Kitabı oku: «Das Marketingkonzept im St. Galler Management-Modell», sayfa 2
1.2Wertschöpfungsprozesse, Unternehmen und Management
1.2.1Wertschöpfungsketten und –prozesse
Ziel jeder menschlichen Anstrengung ist die Generierung von Nutzen. Nutzen kann dabei definiert werden als «Fähigkeit eines Gutes, ein bestimmtes Bedürfnis des Konsumenten befriedigen zu können» (Suchanek, Lin-Hi & Piekenbrock, 2015). So spaltet man Holz und zündet ein Feuer an, um das Bedürfnis nach Wärme zu befriedigen. Der ökonomische Wert eines Objektes ist definiert durch den daraus zu erwartenden Nutzenstrom. So wird Wert definiert als «Ausdruck der Wichtigkeit eines Gutes, die es für die Befriedigung der subjektiven Bedürfnisse besitzt» (Suchanek, Lin-Hi & Piekenbrock, 2015). Spaltet ein Mensch mehr Holz, als er unmittelbar für sein Feuer braucht, und legt er einen Holzstapel an, so schafft er einen ökonomischen Wert. Diesen kann er später für Kochen oder Heizen nutzen, oder auch verkaufen. [20]
Komplexere Produkte oder Dienstleistungen erfordern mehrere Stufen der Bearbeitung. So braucht es für Schokoladeprodukte die Produktion von Kakao, den Transport in ein Produktionsland, das Rösten/Schmelzen/Conchieren als eigentliche Schokoladeproduktion, die Konfektionierung im Sinne der Überführung in die Endform (z. B. Tafelschokolade), Verpackung, Transport und Verkauf. Diese Abläufe werden als Wertschöpfungskette (oder -prozess) bezeichnet (vgl. Gutenberg, 1971, 21ff, oder Porter, 1986, 61ff)). Jedes Element einer Wertschöpfungskette lässt sich dabei wieder in einzelne Sub-Aktivitäten unterteilen (z. B. Kultivierung von Boden, Pflanzung von Kakaobäumen und Ernte im Fall der Kakaoproduktion). Die tiefste Stufe einer Wertschöpfungskette definiert sich durch die technischen Bedingungen: was mit der gleichen Technik (Arbeitsgang oder Maschine) gemacht werden kann (z. B. Düngung oder Ernte).
Abb. 1: Beispiel einer Wertschöpfungskette (Quelle: eigene Darstellung)
Wertschöpfungsprozesse müssen, schon aufgrund der erforderlichen Ressourcen oder Kompetenzen, arbeitsteilig, oft geographisch verteilt, erbracht werden. Kakaoproduktion braucht tropisches Klima, Schokoladeproduktion braucht Milch und Maschinen, zum Verkauf bedarf es der Kundenkontakte in attraktiven Märkten.
Ein arbeitsteiliger Wertschöpfungsprozess muss organisiert werden (vgl. Weick, 1979: Organisation als Prozess des fortlaufenden Organisierens). Es muss aus einem System von Unternehmen und Organisationen, d. h. aus einer «Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind» (Suchanek, Lin-Hi & Piekenbrock, 2015), (wie z. B. verschiedenen Kakaoherstellern, Milchproduzenten, Transportmitteln, etc.) ein Wertschöpfungsprozess gestaltet werden. [21]
Abb. 2: Unternehmungssysteme, Wertschöpfungsnetzwerke, Wertschöpfungsketten (Quelle: eigene Darstellung)
Als Wertschöpfungssystem kann die Menge von Unternehmen, Organisationen und Entitäten verstanden werden, mit denen das Unternehmen in direkter (z. B. als Lieferant oder Kunde) oder indirekter (z. B. durch Wissensaustausch) Beziehung steht. Heute wird in verschiedenen Kontexten auch von «Ökosystemen» gesprochen. Nach Moores ursprünglicher Definition eines Business Ecosystem entwickeln beteiligte Organisationen gemeinsam neue Fähigkeiten, indem sie sowohl kooperativ als auch kompetitiv zusammenarbeiten um Kundenbedürfnisse zu befriedigen, neue Produkte zu entwickeln und Innovationen zu gestalten (Moore, 1993, 76).
