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Kitabı oku: «Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Zehnter Band: enthaltend Kapitel 19 und 20.»

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Neunzehntes Kapitel.
Wilhelm und Marie

Wilhelm’s auswärtige Politik

Während England einestheils durch die Besorgniß einer Invasion, andrentheils durch die Freude über seine durch die Tapferkeit seiner Seeleute erwirkte Befreiung bewegt wurde, fanden wichtige Ereignisse auf dem Continent statt. Am 6. März war der König im Haag angekommen und hatte seine Anstalten für den bevorstehenden Feldzug zu treffen begonnen.1

Die vor ihm liegende Aussicht war trübe. Die Coalition, deren Schöpfer und Oberhaupt er war, schwebte seit einigen Monaten in steter Gefahr, sich aufzulösen. Durch welche unermüdliche Anstrengungen, durch welche sinnreiche Mittel und Wege, durch welche Schmeicheleien, durch welche Lockungen es ihm gelang, seine Verbündeten abzuhalten, sich einer nach dem andren Frankreich zu Füßen zu werfen, läßt sich nur unvollkommen ermitteln. Die vollständigste und authentischeste Aufzählung der Mühen und Opfer, durch welche er acht Jahre lang eine Schaar kleinmüthiger und verrätherischer, das gemeinsame Interesse nichtachtender und auf einander eifersüchtiger Potentaten zusammenhielt, findet sich in seiner Correspondenz mit Heinsius. In dieser Correspondenz ist Wilhelm ganz er selbst. Er hatte im Laufe seines ereignißvollen Lebens einige wichtige Aufgaben zu lösen, für die er nicht besonders befähigt war, und diese Aufgaben löste er unvollkommen. Als Souverain von England zeigte er Talente und Tugenden, die ihm zu einer ehrenvollen Erwähnung in der Geschichte berechtigen; allein er hatte auch große Mängel. Er war bis zum letzten Augenblick ein Fremder unter uns, kalt, zurückhaltend, niemals heiter, niemals sich wohl fühlend. Sein Königreich war ein Verbannungsort, seine schönsten Paläste waren Gefängnisse. Er zählte stets die Tage, welche noch vergehen sollten, ehe er sein Geburtsland, die beschnittenen Bäume, die Flügel zahlloser Windmühlen, die Storchsnester auf den hohen Giebeln und die langen Reihen bunter Landhäuser, die sich in den ruhigen Kanälen spiegeln, wiedersehen sollte. Er bemühte sich gar nicht, die Vorliebe zu verbergen, die er für seinen heimathlichen Boden und für seine Jugendfreunde empfand, und daher herrschte er nicht in unseren Herzen, obwohl er unsrem Vaterlande große Dienste leistete. Auch als General im Felde bewies er einen seltenen Muth und eine seltene Tüchtigkeit; aber als Taktiker stand er manchen seiner Zeitgenossen nach, die ihm in allgemeiner geistiger Befähigung weit nachstanden. Das Geschäft, für das er sich ganz vorzüglich eignete, war die Diplomatie im höchsten Sinne des Worts. Es darf bezweifelt werden, ob er in der Kunst große Unterhandlungen zu leiten, von denen das Wohl der Völkerrepublik abhängt, je übertroffen worden ist. Seine Geschicklichkeit in diesem Zweige der Politik wurde niemals strenger erprobt und glänzender bewiesen als während des letzten Theils des Jahres 1691 und des ersten Theils des Jahres 1692.

