Kitabı oku: «Don Bosco - eBook», sayfa 6

Yazı tipi:

Die 20 Lire auf dem Maibaum

Während des Sommers feierte das Dorf Montafia sein Patrozinium. Es war nicht weit dorthin, und Giovanni wusste, dass es dort eine Art Maibaum gab und dass unter den Preisen, die man gewinnen konnte, wenn man möglichst weit auf ihn hinaufkletterte, eine Geldbörse mit 20 Liren war. „Die wären mir doch sehr nützlich“, dachte er und ging zu dem Fest. Der Baum war sehr hoch und auch glitschig, denn er war mit Öl und Fett eingerieben.

Die Dorfjungen schauten zu dem eisernen Reifen hinauf, an dem Päckchen, Würste, Weinflaschen und die Geldbörse baumelten. Immer wieder spuckte einer in die Hände und versuchte, unter dem Geschrei der Leute hinaufzuklettern. Bei der Hälfte aber blieb ihm die Luft weg, und unter dem Pfeifen und Grölen der Menge rutschte er wieder hinunter.

Plötzlich, nachdem er die Situation gründlich analysiert hatte, trat Giovanni hinzu. Auch er spuckte in die Hände und umklammerte den Baum. Langsam und ruhig kletterte er hinauf, setzte sich immer wieder auf die Fersen und holte Luft. Die Leute wurden ungeduldig und erwarteten, dass auch er aufgab. Aber Giovanni lockte das Geld. In Moncucco hatte er ein Jahr lang für 15 Lire gearbeitet und hier, wenige Meter über ihm, winkten 20 Lire. Wenn es nötig gewesen wäre, wäre er bereit gewesen, den ganzen Tag auf dem Baum zu bleiben. Ruhig kletterte er weiter, kam da an, wo der Stamm dünn wurde, holte noch einmal Luft und dann – ein letzter Klimmzug. Die Leute blickten schweigend nach oben. Giovanni streckte die Hand aus, machte den Beutel mit den 20 Liren los und nahm ihn zwischen die Zähne. Dann holte er sich noch eine Wurst und ein Taschentuch und rutschte wieder hinab.

Widerwillen gegen das Betteln

Die 20 Lire, die er sich so von dem Maibaum heruntergeholt hatte, reichten natürlich nicht aus für Chieri, denn er musste Kleidung kaufen, Schuhe und Bücher. Vor allem aber war die monatliche Miete zu zahlen, und die Halbpacht von Sussambrino war keine Goldmine. Er musste also noch etwas unternehmen. Im Oktober sagte Giovanni deshalb zu seiner Mutter: „Wenn Ihr einverstanden seid, nehme ich zwei Beutel und gehe im Ort sammeln.“

Das war hart für ihn, denn es ging gegen sein Selbstwertgefühl. Später einmal sollte Don Bosco der „große Bettler“ des 19. Jahrhunderts werden. Aber immer sollte es ihm gleich schwerfallen, um Unterstützung zu bitten. In diesem Oktober jedoch überwand er erstmals seinen Widerwillen gegen das Betteln.

In Morialdo, einer zu Castelnuovo gehörenden Ansammlung von Weilern und verstreut liegenden Hütten, zog Giovanni von Haus zu Haus, klopfte an die Türen und sagte: „Ich bin der Sohn der Margherita Bosco und gehe nach Chieri, weil ich Priester werden möchte. Meine Mutter ist arm. Wenn Ihr könnt, helft mir doch bitte!“

Alle hier kannten ihn. Sie hatten bei seinen artistischen Vorführungen zugeschaut, seine Wiederholungen der Predigten gehört, und sie hatten ihn gern. Aber nur wenige waren begütert. Die Leute gaben ihm Eier, Mais oder etwas Weizen. Margherita erfuhr, dass Lucia Matta, eine Witwe, im Begriff war, nach Chieri zu ziehen, um ihren Sohn, der dort studierte, zu unterstützen. Deshalb sprach sie mit ihr, und beide kamen überein, dass Giovanni in Chieri bei Frau Matta und ihrem Sohn wohnen könne. Als Pension hatte er 21 Lire im Monat zu zahlen. Margherita konnte nicht alles in bar aufbringen; aber sie verpflichtete sich, Brot und Wein zu liefern, und Giovanni war bereit, im Haus Dienste zu leisten: Wasser holen, Holz hacken, die Wäsche aufhängen …

