Kitabı oku: «Doctor Who Monster-Edition 3: Rückkehr der Sontaraner», sayfa 2

Yazı tipi:

»Jetzt nicht mehr«, sagte Commander Steg. Er stand auf und musterte die beiden Gefangenen. »Das Urteil mag Ihnen vielleicht hart vorkommen und in gewisser Weise mag das stimmen. Aber dafür gibt es einen guten Grund.«

»Schön zu wissen«, sagte Kurt. Er nahm an, dass er ohnehin nichts mehr zu verlieren hatte. »Und dürften wir den auch erfahren?«

»Dieser Planet ist nun ein sontaranischer Militäraußenposten und seine Gesetze müssen penibel eingehalten werden. Euer Tod wird anderen als unmittelbares und dramatisches Exempel dienen. Sie mögen zwar unbedeutend sein, aber Sie lassen Ihr Leben im Dienste des Sontaranischen Imperiums. Ich vertraue darauf, dass Sie das auch zu schätzen wissen.«

»Es ist uns ein großer Trost«, sagte der Gefangene Smith höflich.

»Rückt alles in ein völlig neues Licht«, sagte Kurt.

Commander Steg wandte sich um und stapfte aus dem Raum. Zwei Soldaten führten Kurt und den Gefangenen namens Smith ab.

Als sie die Landefläche überquerten, kamen sie nah an einer Gruppe Jekkari vorbei, die unter Aufsicht eines Koloniewächters Trümmer des eingestürzten Gebäudes wegräumten.

Smith stolperte und fiel gegen den nächststehenden Jekkari. Während er sich an seinem dicken, haarigen Arm festklammerte, konnte Kurt sehen, wie der Mann mit flinken Fingern etwas trommelte. Dann zog einer der Soldaten ihn zurück und stieß ihn weiter vorwärts.

Kurt marschierte in der Zelle auf und ab und beschimpfte die Sontaraner nach Strich und Faden. »Dickbäuchige, kartoffelköpfige Mörder. Und das nennen sie Gerechtigkeit!«

Smith saß rittlings auf seiner Pritsche und lauschte ihm mit milder Belustigung. »Sie sollten wenigstens für ein Charakteristikum der Sontaraner dankbar sein.«

»Welches?«

»Ihren ausgeprägten Sinn für Militärtradition. Aus irgendeinem Grund werden Gefangene stets im Morgengrauen erschossen. Wenn sie Gefangene auch zum Tee erschießen würden, wären wir jetzt in Schwierigkeiten.«

»Sind wir das so nicht auch?«, fragte Kurt bitter. »Ich muss schon sagen, Smith, Sie nehmen das alles sehr gelassen hin.«

»Lassen wir das mit Smith, wenn’s Ihnen nichts ausmacht«, sagte der kleine Mann würdevoll. »Sie sollten wissen, dass Sie sich in der Gegenwart von General Smith von der Jekkari-Befreiungsarmee befinden.«

Kurt starrte ihn ungläubig an.

Smith beugte sich vor. »Eigentlich bin ich hier, weil es mir absolut nicht gefallen hat, wie die Kolonisten die Jekkari behandelten. Ich hab aber nicht damit gerechnet, dass die Sontaraner hier einfallen würden. Vielleicht kann ich zwei Unterdrücker mit einer Revolution schlagen.«

»Diese Jekkari«, sagte Kurt langsam. »Das Getippe … Sie haben mit ihnen kommuniziert!«

Smith nickte. »Die Jekkari sprechen nicht, weil sie keine Stimmbänder haben. Sie kommunizieren mittels eines hochkomplexen Zeichensystems.«

»Aber wenn die Jekkari so intelligent sind, wie Sie behaupten, warum machen sie dann die Drecksarbeit für die Kolonisten …« Noch während Kurt fragte, kam er auf die Antwort. »Ja, natürlich …«

»Ganz richtig«, sagte Smith. »Das sind Geheimagenten. Spione, wenn Sie so wollen. Das hat anfangs einige Leben gekostet, aber sobald die Jekkari die Siedler davon überzeugt hatten, dass sie beschränkt und harmlos sind, konnten die kommen und gehen, wie sie wollten. Sie haben die Kolonisten beobachtet, um Schwachpunkte ausfindig zu machen. Die Siedler haben sie getäuscht – mit etwas Glück wird ihnen das auch bei den Sontaranern gelingen.«

Kurt war vor allem daran gelegen, das Ganze hier zu überleben. »Werden sie uns helfen zu entkommen?«

»Sie werden mir helfen«, sagte Smith. »Und Sie können meinetwegen gern mitkommen – dann ärgern sich die Sontaraner.«

»Tausend Dank. Und was machen wir jetzt?«

»Wir warten, bis es dunkel ist.«

Als die Schatten der Nacht sich in der kleinen Zelle ausbreiteten, erklang draußen auf dem Flur ein gedämpftes Pochen. Die schwere Metalltür begann zu knarren, zu ächzen und zu vibrieren. Dann kreischte Metall und die Tür war einfach verschwunden – von außen aus den Angeln gerissen.