Die nordischen Mächte

Eine seiner Hauptschwierigkeiten wurde durch die finstre und drohende Haltung der nordischen Mächte hervorgerufen. Dänemark und Schweden hatten einmal geneigt geschienen, sich der Coalition anzuschließen, aber sie waren bald wieder kühl geworden und nahmen rasch eine immer feindseligere Haltung an. Von Frankreich glaubten sie wenig zu fürchten zu haben. Es war nicht sehr wahrscheinlich, daß seine Armeen über die Elbe gehen oder daß seine Flotten den Durchgang durch den Sund erzwingen würden. Aber die vereinte Seemacht England’s und Holland’s konnte wohl in Stockholm und Kopenhagen Besorgnisse erwecken. Bald entstanden unangenehme seerechtliche Fragen, Fragen, wie sie fast in jedem ausgedehnten Kriege der Neuzeit zwischen Kriegführenden und Neutralen aufgetaucht sind. Die skandinavischen Fürsten beschwerten sich darüber, daß der berechtigte Handel zwischen der Ostsee und Frankreich despotischerweise unterbrochen worden sei. Obwohl sie im allgemeinen nicht auf einem sehr freundschaftlichen Fuße miteinander gestanden, begannen sie doch jetzt sich eng an einander anzuschließen, intriguirten an jedem kleinen deutschen Hofe und versuchten das zu bilden was Wilhelm eine dritte Partei in Europa nannte. Der König von Schweden, der als Herzog von Pommern verpflichtet war, dreitausend Mann zur Vertheidigung des deutschen Reichs zu stellen, sandte anstatt ihrer den Rath, die Alliirten möchten unter den besten Bedingungen, die sie erlangen könnten, Frieden schließen.2 Der König von Dänemark nahm eine große Anzahl holländischer Kauffahrteischiffe weg und zog in Holstein eine Armee zusammen, die seinen Nachbarn keine geringe Besorgniß einflößte. „Ich fürchte,” schrieb Wilhelm in einem Augenblicke tiefer Niedergeschlagenheit an Heinsius, „ich fürchte, daß der Zweck dieser dritten Partei ein Friede ist, der die Knechtung Europa’s im Gefolge haben wird. Die Zeit wird kommen, wo Schweden und seine Verbündeten zu spät erfahren werden, welchen großen Fehler sie begangen haben. Sie stehen der Gefahr allerdings ferner als wir, und deshalb sind sie so eifrig bestrebt, unsren und ihren eignen Untergang herbeizuführen. Daß Frankreich jetzt auf billige Bedingungen eingehen wird, ist nicht zu erwarten, und es wäre besser, mit dem Schwerte in der Hand zu fallen, als sich Allem zu unterwerfen was es dictiren würde.”3

Der Papst

Während der König so durch die Haltung der nordischen Mächte beunruhigt wurde, begannen auf einer ganz andren Seite ominöse Anzeichen sichtbar zu werden. Es war von vornherein kein leichtes Ding gewesen, Souveraine, welche die protestantische Religion haßten und sie in ihren eigenen Landen verfolgten, zur Unterstützung der Revolution zu bewegen, welche diese Religion aus einer großen Gefahr errettet hatte. Glücklicherweise aber hatten das Beispiel und die Autorität des Vatikans ihre Bedenken gehoben. Innocenz XI. und Alexander VIII. hatten Wilhelm mit schlecht verhehlter Parteilichkeit betrachtet. Er war zwar nicht ihr Freund, aber er war ihres Feindes Feind, und Jakob war ihres Feindes Vasall und mußte es im Fall seiner Restauration wieder werden. Sie liehen daher dem ketzerischen Neffen ihren wirklichen Beistand, den rechtgläubigen Oheim aber speisten sie mit Complimenten und Segenswünschen ab. Doch Alexander VIII. hatte wenig über funfzehn Monate auf dem päpstlichen Throne gesessen. Sein Nachfolger Antonio Pignatelli, der den Namen Innocenz XII. annahm, verlangte ungeduldig danach sich mit Ludwig zu versöhnen. Ludwig sah jetzt ein, daß er einen großen Fehler begangen, indem er zu gleicher Zeit den Geist des Protestantismus und den Geist des Papismus gegen sich aufgeregt hatte. Er erlaubte den französischen Bischöfen, sich dem heiligen Stuhle zu unterwerfen. Der Streit, der einmal den Anschein gehabt hatte, als werde er mit einem großen gallikanischen Schisma enden, wurde beigelegt, und es war Grund zu der Annahme vorhanden, daß der Einfluß des Oberhauptes der Kirche dazu angewendet werden würde, die Bande zu lösen, welche so viele katholische Fürsten an den Calvinisten knüpften, der den britischen Thron usurpirt hatte.