Auf dem Weg nach Chieri

Am 4. November 1831, einem klaren Herbsttag, ging Giovanni zusammen mit dem gleichaltrigen Giovanni Filippello zu Fuß nach Chieri. Unterwegs vertraute er sich ihm an. Er sprach von seinem Schulbesuch, erzählte, was er bisher erlebt und was er alles versucht hatte. Plötzlich unterbrach ihn Filippello, ein einfacher Junge: „Du gehst erst jetzt ins Kolleg und weißt schon so viel? Du wirst bestimmt bald Pfarrer.“

„Weißt du, was es heißt, Pfarrer zu sein?“, entgegnete Giovanni. „Ein Pfarrer hat schwere Pflichten. Wenn er vom Mittag- oder Abendessen aufsteht, muss er überlegen: ‚Ich habe gegessen, aber sind auch meine Pfarrkinder satt geworden?‘ Was er hat, muss er mit ihnen teilen. Lieber Filippello, ich werde nie ein gewöhnlicher Pfarrer werden, denn ich möchte mein ganzes Leben der Jugend widmen.“

Während die beiden Jungen so ihres Weges gingen und von Hunger und Armut redeten, begann im französischen Lyon, nur 250 Kilometer Luftlinie entfernt, der Aufstand der Seidenarbeiter. Zu Tausenden gingen sie auf die Straße, um gegen die Hungerlöhne und die menschenunwürdigen Arbeitszeiten von täglich 18 Stunden zu demonstrieren. Nach einigen Straßenkämpfen wurde der Aufstand durch Truppen erstickt, welche die französische Regierung schickte. Es waren mehr als 1.000 Opfer zu beklagen. Im darauffolgenden Jahr brach in Paris ein ähnlicher Aufstand aus und forderte 800 Tote. Und im Frühjahr 1834 erhoben die Arbeiter von Lyon und Paris gleichzeitig ihren Schrei: „Durch Arbeit leben oder durch Kampf sterben!“ Erneut wurde ihnen mit Gewehrfeuer geantwortet.

Giovanni Bosco konnte all das damals noch nicht wissen. Nicht einmal eine kurze Notiz in der Tageszeitung, die einer strengen Zensur unterworfen war, drang bis in das Piemont. Von der „Revolution“, die den italienischen Staaten liberale Verfassungen, die Unabhängigkeit von Österreich und letztlich auch die Einheit Italiens bringen sollte, wurde einstweilen nur geflüstert.

Lang und traurig wie die Fastenzeit

Inzwischen war König Carlo Felice I. von Sardinien-Piemont, „der Grausame“, gestorben. Auf den Thron folgte ihm im Alter von 33 Jahren Carlo Alberto. Mit 2,04 Metern war er sehr groß, weshalb die Piemontesen ihn auch „lang und traurig wie die Fastenzeit“ nannten. Um allen zu beweisen, dass er nicht mehr derselbe Prinz war, der 1821 noch die liberale Verfassung unterschrieben hatte, ließ er 1833 in Alessandria sieben und in Genua zwölf Anhänger des republikanischen Revolutionärs Giuseppe Mazzini erschießen. Etwa 70 weitere seiner Gefolgsleute wurden zur Arbeit auf den Galeeren verurteilt. Aber trotz dieser Versuche, den Lauf der Geschichte aufzuhalten, war es im Königreich Sardinien-Piemont und im ganzen restlichen Italien nicht mehr wie früher. Das Bürgertum war jetzt zu einer wirklich bedeutenden Gesellschaftsschicht geworden. Und auch, wenn viele Bürger nicht verstanden, was „demokratische Freiheit“ heißt, so brauchten sie doch die wirtschaftliche Freiheit, um auf der ganzen italienischen Halbinsel einen größeren Wohlstand zu erreichen.

Im Piemont wurden in dieser Zeit Kanäle gebaut, Sümpfe trockengelegt, Wälder gerodet und der Anbau von Maulbeerbäumen, Hanf und Wein gefördert. Auch der Kartoffelanbau wurde vorangetrieben, damit endlich die Hungersnöte in den schrecklichen Dürrejahren aufhörten. Bald merkte man auch, wie notwendig die Erweiterung des Straßennetzes und der Eisenbahnbau waren.