Smith und Kurt liefen auf den dunklen Korridor hinaus. Ein massiger Jekkari kauerte über dem Leichnam eines Wächters und wiegte sich bekümmert vor und zurück.

»Er ist bestürzt, weil er aus Versehen einen Wächter umgebracht hat«, flüsterte Smith. »Sie verabscheuen es zu töten.«

Er klopfte schnell etwas auf die Schulter des Jekkaris. Der riesige Anthropoid erhob sich und führte sie den Gang hinunter.

Ein anderer Wächter kam um die Ecke, sah sie und sagte: »Hey …«

Mehr brachte er nicht heraus, dann traf Kurt ihn mit der Handkante an der Kehle. Er zog den Arm zurück und setzte zum zweiten, tödlichen Schlag an, aber Smith packte sein Handgelenk mit überraschend kräftigem Griff.

»Nein! Ich verabscheue es ebenfalls zu töten.«

Smith kniff dem Wächter, der immer noch nach Luft rang, ins Genick, und er sackte in sich zusammen. Kurt fing ihn auf und legte ihn auf den Boden. Er rieb sich das Handgelenk. Der kleine Smith war stärker, als er aussah.

Sie bewegten sich quer über den dunklen, stillen Landeplatz auf Kurts Frachter zu.

»Sie fliegen das Ding allein?«, fragte Smith.

Kurt nickte. »Ich hab’s für Ein-Mann-Betrieb umrüsten lassen. Partner verringern nur den Profit.«

»Dann sollten Sie an Bord gehen und starten. Ich glaube nicht, dass die Sontaraner Ihnen folgen werden. Viele sind noch mit der Unterwerfung von Port City beschäftigt. Die wenigen, die zurückgeblieben sind, werden in der Kommandozentrale bald eine böse Überraschung erleben. So leicht, wie die Sontaraner sich das vorstellen, werden sie es mit diesem Planeten nicht haben.«

Eine raue Stimme erklang, als wollte sie ihn Lügen strafen: »Halt!«

Ein sontaranischer Soldat trat mit gezücktem Blaster aus dem Schatten. Kurt, Smith und der Jekkari erstarrten.

»Sie sind alle meine Gefangenen. Kehren Sie sofort um! Wenn Sie sich widersetzen, werden Sie sterben.«

Kurt stellte fest, dass ihm der Gedanke, sich wieder einsperren zu lassen, absolut unerträglich war. Er machte sich für einen verzweifelten Angriff bereit. Wenn er nur diesen Blaster in die Finger bekam …

Smith legte ihm die Hand auf den Arm.

Ein gewaltiger, dunkler Umriss tauchte hinter dem Sontaraner auf. Riesige Hände packten ihn, hoben ihn hoch in die Luft – und schleuderten ihn dann, den Kopf voran, so hart auf den Boden, dass man seinen Schädel zerspringen und sein Genick brechen hörte.

Kurt stieß ein langes, zittriges Seufzen aus. »Haben Sie nicht gesagt, die töten nicht gern?«

»Das stimmt auch«, sagte Smith traurig. »Aber jetzt können sie es, wenn es sein muss. Das musste ich ihnen erst beibringen«

Kurt drehte am Metallrad der Einstiegsluke zu seinem Schiff.

»Wo wollen Sie hin? Ich nehm Sie gerne mit.« Dann überrollte ihn eine Welle von Dankbarkeit und er wurde übermütig. »Was soll’s, ich geb Ihnen sogar die Hälfte des Profits dieser Fahrt … na ja, ein Drittel zumindest …«

Smith lächelte und schüttelte den Kopf. »Behalten Sie Ihr Geld, Kurt. Wenn es genug ist, werden Sie ja vielleicht sogar ehrlich.«

»Und wie wollen Sie hier wegkommen?«

»Ich hab mein eigenes Transportmittel, im Wald versteckt. Außerdem reise ich noch nicht ab. Ich hab hier noch was zu erledigen.«

Kurt öffnete die Luke. »Wie Sie wollen.« Er hielt inne und blickte den seltsamen kleinen Mann an, der von seinen beiden riesigen Verbündeten flankiert wurde.