Business Ecosystems sind für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidend. Wenn ein Unternehmen in einem direkten und indirekten Kontakt mit hervorragenden Lieferanten, Beratern, kompetenten Behörden etc. operiert, dann kann es sich besser weiterentwickeln (z. B. durch bessere Informationen, womit Bewilligungsverfahren rasch umgesetzt werden können) und es kann bessere Qualität günstiger liefern (z. B. durch leistungsfähige Zulieferer oder Vertriebspartner mit gutem Know-how über die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden).
Management als reflexive Gestaltung von Wertschöpfung (vgl. Rüegg-Sturm & Grand, 2015) hat zur Aufgabe, [22]
– die Beziehungen im Business Ecosystem produktiv zu gestalten (z. B. durch Kooperationen),
– konkrete Wertschöpfungsprozesse in Form von arbeitsteiligen Wertschöpfungsketten zu gestalten.
Zwischen den einzelnen Wertschöpfungsstufen innerhalb von Wertschöpfungsketten bestehen Schnittstellen, oft technische Übergänge. So braucht es für die Schokoladenproduktion und Verpackung andere Maschinen. Diese Aktivitäten können deshalb auch von unterschiedlichen Personen bzw. Organisationen (z. B. Zulieferer) erbracht werden – es ergeben sich Transaktionsschnittstellen und an diesen entstehen Transaktionskosten. Transaktionskosten können dabei definiert werden als Kosten, die durch die Benützung des Marktes entstehen (vgl. Wlliamson & Masten, 1995, 233ff), konkret Kosten für die Suche von Partnern, das Aushandeln von Verträgen, sowie Abschluss und Kontrolle derselben (vgl. auch Kapitel 2.2.1).
Wie eine Wertschöpfungskette auf Organisationen aufgeteilt wird, wie weit die Wertschöpfungstiefe eines Unternehmens reicht, bzw. wieviel einer Wertschöpfungskette selber abgedeckt wird, hängt wesentlich vom Verhältnis Transaktions- versus Organisationskosten ab (vgl. Crew, 1975; Coase, 1937: Theory of the Firm). So würde ein Schweizer Schokoladeproduzent zwar Transaktionskosten sparen, wenn er auch eigene Plantagen besäße, dafür würden die Organisationskosten, wie die Kosten für die Steuerung und Kontrolle von Geschäftseinheiten mit anderer Produktionslogik in Übersee, steigen.
Abb. 3: Wertschöpfungskette, Transaktionsschnittstellen und Unternehmen (Quelle: eigene Darstellung) [23]
1.2.2Organisationen, Unternehmen und Management
Organisationen als einheitlich geleitete, rechtlich unabhängige Einheiten gibt es nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Verwaltung (z. B. autonome Anstalten), Kirche (Kirchgemeinden), Politik (z. B. Staaten) oder in gesellschaftlich-kulturellem Bereich (Vereine).
Organisationen können auch als Systeme dargestellt werden. Elemente sind einzelne Personen (z. B. Fachexperten) und auf einer nächsten Stufe Abteilungen (Finanzabteilung, Marketingabteilung), die in die Leistungsprozesse integriert werden müssen. Moderne Organisationen richten ihre Organisation konsequent nach Prozessen wie Leistungsprozessen (z. B. in einer Verwaltung Erteilung von Baubewilligungen) oder Kundenprozessen (z. B. Betreuung des Kunden in Vermögensangelegenheiten) aus (vgl. Osterloh & Frost, 1996). Unternehmen können entsprechend definiert werden als zweckorientierte, produktive, soziale Systeme (vgl. Ulrich, 1968).
Organisationen und Unternehmen, aber auch ganze Wertschöpfungsketten, müssen, wie bereits erwähnt, organisiert, d. h. bewusst gestaltet, werden. Dies kann mit dem generellen Begriff des «Managen» umfasst werden. Die traditionelle Vorstellung von «Managen» kommt im Managementkreislauf nach Fayol zum Ausdruck.
