Kitabı oku: «Tourismuslehre - Ein Grundriss», sayfa 4

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Abbildung 16: Zahlungsströme am Tourismus- und Freizeitmarkt


Quelle: WIFO 2009

Zusammenfassend kann also der Tourismuskonsum weit über die Reiseausgaben eines Besuchers hinausgehen: Er umfasst auch noch sämtliche für ihn getätigten Waren- und Dienstleistungsaufwendungen durch andere Institutionen. Werden Bargeld oder Vermögenswerte an den Besucher zur Finanzierung seiner Reise transferiert, scheinen die damit erfolgten Einkäufe ebenfalls im Konsum auf. Somit beinhaltet das TSA alle direkten, reisebezogenen Transaktionen zwischen Käufer und Produzent/Lieferant.

In Anbetracht der touristischen Erscheinungsformen lassen sich nun verschiedene Aggregate für den Tourismuskonsum ableiten. Da die Ausgaben von In-und Ausländern stammen können, ergibt sich für die Zahlungsströme zunächst folgende Unterscheidung (siehe auch Abbildung 16):

• Touristischer Ausländerkonsum im Inland (= Tourismusexporte);

• Touristischer Inländerkonsum im Inland (= Einnahmen im Binnenreiseverkehr; hierzu zählen nur die Ausgaben in ungewohnter Umgebung; Ausgaben innerhalb der gewohnten Umgebung sind nichttouristischer Freizeitkonsum, der eine erweiterte Sicht des TSA ermöglicht);

• Touristischer Inländerkonsum im Ausland (= Tourismusimporte)2; |55◄ ►56|

• Touristischer Inlandskonsum von In- und Ausländern (= Tourismusexporte + Einnahmen im Binnenreiseverkehr);

• Nationaler touristischer Konsum (= Einnahmen im Binnenreiseverkehr + Tourismusimporte).

Die Tourismusnachfrage von In- und von Ausländern kann unterteilt werden in Ausgaben von

• Tagesbesuchern und

• Touristen (d.h. Besucher mit mindestens einer Übernachtung).

Beide, Tagesbesucher und Touristen, können sein:

• Erholungs- und Urlaubsreisende, Reisende auf Grund von Verwandten-und Bekanntenbesuchen, Kuraufenthalten, Wallfahrten usw.,

• Geschäftsreisende,

• Zeitwohnungsbesucher.

Tagesbesucher und Touristen können Ausgaben tätigen für:

• spezifische Tourismusgüter,

• Tourismusverwandte Güter und

• nicht tourismusspezifische Güter.

2.4.5. Der Zusammenhang zwischen direkten, indirekten und induzierten Effekten

Das TSA berücksichtigt nur die direkte Tourismusnachfrage, die die Aufwendungen umfasst, welche vom Besucher (oder an dessen Stelle) für Waren und Dienstleistungen vor, während und nach einer Reise getätigt werden, wobei diese in Verbindung mit der Reise stehen müssen. Um die wirtschaftliche Rolle des Tourismus im TSA-Kontext zu messen, muss deshalb eine direkte Verbindung zwischen Käufer und Produzent/Lieferant vorhanden sein. Basierend auf der Definition der direkten Tourismusnachfrage zeigt das TSA diese Beziehungen und die daraus resultierende Wertschöpfung auf.

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Die auf direkte physische und wirtschaftliche Beziehungen eingeschränkte Tourismus-Definition laut TSA lässt die verschiedenen indirekten, durch wirtschaftliche Lieferverflechtungen ausgelösten Effekte, außer Betracht. Somit kann die nationale Tourismuswertschöpfung auf Basis eines TSA nur mit den TSA-Ergebnissen anderer Länder oder mit analog errechneten Satelliten anderer Sektoren verglichen werden.

Diese direkten und indirekten Effekte oder die Auswirkungen des Tourismus auf die Gesamtwirtschaft eines Landes können durch die Input-Output-Analyse beschrieben werden. Sie ermöglicht damit neben der Berechnung der direkten zusätzlich auch die Berechnung der indirekten Wertschöpfungseffekte. Die entstandene Wertschöpfung erhöht das Einkommen der ersten Stufe und löst weitere Ausgaben aus – ein Multiplikatorprozess wird in Gang gesetzt.