»Ich stehe tief in Ihrer Schuld, Smith. Ich bin ein ehrlicher Verbrecher und bezahle immer meine Schulden. Wenn Sie mal irgendwas brauchen, egal wo oder wann, sagen Sie einfach Bescheid.« Er grinste. »John Smith! Sie haben mir nicht mal Ihren echten Namen verraten.«

»Den kennen nur wenige. Nennen Sie mich einfach Doktor.«

Der Doktor wandte sich um und verschwand mit den Jekkari in die Dunkelheit.

Kurt kletterte in sein Schiff, verschloss die Luke und stieg die Leiter zum Cockpit hinauf. Er betete, dass die uralten Motoren ausnahmsweise mal sofort anspringen würden.

Und dieses eine Mal taten sie es. Schmugglerglück, dachte Kurt, während sein alter Frachter schwerfällig in den Himmel aufstieg. Na, das wurde ja auch Zeit.

Er gab den Kurs in den Autopiloten ein, holte eine Flasche Jekkar-Brandy aus einem Spind und nahm einen großen Schluck.

Während sich die tröstliche Wärme in ihm ausbreitete, dachte er über den Doktor nach. Er fragte sich, ob dieser komische Kauz überleben würde.

Schließlich kam er von dem Gedanken ab und begann stattdessen damit, seinen Profit zu überschlagen. Es mussten Millionen sein. Vielleicht würde er tatsächlich von jetzt an sauber bleiben können, so wie es der Doktor vorgeschlagen hatte. Ob ihm so ein Leben gefallen würde? Wo würde er seinen Nervenkitzel herbekommen? Er musste wohl irgendeinen Oberschichtsport anfangen – Solarjachtrennen oder so was.

Am Waldrand blieb der Doktor stehen, blickte in den Himmel und hob die Hand zum Abschied. Ein netter Bursche, dieser Kurt.

Es war doch höchst seltsam, überlegte er, dass er mit Gaunern und Gesindel besser auskam als mit Feldmarschällen, hohen Beamten und anderen Würdenträgern. Sonst wäre er wohl auch noch Lord Präsident von Gallifrey.

Er dankte dem Schicksal für seinen schlechten Geschmack und schaute zu seinen beiden gorillaartigen Freunden auf.

»Ich Doktor, ihr Jekkari«, sagte er. »Ob mir ein Lendenschurz wohl stehen würde?«

Die Jekkari musterten ihn höflich und wirkten verwirrt.

Der Doktor lächelte und folgte ihnen in den finsteren Wald hinein.

ERSTES BUCH

1
RIPPER

Überall in Megacity sprach man davon.

In den Penthousewohnungen, wo die Bonzen lebten, hoch über dem Gestank, dem Schmutz und dem Smog der Straßen, in den Bars des Stadtzentrums, wo die Schlitzohren und Dealer ihre Pläne schmiedeten, und in den schäbigen Spelunken der florierenden Unterwelt.

Jemand stellte Fragen. Zwei Personen, um genau zu sein. Sie waren Menschen oder zumindest humanoid; ein großer, blonder Mann und eine kleine, dunkelhäutige Frau. Sie waren einer Spur bis auf diesen Planeten gefolgt. Es ging um einen großen Fisch.

Die Gerüchte wurden immer weiter ausgeschmückt. Wer etwas zu verbergen hatte – also praktisch jeder –, fing rasch an, nervös zu werden. Ob korrupte Politiker oder Straßenräuber in irgendwelchen Hintergassen – alle hatten plötzlich ein gemeinsames Ziel: herausfinden, was die Fremden wollten, und verhindern, dass sie es bekamen. Zumindest nicht, ohne teuer dafür zu bezahlen – zum Beispiel mit ihrem Leben.

Megacity war ein Albtraum für Schiedsrichter, überlegte Roz Forrester, während sie bei einem überteuerten Frühstück in einem geschmacklos dekorierten und kostspieligen Hotel saß. Sie kannte Korruption, hatte ihretwegen den Dienst quittiert, obwohl die Arbeit ihr alles bedeutet hatte; aber dabei hatte es sich wenigstens um Korruption in einem einigermaßen ehrlichen System gehandelt.

Hier in Megacity war Korruption das System.

Die Stadt bedeckte den größten Teil von Megerra – wohl einer der hässlichsten Planeten, auf den es einen verschlagen konnte. Nichts weiter als eine große Kugel aus Fels und Dreck im Weltraum – aber eine von unermesslichem Wert. Megerra war verblüffend reich an Mineralien, es gab riesige Vorkommen von Gold, Silber, Eisen, Nickel und Uran.