Abb. 4: Managementkreislauf nach Fayol (Quelle: Fayol, 1929, 34ff) [24]
«Vorschau und Planung» ist als Analyse und Festlegung von Zielen die Grundlage für Organisation, Leitung und Koordination, auf die dann die Kontrolle folgt. Indem die Resultate der Kontrolle in die Analyse und Zielsetzung einfliessen, entsteht ein Kreislauf. Für die Erreichung von Zielen resp. die Überwindung von «Gaps» zwischen Ist-Zustand und Zielen, werden Maßnahmen gesetzt, deren Wirkung dann kontrolliert wird, was zu neuen Zielen führen kann. Hinter dieser Vorstellung von Management steckt ein mechanistisches Verständnis, z. B.
– dass ein klares Bild von der Ausgangsanalyse besteht. Soziale Erscheinungen wie die Marktakzeptanz einer Unternehmung lassen sich jedoch mit Daten nur annäherungsweise erfassen. Mit einem positivistischen Ansatz (d. h. der Überzeugung, dass sich alles objektiv messen lässt, vgl. Spoun, 2011, 61f) wird man der komplexen Realität von sozialen Systemen wie Unternehmen jedoch nicht gerecht. Vorherrschendes Paradigma, d. h. Grundmodell, in den Sozialwissenschaften ist deshalb der Konstruktivismus. Danach gibt es keine objektive Welt, sondern Menschen «konstruieren» sich aufgrund ihrer Wahrnehmung (z. B. auch über Vorurteile und Gerüchte) zusammen mit anderen Menschen in einem Verständigungsprozess eine «Realität» (vgl. Eberle, 1984).
– dass es klare Ziele gibt. Häufig gibt es jedoch in einem Unternehmen unterschiedliche Ziele von Abteilungen und Stakeholdern, die laufend neu verhandelt werden müssen. Oft kann man Ziele auch nicht definitiv festlegen, weil die Zukunft unklar ist und erst mit den laufenden Erfahrungen/Marktrückmeldungen definiert werden kann.
– dass Maßnahmen einfach durchgesetzt werden können. Oft müssen jedoch Maßnahmen ausgehandelt werden, oft können sie nicht einmal in Hierarchien einfach befohlen werden, sondern es braucht interne Überzeugungsprozesse.
Bereits in der ersten Generation des St. Galler Management Modells wurde deshalb Management als Gestalten, Lenken und Entwickeln sozialer Systeme (Ulrich & Krieg, 1972) beschrieben. Die vierte Generation versteht Management als reflektive Gestaltungspraxis (vgl. Rüegg-Stürm & Grand, 2015). Es gilt, in einem sozialen System gemeinsame Auffassungen zu erreichen, sich auf Ziele zu einigen und Überzeugungen für die Notwendigkeit von Maßnahmen zu gewinnen. [25]
1.2.3Unternehmen und Umwelt
Ein Unternehmen handelt in einer Umwelt. Dazu gehören das wirtschaftliche Umfeld (Lieferantenbeziehungen, Nachfrage, Märkte), das gesellschaftlich-politische Umfeld (lokale Kultur, politische Interessen, daraus ergebenden Rechtsrahmen) und das natürliche Umfeld (natürliche Ressourcen, Lage, etc.). Im St. Galler Management-Modell wird Umwelt verstanden als «der für eine Organisation existenzrelevante Möglichkeits- und Überlebensraum» (vgl. Rüegg-Stürm & Grand, 2015, 86). Darin muss ein Unternehmen seine organisationsspezifische Ressourcenkonfiguration entwickeln. Dazu gehören beispielsweise bei einem Biotech-Unternehmen der Zugang zu einer regionalen Universität und der Austausch mit einem Lieferanten-Netzwerk, das den Zugang zu neuen Technologien erlaubt.