Im Gegensatz zur Definition der Welttourismus-Organisation (UNWTO) werden die Begriffe „direkt“ und „indirekt“ hier im rein ökonomischen Kontext der Input-Output-Analyse verstanden. „Induzierte“ Effekte werden im Kontext des Multiplikator-Modells nach Keynes aufgefasst.

Aufgrund der Tatsache, dass im TSA-Kontext nur die direkten touristischen Effekte auf Grund physischer und ökonomischer Beziehungen zwischen Käufer und Verkäufer erfasst werden, müssen beim Vergleich der ermittelten TSA-Wertschöpfungsdaten mit der gesamten Wertschöpfung einer Volkswirtschaft zusätzlich auch die indirekten Effekte berücksichtigt werden.

Weiters werden auf TSA-Ebene die Dienst- und Geschäftsreisen (richtigerweise) der touristischen Gesamtnachfrage zugerechnet und sind damit mesoökonomisch wertschöpfungswirksam. Bei einem Vergleich der TSA-Wertschöpfungsdaten mit der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung entsteht damit (ebenso wie bei der Berücksichtigung der indirekten Effekte) ein Korrekturbedarf, da gesamtwirtschaftlich der Intermediärkonsum („Zwischennachfrage“) – im Speziellen die Dienst- und Geschäftsreisen der Inländer – als Vorleistung behandelt wird und daher vom im TSA-Kontext ermittelten touristischen Inländer-Konsum in Abzug gebracht werden muss.

2.4.6. Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse eines TSA am Beispiel Österreichs dargestellt.

Die Einrichtung eines Tourismus-Satellitenkontos bedeutete die Einleitung einer nachhaltigen Veränderung in der monetären Berichterstattung. Die Veränderungen betreffen insbesondere die touristischen Zahlungsströme der Inländer,|57◄ ►58| die Erfassung der Zahlungsströme von ausländischen Gästen bleibt in ihrem Umfang unverändert.

Bisher wurden unter den touristischen Aufwendungen der Inländer für Österreich-Aufenthalte die Ausgaben im Zuge von Übernachtungen nur zum Teil erfasst, da zwar die Aufwendungen im Zuge von Übernachtungen in entgeltlichen Unterkünften zur Gänze einbezogen wurden, die monetäre Bedeutung von Aktivitäten bei Übernachtungen in unentgeltlichen Unterkünften erfolgte jedoch nur teilweise.

Das TSA-Konzept hingegen verlangt

• die vollständige Berücksichtigung von Aufwendungen im Zuge von Aufenthalten in unentgeltlichen Unterkünften (Verwandten- und Bekanntenbesuche, ohne Zweitwohnungen und Wochenendhäuser), sowie zusätzlich die Berücksichtigung von

• Aufwendungen im Zuge von Aufenthalten in Zweitwohnungen bzw. Wochenendhäusern und

• jene im Zuge von Tagesausflügen.

Dadurch erhöht sich die bisher für den Binnenreiseverkehr ausgewiesene Summe deutlich.

Die dargestellten Basisdaten des TSA beziehen sich auf die Jahre 2005 bis 2007. Im Jahr 2007 entfielen laut TSA-Ergebnissen von den Gesamtausgaben für Urlaubs- und Geschäftsreisen sowie Verwandten- und Bekanntenbesuche in der Größenordnung von 30,367 Mrd. EUR (2005: 28,052 Mrd. EUR) 50,3% auf ausländische Besucher, 46,5% auf inländische Reisende und 3,2% auf die Ausgaben der Inländer in Wochenendhäusern bzw. Zweitwohnungen entfallen (Abbildung 17).

Die Ausgaben der inländischen Reisenden für in Österreich gelegene Ziele sind zu 58,9% den übernachtendenden Touristen und zu 41,1% den Tagesbesuchern zuzurechnen, wogegen bei den ausländischen Besuchern rund 87.8% der Aufwendungen auf den Übernachtungstourismus entfallen.

Von den Ausgaben der Österreicher für Inlandsreisen entfallen auf den Reisezweck „Urlaub“ 77,4% und auf Geschäftsreisen 22,6%. Bei den Geschäftsreisenden sind die Aufwendungen für Tagesausflüge dominant, wogegen bei den Urlaubsreisenden die Aufwendungen für Übernachtungsreisen jene für Tagesreisen übersteigen.