Die Bergbaufirmen der Erde hatten ihn unter sich aufgeteilt und waren nach wie vor damit beschäftigt, ihn auszuschlachten.

Megerra war mit Minen überzogen, mit Fabriken und Werkstätten – und natürlich mit Megacity, wo die Einwohner lebten, arbeiteten, sich vergnügten und sehr häufig ihr Leben ließen. Die gigantische Stadt war ein gefährlicher Ort.

Das Rennen um den Abbau der Mineralien hatte einen Wirtschaftsboom ausgelöst. Minenarbeiter und Ingenieure waren aus der ganzen Galaxis herbeigekommen. Mit dem Geld, das sie hier machten, zogen sie Scharen von Glücksspielern, Huren, Drogendealern und einfachen Dieben an, die es ihnen abnehmen wollten.

Man kam nach Megerra, um schnell reich zu werden und dann wieder zu verschwinden. Solange man jedoch hier war, musste man essen, trinken und sich amüsieren. Megacity bot etwas für jeden erdenklichen Geschmack, und zwar rund um die Uhr. Hier war nahezu alles möglich – solange es nicht den Abbauprofit minderte oder die Produktion verlangsamte.

Und so war Megerras zweite Industrie entstanden: der Tourismus. Die Geschäftsleute, die den Planeten verwalteten, leiteten Megerra als eine einzige große Stadt. Die Unterhaltungseinrichtungen, die ursprünglich für die Minenarbeiter und Ingenieure entworfen worden waren, sprachen auch andere an, und so verbreitete sich die Kunde, dass man in Megacity ordentlich Spaß haben konnte, ohne dass man allzu viele unbequeme Fragen gestellt bekam. Also strömten die Touristen von primitiven wie auch von fortschrittlicheren Planeten herbei.

In Megacity waren alle auf Geld aus.

Roz hatte einen Hotelangestellten bestechen müssen, damit er ihre Reservierung überhaupt gelten ließ, und sie hatte dafür zahlen müssen, von einem Zimmer, das auf die laute Hauptgeschäftsstraße hinausging, in ein ruhigeres auf der Rückseite umziehen zu dürfen. Alles hat seinen Preis, dachte sie säuerlich.

Sie schaute auf, als ein gut aussehender blonder, blauäugiger Riese auf ihren Tisch zukam: Chris Cwej, ihr ehemaliger Kollege bei der Gilde der Schiedsrichter und gegenwärtiger Partner – rein professionell, unabhängig davon, was er sich vielleicht erhoffte. Normalerweise sah er immer unverschämt zufrieden und gesund aus, insbesondere früh am Morgen. Heute jedoch, stellte Roz schadenfroh fest, hatte er dunkle Ringe unter den Augen und seine helle Haut wies zweifellos einen Stich ins Grüne auf.

Chris nickte vorsichtig und setzte sich zu ihr. Der Stuhl war, wie die meisten, ein gutes Stück zu klein für ihn.

Roz hatte zehn Minuten damit verbracht, mit böser Miene und ungehaltenem Knurren auf den Tisch zu hämmern, um die Bedienung mit den langen Beinen, dem kurzen Rock, den voluminösen Haaren und den großen Brüsten auf sich aufmerksam zu machen; nun stand sie plötzlich neben Chris und hielt ihm ihr Dekolleté ins bleiche Gesicht.

»Großes Frühstück mit allem?«, schnurrte sie. »Ein so großer Mann wie Sie muss ja bei Kräften bleiben.«

»Probier doch die gemischten Meeresfrüchte«, schlug Roz mit unschuldiger Miene vor. »Baby-Sandechsen, Tintenfisch, Meeresschnecken mit Honig und frittierter Aal.«

Chris schauderte und schüttelte den Kopf. Er schaute auf, ließ den Blick hastig weiter nach oben wandern, bis er ihre Augen gefunden hatte, und sagte verzweifelt: »Nur Tee. Haben Sie irgendeinen Kräutertee?«

»Ich bringe Ihnen eine Tasse Materra«, gurrte die Bedienung verführerisch. »Extra von Rigel IV importiert. Soll eine aphrodisierende Wirkung haben.«

»Du verschwendest deine Zeit, Schwester«, sagte Roz. »Damit es ihm, oder dir, was bringt, müsste der Tee schon eher Tote wieder zum Leben erwecken können.« Die Bedienung bedachte sie mit einem mordlüsternen Lächeln, dann stolzierte sie davon. Roz lehnte sich zurück und musterte ihren unglücklichen Begleiter.