Da sich das Umfeld laufend verändert, z. B. die Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden oder neue Technologien, muss ein Management eine zweifache Aufgabe lösen: Einerseits eine bestimmte Wertschöpfung möglichst gut und günstig, d. h. effektiv und effizient erbringen – was Standardisierung und Stabilisierung erfordert. Andererseits muss es laufend auf Umfeldveränderungen reagieren und sich erneuern – was Differenzierung, Aufbrechen von Routinen («Unlearning») und Wandel erfordert. Da bestehen oft Konflikte: Ein Unternehmen, das statisch effizient ist und heute die beste Schokolade herstellt, kann dynamisch ineffizient sein, wenn es starr organisiert ist und damit nicht flexibel auf Trends reagieren kann.
Oft werden in Unternehmen mit optimierten, standardisierten Prozessen die Cash-Flows und Gewinne erarbeitet (so z. B. im Detailhandel mit dem klassischen Vertrieb über Ladenketten). Gleichzeitig bauen Unternehmen zur Sicherung ihrer Marktanteile neue, oft disruptive Geschäftsmodelle auf der Basis von Informationstechnologie auf (z. B. mit neuen Online-Geschäftsmodellen). Häufig generieren diese neuen Geschäftsmodelle keine Deckungsbeiträge und erst recht keine Gewinne. Trotzdem erfordern sie viel Managementaufmerksamkeit (Organisation neuer Wertschöpfungsprozesse) und hochqualifiziertes, teures Fachpersonal. Unternehmensleitungen sehen sich dadurch mit einem Zielkonflikt konfrontiert: Einerseits gilt es, «alte» Geschäftsmodelle zu optimieren, andererseits sollen neue, teils disruptive Ansätze erprobt werden (vgl. Franz, Bieger & Herrmann, 2017). Organisationen sehen sich in einem Dilemma zwischen der Exploitation (Ausschöpfung) alter Gewissheiten und der Exploration (Erkundung) neuer Möglichkeiten (March, 1991). Die gleichzeitige Beherrschung der zwei gegensätzlichen [26] Fähigkeiten wird als organisationale Ambidexterity («Beidhändigkeit») bezeichnet (Tushman & O’Reilly, 1996).
Zur Umwelt gehören auch die Anspruchsgruppen (Stakeholders). Ein Unternehmen kann nur überleben, wenn es bei allen Anspruchsgruppen legitimiert ist und als attraktiv angesehen wird, so dass diese weiter im Unternehmen zusammenwirken. Verlieren beispielsweise die Kapitalgeber gegenüber einem Unternehmen das Vertrauen und ziehen ihr Geld zurück, geht das Unternehmen in Konkurs oder wird an einen neuen Eigentümer verkauft. Ein Unternehmen, das das Vertrauen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verletzt, hat Rekrutierungsprobleme auf dem Arbeitsmarkt und wird allenfalls sogar bestreikt. Klar ist auch, dass ein Unternehmen ohne Kundinnen und Kunden keine Erlöse erzielen kann.
Wie erwähnt unterliegt ein Unternehmen laufend neuen Herausforderungen durch Änderungen in den verschiedenen Umwelten und bei Stakeholdern. Beispielsweise verändern rechtliche Rahmenbedingungen die Ressourcen eines Unternehmens, wenn durch eine Zonenplanänderung Grundstücke im Unternehmensbesitz als Bauzone eingezont und damit wertvoller werden. Ein gesellschaftlicher Wertewandel kann dazu führen, dass Produkte auf eine geringere Nachfrage stoßen oder sogar als ethisch bedenklich eingestuft werden – was bei bestimmten noch in den 60er-Jahren breit akzeptierten Genussmitteln heute der Fall ist. Oder die Globalisierung der Märkte führt dazu, dass neue Konkurrenten eintreten und sich eine Unternehmung neu positionieren muss.