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Abbildung 17: Hauptergebnisse des Tourismussatellitenkontos (TSA) für Österreich


Quelle: WIFO (Österreichisches Insitut für Wirtschaftsforschung) 2009

Die Ermittlung der direkten Wertschöpfungseffekte des Tourismus ergab laut TSA-Konzept für das Jahr 2007 ein Volumen in der Größenordnung von 14,553 Mrd. EUR (+5,2% gegenüber 2006). Wird diese Größenordnung zum BIP in Beziehung gesetzt, ergibt sich rein rechnerisch ein Anteil von 5,4% (2006: 5,4%).

In Bezug auf die Verteilung der Gesamtaufwendungen auf die verschiedenen Güter und Dienstleistungen im Jahr 2007 machten die Dienstleistungen des Beherbergungswesens mit über einem Drittel die größte Position aus, gefolgt von den Restaurant- und Gaststättendiensten mit einem Anteil von rund einem Viertel (Abbildung 18).

Für die Dienstleistungen des Transportwesens wurde im Jahr 2007 mit 11,8% der Gesamtausgaben ein höherer Betrag als für die Leistungen des Kultur-, Unterhaltungs- und sonstigen Dienstleistungssektors (insgesamt 7,1%) aufgewendet.

Insgesamt entfielen auf die tourismuscharakteristischen Aufwendungen rund 80% der Gesamtausgaben. Der Anteil der tourismusverwandten und nichttourismusspezifischen Produktionsbereiche machte ca. 20% des gesamten touristischen|59◄ ►60| Konsums aus, wobei davon etwas mehr als die Hälfte (55%) für Dienstleistungen verausgabt wurde.

Abbildung 18: Touristischer Konsum nach Produkten im Jahr 2007


Quelle: Statistik Austria, WIFO 2009. Daten. Rundungen können Rechendifferenzen ergeben. – 1) Urlaubs- und Geschäftsreisen; einschliesslich Verwandten- und Bekanntenbesuche; Aufwendungen bzw. „fiktive“ Miete. – 2) einschliesslich Strassenbahn, Schnellbahn, Autobus, Taxi & Parkhäuser, Betrieb von Bahnhöfen bzw. Flughäfen. – 3) Nur Spannen;Package-Teile sind in den jeweiligen Dienstleistungen enthalten (z. B. bei Buchung einer Schiffskreuzfahrt in einem Reisebüro: Die Dienstleistung wird dem „Wasserverkehr“ zugerechnet, die Position „Spanne“ verbleibt unter „Reisebüros bzw. -veranstalter“).

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus bzw. sein Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung ist eine wichtige Kennziffer für die Wirtschaftspolitik. Zur Ermittlung dieser zentralen Kennziffer sind die TSA-Ergebnisse mit Berücksichtigung aller durch den Tourismus ausgelösten direkten und indirekten Effekte, aber unter Ausschluss der Dienst- und Geschäftsreisen darzustellen. Bei der Anwendung der Input-Output-Multiplikatoren auf die korrigierten TSA-Ergebnisse ergaben sich für das Jahr 2007 direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte von 22,29 Mrd. EUR. Damit belief sich der Beitrag des Tourismus zur gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung (BIP) auf 8,2% (Abbildung 19). Für die Jahre 2008 und 2009 werden 8,4% bzw. 8,2% prognostiziert.

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Abbildung 19: Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Tourismus und Verkehr in Österreich


Quelle: Statistik Austria, WIFO 2009; – 1) Ohne Dienst- und Geschäftsreisen

Obwohl die Input-Output-Analyse durch ihre restriktiven Annahmen (z.B. keine Substitutionsmöglichkeiten und Skalenerträge oder fehlende Auslastungsüberlegungen) Unschärfen für das Ergebnis bedeutet, ist sie dennoch die einzige Methode, die eine systematische Erfassung aller direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte des Tourismus erlaubt.

Im Hinblick auf die Ermittlung der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Tourismus und Freizeit muss der Freizeitkonsum der Österreicher am Wohnort noch zusätzlich berücksichtigt werden. Der Freizeitkonsum in der gewohnten Umgebung ist eine verborgene Komponente des Inlandskonsums der Österreicher. Dieser besteht aus:

• Ausgaben für Inlandsreisen mit und ohne Übernachtung.

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• Ausgaben im Zuge des Besuchs von Zweitwohnungen (mit und ohne Übernachtung).

