Anna. Sie waren inzwischen Freunde geworden und sollten es ihr ganzes Leben lang bleiben.

Dann ging Giovanni nach Becchi zurück. Als er sich seinem Elternhaus näherte, erblickte ihn die Mutter schon von Weitem und eilte ihm entgegen. „Antonio ist im Haus. Hab Geduld, versteck dich, bis Onkel Michele kommt. Wenn Antonio dich sieht, dann meint er, da sei ein Komplott geschmiedet worden, und weiß Gott, was dir dann passieren würde.“

Giovanni versteckte sich hinter eine Hecke und setzte sich dort neben einen Graben. Es war also noch nicht vorbei. Er musste sich auf eine Auseinandersetzung gefasst machen. Onkel Michele kam aber erst, als es bereits Nacht war. Er nahm den Jungen, der vom Warten schon ganz steif geworden war, mit ins Haus. Es herrschte eine gespannte Atmosphäre, aber kein Krieg. Antonio war jetzt 21 Jahre alt und bereitete sich darauf vor, eine eigene Familie zu gründen. Es wurde ihm garantiert, dass er mit dem Unterhalt und den Kosten für das Studium seines Bruders nicht belastet würde. Deshalb erhob er keinen Einspruch mehr dagegen. Onkel Michele nahm Kontakt mit den Pfarrern von Castelnuovo und Buttigliera auf. Er wollte, dass sein Neffe als Schüler bei ihnen wohnen konnte. Dabei traten große Schwierigkeiten auf, schließlich ergab sich aber völlig unverhofft doch eine Lösung.

Vier Soldi für eine Predigt

Im September 1829 kam Don Giovanni Melchiorre Calosso, ein 70-jähriger Priester, als Kaplan nach Morialdo. Einige Jahre vorher hatte er aus gesundheitlichen Gründen seine Pfarrstelle in Bruino aufgegeben. Nicht lange danach, im November, fand in Buttigliera eine Volksmission statt. Giovanni nahm daran teil, und auch Don Calosso ging dorthin.

Auf dem Heimweg fiel dem alten Priester dieser 14-Jährige auf, der unter den ganzen Leuten alleine heimging. „Woher bist du?“, fragte er ihn. „Aus Becchi. Ich war bei der Missionspredigt.“ „Wer weiß, was du verstanden hast, bei den vielen lateinischen Zitaten.“ Dabei schüttelte er sein weißes Haupt. „Wahrscheinlich hätte dir deine Mutter eine zweckmäßigere Predigt halten können.“ „Das ist wahr,“ entgegnete Giovanni, „meine Mutter hält mir auch manche gute Predigt. Aber ich glaube, dass ich den Missionar verstanden habe.“ „Also gut, wenn du mir vier Sätze aus der heutigen Predigt sagen kannst, bekommst du vier Soldi.“

Giovanni nahm das Angebot an, und in aller Ruhe wiederholte er dem Kaplan die ganze Predigt, so, als würde er aus einem Buch vorlesen. „Wie heißt du?“, fragte Don Calosso erstaunt. „Giovanni Bosco. Mein Vater ist gestorben, als ich noch klein war.“ „Und welche Schule hast du besucht?“ „Lesen und Schreiben habe ich bei Don Lacqua in Capriglio gelernt. Ich möchte gern studieren, aber mein großer Bruder will nichts davon wissen, und die Pfarrer von Castelnuovo und Buttigliera haben keine Zeit, mir zu helfen.“ „Warum möchtest du denn studieren?“ „Um Priester zu werden.“ „Sag deiner Mutter, sie soll zu mir kommen. Vielleicht kann ich dir helfen, auch wenn ich schon alt bin.“

Bald darauf saß Margherita vor dem Schreibtisch Don Calossos und hörte ihn sagen: „Euer Sohn hat ein phänomenales Gedächtnis. Man muss ihm sofort das Lernen ermöglichen, ohne Zeit zu verlieren. Ich bin zwar schon alt, aber was ich noch tun kann, will ich tun.“ Sie kamen überein, dass Giovanni tagsüber bei Don Calosso bleiben und dort lernen sollte, denn dieser wohnte nicht weit von Becchi entfernt. Nur zum Schlafen sollte Giovanni nach Hause gehen, und auch wenn die Feldarbeit drängte, sollte er zu Hause helfen.