Vor diesem Hintergrund drängte auch das politische Klima nach Veränderung. In Turin veröffentlichte der Schriftsteller Silvio Pellico 1832 „Meine Gefängnisse“ („Le mie prigioni“), ein kleines Buch über seine Haftzeit in österreichischen Kerkern, das Italien aufrüttelte und sein Denken veränderte. Österreich, zu dem damals, wie erwähnt, noch große Teile Norditaliens gehörten und das bis dahin als Schutzmacht der althergebrachten monarchischen Ordnung galt, wurde in dieser Schrift schwer angegriffen. Die nationale Einigungsbewegung, die vor allem von Norditalien ausging, sah daher in Österreich ihren Hauptfeind. Für die Habsburger Monarchie wiederum war es schwer einzusehen, warum sie diesen letzten Teil ihres angestammten Besitzes in Italien aufgeben sollte.

Giovanni wird Priester
Jugendjahre in Chieri

Chieri ist eine Kleinstadt, zehn Kilometer von Turin entfernt, und erstreckt sich auf einem der Hauptstadt gegenüberliegenden Hügel. Als Giovanni dort hinkam, zählte Chieri 9.000 Einwohner und war eine Stadt der Klöster, Weber, Gymnasiasten und Studenten. Die Schüler und Studenten kamen aus allen Teilen Piemonts und der Gegend von Asti. Sie führten ein armseliges Leben. Die Kurse mussten sie zwar nur zur Hälfte zahlen, aber es gab keine Studienbehilfen. Um die Kosten für die Miete aufzubringen, mussten viele sehr große Mühen auf sich nehmen. Dringend suchten sie daher Arbeit für die unterrichtsfreie Zeit: Halbtagsschreibarbeiten, Saubermachen bei den Wohlhabenden oder das Putzen von Pferden und Fuhrwerken. Um zu sparen, heizten die Gymnasiasten auch im Winter immer wieder ihre Öfen nicht an und lernten dann in schwere Decken gewickelt und mit den Füßen in Holzpantoffeln.

Die gleiche ärmliche Situation erwartete nun auch Giovanni. „Meine Unterkunft“, schrieb Don Bosco später, „befand sich im Haus von Lucia Matta, einer Witwe mit ihrem einzigen Sohn. Sie war in die Stadt gezogen, um ihm besser beistehen zu können.“

Margherita, die nur wenig später als Giovanni in Chieri eintraf, ging mit ihm zu Frau Matta. Ein Bekannter hatte ihr mit seinem kleinen Wagen zwei Säcke Getreide dorthin transportiert. „Hier ist mein Sohn“, sagte sie, „und hier ist die ,Pension‘. Ich habe meinen Teil geleistet, und mein Sohn wird den seinen dazu beitragen. Ich hoffe, Ihr seid mit ihm zufrieden.“

Margherita kam in der folgenden Zeit ab und zu nach Chieri und erkundigte sich bei Frau Matta über Giovanni. Die Vermieterin teilte ihr nur erfreuliche Nachrichten mit. Giovanni verrichtete einen Teil der Hausarbeit, war fromm und fleißig und half Frau Mattas Sohn beim Lernen, obwohl dieser einige Jahre älter war als er. Er suchte jede Möglichkeit, zu seinem eigenen Unterhalt beizutragen, und verdiente sich so manchen Soldo bei einem bekannten Schreiner hinzu, bei dem er Hobel, Stechbeitel und Raspel zu handhaben lernte.

Ein Riese inmitten der Kleinen

„Die erste Person, die ich kennenlernte“, so erinnert sich Don Bosco, „war Don Placido Valimberti. Er gab mir gute Ratschläge, führte mich zum Präfekten der Schule und stellte mich den Lehrern vor. Was ich bisher gelernt hatte, war von allem etwas und hatte fast keine Systematik. Daher wurde mir geraten, in die sechste Klasse zu gehen. Der Lehrer, Pater Valeriano Pugnetti, war sehr gut zu mir. Er achtete in der Schule auf mich, lud mich zu sich nach Hause ein und schätzte meinen guten Willen. Er ließ es an nichts fehlen, was mir helfen konnte. Mein Alter von bereits 16 Jahren und meine Statur ließen mich zwischen meinen kleinen Klassenkameraden wie ein Riese erscheinen. Don Pugnetti war darum bemüht, mich bald aus dieser Lage zu befreien. So wurde ich nach zwei Monaten zur Prüfung zugelassen und kam in die siebte Klasse.