• Ausgaben in der gewohnten Umgebung.

Da der Inlandskonsum der Österreicher bekannt ist, können durch Isolierung der Ausgaben für Inlandsreisen sowie der Ausgaben im Zuge des Besuchs von Zweitwohnungen die Ausgaben in der gewohnten Umgebung berechnet werden. Nach der Berechnung des Residuums muss in einem nächsten Schritt die Aufteilung zwischen Freizeitkonsum und sonstigem privaten Konsum vorgenommen werden, wobei nicht nur Niveau-, sondern auch Struktur-Informationen notwendig sind. Um die Aufteilung zwischen Freizeitkonsum und sonstigem privaten Konsum vornehmen zu können, müssen Informationen bezüglich der spezifischen Freizeitanteile der verschiedenen restlichen Konsumpositionen herangezogen werden. Durch die Aufsummierung der einzelnen Positionen des im Detail ermittelten Freizeitkonsums ergibt sich der gesamte Freizeitkonsum der Österreicher in der gewohnten Umgebung bzw. am Wohnort.

Aufgrund fehlender Detailinformationen bezüglich Ausgabenstrukturen und der Freizeitanteile am restlichen privaten Konsum wurden öfters Schätzungen oder pragmatische Annahmen notwendig. Obwohl die meisten Freizeitanteile aus vorhandenen Erhebungen über die Verwendung des Zeitbudgets ableitbar waren, konnte öfters nicht klar ermittelt werden, ob die Freizeitaktivitäten in der gewohnten Umgebung oder woanders ausgeübt wurden. Aus diesen Gründen haben die für den Freizeitkonsum in der gewohnten Umgebung ermittelten Werte eher den Charakter von Größenordnungen als den Charakter von exakten statistischen Maßzahlen.

Laut neuesten Berechnungen wurden im Jahr 2007 für den Freizeitkonsum der Inländer am Wohnort 25,26 Mrd. EUR aufgewendet. Nach Anwendung der Input-Output-Multiplikatoren ergaben sich dadurch direkte und indirekte Wertschöpfungseffekte von 21,04 Mrd. EUR. Der Beitrag des Freizeitkonsums der Inländer am Wohnort zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung betrug damit 7,8%. Im Jahr 2008 dürfte dieser Wert unverändert geblieben sein, für 2009 liegen die Erwartungen bei 7,9%.

Bei einer Gesamtbetrachtung der inlandswirksamen Aufwendungen für den nicht touristischen Freizeitkonsum am Wohnort und den touristischen Konsum wird die beachtliche Dimension der gesamten Tourismus- und Freizeitwirtschaft deutlich:

• Die für das Jahr 2007 ermittelten direkten und indirekten Wertschöpfungseffekte ergaben ein Volumen von 43,33 Mrd. EUR.

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• Der Beitrag der gesamten Tourismus- und Freizeitwirtschaft zum BIP erreichte damit 16%.

• Im Jahr 2008 dürfte das Gewicht des Sektors an der gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung 16,1% betragen haben. Für 2009 wird mit demselben Wert gerechnet.

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3. Tourismus als System

3.1. Grundkonfiguration eines Tourismussystems

Systeme sind eine „geordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können“ (Ulrich 1968, 105). Es gibt also verschiedene Charakteristika, die ein System konstituieren (vgl. für den Tourismus auch Müller 1997, 75ff.):

• Ein System besteht aus zwei oder mehr Elementen, welche unterschiedlicher Art sein können: Unternehmen, Personen, Umweltsphären, Organisationen, Länder usw. Diese Elemente können durchaus auf einem anderen Betrachtungsniveau wiederum ein System darstellen.

• Da Systeme gesamthaft auf Umfeldveränderungen reagieren, müssen alle Objekte eines Systems verbunden sein und es sind permanente oder zumindest häufige und regelmäßige Ströme auf allen Verbindungen erforderlich.

• Ein weiteres wesentliches Charakteristikum eines Systems ist die Komplementarität ihrer Komponenten (vgl. Economides 1996, 674). Komplementarität in einer Gruppe von Elementen bedeutet die Möglichkeit, zusammen eine Austauschbeziehung zu bilden, wobei es nicht darauf ankommt, ob tatsächlich Strömungen zustande kommen.3 Eine Gruppe von Objekten erfüllt dieses Kriterium, wenn jedes Element Beziehungen zu anderen Elementen der Gruppe hat. Auch Verbindungen können komplementär sein, wenn sie mit geeigneten Elementen ein System bilden könnten.