Giovanni bekam nun mit einem Schlag, was ihm so lange gefehlt hatte: väterliche Zuversicht, Sicherheit und Vertrauen. „Ich gab mich sofort ganz in die Hände Don Calossos,“ schrieb Don Bosco später, „ich gab mich ihm vollständig zu erkennen. Ihm offenbarte ich, was ich sagte und dachte. Jetzt wusste ich, was es heißt, jemanden zu haben, der mich führte und der mir Freund war, etwas, das ich bis dahin hatte entbehren müssen. Unter anderem verbot er mir eine bestimmte Bußübung, die zu machen ich gewohnt war, die aber meinem Alter nicht angemessen war. Er ermutigte mich, oft die Sakramente zu empfangen und lehrte mich, täglich eine kurze Meditation, besser gesagt, eine geistliche Lesung zu machen.“

„Mit ihm starb jede Hoffnung“

Etwa ab September 1830 – und vielleicht, um jeder noch verbliebenen Spannung mit Antonio aus dem Wege zu gehen – blieb Giovanni auch über Nacht bei Don Calosso. Nur einmal in der Woche ging er heim, um die Wäsche zu wechseln. Beim Lernen kam er rasch voran. Don Bosco erinnerte sich später mit begeisterten Worten an jene Tage: „Niemand kann sich vorstellen, wie wohl ich mich fühlte. Ich liebte Don Calosso wie einen Vater und tat alles für ihn. Dieser Mann Gottes hatte mich sehr gern und sagte oft: ,Mach dir keine Sorgen um deine Zukunft. Solange ich lebe, lasse ich es dir an nichts fehlen, und wenn ich sterbe, werde ich auch für dich vorsorgen.‘ Ich war glücklich, bis mir ein tragisches Ereignis jede Hoffnung zerstörte.“

An einem Novembermorgen des Jahres 1830, als Giovanni gerade zu Hause war, um seine Wäsche zu wechseln, kam jemand und sagte, dass es Don Calosso schlecht ginge. „Ich lief nicht hin, ich flog“, erinnert sich Don Bosco. Don Calosso hatte einen Herzinfarkt gehabt. Zwar erkannte er Giovanni, war aber nicht fähig zu sprechen. Er wies auf einen Schlüssel zu einer Schublade hin und erklärte Giovanni per Zeichen, er solle diesen Schlüssel niemandem anders geben. Das war alles. Giovanni weinte verzweifelt über der Leiche seines „zweiten Vaters“. „Mit ihm starb jede Hoffnung“, schrieb er später.

Eine Hoffnung war ihm aber zunächst noch geblieben: der Schlüssel. In der Schublade lagen 6.000 Lire, und aus den Gesten Don Calossos war klar hervorgegangen, dass dieses Geld für Giovanni bestimmt war, für seine Zukunft. Manche der Anwesenden aber meinten, dass die Gesten eines Sterbenden nichts aussagen würden und dass nur eine testamentarische Regelung entscheiden könnte.

Die Neffen Don Calossos benahmen sich wie rechtschaffene Menschen. Sie informierten sich und sagten dann zu Giovanni: „Es scheint, dass der Onkel dir das Geld überlassen wollte. Nimm dir also, so viel du willst.“ Giovanni dachte ein wenig nach, dann sagte er entschlossen: „Ich will nichts.“ In seinen „Erinnerungen“ fasste Don Bosco dieses Ereignis später mit einem Satz zusammen: „Die Erben Don Calossos kamen, und ich händigte ihnen den Schlüssel aus.“

Es war eine rasche, aber sicher gut überlegte Entscheidung, mit der er verhinderte, dass bei einem anderen Verhalten eventuell später Verdächtigungen aufgetreten wären, er hätte sich das Geld unrechtmäßig angeeignet. Später, als Priester, sollte er als Leitgedanken einen Satz wählen, der ebenso entschlossen war: „Da mihi animas, cetera tolle“ („Gib mir Seelen, alles andere nimm“). Jetzt aber war Giovanni wieder allein. „Ich weinte untröstlich“, schrieb er später darüber.