Benehmen der Verbündeten

Mittlerweile war die Coalition, welche die dritte Partei auf der einen und der Papst auf der andren Seite aufzulösen versuchten, in nicht geringer Gefahr, aus bloßer Fäulniß zu zerfallen. Zwei von den verbündeten Mächten, und nur zwei waren der gemeinsamen Sache herzlich zugethan: England, das die anderen britischen Königreiche mit sich fortzog, und Holland, das die anderen batavischen Republiken mit sich fortzog. England und Holland waren zwar durch innere Parteispaltungen zerrissen und durch gegenseitige Eifersüchteleien und Antipathieen von einander getrennt, aber beide waren fest entschlossen, sich der französischen Oberherrschaft nicht zu unterwerfen, und beide waren bereit, ihren Theil, ja noch mehr als ihren Theil von den Lasten des Kampfes zu tragen. Die meisten Mitglieder des Bundes waren nicht Nationen, sondern Personen: ein Kaiser, ein König, Kurfürsten und Herzöge, und unter diesen gab es kaum Einen, der mit ganzer Seele bei dem Kampfe gewesen wäre, kaum Einen, der sich nicht gesträubt, der nicht eine Entschuldigung für die Nichterfüllung seiner Verpflichtungen gefunden, der nicht gehofft hätte, zur Vertheidigung seiner eigenen Rechte und Interessen gegen den gemeinsamen Feind gemiethet zu sein. Der Krieg aber war der Krieg des englischen Volks und des holländischen Volks. Wäre er dies nicht gewesen, so würde weder England noch Holland die Lasten, die er nöthig machte, nur ein einziges Jahr getragen haben. Als Wilhelm sagte, daß er lieber mit dem Schwerte in der Hand fallen als sich vor Frankreich demüthigen wolle, sprach er nicht nur seine eigene, sondern die Gesinnung zweier großer Staaten aus, deren erste Magistratsperson er war. Leider sympathisirten mit diesen beiden Staaten andere Staaten nur wenig. Sie wurden in der That von anderen Staaten so angesehen, wie reiche, ehrlichhandelnde, freigebige Tropfe von bedürftigen Gaunern angesehen werden. England und Holland waren reich und sie waren thätig. Ihr Reichthum erweckte die Habgier der ganzen Allianz und zu diesem Reichthum war ihre Thätigkeit der Schlüssel. Sie wurden mit schmutziger Zudringlichkeit von allen ihren Bundesgenossen verfolgt, vom Cäsar, der im stolzen Bewußtsein seiner einzigen Würde König Wilhelm nicht mit dem Titel Majestät beehren wollte, bis herab zu dem geringsten Markgrafen, der aus den zerbrochenen Fenstern des ärmlichen und verfallenen alten Hauses, das er seinen Palast nannte, sein ganzes Land übersehen konnte. Es war noch nicht genug, daß England und Holland viel mehr als ihre Contingente zum Landkriege stellten und die ganze Last des Seekriegs allein trugen. Sie waren auch noch von einem Schwarme vornehmer Bettler belagert, einige roh, andere demüthig, alle aber unermüdlich und unersättlich. Ein Fürst kam alljährlich mit einer kläglichen Darstellung seiner Noth zu ihnen betteln. Ein andrer trotzigerer Bettler drohte der dritten Partei beizutreten und einen Separatfrieden mit Frankreich zu schließen, wenn seine Forderungen nicht gewährt würden. Jeder Souverain hatte überdies seine Minister und Günstlinge, und diese Minister und Günstlinge gaben beständig zu verstehen, daß Frankreich bereit sei, sie zu bezahlen, wenn sie ihre Gebieter bewegen könnten, von der Coalition zurückzutreten, und daß England und Holland klug daran thun würden, Frankreich zu überbieten.

Die durch die Habgier der verbündeten Höfe verursachte Verlegenheit war jedoch kaum größer als die durch ihren Stolz und ihren Ehrgeiz herbeigeführte Verlegenheit. Der eine Fürst hatte sich auf eine kindische Auszeichnung, auf einen Titel oder einen Orden capricirt und wollte nicht eher etwas für die gemeinsame Sache thun als bis seine Wünsche erfüllt waren. Ein andrer geruhte sich einzubilden, daß er zurückgesetzt worden sei, und wollte sich nicht rühren, bis ihm Genugthuung verschafft worden. Der Herzog von Braunschweig-Lüneburg wollte kein Bataillon zur Vertheidigung Deutschland’s stellen, wenn er nicht zum Kurfürsten gemacht würde.4 Der Kurfürst von Brandenburg erklärte, er sei noch eben so feindselig gegen Frankreich gesinnt als je; aber die spanische Regierung habe ihn übel behandelt und er werde daher seine Soldaten nicht zur Vertheidigung der spanischen Niederlande verwenden lassen. Er sei zwar bereit, am Kriege Theil zu nehmen, aber nur in der ihm convenirenden Weise; er müsse das Commando einer besonderen Armee haben und seine Stellung zwischen dem Rhein und der Maas bekommen.5 Der Kurfürst von Sachsen beschwerte sich, daß seinen Truppen schlechte Winterquartiere angewiesen worden seien, und er rief sie daher gerade in dem Augenblicke zurück, wo sie hätten Anstalt treffen sollen, ins Feld zu rücken, erbot sich aber ganz kaltblütig sie wieder zu schicken, wenn England und Holland ihm vierhunderttausend Reichsthaler gäben.6