Das ursprüngliche Ziel der Systemtheorie ist es, komplexe Zusammenhänge sinnvoll zu strukturieren (vgl. auch Ulrich 1968 für die Systemtheorie in Betriebswirtschaftslehre, Ansätze zur Darstellung des Tourismus als System, finden sich in Kaspar 1975, Leiper 1979, Mill/Morrison 1985, Sessa 1985, Krippendorf 1986 oder Müller 1997). Die Gründe für die Bedeutung des System-Ansatzes in der Tourismusforschung dürften sein (vgl. auch Kaspar 1996, 11 und Müller 1997, 75ff.): |65◄ ►66|

• Zwischen dem Tourismus und seinen Umwelten bestehen vielfältige Beziehungen.

• Innerhalb des Tourismussystems bestehen viele Vernetzungen und Subsysteme wie z.B. zwischen dem Verkehr und der Destination, beispielsweise in der Belebung des Tourismus durch die Entwicklung eines Luftverkehrs-Hub.

• Ein touristisches Produkt ist aus vielen Teilleistungen zusammengesetzt, es ist ein eigentliches Leistungsbündel (vgl. Kaspar 1996, 68; Kaspar /Kunz 1982, 34). Teilleistungen sind Attraktionen wie Erholungsanlagen, Museen, Landschaften, Anlässe und Infrastrukturen wie Verpflegung, Beherbergung, Transport, Gästebetreuung (vgl. WTO 1993, 22).

• Die Tourismusforschung ist interdisziplinär. Es werden also verschiedene Gesichtspunkte und Methoden berücksichtigt. Systemtheorie kann eine Art Kernwissenschaft sein, die hilft, die verschiedenen Disziplinen dank einer gemeinsamen Sprache und konzeptionellen Grundlage zu integrieren (vgl. Döring 1999, 50).

Abbildung 20: Tourismussystem nach Kaspar


Quelle: Kaspar 1996, 12

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Kaspar definiert ein Subsystem Tourismussubjekt. Damit sind der Tourist und die Bestimmungsfaktoren seiner Nachfrage angesprochen. Das Subsystem Tourismusobjekt umfasst die Institutionen der Tourismuswirtschaft, welche die Nachfrage befriedigen. Es sind dies der Tourismusort als „Kristallisationspunkt“ der Nachfrage (vgl. Kaspar 1996, 70ff.), der Ort also, an dem der Tourist den Aufenthalt verbringt und die Mehrzahl der Dienstleistungen bezieht, die Tourismusorganisationen, welche die dezentrale Leistungserstellung der Tourismusunternehmen vor Ort koordinieren, und die Tourismusunternehmen, Hotels, Bergbahnen oder Unterhaltungsbetriebe. Dieses Tourismussystem in einem engeren Sinne steht mit den verschiedenen Umwelten – der Ökonomischen, der Soziokulturellen, der Technologischen, der Politischen und der Ökologischen – in einem Wechselwirkungs-Verhältnis.

Diese ersten Systemdarstellungen können als einfache Strukturmodelle charakterisiert werden. Es gibt dabei kein „richtiges“ Modell, da es je nach Zweck und Fokus anders strukturiert wird. Leiper (1979) unterscheidet beispielsweise nach den Elementen Touristen, Herkunftsregion, Durchgangsregion, Destinationsregion und Tourismusindustrie und nimmt dabei eine eher geografische Perspektive ein. Sein Systemansatz ist geeignet für die Analyse der Struktur der Reiseströme und deren Wirkungen. Der Systemansatz von Kaspar (vgl. Abbildung 20) ist eher ein wirtschaftswissenschaftlicher, der die Analyse der Wechselwirkungen zwischen den wirtschaftlichen Elementen erlaubt.

3.2. Dynamik in einem Tourismussystem

Die Systemtheorie wurde insbesondere auf der Grundlage von Arbeiten u.a. Vester (1986) in einer Form operationalisiert, die es erlaubt, dynamische Entwicklungen zu erfassen und auch in ihrer Ausprägung zu berechnen (vgl. auch zur Überführung dieser Ansätze in die Managementlehre Gomez/Probst 1997).