Schulbesuch in Castelnuovo

Und doch musste es weitergehen. Um jeder neuen Auflehnung Antonios zuvorzukommen, entschloss sich Margherita, die Güter mit ihm zu teilen. Es gab dazu auch einen Grund, der die Sache selbst wenig wohlwollenden Außenstehenden verständlich machte. Antonio stand vor der Heirat. Am 21. März 1831 würde er Anna Rossa in Castelnuovo zum Altar führen.

Die Felder wurden also aufgeteilt, und vom Haus erhielt Antonio die nach Osten gerichtete Hälfte – mit der Holztreppe und der guten Stube im ersten Stock – als Eigentum. Die andere Hälfte bewohnte Margherita weiter mit Giuseppe und Giovanni.

Im Dezember 1830 machte sich Giovanni auf den Weg nach Castelnuovo, um dort die öffentliche Schule zu besuchen. Neben der Volksschule hatte die Gemeinde einen in fünf Klassen gegliederten Lateinkurs eröffnet. Die wenigen Schüler hatten zusammen nur einen einzigen Raum und wurden nur von einem Lehrer, Don Emanuele Virano, unterrichtet.

Beim Schneider Roberto in Pension

Die fünf Kilometer, die Castelnuovo von Becchi entfernt liegt, schienen für den 15-jährigen Giovanni ein schier unüberwindliches Hindernis zu sein. Da der Unterricht am Vormittag dreieinhalb und am Nachmittag drei Stunden dauerte, musste sich Giovanni am Morgen mit einem Stück Brot auf den Weg machen, zum Mittagessen nach Hause zurückkehren, am Nachmittag wieder nach Castelnuovo gehen und am Abend erneut zurückkommen. Das waren 20 Kilometer jeden Tag, ein viel zu weiter, sinnloser Weg.

Nach ein paar Tagen, wahrscheinlich beim ersten Schnee, wurde das geändert. Onkel Michele fand in Castelnuovo bei einem guten Menschen eine Halbpension für Giovanni, nämlich bei Giovanni Roberto, dem Schneider und Musiker. Bei ihm konnte Giovanni Bosco über Mittag bleiben, das heißt das essen, was er in seinem Blechnapf mitgebracht hatte. Aber auch fünf Kilometer am Morgen und fünf Kilometer am Abend sind besonders im Winter keine Kleinigkeit. Zwar marschierte Giovanni gern, und wenn der Weg infolge des Regens ein einziger Sumpf war, zog er wie alle Bauern seine Schuhe aus und hängte sie sich mit einem Riemen um die Schultern. Regen und Wind, Sonne und Staub waren abwechselnd seine Begleiter.

An manchen Januartagen aber war das Wetter doch zu schlecht. Dann fragte er Herrn Roberto, ob er nicht bei ihm im Raum unter der Treppe schlafen könne. In diesem Fall aber hatte er eben kein Abendbrot. Da Margherita befürchtete, dass ihr Sohn unter diesen Umständen krank werden würde, verhandelte sie mit dem Schneider. Für einen vernünftigen Preis, der auch in Naturalien abgegolten werden konnte, nahm Herr Roberto ihn in „Vollpension“ auf. Er gab Giovanni am Mittag und Abend eine warme Suppe und den Raum unter der Treppe zum Schlafen. Für Brot sorgte die Mutter.