Ich ging gern in diese neue Klasse, denn ich mochte den Lehrer dort. Es war Don Valimberti. Nach zwei weiteren Monaten war ich Klassenbester und wurde ausnahmsweise zu einem weiteren Examen zugelassen. So kam ich in die achte Klasse, die Don Vincenzo Cima leitete. Er achtete streng auf Disziplin. Als er sah, dass ich mit meiner Körpergröße mitten im Schuljahr in seine Klasse kam, sagte er vor allen scherzend: ,Der ist entweder ein großer Dummkopf oder ein großes Talent.‘

Verblüfft antwortete ich: ,Die Wahrheit liegt ungefähr in der Mitte. Ich bin ein armer Junge, der guten Willen hat, seine Pflicht zu tun und in der Schule voranzukommen.‘ Diese Antwort gefiel ihm, und mit ungewöhnlicher Freundlichkeit sagte er: ,Wenn Ihr guten Willen habt, seid Ihr in guten Händen. Ich werde Euch nicht unbeschäftigt lassen. Habt nur Mut! Wenn Ihr Schwierigkeiten habt, dann sagt es mir, ich werde Euch dann sofort helfen.‘ Ich dankte ihm herzlich.“

Ein phänomenales Gedächtnis

„Ich war etwa zwei Monate in dieser Klasse,“ so berichtet uns Don Bosco später, „als ein kleines Missgeschick passierte. Der Lateinlehrer erklärte uns gerade das Leben des Agesilaos, geschrieben von Cornelius Nepos. An diesem Tag hatte ich mein Buch vergessen. Damit der Lehrer es nicht bemerkte, hatte ich die Grammatik vor mir aufgeschlagen. Die Mitschüler sahen es, und einer stieß seine Nachbarn mit dem Ellbogen an, während ein anderer lachte.

,Was gibts?‘, fragte Professor Cima. Und weil er sah, dass viele zu mir herschauten, befahl er mir, den Text des Cornelius Nepos vorzulesen und seine Erklärungen zu wiederholen. Ich stand auf, hielt die Grammatik in Händen und wiederholte den lateinischen Text und die Erklärungen aus dem Gedächtnis. Die Schulkameraden klatschten unwillkürlich.

Der Professor aber wurde wütend. Es sei das erste Mal, so schrie er, dass es ihm nicht gelänge, die Disziplin aufrechtzuerhalten. Dann holte er aus und wollte mir eine Ohrfeige geben, aber ich konnte ausweichen. Nun ließ er sich, die Hand auf meine Grammatik gestützt, von meinen Nachbarn die Ursache für diese ,Unordnung‘ erklären: ,Bosco hat den Cornelius Nepos gar nicht bei sich. Er hat nur die Grammatik, und doch hat er gelesen und erklärt, als ob er ihn in der Hand gehabt hätte.‘

Jetzt schaute der Professor das Buch an, auf das er seine Hand gestützt hatte, und wollte, dass ich noch zwei weitere Abschnitte ,vorläse‘. Dann sagte er: ,Ich verzeihe Euch wegen Eures guten Gedächtnisses. Ihr könnt froh sein, aber nützt es immer zum Guten!‘“

Sein ungeheures Gedächtnis hatte Giovanni ja, wie gesagt, schon Don Calosso bewiesen. Aber hier in Chieri geschahen noch andere Dinge. Eines Nachts träumte er seine Schulaufgabe. Sofort nach dem Erwachen schrieb er den Teil auf, an den er sich am besten erinnerte, und übersetzte ihn mithilfe eines befreundeten Priesters. In der Klasse diktierte der Professor dann tatsächlich diesen Teil. Giovanni konnte die Arbeit in kürzester Zeit abliefern.