»Und was machen wir noch gleich, wenn wir auf einem fremden Planeten sind?«, fragte sie in belehrendem Ton. »Die ersten paar Tage lassen wir uns unsere Spritzen verpassen, schlucken brav unsere Pillen und essen fade Nahrung, bis sich unser System beruhigt und angepasst hat.«

»Lass mich in Ruhe«, sagte Chris schwach.

Roz fuhr gnadenlos fort: »Wir gehen nicht ins einzige Restaurant der Stadt, das ureigene, traditionelle Küche bietet, und verderben uns mit Fugorafischeintopf den Magen.«

»Das ist aber die Spezialität dieses Planeten«, wandte Chris ein. »Man kriegt sie nur hier auf Megerra. Seit die Ureinwohner ausgestorben sind, weiß kaum noch jemand, wie man das Zeug macht.«

»Fugorafischeintopf ist wahrscheinlich der Grund, dass sie ausgestorben sind. Du siehst selbst wie ein Toter aus.«

»Mir geht’s gut«, beharrte Chris. »Die Pillen wirken schon.«

Die Bedienung brachte ihm ein großes Glas Kräutertee und lächelte ihn strahlend an. Vorsichtig nippte Chris an dem strohfarbenen Getränk.

»Ich weiß nicht, was dir zuerst den Garaus machen wird«, sagte Roz müde. »Die außerirdische Küche oder die verrückten Pläne des Doktors.« Sie seufzte. »Wir sollten uns wieder unter die Leute mischen. Auch wenn ich keine Ahnung hab, was uns das hier bringen soll …«

Sie hatten schon einige Tage damit verbracht, auf den Straßen von Megacity nach einer Spur zu suchen. Das Ganze kam Roz wie eine schier unlösbare Aufgabe vor. Gute Polizeiarbeit wurde eigentlich immer von Ortsansässigen geleistet: Sie kannten das Revier, die Plaudertaschen, die Drahtzieher und die Verbrechensmuster. Es war schlimm genug, in einer unbekannten Stadt zu sein, doch in einer unbekannten Stadt, die den größten Teil eines unbekannten Planeten bedeckte, hatten sie so gut wie keine Chance.

»Nicht verzagen«, meinte Chris. »Ich glaub, ich habe einen neuen Hinweis aufgeschnappt. Kam heute Morgen in den Nachrichten.«

»So schnell? Der verschwendet keine Zeit, wenn’s ans Morden geht, oder?«

Chris zuckte mit den Schultern. »Wie’s aussieht, braucht er jetzt Bargeld, eine neue Identität und eine Bleibe. Und er hat nur eine Methode, sich das alles zu verschaffen. Darum will der Doktor wohl auch, dass wir ihn uns schnappen.«

»Der Doktor möchte, dass wir ihn finden«, korrigierte ihn Roz. »Wir sollen ihn aufspüren und ihm folgen, ohne ihm dabei auf die Füße zu treten. Klappt nicht allzu gut, oder?«

»Auf Formalhaute 4 hätten wir ihn fast gehabt.«

»Wir hätten ihn auf vielen Planeten fast gehabt. Aber am Ende folgen wir immer wieder einer Spur aus Leichen.«

»Diesmal kriegen wir ihn«, sagte Chris zuversichtlich.

Hach, die Jugend, dachte Roz. Sie warf ein halbes Vermögen auf den Tisch und stand auf. »Na, dann lass uns mal loslegen.«

In Megacity herrschte fortwährend Nacht – oder vielmehr wurde auf künstliche Weise dafür gesorgt, dass eigentlich immer Tag war. Die Sonne des Systems war für sich genommen schon schwach genug, doch wegen des Smogs bekam man sie ohnehin nie zu sehen. In der ganzen Stadt waren die Schaufenster stets hell erleuchtet, die sich ständig verändernden Werbetafeln und die Schilder der Bars und Kasinos strahlten rund um die Uhr. Die Minenarbeiter arbeiteten in Schichten und mussten zu jeder Tages- und Nachtzeit die Möglichkeit haben, zu essen, zu trinken und sich zu vergnügen.

Roz und Chris blickten sich auf der geschäftigen Straße um. Fußgänger bewegten sich in Scharen auf den unebenen Gehwegen entlang. Die Straße selbst war zerfurcht und voller Schlaglöcher – offenbar hatte städtische Instandhaltung in Megacity keine hohe Priorität. Die meisten Minenarbeiter waren humanoid und vom Körperbau her meist klein und kräftig. Mit ihren breiten Schultern, den gekrümmten Beinen und den narbigen Gesichtern wirkten sie auf Roz wie Zwerge oder Trolle.