Ausgangspunkt ist die Prämisse, dass Systeme, oder synonym Netzwerke, durch die Flüsse auf den Kanten/Verbindungen charakterisiert werden können. Diese Flüsse sind gerichtet und weisen spezifische Intensitäten auf. In visuellen Modellen werden Wechselwirkungen unter Berücksichtigung von Rückkoppelungen und Selbstverstärkungseffekten sichtbar. Mit Hilfe von Papiercomputern lassen sich die Netzwerke „berechnen“. Die einzelnen Knoten /Elemente der Netzwerke können damit in ihre integrierten Wirkungen und Abhängigkeiten klassiert werden.

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Abbildung 21: Beispiel eines vereinfachten Tourismussystemes in seiner Dynamik


Elemente mit einer hohen Passivsumme (Summe der empfangenen Fremdwirkungen) bei einer vergleichsweise kleinen Aktivsumme (Summe der vom Element ausgehenden Wirkungen) werden als Passivelement, bei einer umgekehrten Konstellation als Aktivelement bezeichnet, in diesem Beispiel sind dies die Touristen selbst. Für die Entwicklung solcher Netzwerkmodelle bestehen heute Softwareprogramme. Fragestellungen, wie die Wirkungen der Erschließung eines Gletschergebietes auf einen Ort, können damit integriert und unter Berücksichtigung von Rückkopplungen beurteilt werden (vgl. Abbildung 22).

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Abbildung 22: Wirkung einer Gletschererschließung im System


Im Tourismus wurden Bewegungsrichtungen und Intensitäten der Wechselwirkungen im Rahmen des UNESCO Projektes „Man and Biosphere“ am Beispiel von Testregionen erfasst (vgl. Müller 1986). Auf der Basis dieser Resultate entwickelte Krippendorf (1986) die „Tourismuswachstumsmaschine“, eine didaktisch eingängliche Darstellung der Wechselwirkungen des Tourismus.

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Abbildung 23: Die Tourismuswachstumsmaschine


Quelle: Krippendorf 1986, 61

Aufgrund der Daten war es möglich, die Wechselwirkungen zu quantifizieren. Die einzelnen Elemente des Tourismussystems können je nach ihrer Position in einer Nutzen-Schadenmatrix in vier Gruppen kategorisiert werden (vgl. Müller 1986): |70◄ ►71|

• Parasiten: Elemente wie Zweitwohnungen, die eine große Schadensumme auf andere Elemente bewirken, selbst aber eine große Nutzensumme von anderen Elementen empfangen.

• Dogs: Bei dieser Kategorie sind die verursachten Schäden größer als die produzierten Nutzen. Im Gegensatz zu den Parasiten ist aber die empfangene Schadenssumme größer als die Nutzensumme. Unter diese Kategorie fällt bspw. der Verkehr, jedoch nur eindeutig in Bezug auf die passive Schadeneinwirkung.

• Cash-cow: Bei den Elementen Wasser, Luft und Landschaft sind die produzierten Nutzen größer als die verursachten Schäden. Gleichzeitig sind diese Elemente sehr stark von den Schäden betroffen.

• Stars: Ortsansässige in einer Destination bewirken mehr Nutzen als Schäden, können aber gleichzeitig auch von mehr Nutzen profitieren, als dass sie von Schaden betroffen sind.

Mit der „Dynamisierung“ der Tourismussysteme wurde ein Instrument geschaffen, das

• eine Modellierung im Sinne von einfachen Wirkungs- und Erklärungsmodellen;

• eine Beurteilung der Wirkungsweise von Eingriffen, wie Infrastrukturbauten oder Regulierungen, erlaubt.

Das Instrument des Papiercomputers ist jedoch immer noch in dem Sinne statisch, als dass es von einem fix konfigurierten System ausgeht. Veränderungen wie der Austritt eines Systemelementes können innerhalb des Modells nicht simuliert werden. Die quantitativen Berechnungen basieren auf Schätzwerten. Oft müssen Werte mit verschiedenen Dimensionen, z.B. monetäre Werte, mit Ausstoßvolumen von Abgasen, gleichnamig gemacht werden.

3.3. Grundlagen der neueren Systemtheorie

Wie oben erwähnt, basieren die traditionellen Ansätze für Tourismussysteme auf der Prämisse, dass die Systeme stabil bleiben. Die Veränderung der Struktur der Netzwerke wird nicht erklärt. Dies impliziert, dass diese Netzwerke einen Gleichgewichtszustand erreicht haben.