Das passierte ihm noch ein zweites Mal, diesmal gab es jedoch Komplikationen. Giovanni lieferte seine Arbeit sehr schnell ab, zu schnell. Der Professor las sie, schaute dann den Entwurf an und fiel aus allen Wolken. Auf den Blättern stand auch das, was er eigentlich hatte dazunehmen wollen, im letzten Augenblick aber ausgelassen hatte, weil es ihm als zu lang erschienen war. „Woher hast du das genommen?“, fragte er. „Ich habe es geträumt“, antwortete Giovanni.

Ein Traum ist im Allgemeinen nur ein unbedeutendes Ereignis im Leben eines Menschen. Bei Giovanni Bosco aber hatte das Träumen, wie erwähnt, bereits eine große Bedeutung erhalten. Und je mehr Jahre vergingen, desto bedeutsamer wurden Träume für ihn. Das ist eine der Tatsachen, denen man schon damals verblüfft gegenüberstand und auch heute noch gegenübersteht. Wer Don Bosco später in Turin-Valdocco in aller Ruhe sagen hörte: „Ich habe geträumt“, der spitzte deshalb die Ohren. Denn im Traum erkannte dieser eigenartige Priester die Sünden seiner Jungen, sah den Tod von Königen voraus und prophezeite die glänzende Karriere eines seiner Jugendlichen, der vielleicht gerade beim Kegeln war.

Der Klub der Fröhlichen

„Während der ersten vier Klassen“, schrieb Don Bosco später, „habe ich aus eigener Erfahrung lernen müssen, wie man seine Kameraden behandelt. Trotz des streng christlichen Lebens, das uns von der Schule auferlegt wurde (jeder musste sogar eine Bescheinigung für die monatliche Beichte vorlegen), gab es unter den Schülern auch solche, die nichts taugten. Einer war so unverschämt, dass er mich aufforderte, meiner Hausherrin einen Wert­gegenstand zu stehlen.“

Anfangs mied Giovanni solche Mitschüler, weil er nicht wollte, dass es ihm erginge wie der Maus in den Pfoten der Katze. Bald aber versetzten ihn seine schulischen Leistungen in die Lage, andere Beziehungen aufzubauen, denn er genoss hohes Ansehen. Warum sollte er das nicht nützen, um seinen Schulkameraden Gutes zu tun?

„Die Kameraden, die mich zu unrechtem Tun anstiften wollten, waren die, die das Lernen am meisten vernachlässigten. Nun begannen sie, sich an mich zu wenden, damit ich ihnen bei ihren Aufgaben helfe. Ich half ihnen, übertrieb es dabei sogar und reichte ihnen unter der Bank vollständige Übersetzungen durch.“ Bei der Abschlussprüfung im Jahr 1833 wurde er übrigens dabei ertappt und konnte sich nur dank der Freundschaft eines Professors retten, der ihn die Übersetzung wiederholen ließ. „Damit gewann ich das Wohlwollen und die Zuneigung meiner Kameraden. Sie fingen an, mich in der Freizeit aufzusuchen, damit ich ihnen bei der Hausaufgabe helfe, später, um zu hören, was ich gerade erzählte, und zuletzt auch ohne konkreten Grund.“

Da die Klassenkameraden diese Gemeinschaft als etwas Schönes erlebten, bildeten sie schließlich eine Art Verein, den Giovanni den „Klub der Fröhlichen“ taufte. Er gab ihm sogar eine einfache Regel, und zwar:

1. Keine Tat, kein Gespräch, dessen sich ein Christ schämen muss

2. Erfüllung der schulischen und religiösen Pflichten

3. Fröhlich sein

Diese Fröhlichkeit sollte später einmal zu einer geradezu fixen Idee Don Boscos werden. Domenico Savio, sein späterer Lieblingsschüler in Turin-Valdocco, sollte dazu sogar bemerken: „Die Heiligkeit besteht bei uns im echten Fröhlichsein. Wir versuchen, die Sünde zu meiden, die dem Herzen die Freude raubt. Für Don Bosco ist die Freude eine tiefe Ergriffenheit, die aus dem Wissen hervorgeht, dass wir in den Händen Gottes sind, also in wirklich guten Händen. Fröhlichkeit ist zwar ein armseliges Wort, mit dem man aber einen hohen Wert bezeichnen kann: die christliche Hoffnung.“ Und Don Bosco selbst berichtete über die Zeit in Chieri: „Ich bin 1832 unter meinen Kameraden so etwas wie der Hauptmann eines kleinen Heeres geworden.“