Der Kaiser

Man hätte erwarten sollen, daß wenigstens die beiden Häupter des Hauses Oesterreich in diesem Augenblicke ihre ganze Kraft gegen das rivalisirende Haus Bourbon aufbieten würden. Leider waren sie nicht zu bewegen, auch nur für ihre eigne Erhaltung energische Anstrengungen zu machen. Sie hatten ein großes Interesse daran, die Franzosen von Italien abzuhalten. Gleichwohl konnten sie nur mit Mühe dazu vermocht werden, dem Herzoge von Savoyen den geringsten Beistand zu leihen. Sie schienen zu glauben, daß es England’s und Holland’s Sache sei, die Pässe der Alpen zu vertheidigen und die Armeen Ludwig’s zu verhindern, die Lombardei zu überschwemmen. In den Augen des Kaisers war der Krieg gegen Frankreich in der That eine untergeordnete Aufgabe. Seine Hauptaufgabe war der Krieg gegen die Türkei. Er war beschränkt und bigott. Es beunruhigte ihn, daß der Krieg gegen Frankreich in gewissem Sinne ein Krieg gegen die katholische Religion war, und der Krieg gegen die Türkei war ein Kreuzzug. Sein neuerlicher Feldzug an der Donau war glücklich gewesen. Er hätte leicht einen ehrenvollen Frieden mit der Pforte schließen und seine Waffen gegen Westen richten können. Aber die Hoffnung war in ihm erwacht, seine Erblande auf Kosten der Ungläubigen vergrößern zu können. Visionen von einem triumphirenden Einzuge in Konstantinopel und von einem Te Deum in der Sophia-Moschee waren in seinem Kopfe aufgestiegen. Er beschäftigte nicht nur im Osten eine Truppenmacht, die mehr als ausreichend gewesen sein würde, Piemont zu vertheidigen und Lothringen wiederzuerobern, sondern er schien auch zu glauben, daß England und Holland verpflichtet seien, ihn für die Vernachlässigung ihrer Interessen und für die Wahrnehmung seiner eigenen glänzend zu belohnen.7

Spanien

Spanien war damals schon was es bis auf unsre Zeit geblieben ist. Von dem Spanien, das über Land und Meer, über die alte und neue Welt geherrscht, von dem Spanien, das in der kurzen Zeit von zwölf Jahren einen Papst und einen König von Frankreich, einen Souverain von Mexico und einen Souverain von Peru als Gefangene fortgeführt, von dem Spanien, das eine Armee unter die Mauern von Paris gesandt und eine gewaltige Flotte ausgerüstet hatte, um in England einzufallen, war nichts mehr übrig als eine Anmaßung, die einst Schrecken und Haß erweckt hatte, die aber jetzt nur noch ein geringschätzendes Lächeln hervorrufen konnte. An Umfang übertrafen zwar die Gebiete des katholischen Königs die Gebiete Rom’s, als Rom auf dem Gipfel der Macht stand. Aber die ungeheure Ländermasse lag erstarrt und hülflos da und konnte ungestraft beleidigt und beraubt werden. Die ganze Verwaltung, des Heeres und der Marine, der Finanzen und der Kolonien, war völlig desorganisirt. Karl war ein entsprechender Repräsentant seines Reichs, körperlich, geistig und moralisch impotent, in Unwissenheit, Sorglosigkeit und Aberglauben versunken, doch aber vom Gefühl seiner Würde aufgebläht und sehr bereit, sich Beleidigungen einzubilden und solche zu ahnden. Seine Erziehung war so erbärmlich gewesen, daß, als man ihm den Fall von Mons, der wichtigsten Festung seines großen Reichs mittheilte, er fragte, ob Mons in England liege.8 Unter den Ministern, welche durch seine krankhafte Laune erhoben und gestürzt wurden, war keiner befähigt, ein Heilmittel gegen die Gebrechen des Staats anzuwenden. Die Nerven dieses gelähmten Körpers neu zu stählen, würde allerdings selbst für einen Ximenes eine schwere Aufgabe gewesen sein. Kein Diener der spanischen Krone bekleidete einen wichtigeren Posten und keiner war unfähiger zur Bekleidung eines wichtigen Postens als der Marquis von Gastanaga. Er war Gouverneur der Niederlande und es war wahrscheinlich, daß in den Niederlanden das Schicksal der Christenheit entschieden werden würde. Er hatte sein Amt verwaltet, wie damals jedes öffentliche Amt in jedem Theile dieser großen Monarchie verwaltet wurde, von der man hochtrabend sagte, daß die Sonne nie darin untergehe. So fruchtbar und reich das Land war, das er verwaltete, wälzte er doch auf England und Holland die ganze Last, es zu vertheidigen. Er erwartete daß Alles, Waffen, Munition, Wagen und Lebensmittel, von den Ketzern geliefert würde. Es war ihm nie eingefallen, daß es seine und nicht ihre Sache sei, Mons in den Stand zu setzen, eine Belagerung aushalten zu können. Die öffentliche Stimme beschuldigte ihn ganz laut, diese berühmte Festung an Frankreich verkauft zu haben. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß man ihm nichts Schlimmeres zur Last legen konnte als die seiner Nation eigene hochmüthige Apathie und Trägheit.