Sie selbst begleitete ihn nach Castelnuovo und trug die Tasche mit dem Hausrat, der für einen 15-Jährigen nötig war. Herrn Roberto empfahl sie, „ein Auge auf ihn zu haben und ihn eventuell auch einmal an den Ohren zu ziehen“. Zu Giovanni sagte sie: „Verehre die Gottesmutter, damit sie dir hilft, dass aus dir etwas wird.“

Der Kuhhirte aus Becchi

In der Schule war Giovanni mit Zehn- und Elfjährigen zusammen. Die Schulbildung, die er bis dahin genossen hatte, war sehr bescheiden gewesen. Wenn wir dazu noch seine ärmliche Jacke und seine derben Schuhe bedenken, ist es leicht verständlich, dass er zur Zielscheibe von Spötteleien seitens seiner Kameraden wurde. Sie nannten ihn den „Kuhhirten aus Becchi“.

Giovanni, der in Morialdo und Moncucco noch das Idol der anderen Jungen gewesen war, litt darunter, konzentrierte sich aber auf das Lernen, so gut er konnte, und der Lehrer half ihm wohlwollend. Don Virano war ein tüchtiger und liebenswürdiger Mensch. Da er den guten Willen bei Giovanni sah, nahm er ihn manchmal beiseite, sodass dieser in kurzer Zeit rasche Fortschritte machte. Als er einen wirklich guten Aufsatz über die biblische Gestalt des Eleazar geschrieben hatte, las ihn Don Virano in der Klasse vor und schloss: „Wer eine solche Ausarbeitung fertigbringt, der kann es sich auch leisten, die Schuhe eines Kuhhirten zu tragen. Denn was im Leben zählt, sind nicht die Schuhe, sondern der Kopf.“

Schlimmer scheint für Giovanni Bosco etwas anderes gewesen zu sein, was er später erzählte: „In diesem Jahr war es manchmal gefährlich für mich. Meine Schulkameraden wollten mich dazu bringen, während der Schulzeit mit ihnen um Geld zu spielen. Als ich ihnen sagte, dass ich keines hätte, meinten sie: ,Es wird Zeit, dass du endlich aufwachst. Du musst leben lernen. Stiehl das Geld einfach deinem Hausherrn oder deiner Mutter!‘ Ich erinnere mich, dass ich geantwortet habe: ,Meine Mutter mag mich so gern, dass ich nicht anfangen möchte, ihr Unannehmlichkeiten zu bereiten.‘“

Im April war Giovanni schulisch auf gutem Wege, als sich ein Ereignis ankündigte, das für ihn bittere Folgen haben sollte. Don Virano wurde zum Pfarrer von Mondonio ernannt und musste die Schule Don Nicola Moglia überlassen. Dieser war zwar ein frommer und wohltätiger Priester, aber schon 75 Jahre alt. Es gelang ihm absolut nicht, die fünf Klassen der Schule in den Griff zu bekommen. An einem Tag griff er zur Rute, und für den Rest der Woche duldete er das Durcheinander.

Dann nahm er sich die Größeren vor, denn sie waren schließlich verantwortlich für die ständige Unordnung. Eine besondere Abneigung zeigte er gegen den Größten von allen, den „Kuhhirten aus Becchi“, obwohl Giovanni selbst sehr unter der allgemeinen Disziplinlosigkeit litt. Der neue Lehrer ließ keine Gelegenheit aus, ihm seine Geringschätzung zu zeigen: „Was willst du denn von Latein verstehen? In Becchi wachsen nur Esel auf, erstklassige Esel, wenn du willst, aber jedenfalls Esel. Geh zu deinen Kühen, geh zu deiner Brut, das ist dein Handwerk und nicht das Lateinstudium!“

Die Kameraden, die Giovanni aufgrund der Hochschätzung, die Don Virano ihm entgegengebracht hatte, in Ruhe gelassen hatten, stellten sich wieder gegen ihn, sodass er trostlose Tage durchlebte.