Unter der Führung dieses „Hauptmanns“ spielten sie mit Steinen und Hölzern, sprangen und liefen. Es waren lebhafte und lustige Spiele. Wenn alle müde waren, führte Giovanni ihnen an einem Tischchen, das im Gras stand, Zauberkunststücke vor: „Ich schüttete aus einem kleinen Becher hundert bunte Bälle, holte aus einer leeren Dose Dutzende von Eiern heraus, sammelte kleine Bällchen von der Nasenspitze der Zuschauer und erriet, wie viel Geld die anderen in der Tasche hatten. Durch bloßes Berühren mit dem Finger ließ ich Münzen zu Staub zerfallen.“ Und weiter: „An allen Sonn- und Feiertagen gingen wir in die Antoniuskirche, wo die Jesuiten einen großartigen Religionsunterricht erteilten, bei dem sie uns beispielhafte Geschichten erzählten, von denen ich sogar heute noch einige weiß.“

Ein Wettkampf mit dem Akrobaten

Eines Sonntags jedoch kamen nur wenige seiner Kameraden in die Antoniuskirche. Der Grund: In der Stadt hielt sich ein Akrobat auf, der am Sonntagnachmittag eine Vorstellung gab und dabei die sportlichsten unter den Jugendlichen zum Wettrennen und -springen herausforderte. Die Leute liefen natürlich bei ihm zusammen. Giovanni war verärgert, dass seine Freunde ihn deswegen versetzt hatten, und ging hin, um herauszufinden, was es dort Besonderes zu sehen gab. Dieser Mann war wirklich ein Athlet. Er rannte und sprang, wie wenn er von einem Motor angetrieben wäre. Und dabei beabsichtigte er auch noch, sich längere Zeit in der Stadt aufzuhalten.

Giovanni versammelte daraufhin die besten seiner Kameraden: „Wenn dieser Mann jeden Sonntagnachmittag eine Vorführung macht, dann wird sich unser Klub bald auflösen. Einer von denen, die er herausfordert, müsste ihn besiegen. Dabei sollte man dann eine Abmachung treffen.“ „Und wer sollte das machen?“, fragten seine Kameraden. „Irgendjemand wird sich schon finden. Und selbst, wenn er verliert, geht die Welt nicht gleich unter. Beim Laufen zum Beispiel glaube ich, dass ich nicht schlechter bin als er.“ Giovanni war damals 17 Jahre alt und fühlte sich stark; aber in seinen „Erinnerungen“ fügte er später hinzu: „Ich habe damals die Folgen meiner Worte nicht bedacht. Ein unkluger Kamerad steckte meinen Plan dem Akrobaten, und dieser forderte mich heraus: ,Ein Gymnasiast gegen einen Berufsathleten!‘“

Der Ort, der für den Wettkampf gewählt wurde, war die Porta-Torinese-Allee. Es ging darum, auf dieser Straße um die Wette durch die Stadt zu laufen. Der Einsatz betrug 20 Lire, also die Miete für einen ganzen Monat! Giovanni selbst hatte nicht so viel Geld, aber die Freunde aus dem Klub brachten es auf. „Eine Menge Leute stand dabei“, erinnerte sich Don Bosco später. Am Start lief der Athlet gleich zehn Meter Vorsprung heraus, denn er war ein Sprinter, während Giovanni ein Mittelstreckenläufer war. „Schnell holte ich aber den Vorsprung auf“, so Don Bosco, „und ließ ihn dann so weit hinter mir, dass er in der Mitte der Strecke anhielt und sich geschlagen gab.“