Es gelingt Wilhelm, der Auflösung der Coalition vorzubeugen

In diesem Zustande befand sich die Coalition, deren Oberhaupt Wilhelm war. Es gab Momente, wo er sich überwältigt fühlte, wo ihm der Muth sank, wo seine Geduld erschöpft war und seine angeborne Reizbarkeit sich Luft machte. „Ich kann,” schrieb er, „keinen Vorschlag machen, ohne daß mir eine Subsidienforderung entgegengehalten wird.”9 „Ich habe rund abgeschlagen,” schrieb er ein andermal, als er dringend um Geld angegangen worden war, „denn es ist unmöglich, daß die Generalstaaten und England die Lasten der Armee am Rhein, der Armee in Piemont und der ganzen Vertheidigung von Flandern tragen können, der ungeheuren Kosten des Seekriegs gar nicht zu gedenken. Wenn unsere Alliirten nichts für sich thun können, dann ist es am besten, die Allianz löst sich je eher je lieber auf.”10 Aber nach jedem kurzen Anfall von Entmuthigung und Verstimmung raffte er wieder die ganze Energie seines Geistes zusammen und legte seinem Temperament einen starken Zügel an. So schwach, engherzig, falsch und selbstsüchtig nur zu viele seiner Verbündeten auch waren, nur unter ihrem Beistande konnte er durchführen, was er von Jugend auf als seine Mission betrachtet hatte. Wenn sie ihn verließen, so wurde Frankreich der unbestrittene Beherrscher Europa’s. Wie sehr sie auch bestraft zu werden verdienten, wollte er doch, um ihrer Bestrafung willen, nicht in die Unterjochung der ganzen civilisirten Welt willigen. Er nahm sich daher vor, einige Schwierigkeiten zu überwinden, und andere zu umgehen. Die skandinavischen Mächte gewann er, indem er, allerdings mit Widerstreben und nicht ohne schweren inneren Kampf, auf einige seiner Seerechte verzichtete.11 In Rom hielt sein Einfluß, obwohl nur indirect ausgeübt, dem des Papstes selbst die Wage. Ludwig und Jakob überzeugten sich, daß sie außer Innocenz keinen Freund im Vatikan hatten, und Innocenz, der von sanftem und unschlüssigem Character war, scheute sich, einen den Gesinnungen seiner ganzen Umgebung direct zuwiderlaufenden Weg einzuschlagen. In Privatunterredungen mit jakobitischen Agenten erklärte er sich dem Interesse des Hauses Stuart zugethan; in seinen öffentlichen Handlungen aber beobachtete er eine strenge Neutralität. Er schickte zwanzigtausend Kronen nach Saint-Germains; aber er entschuldigte sich bei den Gegnern Frankreich’s, indem er versicherte, daß dies keine Subsidie zu irgend einem politischen Zwecke, sondern lediglich ein unter arme britische Katholiken zu vertheilendes Almosen sein solle. Er gestattete die Verlesung von Gebeten für die gute Sache im englischen Collegium zu Rom; aber er bestand darauf, daß diese Gebete in allgemeine Ausdrücke gefaßt sein müßten und daß kein Name darin genannt werden dürfe. Umsonst beschworen ihn die Gesandten der Häuser Stuart und Bourbon ein entschiedeneres Verfahren zu beobachten. „Gott weiß,” rief er einmal aus, „daß ich mit Freuden mein Blut für die Wiedereinsetzung des Königs von England vergießen würde. Aber was kann ich thun? Wenn ich mich rühre, sagt man mir, daß ich die Franzosen begünstige und ihnen zur Aufrichtung einer Universalmonarchie behülflich sei. Ich bin nicht wie die früheren Päpste. Die Könige wollen nicht auf mich hören, wie sie auf meine Vorgänger hörten. Es giebt jetzt keine Religion, sondern nichts als gottlose, weltliche Politik. Der Prinz von Oranien ist der Gebieter. Er beherrscht uns Alle. Er hat eine solche Gewalt über den Kaiser und den König von Spanien gewonnen, daß keiner von Beiden es wagt, sein Mißfallen zu erregen. Gott helfe uns! Er allein kann uns helfen!” So sprechend schlug der alte Mann in einer Regung ohnmächtigen Zornes und Unwillens mit der Hand auf den Tisch.12