Einmal aber wollte er sich rächen, und zwar auf seine Art: Don Moglia machte mit der Klasse eine Lateinaufgabe. Giovanni, der die Übersetzung für die erste Klasse zu machen hatte, fragte den Lehrer um Erlaubnis, einmal die Aufgabe für die dritte Klasse versuchen zu dürfen. Dieser war empört: „Was glaubst du denn, wer du bist? Geh sofort zurück und mach deine Aufgabe und versuche nicht, wie gewöhnlich, den Esel zu spielen.“ Giovanni aber bestand darauf, und schließlich gab Don Moglia nach. „Mach, was du willst. Aber ­denke nicht, dass ich deine Eselei auch noch lesen werde.“

Giovanni schluckte den Ärger hinunter und machte sich an die Übersetzung. Sie war schwierig, aber er traute sie sich zu, ja, er war sogar einer der Ersten, die die Arbeit abgaben. Der Lehrer nahm das Blatt und legte es beiseite. „Ich bitte Sie,“ sagte Giovanni, „lesen Sie das und sagen Sie mir, welche Fehler ich gemacht habe.“ „Geh an deinen Platz und reg mich nicht auf!“, antwortete Don Moglia.

Giovanni blieb höflich, aber bestimmt und ließ nicht locker. „Ich verlange sicher nicht zu viel, wenn ich Sie bitte, die Arbeit zu lesen.“ Don Moglia las. Die Übersetzung war gut, sehr gut sogar, und deshalb verlor er wieder die Nerven. „Ich habe doch gesagt, dass du zu nichts taugst. Diese Arbeit ist von vorne bis hinten abgeschrieben.“ Giovanni entgegnete: „Von wem soll ich sie denn abgeschrieben haben?“ Seine Nachbarn kauten in der Tat immer noch am Federhalter und suchten krampfhaft nach den letzten Sätzen. „Das ist doch eine Unverschämtheit!“, platzte Don Moglia heraus. „Geh an deinen Platz, und sei dankbar, dass ich dich nicht aus der Schule werfe.“

Es gibt nun einmal Krankheiten, die unheilbar sind, und Vorurteile sind eine davon. Die letzten Monate dieses Schuljahres waren also für Giovanni frustrierend. In seinen „Erinnerungen“ erwähnt er den Namen „Don Moglia“ nicht, sondern spricht nur von „einem, der unfähig war, Disziplin zu halten. Was ich die Monate zuvor gelernt hatte, war dahin.“

Den Abstand zu den Menschen aufheben

Noch etwas machte Giovanni in diesen Monaten zu schaffen. Er hatte zwei prachtvolle Priester kennengelernt, Don Calosso und Don Virano. Es ging ihm einfach nicht in den Kopf, dass alle anderen Kleriker so ganz anders sein sollten. „Es passierte mir,“ schrieb Don Bosco später, „dass ich auf der Straße meinem Kuraten begegnete, der in Begleitung des Kaplans war. Ich grüßte sie von Weitem, und bei ihnen angekommen, verbeugte ich mich in Ehrfurcht. Sie aber hielten Abstand zu mir und begnügten sich mit einem höflichen Gruß, ohne ihren Spaziergang zu unterbrechen. Ihr schwarzer Talar schien sie von allen abzuheben.“

Zur damaligen Zeit wurde in den Priesterseminaren ein Verhalten gelehrt, das man für Geistliche als angemessen betrachtete, nämlich „zurückhaltend und ernst“ zu sein. „Mir gefiel das keineswegs,“ erklärte Don Bosco, „und ich sagte mir: ,Wenn ich einmal Priester werden sollte, dann werde ich es ganz anders machen. Ich werde auf die Jugendlichen zugehen, ihnen ein gutes Wort sagen und einen Rat geben‘.“

Giovanni konnte nicht ahnen, dass diese Einstellung in den nächsten 80 Jahren eine stille Revolution unter der Priesterschaft hervorrufen würde. In den Priesterseminaren erkannte man, dass dieser Junge recht hatte. Man erzog die neuen Jahrgänge nicht zu einer Würde, die den Abstand zu den anderen Menschen betont, sondern zu lächelnder Güte, die den Abstand aufhebt.

In Morialdo hatte Giovanni seine freie Zeit in fröhlicher Unterhaltung mit Don Calosso verbracht. Der alte Priester hatte sich dabei an seine Vergangenheit erinnert, Giovanni an seine Zukunft gedacht. Dann war er immer darangegangen, in der Kirche sauber zu machen, die Küche in Ordnung zu bringen oder die kleine Bibliothek zu durchstöbern. Hier jedoch, in Castelnuovo, wollten die Priester nichts mit ihm zu tun haben. Wie sollte er jetzt seine Freizeit verbringen?