Die Systemtheorie hat sich in den letzten Jahren weiter entwickelt (vgl. zur Entwicklung der Systemtheorie und ihrer Relevanz für die Erklärung von Airline Netzwerken, Döring 1999, generell zur Weiterentwicklung der Systemtheorie und ihrer Implikationen für Tourismus und Verkehr Schräder 2000).

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Der Fokus hat sich dabei auf die Analyse von Ungleichgewichtszuständen und Veränderungsprozessen von Netzwerken verlagert. Offene Systeme verändern sich durch:

• Hinzutreten neuer Elemente (bspw. erstmaliges Auftreten einer internationalen Hotelkette in einem Bergkurort);

• Veränderung der Flüsse auf den Kanten inkl. Entstehung neuer Kanten (z.B. Zugang von Bed and Breakfast zu internationalen Märkten durch IuK (Informations- und Kommunikationstechnologie), bspw. in Form des Internets) oder Verschwinden von Verbindungen, weil bspw. bessere Verbindungen mit höheren Kapazitäten entstehen (vgl. die Aufhebung von Eisenbahnstrecken in den 60er Jahren durch verbesserte Straßenverbindungen und der dadurch induzierten Verkehrsverlagerungen);

• und dadurch provoziertes Auseinanderbrechen in neue Teilnetzwerke oder neue Gesamtnetzwerke (vgl. Neukonfiguration von ganzen Branchen wie das Zusammenwachsen der Bergbahnen, Skischulen und Gastronomie zu integrierten Bergerlebnisunternehmen).

Abbildung 24: Ebenen von Netzwerken


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Veränderungen von Netzwerken können modellhaft nachvollzogen werden, indem Systeme in verschiedene System-/Netzebenen untergliedert werden (z.B. in die Ebenen emotionale Netzwerke, finanzielle Netzwerke, Eigentumsnetzwerke, physische Netzwerke (Flüsse der Besucher), Informationsnetzwerke (vgl. auch zu Konzept der Netzwerke auf verschiedenen Ebenen Schräder [2000]). Veränderungen auf einer Netzwerkebene, z.B. eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse (Kauf eines Hotels durch eine Bergbahn) führt zu einer Veränderung der emotionalen Beziehungen durch neue Abhängigkeiten. Die Informationsnetzwerke werden angepasst, indem neue Reporting-Beziehungen eingerichtet werden. Die physischen Netzwerke in Form der Besucherflüsse werden durch Infrastruktur- und Marketingmaßnahmen entsprechend den neuen Eigentumsinteressen gelenkt.

Aufgrund dieses Beispiels und der Tatsache, dass sich Netzwerke verändern, wird klar, dass bei der Analyse von Systemen die Dimension „Zeit“ berücksichtig werden muss (vgl. auch Luhmann 1984, 28). Ereignisse werden damit zu einer wesentlichen Analyseeinheit (vgl. auch in der Anwendung für die Betriebswirtschaftslehre, Rüegg-Stürm 1998). Die Fähigkeit von Systemen, sich verändern zu können, steht im Vordergrund des Forschungsinteresses. Das Konzept der selbstreferentiellen Systeme ist die Antwort der Systemtheorie auf diese Fragen.

Unter selbstreferentiellen Systemen versteht man Systeme, deren Zustände zyklisch gekoppelt sind, so dass frühere Zustände an der Hervorbringung der jeweils folgenden Zustände konstitutiv beteiligt sind (vgl. dazu und zum folgenden Schwaninger 1994 und 1998). Waren in der Disposition der offenen „statischen“ Systeme noch die äußeren Umwelteinflüsse primärer Erklärungsgrund für systeminterne Operationen, so werden mit dem Übergang auf die selbstreferentielle Konstruktion von Systemen die Systemelemente selbst und ihre systeminternen Relationen in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt.

• Selbstreferentielle Systeme werden demnach sowohl als geschlossene als auch als offene Systeme verstanden: Sie sind geschlossen, weil sie bei der Erzeugung ihrer Elemente und ihrer elementaren Operationen auf sich selbst Bezug nehmen. Andererseits sind sie offen, weil sie auf die Existenz der Umwelt „als notwendiges Korrelat“ für den Austausch von Materie und Energie angewiesen sind (vgl. Luhmann 1992, 121).