Die deutschen Fürsten standhaft zu erhalten, war keine leichte Aufgabe; aber sie wurde durchgeführt. Es wurde Geld unter sie vertheilt, zwar viel weniger als sie verlangt hatten, aber doch viel mehr als sie anständigerweise beanspruchen konnten. Mit dem Kurfürsten von Sachsen wurde ein Abkommen getroffen. Er hatte neben einem starken Gelüste nach Subsidien großes Verlangen danach, Mitglied der auserlesensten und höchsten Ritterorden zu werden. Wie es scheint, begnügte er sich anstatt der verlangten vierhunderttausend Reichsthaler mit hunderttausend und dem Hosenbandorden.13 Sein Premierminister Schöning, der habgierigste und treuloseste Mensch von der Welt, wurde durch eine Pension gewonnen.14 Dem Herzoge von Braunschweig-Lüneburg verschaffte Wilhelm nicht ohne Mühe den lange ersehnten Titel eines Kurfürsten von Hannover. Durch solche Mittel wurden die Risse, welche die Coalition zerklüftet hatten, so geschickt ausgebessert, daß sie dem Feinde noch immer eine feste Stirn bot.

1.London Gazette vom 14. März 1692.
2.Die Schweden kamen zwar noch, aber erst als der Feldzug zu Ende war. London Gazette vom 10. Sept. 1691.
3.Wilhelm an Heinsius, 14. (24.) März 1692.
4.Wilhelm an Heinsius, 2. (12.) Febr. 1692.
5.Wilhelm an Heinsius, 12. (22.) Jan. 1692.
6.Wilhelm an Heinsius, 19. (29.) Jan. 1692.
7.Burnet, II. 82, 83.; Correspondenz zwischen Wilhelm und Heinsius an mehreren Stellen.
8.Mémoires de Torcy.
9.Wilhelm an Heinsius, 28. Oct. (8. Nov.) 1691.
10.Wilhelm an Heinsius, 19. (29.) Jan. 1692.
11.Seine Briefe an Heinsius sind voll von diesem Gegenstande.
12.Siehe die Briefe aus Rom unter den Nairne Papers. Die von 1692 sind von Lytcott, die von 1693 vom Cardinal Howard, die von 1694 vom Bischof Ellis, die von 1695 vom Lord Perth. Sie alle sprechen sich übereinstimmend aus.
13
  Wilhelm’s Correspondenz mit Heinsius; London Gazette vom 4. Febr. 1691. In einem 1693 erschienenen Pasquill, betitelt: „La Foire d’Ausbourg, Ballet Allégorique”, wird der Kurfürst von Sachsen folgendermaßen redend eingeführt:
„Moy, je diray naïvement,Qu’une jartière d’AngleterreFeroit tout mon empressement;Et je ne vois rien sur la terreOu je trouve plus d’agrément.”

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14.Wilhelm’s Correspondenz mit Heinsius. In den Memoiren des Grafen Dohna findet sich eine interessante Mittheilung über Schöning.
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Litres'teki yayın tarihi:
10 ağustos 2018
Hacim:
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