Giovannis Hobbys

Das erste Hobby, das Giovanni in Castelnuovo entdeckte, war die Musik. Herr Roberto, sein Vermieter, war Chorleiter in der Pfarrkirche und besaß zu Hause ein Spinett. Auf diesem übte Giovanni mithilfe Robertos. Er begleitete ihn auch zur Chorprobe in der Kirche, und mit der Zeit übte er dann auch an der Orgel dort. Vor allem aber war Roberto der Schneider des Ortes. Und so wurde es Giovannis zweites Hobby, neben Roberto zu sitzen und zu lernen, wie man Knöpfe annäht, Säume macht, Taschentücher anfertigt und Westen zuschneidet. Er wurde so tüchtig darin, dass Herr Roberto ihm anbot, die Schule aufzugeben und sein Gehilfe zu werden.

Im April begann Don Moglia, es auf die Spitze zu treiben. Das Durcheinander in der Schule überzeugte Giovanni, dass er dort nur Zeit verliere. Mit Erlaubnis seiner Mutter ging er jetzt täglich für ein paar Stunden zum Eisenschmied Evasio Savio. So lernte er, mit Hammer und Feile umzugehen und zu schmieden.

Sicher dachte Giovanni Bosco damals nicht im Traum daran, dass diese Handwerkskünste ihm eines Tages dazu dienen würden, Lehrwerkstätten für die arme Jugend zu errichten. Vorerst war es seine einzige Sorge, sich einige Soldi zu verdienen. Bald würde er sie notwendig brauchen. Denn zusammen mit seiner Mutter hatte er sich dazu entschlossen, im kommenden Jahr einen gewagten, aber bedeutenden Schritt zu tun, nämlich in die Schule nach Chieri zu gehen.

„Ich muss lernen“

Wieder einmal packte Giovanni also sein Bündel und sagte Herrn Roberto Auf Wiedersehen. Er kehrte jedoch nicht nach Becchi zurück, sondern ging nach Sussambrino, einem Bauernhof, den sein Bruder Giuseppe zusammen mit Giuseppe Febraro in Halbpacht übernommen hatte. Zusammen mit ihrem Sohn Giuseppe hatte auch Margherita Becchi verlassen.

Giovanni widmete sich während dieser Sommermonate vor allem dem Lernen, denn in Chieri wollte er nicht mehr im Hintertreffen sein. Aber er wollte auch seinem Bruder nicht zu sehr zur Last fallen. Deshalb half er bei der Feldarbeit, reparierte in einer primitiven Schmiede Ackergeräte und führte die Schafe und Kühe auf die Weide, wobei er auch wieder die Möglichkeit zum Lesen und Lernen fand.

Rosa Febraro, die Tochter von Giuseppe Febraro, berichtete später, dass Giovanni oftmals so sehr in seine Bücher vertieft war, dass er nicht merkte, wenn die Kühe irgendwohin auseinandergelaufen waren. Sie, die damals Zehnjährige, lief dann hinter ihnen her, durch Äcker und zwischen den Furchen der Maisfelder, um sie dem „Studenten“ zurückzubringen, bevor der Eigentümer etwas bemerken konnte. „Die Kühe waren gerade dabei, Mais zu fressen“, rief sie Giovanni dann zum Beipiel zu. „Danke, Rosa.“ Das war seine ganze Reaktion. Sie aber schaute ihn lange an und sagte dann: „Aber warum führst du sie denn auf die Weide, wenn du dich doch nicht um sie kümmerst?“ „Ich muss lernen, Rosa, und da vergesse ich sie schon mal.“ „Stimmt das, dass du Priester wirst?“ „Ja.“ „Also gut, wenn du willst, schau ich auch auf deine Kühe. Ich muss sowieso auf meine aufpassen.“ Giovanni dankte ihr und vertiefte sich wieder in sein Buch.

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382 s. 54 illüstrasyon
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9783769880144
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