Eine Unternehmensleitung steht deshalb dauernd vor neuen Herausforderungen und muss in einem Strom von Ereignissen kommunizieren, reflektieren, überzeugen, stabilisieren, intervenieren und Entscheide treffen. Es muss die Ressourcenkonfiguration mit/in der Umwelt optimiert und Legitimität bei den Stakeholdern erreicht werden. Im oben dargestellten Beispiel ist die Firma Läderach mit der Konsolidierung, den Konzentrationsprozessen des Abnehmermarkts und des Fachhandels konfrontiert und steht somit vor einem erhöhten Margendruck. Es ergeben sich Entscheidungsnotwendigkeiten zur strategischen Ausrichtung, zu Märkten, Produkten und Produktionsweisen. Für diese Anpassungen müssen Stakeholder wie Kapitalgeber und Mitarbeitende überzeugt werden. [27]
1.3Einbettung der Geschäftsprozesse in das St. Galler Management-Modell
Um diese komplexen Zusammenhänge zwischen Wertschöpfung, Organisation und Management zu ordnen, übersichtlich darzustellen und um allen an Unternehmensentscheiden beteiligten Akteuren einen Orientierungsrahmen bieten zu können, werden Management-Modelle entwickelt. Grundsätzlich kann ein Modell verstanden werden als vereinfachtes Abbild einer komplexen Realität (Gomez, 1981, 87; Schwaninger, 2009, 53). Ein Management-Modell macht Managementvorgänge systematisch greifbarer und lässt Management dabei zu einer «kritisierbaren und optimierbaren Realität» werden (Rüegg-Stürm & Grand, 2013, 4). Es bietet ein Bezugssystem für die Reflexion und ist Grundlage für den gemeinsamen konzeptionellen Austausch beispielsweise in Leitungsteams.
Jedes Modell bildet immer nur einen Ausschnitt der Realität aus einer bestimmten Perspektive ab. Ein Modell ist wie eine Landkarte, die erst ihren Wert gewinnt, in dem man vereinfacht, abstrahiert und so Übersicht schafft. Eine Wanderkarte enthält andere Elemente als eine Luftfahrtkarte. In diesem Sinne ist das St. Galler Management-Modell ein formales Orientierungsmodell, das sich vor allem auf die Zielsetzung ausrichtet, den Entscheidungsträgern in einem Unternehmen eine Orientierung bei ihrer Arbeit, ein «Leerstellengerüst für Sinnvolles» (vgl. Ulrich & Krieg, 1972) zu bieten und damit den «Prozess der kollektiven Erwartungsbildung und Verständigung zur aktuellen Situation und zu möglichen zukünftigen Entwicklungsperspektiven» zu fördern (Rüegg-Stürm & Grand, 2013, 7; vgl. aber auch Ulrich, 1968; zum St. Galler Management-Modell Bleicher, 1991, 302ff; Rüegg-Stürm, 2003; Rüegg-Stürm & Grand, 2013; H. Ulrich, 1968; zu Unternehmensmodellen Bartak, Little, Manzano, & Sheahan, 2010, 121).
Die Herausforderungen im Management verändern sich, insbesondere getrieben durch sozioökonomische Entwicklungen wie die Deregulierung und Öffnung von Märkten, aber auch durch technologische Entwicklungen, die neue Formen der Arbeitsteilung ermöglichen. Heute werden Unternehmen immer größer, respektive in immer komplexere und weitere Wertschöpfungsnetzwerke eingebunden. Wertschöpfungsprozesse werden zu unternehmensübergreifenden Geschäftsmodellen (vgl. Kapitel 6.2) weiterentwickelt.
Das St.Galler Management-Modell (SGMM) wurde seit den 1970er-Jahren in vier Generationen weiterentwickelt, um den sich verändernden Anforderungen und Schwerpunkten im Management Rechnung [28] zu tragen. Während im SGMM der ersten Generation die unternehmerischen Funktionen bzw. Aufgaben (Produktion, Verkauf, Personal, Finanzwesen) und deren Koordination im Vordergrund stand (vgl. Abb. 5), stehen bei den neuen Generationen Prozesse, insbesondere die Geschäftsprozesse im Fokus (vgl. Abb. 7). Immer war die unternehmerische Wertschöpfung im Fokus. Diese ist nicht kontextlos, sondern eingebettet in verschiedene Umwelten und getragen von verschiedenen Anspruchsgruppen.