Der Wettkampf hätte damit eigentlich zu Ende sein müssen, aber der Athlet wollte sich nicht mit seiner Niederlage abfinden, und es war eine Ehrensache, ihm die Möglichkeit für eine Revanche zu geben. „Ich fordere dich zum Weitsprung heraus“, sagte er. „Aber ich will 40 Lire einsetzen – die Wette gilt.“ Den Ort wählte er. Es galt, über einen kleinen Wassergraben zu springen, dessen Ufer mit einer Brüstung befestigt war. Der Akrobat setzte also zum Sprung an und landete mit den Füßen dicht neben der Brüstung. „Weiter konnte man einfach nicht kommen“, berichtet Don Bosco. „Ich konnte nur noch verlieren. Trotzdem versuchte ich ein Experiment. Ich machte denselben Sprung, stützte aber die Hände auf der Brüstung ab und konnte so mit den Füßen hinüberfliegen. Es war eine Art primitiver ‚Stabhochsprung‘ aber immerhin, ich gewann.

Der Akrobat war ärgerlich, wegen des Geldes, aber auch wegen der Leute, die bereits anfingen, ihn aufzuziehen. ,Ich will dich noch einmal herausfordern‘, sagte er. ,Wähle eine Geschicklichkeitsübung.‘ Ich nahm die Herausforderung an und wählte den Zauberstab. Die Wettsumme stieg auf 80 Lire. Ich nahm also den Stab senkrecht und setzte auf seine Spitze einen Hut. Das untere Ende stützte ich auf die Handfläche. Ich ließ den Stab auf den kleinen Finger hüpfen, dann auf den Ringfinger, den Mittelfinger, den Zeigefinger und den Daumen; von da aus auf den Handrücken, den Ellbogen, die Schulter, das Kinn, die Lippen, auf die Nase und die Stirn. Dann ließ ich ihn denselben Weg zurück machen, bis auf die Handfläche. ,Diesmal verliere ich nicht‘, sagte der Akrobat sicher. Er nahm denselben Stab, und es gelang ihm ohne Schwierigkeiten, ihn bis zu den Lippen wandern zu lassen. Aber seine Nase war zu lang. Der Stab stieß daran an, und er musste ihn mit der Hand ergreifen, sonst wäre er heruntergefallen.“

An diesem Punkt angelangt, empfand Giovanni Mitleid mit ihm; denn im Grunde war er ein Könner. Don Bosco berichtet weiter: „Der Ärmste sah sein ganzes Geld dahinschwinden und rief wütend: ,Ich habe noch 100 Francs, und die wette ich für eine Kletterpartie. Wer der Baumspitze mit den Füßen am nächsten kommt – dabei zeigte er auf eine Ulme an der Straße –, der gewinnt.‘ Ich nahm die Wette an und wäre in gewisser Hinsicht froh gewesen, wenn er gewonnen hätte. Wir wollten ihn ja nicht ruinieren. Als Erster musste er hinauf. Er kletterte und brachte die Füße ganz hoch hinauf.

Wäre er noch ein kleines bisschen höher gestiegen, dann hätte sich der Baum geneigt und er wäre abgestürzt. Alle Zuschauer sagten, dass es unmöglich sei, noch weiter hinaufzusteigen. Jetzt war ich an der Reihe. Ich kletterte bis genau zu der Stelle, die er erreicht hatte. Dann hielt ich mich am Stamm fest und stemmte meinen Körper hoch, sodass ich mit den Füßen etwa einen Meter über diese Stelle kam.

Unten brach der Applaus los. Meine Freunde umarmten sich und sprangen vor Freude umher. Der Besiegte hingegen war sehr traurig, und es war ihm zum Weinen zumute. Nun haben wir ihm das Geld zurückgegeben, mit der Bedingung, dass er uns im Gasthaus Muletto ein Essen bezahle.“ In seinen „Erinnerungen“ merkte Don Bosco an, wie viel das gemeinsame Mahl kostete: Es waren 25 Lire. Was sich der Akrobat am Ende in die Tasche stecken konnte, waren also 215 Lire. Don Bosco führte auch an, was dieser zu den Jungen sagte, nachdem er den Platz geräumt hatte: „Mit der Rückgabe des Geldes verhindert ihr meinen Ruin. Ich danke euch. Ich werde gern an euch denken, aber nie wieder werde ich gegen einen Gymnasiasten antreten.“ Aus dieser Herausforderung ging Giovannis Klub also gestärkt hervor.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

₺549,70
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
382 s. 54 illüstrasyon
ISBN:
9783769880144
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre