Kitabı oku: «Nassbert, der Wannenwichtel», sayfa 3
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Das Schiffsunglück
„Und jetzt, lieber Angeklagter, schildern Sie doch bitte den Unfallhergang aus Ihrer Sicht“, sagte der Richter und schaute dabei Marco an.
„Also das war so, Herr Richter“, begann dieser, „ich heiße Marco und bin der Steuermann auf dem Lego-Tanker. Mein Schiff ist sehr lang, und wenn ich an meinem Steuerrad stehe, dann sehe ich zwar vorne den Bug, aber was sich dicht vor ihm im Wasser bewegt, das sehe ich nicht. Wenn also ein kleineres Schiff direkt von vorne kommt und schon dicht dran ist, dann kann ich es nicht mehr erkennen. Die Sicht war am Unglückstag zunächst recht gut, die Sonne schien und der Wellengang war gering. Wir waren ja auch schon im Hafenbecken. Links und rechts waren die Kaimauern zu erkennen. Aber dann geschah es.“
„Was geschah denn dann so Außerordentliches, dass Ihr Schiff mit dem Schiff des Zeugen kollidierte?“, unterbrach ihn ungeduldig der Richter.
„Dann gab es aus einem mir nicht erkennbaren Grund plötzlich einen fürchterlichen Wellengang. Ich konnte das Schiff nur mit Mühe auf Kurs halten, damit es nicht gegen die Kaimauer prallte. Und dann tauchten links und rechts neben meinem Schiff plötzlich Ungeheuer auf. Lange, helle Gebilde, die aussahen wie Wasserschlangen, kamen an die Wasseroberfläche und verschwanden wieder. Und dann tauchten sie wieder auf und verschwanden erneut.“
„Merkwürdig, merkwürdig, ja fast unheimlich. Wasserschlangen im Hafenbecken, das ist ja eine Ungeheuerlichkeit“, stimmte ihm der Richter zu.
„Und dann kommt noch hinzu, dass plötzlich ein starker Regenschauer auf die Scheibe meines Führerstandes prasselte, sodass ich nichts, aber auch rein gar nichts sehen konnte. Plötzlich aus dem Nichts heraus. Dann passierte es. Es rummste und mein Tanker kam ins Schlingern.“ Der Steuermann des Tankschiffes rang nach Luft und musste sich setzen.
„Ich rufe nun den Steuermann des zweiten Schiffes in den Zeugenstand und bitte ihn um seine Aussage.“
Der Steuermann des zweiten Schiffes trat nach vorn zum Richtertisch, räusperte sich kurz und begann dann seine Aussage. „Ich bin der Steuermann des Rundfahrtschiffes Playmobil-Ahoi, heiße Jan und kann nur sagen, dass der Kollege vom Lego-Tanker die Situation im Hafenbecken richtig geschildert hat. Das mit dem Wetter und dem Wellengang hat er richtig dargestellt. Ich hatte mich auch fürchterlich erschreckt, als aus dem Nichts heraus plötzlich ein enormer Wellengang einsetzte und die zwei Ungeheuer rechts und links vom Schiff auftauchten und wieder verschwanden und wieder auftauchten und wieder verschwanden. Und als dann auch noch der Starkregen einsetzte, kam ich mir vor, wie weit draußen auf dem großen, offenen Meer. Bei mir kam aber noch etwas hinzu ...“
„Und was war das?“, unterbrach ihn der Richter mit neugierigem Blick.
„Es tauchten urplötzlich große Wolken auf, Wolken die aussahen wie Schaum, der sich bildet, wenn Eltern zu viel Bademittel ins Badewasser schütten. Diese dicken Wolken patschten in unglaublicher Menge an die Scheibe meines Rundfahrtschiffes Playmobil-Ahoi. Ich konnte für längere Zeit nichts mehr sehen. Der Schaum ließ sich auch nicht durch die Scheibenwischer vom Glas wischen. Und dann erschütterte die Kollision mit dem Tanker mein Schiff. Es tut mir sehr leid. Aber was da los war, bleibt mir bis heute unerklärlich. Leider.“ Damit endete die Vernehmung der beiden Steuermänner.
Der Richter wollte gerade die Sitzung beenden, da meldete sich ein Junge aus dem Zuschauerraum. „Ich habe etwas Wichtiges zu sagen, Herr Richter.“
Der Richter blickte ihn zunächst etwas verwirrt an, bat ihn dann aber, nach vorne zu kommen und seine Mitteilung von Wichtigem zu machen.
Alle im Gerichtssaal Anwesenden schauten erwartungsvoll auf den Jungen, der aus seiner Stuhlreihe heraustrat und zögerlich den Weg zum Richtertisch antrat.
„Meine Name ist Marvin“, begann er halblaut, „ich bin der Hauptschuldige des Unglücks der beiden Schiffe.“
„Na dann lass mal hören, Marvin, was du mit dem Schiffsunglück zu tun hast“, bat der Richter ihn.
„Es war am letzten Samstag, ich war mit meinen Eltern im Garten und hatte mich dort beim Buddeln schrecklich eingesaut. Damit ich sauber ins Bett gehen konnte, hatte meine Mutter mir die Badewanne voll Wasser laufen lassen. Sie hatte auch viel vom toll riechenden Bademittel reingeschüttet.
Ich hatte aus meiner Spielzeugkiste die beiden Schiffe, das Lego-Tankschiff und das Playmobil-Rundfahrtschiff Ahoi, geholt und zu Wasser gelassen. Erst habe ich eine Weile die Schiffe hin- und hergeschoben. Die von den beiden Steuermännern gesehenen Kaimauern waren die Wände meiner Badewanne. Ich habe beide Schiffe von einer Seite der Badewanne zur anderen fahren und sie dort jeweils wenden und zurückfahren lassen. Und dann bin ich auch in die Badewanne gestiegen. Als meine Füße eintauchten, gab es den von den Steuermännern genannten starken Wellengang.“
„Du hast dich ins Wasser reingetraut? Trotz der sich darin befindenden Ungeheuer? Respekt mein Junge, Respekt!“, sagte der Richter zu Marvin und nickte bestätigend mit dem Kopf.
„Ja, ich habe mich ins Wasser getraut. Die beiden Ungeheuer, wie sie die Steuermänner nennen, waren meine Beine. Als ich mich in die Wanne setzte, streckte ich meine Beine lang aus und die beiden da“, er zeigte auf die Steuerleute Marco und Jan, „hielten sie für Ungeheuer. Und dann habe ich die Handbrause genommen und mich abgeduscht. Dabei traf ich versehentlich auch das Lego-Tankschiff und kurz danach das Playmobil-Rundfahrtschiff. Und weil ich dann die Handbrause knapp über das Wasser hielt, habe ich auch den Badeschaum erwischt und ihn auf das Playmobil-Rundfahrtschiff gesprüht. Klar, da konnte der Steuermann nichts mehr sehen. Weil er so dicht am Lego-Tankschiff schipperte, konnte er leider einen Zusammenstoß nicht mehr verhindern. Es tut mir sehr leid, für beide. Es kommt bestimmt nicht wieder vor, das verspreche ich.“
Der Richter lehnte sich in seinem Stuhl zurück und überlegte kurz, wie er das Verfahren gerecht für alle Beteiligten beenden könne. „Da beide Steuermänner kein Verschulden trifft, werden beide freigesprochen.“
Dann wandte er sich Marvin zu. „Marvin, da du deine Schuld an diesem Schiffsunglück in deiner Badewanne eingeräumt und da du versprochen hast, dass das nicht noch einmal vorkommen wird, will ich auch dich freisprechen. Du hast etwas unachtsam gehandelt und nicht auf deine Umwelt – in diesem Fall den Schiffsverkehr – geachtet, als du in die Wanne stiegst und dann mit der Handbrause hantiertest. Du wirst aber in Zukunft besonders aufpassen, deshalb will ich ein Auge zudrücken. Nein, ich drücke beide Augen zu. Auch dich spreche ich frei. So, und nun geht alle nach Hause. Euch, Steuermänner, wünsche ich, immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel und dir, Marvin, wünsche ich einen schönen Tag. Bleib sauber, Junge!“
Damit beendete der Richter die Sitzung. Er klappte den Aktendeckel zu, nahm sein Holzhämmerchen, klopfte dreimal kräftig auf die vor ihm liegende Holzplatte und freute sich, dass er heute Abend zu Hause in seine Badewanne steigen würde ... ohne Lego-Tankschiff und ohne Playmobil-Rundfahrtschiff.
Charlie Hagist wurde in Berlin geboren und lebt heute in Dallgow-Döberitz. Viele seiner Geschichten wurden bereits in mehreren Anthologien veröffentlicht.
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Der geheimnisvolle Meeresrochen
„Bleib aber nicht zu lange in der Wanne, hörst du?“, rief Timons Mutter. „Das ist nicht gut für die Haut!“ Ihre Stimme klang so, als würde sie wie ein Windstoß direkt durch das Schlüsselloch ins Badezimmer dringen. „Hörst du?“
„Ja, Mama“, erwiderte Timon und verdrehte die Augen. „Alles in Ordnung in Atlantis!“
So nannte er das Badezimmer, wenn er es ganz allein für sich haben konnte. Ohne nervige Geschwister und kontrollierende Eltern. Der duftende Schaum auf dem heißen Wasser, der zum Spielen und Träumen einlud, kitzelte auf der Haut. Aus einem Schwamm, zwei Waschlappen und ein paar Wäscheklammern hatte Timon einen bunten Meeresrochen gebastelt, der mit großen Flossen das Wasser durchstreifte. Timon liebte es, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Der Junge schloss die Augen, hielt sich die Nase zu und tauchte für einen kurzen Moment in das Blau des Ozeans ... Herrlich!
Doch dann geschah es: Timon konnte sich gerade noch an dem riesigen Rochen festhalten, als dieser ihn hinab in die Tiefe zog! Schnell hatte er sich den Schwimmbewegungen des Rochens angepasst. Der kleine Junge und der große Fisch verschmolzen fast miteinander und glitten majestätisch durch die Weite des Meeres.
Plötzlich wurden sie von einer leuchtenden Luftblase eingeschlossen und rasant weiter nach unten geschleust, in Richtung Meeresboden.
Für kurze Zeit wurde Timon schwarz vor Augen, alles wirbelte durcheinander.
Als er wieder zu sich kam, schüttelte er sich. Was war passiert? Überrascht stellte er fest, dass er trockene und sehr ungewöhnliche Kleidung trug: ein schimmerndes weißes Hemd mit einem Delfin-Abzeichen und einen hellbraunen Umhang, der mit Goldfäden durchwirkt war. Dazu eine orangefarbene Hose und blaue Schuhe.
„Willkommen in Atlantis!“, sagte eine sanfte Stimme, als Timon sich in einem großen Saal inmitten von Säulen umdrehte. „Ich bin Merandia, die Tochter von König Aquas.“ Die Prinzessin hatte schulterlanges, rotes Haar und trug einen goldenen Stirnreif, auf dem ein grüner Edelstein funkelte.
Timon verschlug es fast die Sprache. „Aber ... aber ... das kann doch nicht, das kann doch nicht ... sein“, stotterte er und starrte die Prinzessin ungläubig an.
„Hab keine Angst“, entgegnete Merandia, „dein Wunsch hat dich zu uns geführt.“ Timon hob fragend die Augenbrauen. „Aber ja!“, so Merandia weiter. „Wenn ein Wunsch wirklich stark genug ist und alle Zweifel überwindet, verwandelt er sich und wird wahr! Du musst nur fest daran glauben.“
Genau in diesem Moment zerriss eine dröhnende Stimme die wunderschöne Unterwasserwelt, als wäre die leuchtende Luftblase von vorhin einfach geplatzt. „Timon! Es wird Zeit! Deine Haut ist bestimmt schon verschrumpelt!“
Mit einem Ruck schnellte Timon aus dem Wasser und saß aufrecht in der Wanne.
Die Tür ging auf. „Hier ist ein frisches Handtuch“, sagte Timons Mutter streng und legte es auf die Badewannenkante. „Wo sind denn der Schwamm und die Waschlappen geblieben? Beeil dich, es gibt gleich Abendbrot!“ Mit diesen Worten verließ die Mutter das Badezimmer, das gerade noch Atlantis gewesen war.
Der Schwamm und die Waschlappen aber blieben für immer verschwunden.
Udo Brückmann wurde 1967 geboren und lebt als Pädagoge, Dozent und Autor im ländlichen Niedersachsen, Er hat bereits etliche Veröffentlichungen vorzuweisen.
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Kapitän Uschi
Uschi zog sich ihre Kapitänsmütze über ihre kleinen Ohren und ihre rosa Schnauze zeigte einen entschlossenen Ausdruck. Auch wenn Meerschweinchen nicht unbedingt bekannt waren für ihre Wassertauglichkeit, war Uschi eine der gefürchtetsten Seefahrerinnen.
Keine Welle war ihr zu hoch und kein Meer zu tief. Den meisten Piraten schlotterten die Knie, wenn sie ihren Namen hörten. Das marineblaue Jackett gab ihr einen stattlichen Ausdruck und die Schirmmütze passte sehr gut zu ihren kecken Augen.
Sie stand auf dem Deck ihres Segelbootes und trotz der tobenden Wellen hatte sie keine Mühe, das Gleichgewicht zu behalten. Ihr braunes Fell flatterte im Wind. Mit einem Fernrohr in der Pfote überschaute sie die Sieben Weltmeere und suchte den Horizont nach Piraten ab.
Und tatsächlich, ihr stockte der Atem – hinter der dritten Schaumkrone, rechts von der kleinen Insel, erblickte sie ein Piratenschiff. Am Mast wurde eine blonde Frau gefangen gehalten. Sie wehrte sich, aber die Piraten ließen sich nicht erweichen, die Fesseln zu lösen.
Uschi rief nach ihrem einzigen und treuen Besatzungsmitglied, dem einbeinigen Soldaten. Er war der mutigste Mann, den Kapitän Uschi kannte. In einer Schlacht im Urwald des heimatlichen Gartens hatte er sein Bein verloren und war dann auf ihr Schiff gewechselt. Seither waren sie treue Gefährten. Viele Abenteuer hatten sie schon gemeinsam überstanden.
„Sie haben nach mir gerufen?“ Der einbeinige Soldat meldete sich bei Kapitän Uschi.
„Ja, das habe ich. Schau selbst, mein treuer Freund. Ich denke, unsere Hilfe wird benötigt!“ Uschi reichte ihr Fernrohr an den einbeinigen Soldaten weiter. Dieser erschrak, als er durch das Fernrohr blickte.
„Kapitän Uschi, wir müssen die Frau aus den Fängen der Piraten retten, sonst ist sie verloren.“
Uschi nickte entschlossen. „Dann volle Kraft voraus. Lass uns die Segel setzen!“
Geschäftiges Treiben brach auf dem Segelboot aus. Uschi und der einbeinige Soldat hatten alle Hände voll zu tun. Das Schiff wurde immer schneller. Die kleine Insel hatten sie schon hinter sich gelassen. Und bald näherte sie sich dem Piratenboot.
Als die Piraten sie entdeckten, erhoben sie ein lautes Kampfgeschrei. Sie hissten ihre schwarze Piratenflagge mit dem Totenkopf und zündeten ihre Kanonen.
Der einbeinige Pirat hatte alle Mühe, den einschlagenden Kanonenkugeln auszuweichen. Kapitän Uschi stand an der Spitze des Bootes und hatte ihre Pfoten auf der Reling aufgestützt. Nachdenklich streckte sie ihre kleine Nase in den Wind. „Mein lieber Freund!“, sprach sie unvermittelt zu dem einbeinigen Soldaten. „Wir haben keine Kanonen, mit denen wir das Boot der Piraten zum Sinken bringen können. Auch haben wir keine anderen Waffen. Deswegen hilft uns nur ein Trick. Wenn er nicht klappt, ist die gefangene Frau verloren und wir wahrscheinlich auch! Der Wind ist so stark. Steuere unser Boot so, dass die Piraten ihre Kugeln gegen den Wind schießen. Mit der Macht des Gerechten auf unserer Seite werden die Kugeln zu den Piraten zurückfliegen. Wenn das Boot anfängt zu sinken, kann ich die Frau retten.“ Uschis Gesicht wurde grimmig und sie riss ihre Pfote in die Luft. „Los, mach, wie ich dir geheißen habe!“
Der einbeinige Soldat salutierte. „Aye, aye Kapitän!“ Er steuerte das Segelboot so, dass es gegen den Wind stand.
In diesem Moment feuerten die Piraten die nächste Kanonenkugel. Sie näherte sich dem Boot von Kapitän Uschi und dem einbeinigen Soldaten. Beide schlossen die Augen. Gleich würde die Kanonenkugel ihr Boot treffen. Doch dann wurde die Kugel langsamer und blieb einen kurzen Moment in der Luft stehen, bevor sie zu dem Piratenboot zurückflog. Es krachte, als die Kugel ein Loch in die Seite des Piratenbootes schlug. Die Piraten bekamen Angst und liefen zu den Rettungsbooten. Auf die Gefangene achtete niemand mehr. Langsam begann das Schiff der Piraten zu sinken. Die Besatzung des Segelbootes freute sich, dass ihr Trick geklappt hatte.
„Los mein treuer Freund, steuere unser Boot so nah an das Piratenboot, dass ich es erreichen kann. Uns rennt die Zeit davon!“ Kapitän Uschi war in bester Laune. Der einbeinige Soldat steuerte das Segelboot so, dass es nur wenige Zentimeter von dem Piratenboot hielt. Ein waghalsiges Manöver in Anbetracht der zunehmenden Brandung.
„Spring, Kapitän Uschi, und rette die Gefangene. Wenn es jemand schafft, dann seid Ihr es!“, rief der einbeinige Soldat voller Kampfgeist in der Stimme. Er hielt sich am Steuerrad fest, denn der Wind wurde immer stärker.
Uschi sprang mit einem Satz auf das Boot der Piraten. Sie musste die junge Frau retten, bevor das Boot auf den Boden des Meeresbodens sank.
Die Piraten waren so sehr mit der eigenen Flucht beschäftigt, dass niemand mehr Kapitän Uschi in den Weg kam. In wenigen Minuten erreichte sie den Mast mit der Gefangenen.
„Bitte, helfen sie mir! Ich möchte nicht mit dem Schiff untergehen!“, bettelte diese.
„Niemand wird mit dem Schiff sinken.“ Mutig knabberte Uschi die Fesseln durch. In dem Augenblick, als die Frau befreit war, krachten die Balken und das Schiff begann gefährlich zu schwanken.
„Los, setze dich auf meinen Rücken und halte dich fest, dann kann ich dich retten. Ich werde dich zu unserem Schiff bringen.“ Beherzt setzte sich die Blondine auf den Rücken von Kapitän Uschi und hielt sich an dem Fell fest.
„Nicht so fest. Du reißt mir ja alle Haare aus!“, schimpfte Uschi trotz des nahenden Unterganges des Schiffes. Die junge Frau lockerte ihren Griff und Uschi atmete erleichtert auf.
So schnell sie ihre kurzen Beine trugen lief sie zur Reling und sprang ...
In diesem Augenblick öffnete sich die Badezimmertür. Die Mutter von Max betrat das Bad. „Max, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du dein Meerschweinchen nicht mit ins Badezimmer nehmen sollst. Irgendwann fällt es dir ins Wasser und entgegen ihrem Namen können Meerschweinchen nur schlecht schwimmen!“
Max saß immer noch voller Schaum im Gesicht in der Badewanne. Sein Meerschweinchen Uschi saß in einem Körbchen, das er an den Rand der Badewanne gestellt hatte, und knabberte genüsslich an einer Mohrrübe.
„Ach, Mama, wir haben gerade so schön gespielt. Darf ich noch fünf Minuten im Wasser bleiben?“ Er war etwas traurig, dass die spannende Schlacht unterbrochen worden war, auch wenn Kapitän Uschi schon längst gewonnen hatte und die Gefangene gerettet war.
Seine Mutter erhob mahnend den Zeigefinger und wuschelte ihrem Sohn durch die nassen Haare. „Na gut Max, noch fünf Minuten, dann kommst du aus der Wanne raus. Das Wasser ist bestimmt schon längst kalt und wir wollen gleich zusammen zu Abend essen. Aber die Puppe deiner Schwester nehme ich schon mal mit. Jungen spielen doch gar nicht mit Puppen. Du hast wirklich zu viele Flausen im Kopf.“
Kopfschüttelnd griff sie nach der blonden Barbiepuppe im Wasser und verließ das Badezimmer. Nachdem Max’ Mutter die Badezimmertür geschlossen hatte, nickten sich Max, Kapitän Uschi und der einbeinige Soldat zu. Nächstes Wochenende, wenn wieder Badezeit war, würden sie sich erneut in die Schlacht stürzen und für die Gerechtigkeit kämpfen.
Dr. med. Barbara Bellmann wurde 1984 in Hagen/Westfalen geboren. Sie ist Kardiologin. Im Sommer 2013 zog sie nach Berlin. Sport und Literatur begeistern sie neben ihrer Tätigkeit als Ärztin. Seit einigen Jahren widmet sie sich nach der Arbeit ihrer Leidenschaft dem Schreiben. Hier konnte sie schon erste Erfolge erzielen.
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Vier Tage, vier Nächte
Inspiriert von einer wahren Geschichte
Die Eltern mussten früh zur Arbeit aufs Feld und die vier Brüder gingen wie jeden Tag zum Spielen an den Strand. Hier standen hohe Palmen und es gab mehrere Grotten, sodass es für sie der perfekte Ort zum Herumtoben war.
Die drei ältesten ließen den Jüngsten, Mario, nicht immer mitspielen, gerade dann, wenn sie meinten, auf Palmen klettern zu müssen oder ähnliches, aber dann beschäftigte er sich eben selbst.
So war es auch heute. Sie taten irgendetwas, was ihrer Meinung nach nicht für kleinere Kinder geeignet war, also entfernte Mario sich ein Stück von ihnen und ließ sich etwas weiter am Meer im Sand nieder. Er beobachtete ein paar Möwen, die kreischend über seinen Kopf hinwegflogen und fragte sich, wie es wohl wäre, wie sie Flügel zu haben. Einfach wegzufliegen und an einem ganz anderen Ort zu spielen. Irgendwohin kommen, wo er noch nie gewesen war. Aber die Eltern hatten nicht das Geld, um den Geschwistern Reisen zahlen zu können.
In diesem Moment wurde sein Blick auf etwas gelenkt, das weiter hinten im Wasser trieb. Langsam stand Mario auf und kniff die Augen zusammen, um besser erkennen zu können, worum es sich handelte.
Er musste lachen, als er sah, was es war. Eine Badewanne. Eine einfache Badewanne trieb auf dem Meer. Direkt auf ihn zu. Was tat eine Badewanne im Meer? Hatte sie irgendwer im Wasser entsorgt? Es war windig und die Wellen hoch, sodass die Wanne sehr schnell näher getrieben wurde.
Als sie nur noch wenige Meter vom Ufer entfernt war, erkannte Mario ein kleines nasses Köpfchen, das über den Rand lugte. Ein Hund! Schnell watete er bis zu den Knien ins Meer und zog ächzend die Badewanne an Land. Der Hund war noch klein, und als die Wanne stand, sprang er sofort heraus und hüpfte kläffend im Sand umher.
„Wer bist du denn?“ Mario beugte sich hinunter und der Hund beruhigte sich.
Er kam näher und fing sogar an, mit dem Schwanz zu wedeln. Vorsichtig begann Mario, ihn zu streicheln. Oft hatten die Eltern ihm gesagt, er solle keine fremden Tiere anfassen, aber das war ihm im Moment egal. Er stand wieder auf und rief nach seinen Brüdern. Sie kamen sofort um die Ecke, und als sie die Wanne und den Hund sahen, fingen sie an zu lachen. „Was hast du denn gemacht?“
„Er wurde angeschwemmt“, versuchte Mario zu erklären. „In der Badewanne.“
„Was sollte ein Hund in einer Badewanne mitten auf dem Meer suchen?“, spöttelte sein ältester Bruder Fabio und die anderen stimmten ein.
Mario wurde ärgerlich. „Dann glaubt mir halt nicht.“
„Hey, wir könnten mit dem Ding spielen“, schlug Fabio schließlich vor. „Wir könnten damit aufs Meer fahren.“
Gesagt, getan. Wenn Fabio etwas vorschlug, folgten die anderen meistens. Er war der Älteste und somit die Vertretung für Vater, wenn der nicht da war. Sie passten alle zusammen in die Wanne und den Hund nahmen sie auch mit. Es war lustig, in der Wanne so umherzutreiben und endlich durfte Mario auch einmal mitmachen.
Während sie so übers Meer schipperten, schlossen auch die anderen Brüder den Hund ins Herz. Ihm schien es zu gefallen, endlich in Gesellschaft zu sein, und sie tauften ihn mit Salzwasser auf den Namen Max. Die Jungen spielten Piraten. Fabio war der Kapitän und Max war ihr Schiffshund und sie spielten, bis sie müde wurden und der Himmel sich rot zu verfärben begann.
„Wir sollten zurückfahren“, meinte Fabio gähnend.
„Wo sind wir überhaupt?“, wollte der Zweitälteste, Leo, wissen.
Mario schaute müde über den Wannenrand. Er blinzelte erschrocken. „Ich kann das Land nicht mehr sehen.“
Sie sahen sich an. Auch Max war auf einmal sehr still. Angst stieg in den Jungen auf.
„Wie kommen wir wieder zurück?“, fragte der vierte Bruder Javier.
Fabio sah auf einmal sehr besorgt aus, aber er versuchte, die anderen zu beruhigen. „Keine Sorge. Wir finden wieder zurück. Wenn wir immer der Sonne entgegenfahren, kommen wir irgendwann wieder an Land.“
Als sie wieder erwachten, war es hell. Die Sonne brannte auf ihre Köpfe. An dem ruhigen Schaukeln unter ihnen merkten sie, dass sie immer noch in der Wanne saßen. Ängstlich ließen sie ihren Blick über den Horizont schweifen, aber es war immer noch kein Land in Sicht.
„Was machen wir jetzt?“, wollte Mario wissen. Er wollte nach Hause zu ihren Eltern. Wahrscheinlich waren sie krank vor Sorge.
„Ich habe Hunger“, bemerkte Leo.