Die Einführung in die marktorientierte Führung von Unternehmen und Organisationen folgt hier einer weiterentwickelten Version des SGMM der dritten Generation (vgl. Rüegg-Stürm & Grand, 19). Nachfolgend werden die wesentlichen Schlüsselkategorien, die sich im Wesentlichen durch alle Generationen des SGMM durchziehen, vorgestellt.
Abb. 5: St.Galler Management-Modell der ersten Generation (Quelle: Ulrich & Krieg, 1962)
1.3.1Anspruchsgruppen
Eine Unternehmung (als zweckorientiertes, produktives soziales System, vgl. Ulrich, 1968) kann nur existieren, wenn alle relevanten Stakeholders (Anspruchsgruppen) mitwirken. Diese bilden einen primären Orientierungsrahmen für das Management und sind deshalb auch im [29] äußeren Kreis verschiedener Generationen des St. Galler Management-Modells dargestellt worden (vgl. Bleicher, 1994; Rüegg-Stürm, 2003). Anspruchsgruppen werden in der vierten Generation als «organisationsrelevante Repräsentanten unterschiedlicher Umweltsphären bzw. Diskurse» verstanden (vgl. Rüegg-Stürm & Grand, 2014, 56).
Für eine Unternehmung wie Läderach sind neben Lieferanten, wie beispielsweise Kakaohersteller, und Kunden, in der alten Strategie die Gastronomiebetriebe und der Fachhandel, vor allem die Mitarbeitenden, die oft eine langjährige Bindung zum Unternehmen haben und Teil seiner Kernkompetenz ausmachen, wichtige Anspruchsgruppen. Daneben sind Unternehmen insbesondere in strategischen Investitionsphasen auf Kapitalgeber wie Drittaktionäre oder Banken angewiesen. Für den Bau von neuen Produktionsanlagen braucht es staatliche Bewilligungen, weshalb die Beziehungen zum Staat, aber auch zu Medien und Non-Government-Organisations (NGOs) wie Umweltschutzorganisationen von Bedeutung sind. Mitbewerber spielen eine Rolle als Konkurrenten und/oder Kooperationspartner. Koopetition bezeichnet dabei einen Zustand, bei dem mit einem anderen Unternehmen eine Kooperation eingegangen wird, obwohl man in anderen Märkten gleichzeitig Konkurrenz ist (vgl. Padula & Dagnino, 2007, 36f). Beispielsweise bestünde eine Koopetition, wenn die Firma Läderach mit einem anderen Halbfabrikatehersteller im Schokoladebereich kooperiert, indem beide in einer Branchenorganisation gemeinsam auf die Weiterentwicklung von staatlichen Regulierungen Einfluss nehmen, aber gleichzeitig miteinander weiterhin im Abnehmermarkt in Konkurrenz stehen.
Als Kerngruppe eines Unternehmens ist es Aufgabe des Managements, den Zusammenhalt des Unternehmens, respektive das Zusammenwirken der verschiedenen Anspruchsgruppen und deren weitere Teilnahme am Unternehmen zu sichern (vgl. Abb. 6; vgl. Ulrich, 1986, Rüegg-Stürm, 2009, 70). Als Gegenleistung für die weitere Teilnahme am Unternehmen kann das Management den Anspruchsgruppen
– Teilhabe an der Wertschöpfung (bspw. Löhne an Mitarbeiter, Zinsen an Kapitalgeber, Mitgliederbeiträge an NGO’s, Dividenden an Aktionäre, Steuern an den Staat),
– Teilhabe an Image und Reputation (bspw. wenn ein Unternehmen als wichtige Marke zur Attraktivität eines Standortes beiträgt) oder
– Teilhabe an der Weiterentwicklung und am Kompetenzaustausch (z. B. wenn mit Konkurrenten eine gemeinsame Branchenforschungsstelle betrieben wird) anbieten. [30]
Abb. 6: Anspruchsgruppen einer Unternehmung
Wie bereits erwähnt, haben Anspruchsgruppen je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen. In einer Wachstumsphase stehen Mitarbeitende bzw. der Personalmarkt im Vordergrund, in einer Start-up Phase vielmehr der Abnehmermarkt.