Eine beträchtliche Anzahl von ihnen gehörte nicht zu den Menschen. Roz sah Arcturaner, Alphacentaurianer, Falardi und Foamasi. Auch die Ursinen mit den breiten Brustkörben waren überraschend stark vertreten. Sie erinnerten an riesige Teddybären mit miserabler Laune.

Sie stieß Chris in die Rippen, als einer von ihnen sich durch die Menge kämpfte und dabei direkt auf sie zukam. »Und du hast mal ein Vermögen ausgegeben, um so auszusehen!«

Chris nickte traurig und bedauerte, dass er sein Fell nicht mehr hatte. Nach seinem teuren Body-bepple war es wortwörtlich in Rauch aufgegangen.

Dem Ursinen schien ihr Interesse zu missfallen. Ruckartig blieb er vor ihnen stehen. »Hab ich was an der Nase oder warum glotzt ihr so?«

»Keinesfalls, Sir«, sagte Chris höflich. »Wir haben nur gerade Ihre prachtvolle Erscheinung bewundert.«

Mit neidischer Miene streichelte er den felligen Arm des Ursinen.

Der riss sich sofort los und fuchtelte mit einer beeindruckenden Kralle vor Chris’ Nase herum. »Komm mir nicht komisch«, knurrte er.

Plötzlich tauchte ein weiterer Ursine auf. Die beiden drängten Roz und Chris in eine Nische neben dem Hoteleingang. Es war offensichtlich, dass sie diese Nummer schon öfters abgezogen hatten.

»Was ist hier los?«, knurrte der Zweite. Sein Fell war schwarz und er sah noch größer und gemeiner aus als der Erste.

»Diese blöden Touristen haben mich beleidigt«, knurrte der Erste. Dann zeigte er mit der Pfote auf Chris. »Der da hat mich sogar angebaggert.«

»Bitte, Sir«, sagte Chris, »ich versichere Ihnen, dass ich keine derartigen Absichten hatte. Sie haben meine freundliche Geste nur falsch gedeutet.«

Der Ursine ignorierte ihn. »Verdammte Perverslinge, kommen von irgendwelchen Planeten hierher und beleidigen anständige Bürger. Wir sollten sie in Stücke reißen.«

»Oder wir verpassen ihnen einfach ein Bußgeld«, schlug der Zweite vor. Er starrte Roz und Chris bedrohlich an, die sich die einstudierte Routine mit gelassenem beruflichem Interesse ansahen.

Der Ursine wedelte mit seiner klobigen Pfote vor ihrer Nase herum. »Wie wollt ihr’s haben? Eure Credits oder eure Haut? Zahlen oder bluten?«

Chris wandte sich an Roz. »Was meinst du?«

»Kümmer du dich drum. Ich hab nicht gut geschlafen.«

Chris trat vor und verpasste dem verblüfften Ursinen einen Hieb unter das Brustbein. Es war ein schöner Schlag, ein linker Haken, hinter den Chris sein gesamtes beachtliches Gewicht gelegt hatte, wobei seine Faust einen leichten Bogen nach oben beschrieb, sodass sie tief in den untersetzten Körper des Ursinen drang.

»Uff!«, keuchte der Ursine und plumpste hart auf den Asphalt. Er versuchte zu atmen und bekam prompt einen heftigen Hustenanfall.

Der Ursine mit dem schwarzen Fell wollte sich auf Chris stürzen, hielt jedoch abrupt inne, als ihm etwas Kaltes und Hartes ins geweitete Nasenloch gerammt wurde.

Es war der Lauf eines Taschenblasters, den Roz’ in der Hand hielt.

Der Angreifer stand reglos und mit erhobenen Pfoten da. »Tschuldigung, Lady, wir wollten uns nur ein paar Credits für ’nen Drink beschaffen.«

Chris sah Roz an. »Soll ich die Polizei rufen?«

»Nein, bitte, nicht die Polizei«, flehte der schwarzhaarige Ursine. »Dann schießt uns lieber gleich über den Haufen.«

»Wir haben nicht die Zeit, ewig irgendwelche Formulare auszufüllen«, meinte Roz. Sie zog ihren Blaster zurück und wischte die Mündung am Brustfell des Ursinen ab. »Hau ab!« Sie zeigte auf den anderen Ursinen, der noch immer keuchend auf dem Boden saß. »Vergiss deinen Kumpel nicht. Und sorgt dafür, dass es sich herumspricht: Wenn uns noch mal irgendwer belästigt, müssen wir eventuell ungemütlich werden.«

Sie beobachteten, wie der eine Ursine den anderen hinter sich herzog. Die vorbeieilenden Passanten schenkten dem Ganzen keine Beachtung.