„Dann lasst uns versuchen, Fische zu fangen.“ Fabio behielt die Fassung, als Ältester hatte er die Verantwortung für seine Brüder. Gemeinsam beugten er und Javier sich über den Wannenrand und fischten im Meer, aber sie konnten nichts fangen, so sehr sie sich auch bemühten.
„Vergeblich“, sagte Fabio leise. „Wenn wir nichts fangen, müssen wir ...“
„Nein!“, unterbrach ihn Mario, der den Hund von allen am liebsten hatte. „Wir töten Max nicht!“ Sie stritten sich lange deswegen, aber schließlich einigten sie sich darauf, Max am Leben zu lassen. Er gehörte zu ihnen.
Nachdem sie mehrere Stunden in der Wanne umhergetrieben waren, wurde der Hund ungeduldig. Auch Max bekam Hunger und fing an zu knurren. „Er wird uns anfallen“, meinte Javier besorgt. „Wir sollten ihn lieber über Bord werfen.“
Mario wurde verzweifelt. „Aber dann? Er ertrinkt! Wir ...“
„Er weiß, wo Ufer ist“, entgegnete Leo, um seinen kleinen Bruder zu beruhigen. „Er wird zurückschwimmen und Hilfe holen.“
„Bist du dir sicher?“, schniefte Mario. Leo nickte, trotzdem sah Mario nicht hin, als sie Max über Bord ins Wasser hoben. Doch er blieb nicht lange im Meer, er schwamm zurück zur Badewanne. Die Brüder versuchten es immer und immer wieder, aber es gelang dem Hund jedes Mal, zurückzuschwimmen.
Am Abend waren die vier Brüder völlig am Ende. Sie waren durstig, hatten Hunger und waren erschöpft von der Sonne, die den ganzen Tag geschienen hatte. Sie spürten ihre Knochen und jeder von ihnen versuchte, die Gedanken zu verdrängen, wie lange sie wohl noch durchhalten würden. Aber keiner sprach darüber. Dann endlich, nachts, weckte sie ein Regenschauer, den sie jubelnd empfingen. Sie ließen das frische Wasser in ihre trockenen Kehlen laufen und wurden von neuem Lebensmut erfasst. Auch Max gefiel die Abkühlung, fröhlich bellend sprang er zwischen den Jungen umher. Er war wie ein Stück Familie für sie geworden.
Am dritten Tag passierte ein Containerschiff die Badewanne. Die Kinder sahen neue Hoffnung und schrien um Hilfe, sie winkten und brüllten so lange, bis das Schiff an ihnen vorbeigezogen war. Niemand an Bord hatte sie gehört.
Jetzt regnete es auch nicht mehr und sie hatten immer noch keine Fische fangen können. Langsam merkten sie, wie sich schwächer wurden. Sie sprachen nicht mehr, alles schien zu anstrengend. Jedes Licht zu hell. Sie hielten die Augen geschlossen, die Sonne blendete sie zu sehr. Auch der Hund lag müde auf ihren Schößen, die Augen halb geschlossen, der Schwanz träge wedelnd.
„Lasst uns beten“, meinte Fabio schließlich. Mit Tränen in den Augen beteten die Brüder zu Gott, nur noch er schien zu ihnen zu halten. Und er schickte ihnen Rettung.
Am vierten Tag wurden die von ihren Eltern bereits totgeglaubten Kinder von einem Fischer rund 32 Kilometer von der Küste entfernt entdeckt. Sie waren ausgehungert und schwach, aber sie erholten sich schnell. Und von Max wollte sich nun keiner der Jungen mehr trennen.
Diese Geschichte ereignete sich so ähnlich 1979 in Beirut. Vier Brüder und ein Hund namens Max überlebten vier Tage und vier Nächte in einer Kunststoffkiste auf dem offenen Meer.
Carina Isabel Menzel wurde 1999 geboren. Ihre Hobbys sind Schreiben, Lesen, Malen, Zeichnen, Step- und Jazz-Tanz und sie singt im Chor. Sie nahm bereits an einigen Schreibwettbewerben teil.
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