• Offene Systeme stehen bezüglich ihrer Fähigkeit zur Selbstorganisation in Austauschprozessen mit Umwelten, die Relationen zwischen ihren Elementen herstellen können. Bei selbstreferentiellen Systemen bezieht sich die Fähigkeit zur Selbstorganisation auch auf die Reproduktion der Elemente,

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d.h. auf die Fähigkeit, die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst zu konstituieren. Der Selbstbezug des Systems verlagert sich also von der Ebene der Strukturbildung und Strukturänderung auf die Ebenen der Konstitution von Elementen (vgl. Luhmann 1984, 60). Dieses neue Systemverständnis wird mit dem Begriff „Autopoiesis“ bezeichnet (vgl. dazu Maturana 1991, 123).

• Auf diese Weise wäre dann ein System als strukturierter Strom von Ereignissen oder Kommunikationen zu begreifen (vgl. hierzu und zum folgenden Rüegg-Stürm 1998, 6ff.). Unternehmungen wären in diesem Sinne als abgrenzbare Ausschnitte aus dem gesellschaftlichen Ereignisstrom zu verstehen. Entscheidend für den Systemerhalt ist dabei die Anschlussfähigkeit der einzelnen Ereignisse, d.h. „Ereignisse müssen so gewählt werden, dass auch in der Zukunft noch Ereignisse gewählt werden können“ (Buschor 1996, 41; Luhmann 1984, 169). Wenn diese Anschlussfähigkeit nicht mehr gegeben ist, bricht der Ereignisstrom ab und dies kann zum Zusammenbruch von Subsystemen oder gar des gesamten Systems führen. Beispiele für solche „anschlusslosen“ Ereignisse bzw. Entscheidungen sind das Nichteinhalten von Zahlungsverpflichtungen, das unangemessene Verhalten gegenüber Mitarbeitern oder anderen Anspruchsgruppen oder die Nichtbeachtung der Marktinteressen. Solche Ereignisse können Beziehungen abbrechen und Netze zerfallen lassen.

Abbildung 25: Dimensionen der Dualität von Struktur


Quelle: Giddens 1992, 81

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Bei Tourismussystemen handelt es sich immer um soziale Systeme. Die Selbstorganisation, die Strukturierung solcher Systeme hängt stark von der Wahrnehmung der betroffenen Elemente oder Aktoren ab. Nicht die objektive Realität, sondern die wahrgenommene, konstruierte Realität bestimmt das Handeln. Dies ist eine Hauptaussage des Konstruktivismus (vgl. von Foerster 1985; Watzlawick 1993). Im Gegensatz dazu versucht der Positivismus soziale Tatbestände auf der Annahme rationaler, weitsichtiger Entscheidungsträger mit objektiven Mechanismen zu klären.

Ein Beispiel eines theoretischen Konzeptes, das in den Bereich des Konstruktivismus eingeordnet werden kann, ist die Strukturationstheorie (vgl. Giddens 1992), welche Erklärungsansätze für die Strukturierung sozialer Systeme liefert (vgl. Abbildung 25).

Giddens geht davon aus, dass Akteure beim Handeln (Kommunikation) zum besseren Verständnis auf interpretative Schemata (bspw. gemeinsames Geschäftsverständnis) zurückgreifen, um dadurch Signifikationsstrukturen zu reproduzieren. Durch den Bezug auf autoritative und allokative Ressourcen, können die Akteure Macht ausüben und reproduzieren dadurch Herrschaftsstrukturen. Anhand von Normen werden die anderen Akteure bewertet und sanktioniert, wodurch Legitimationsstrukturen entstehen. Mit dem Begriff Dualität von Struktur sagt Giddens aus, dass Strukturen sowohl Ausgangspunkt, als auch Erzeugnis des Handelns sind. Ein Beispiel für den Tourismus sind Tourismusorganisationen, deren Strukturen und Funktionsweisen (erfüllte Aufgaben, Mitsprache etc.) durch die sozioökonomische Struktur des Ortes geprägt werden (Eigentumsstruktur der Tourismusbetriebe, politische Strukturen). Die Tourismusorganisation als Institution prägt jedoch die Entwicklung der Destination und die sozioökonomischen Strukturen richten sich nach ihr aus.

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