Chris rieb sich die Faust. »Das Dumme bei nicht menschlichen Wesen ist, dass du nie weißt, wo du hinhauen sollst. Der Solarplexus ist normalerweise am besten – wenn sie denn einen haben. Hab mir mal am Kinn eines Androgums die Hand gebrochen.«

Roz steckte ihren Blaster weg. »Wir sollten uns lieber ein Taxi nehmen.«

Sie drängten sich zum Bordstein vor und versuchten, ein Hovertaxi heranzuwinken. Nachdem drei Fahrer höhnisch grinsend an ihnen vorbeigesaust waren, hielt Chris das nächste Taxi an, indem er einfach mit ausgebreiteten Armen auf die Straße trat, sodass es entweder anhalten oder ihn überfahren musste. Der nagetierartige Fahrer, der wie eine riesige Ratte in einem Lederwams aussah, entschied sich fürs Anhalten – allerdings erst in allerletzter Sekunde.

Chris riss die Tür auf, ließ Roz zuerst einsteigen, folgte ihr und sagte: »Raumhafen-Boulevard 2003.«

»Wollen Sie ’ne Tour durch Megacity? Alle wichtigen Punkte abklappern?«, quiekte der Fahrer. »Wollen Sie Vraxoin, Crackerjack, Jekkarta-Gras?«

Er bot noch eine ganze Reihe weiterer Dinge an – seltsame Sehenswürdigkeiten, illegale Substanzen und Gelegenheiten, exotischen Perversionen zu frönen –, bis Chris ihn von hinten am dürren Nacken packte und hart genug zudrückte, dass er ängstlich quietschte.

»Raumhafen-Boulevard 2003, bitte«, sagte Chris höflich. »Keine Extras, einfach hinfahren, und zwar auf dem direkten Weg: Ich kenne mich gut aus in der Stadt.«

Das war ein Bluff, aber es war einen Versuch wert.

Der Raumhafen-Boulevard verlief, wie der Name andeutete, um den Raumhafen von Megacity herum. Touristengeschäfte, Schnellrestaurants, Nachtclubs – oder eher Tag- und Nachtclubs –, Kasinos und Bars standen für ungeduldige Touristen bereit, die es nicht erwarten konnten, sich im Stadtzentrum betrügen und ausrauben zu lassen. Überall gab es Wechselstuben, wo man jede Währung der Galaxis zu exorbitanten Kursen gegen die hier einzig gültigen Megacity-Credits eintauschen konnte.

Das Hovertaxi hielt seufzend vor der Nummer 2003 und setzte so heftig auf dem Boden auf, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Ihr Rattenfahrer verlangte den dreifachen Preis und zückte ein Vibromesser, als Chris sich weigerte, ihn zu bezahlen.

Chris riss es ihm weg und drohte damit, es ihm auf eine Weise wiederzugeben, die ihm nicht gefallen würde. Sie einigten sich auf den doppelten Preis. Der Fahrer drückte Chris mit zufriedener Miene eine Ident-Disc aus Plastik in die Hand. »Wenn Sie ein Taxi brauchen, rufen Sie an«, quiekte er. »Dann zeig ich Ihnen, wie man hier Spaß hat!«

»Hier«, sagte Chris. »Ihr Vibromesser.«

»Behalten Sie’s!«, sagte der Fahrer und grinste, wobei er seine spitzen Zähne zeigte. »Werden Sie noch brauchen.« Er holte ein anderes, größeres Messer hervor. »Ich hab noch mehr!« Dann stieg das Taxi wieder in die Luft auf und schoss davon.

2003 war ein langer, schmaler Raum, der zur Straße hin offen war. Im Inneren reihten sich Kabinen mit blastersicheren Glasfenstern aneinander, die nur einen schmalen Schlitz aufwiesen, durch die Angestellte dicke Bündel exotischer Währungen entgegennahmen und dünne Bündel Megacity-Credits zurückgaben. Computerisiertes Geld wurde in Megacity kaum verwendet: Nach einer Reihe brillanter Hightech-Schwindeleien war den ehrlichen Händlern altmodisches Bargeld lieber. Und die unehrlichen bestanden darauf.

Roz und Chris schenkten den Kabinen keine Beachtung und gingen geradewegs zu einer schlichten Tür am anderen Ende durch. Roz hämmerte bestimmt dagegen. »Aufmachen!«

Eine Klappe auf Augenhöhe glitt zur Seite und gab den Blick auf eine lange, scharfe Nase und zwei wässrige, argwöhnische Augen frei. Eine durchdringende Stimme fragte: »Ja?«

»Wir haben noch ein paar Fragen wegen des Mordes«, sagte Roz barsch. »Machen Sie auf. Oder sollen wir die Tür eintreten?«

Die Tür öffnete sich. Ein großer, schmächtiger Humanoid in einer staubigen, schwarzen Robe mit hohem Kragen stand vor ihnen. Sein hageres Gesicht wirkte genauso schmal wie der Rest von ihm und an seinem nach oben gewölbten Schädel klebten einige graue Haarsträhnen. Er führte sie in ein schmuckloses, schäbiges Büro. Darin befanden sich ein Schreibtisch, ein uraltes Computerterminal und ein enormer Safe, der nun offen stand und leer war.

»Hochmodern ausgestattet«, knurrte Roz. »Sie sind wohl jetzt der Boss?«

Der dünne Mann setzte sich an seinen Schreibtisch. »Ich schätze schon. Ich bin Relk, der Bürovorsteher. Irgendein Syndikat betreibt die Wechselstube. Ich halte hier nur alles am Laufen, bis ich was von denen höre.«

Roz beugte sich über den Schreibtisch und blickte ihm in die Augen. »Haben Ihrem Vorgänger wohl den Garaus gemacht, um seinen Job zu bekommen, was? Tasche voller Geld und eine hübsche Beförderung?«

Der Angestellte wich vor ihrem wütenden Gesicht zurück. »Nein! Ich hab nur die Leiche gefunden!«

Sie packte ihn am Kragen und zog ihn über den Schreibtisch.

»Gestehen Sie schon und ersparen Sie uns die Arbeit.«

Chris legte ihr eine Hand auf Schulter. »Komm schon, Boss. Lass ihn wenigstens erst mal erzählen, was passiert ist.«

Roz stieß den erschrockenen Mitarbeiter auf seinen Stuhl zurück. »Gut, gehen wir nochmal alles durch. Von Anfang an.«

»Aber ich hab doch schon ausgesagt.«

»Dann machen Sie’s eben nochmal. Und wenn Sie was auslassen, wird es Ihnen leidtun.«

Relk schaute sie nur mit großen Augen an und schien vor Furcht nicht sprechen zu können. Chris tätschelte ihm beruhigend die knochige Schulter. »In aller Ruhe. Wir wollen einfach nur die Fakten.«

Mit zitternder Stimme erzählte Relk seine Geschichte.

»Gestern Abend kam ein Kunde zu uns … Er hatte ein Geldbündel dabei, verschiedene Währungen, und wollte alles in Megacity-Credits eintauschen. Der Betrag lag weit über dem Kabinenlimit, also haben wir ihn zu Mr Sakis geschickt, dem Boss.«

»Dieser Kunde«, sagte Roz. »Wie sah der aus?«

»Eher kurz, dicklich, schwarze Haare. Er trug teure Kleidung, sah wohlhabend aus. Vielleicht ein Bankier oder so.«

Roz und Chris wechselten einen Blick. Die Beschreibung passte auf den verstümmelten Leichnam, den sie auf der Lorelei gesehen hatten.

Hanno Seth war tatsächlich Bankier gewesen. Schon bald, nachdem er tot in seinem Büro aufgefunden worden war, war ein Doppelgänger von ihm an Bord eines Passagierschiffs nach Megerra gegangen – wie üblich waren Roz und Chris einen Tick zu spät dran gewesen.

»Fahren Sie fort«, sagte Chris ermutigend.

»Sie waren eine Weile da drin. Dann kam Mr Sakis raus und hatte diesen großen Plastiksack dabei. Er hat gesagt, dass er irgendwo was Wichtiges zu erledigen hätte, und ich solle solange die Stellung halten.«

»Wie hat er gewirkt, als er mit Ihnen gesprochen hat?«, fragte Roz.

»Seltsam. Er hat mich nicht angesehen und seine Stimme klang irgendwie tonlos.«

Roz nickte. Der Angestellte fuhr mit seinem Bericht fort.

»Jedenfalls hat er sich auf den Weg gemacht und irgendwann ging mir auf, dass ich den Kunden gar nicht mehr gesehen hatte. Es führt nur ein Weg aus dem Büro und jemanden allein da drin lassen, das sah dem Boss gar nicht ähnlich. Also dachte ich mir, ich sollte wohl besser mal ’nen Blick reinwerfen. Er hatte die Tür abgeschlossen, aber ich hab für Notfälle eine Codekarte, also hab ich aufgemacht, bin reingegangen …«