Kitabı oku: «Rebeccas Schüler», sayfa 6

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Kapitel 6

Es wür­de ein Ma­ra­thon wer­den, alle zwölf Jungs und Mäd­chen zu in­ter­view­en. Aber es muss­te sein, da­mit Rebecca von An­fang an einen Draht zu ih­nen auf­bau­te. Wie eng der sein wür­de, hing jetzt ganz al­lein von ih­rem päd­ago­gi­schen Ge­schick ab.

Mit Eme­ly wür­de sie heu­te das ers­te Ge­spräch füh­ren. Gleich vor der ers­ten Stun­de soll­te es statt­fin­den. Rebecca hat­te einen lee­ren Klas­sen­raum or­ga­ni­siert. Die Schü­le­rin er­schien pünkt­lich und klopf­te pflicht­be­wusst an der Tür an. »Her­ein!«, rief Rebecca, die be­reits am Lehrer­tisch saß, einen Ku­gel­schrei­ber zwi­schen ih­ren Fin­gern dreh­te und auf ihre Schü­le­rin war­te­te.

Eme­ly steck­te schüch­tern ih­ren Kopf durch den Tür­schlitz. »Darf ich rein­kom­men?«, frag­te sie mit ih­rer piep­si­gen Stim­me. Rebecca wies mit der Hand auf den Stuhl ge­gen­über ih­res Ti­sches und Eme­ly husch­te scheu auf den frei­en Platz. Sie war ein bild­hüb­sches Mäd­chen mit ei­nem rund­li­chen Ge­sicht und ei­ner nied­li­chen Stups­na­se. Ihre Haa­re be­sa­ßen einen ähn­li­chen Braun­ton wie die von Rebecca. Statt aber wel­lig zu sein, fiel ihr die lan­ge Mäh­ne glatt über die Schul­tern. Beim Re­den fin­ger­te Eme­ly im­mer wie­der an den Spit­zen ih­rer Haa­re her­um oder wi­ckel­te Lo­cken mit Dau­men und Zei­ge­fin­ger.

Die Zeit ver­ging rasch. Das Mäd­chen er­zähl­te na­he­zu al­lein von dem, was sie preis­ge­ben soll­te, ohne dass Rebecca nach­fra­gen muss­te. Sie schien eine Schü­le­rin mit durch­schnitt­li­chen No­ten zu sein. Zwar ehr­gei­zig, aber nicht so er­picht dar­auf, die Bes­te sein zu müs­sen.

Rebecca woll­te mehr über das Pri­vat­le­ben von ihr er­fah­ren und frag­te Eme­ly nach ih­ren Hob­bys. »Sport na­tür­lich«, gab sie fei­xend zu­rück und er­zähl­te, wie gern sie jog­gen ging und wie oft in der Wo­che sie Vol­ley­ball mit ih­ren Freun­din­nen spiel­te. Wäh­rend sie sprach, zwir­bel­te sie die Spit­zen ih­rer Haa­re zwi­schen den Fin­gern, roch dar­an und ließ sie los.

»Hast du einen Freund?«, woll­te Rebecca in­ter­es­siert wis­sen. Eme­ly schüt­tel­te den Kopf und ki­cher­te. »Was ist los?«, frag­te Rebecca nach. »Du stehst doch auf je­man­den oder war­um druckst du so her­um?« Sie wa­ren un­ter sich. Die Schü­le­rin wuss­te, dass nichts von dem Ge­spräch nach au­ßen drin­gen wür­de.

»Ce­d­ric …«, deu­te­te Eme­ly an, ohne auf­zu­schau­en. Sie grien­te wie eine ver­knall­te Drei­zehn­jäh­ri­ge. Of­fen­sicht­lich hat­te sie noch nie einen Freund ge­habt, da sie so blau­äu­gig re­a­gier­te.

»Magst du ihn?«, frag­te Rebecca vor­sich­tig nach.

Eme­ly nick­te und flüs­ter­te kaum hör­bar, als wür­de sie sich schä­men, mit ih­rer neu­en Tu­to­rin dar­über zu spre­chen: »Er ist so süß.« Wie naiv sie den Satz aus­sprach. Zu­sam­men­ge­kau­ert und un­schul­dig ver­träumt hock­te sie Rebecca ge­gen­über. Ge­gen die feuch­ten Träu­me mit Ce­d­ric, mit de­nen sie selbst im Bett lag, ver­blass­ten die si­cher­lich mehr als arg­lo­sen Mäd­chen­fan­tasi­en die­ser Schü­le­rin.

Rebecca wag­te einen Vor­stoß: »Hat Ce­d­ric eine Freun­din?«

»Ich glau­be nicht«, ant­wor­te­te Eme­ly. »Aber da müs­sen Sie Lara fra­gen. Die hängt im­mer mit ihm ab.« Autsch. Rebecca ahn­te, einen wun­den Punkt ge­trof­fen zu ha­ben. Eme­ly ver­zog ih­ren Mund zu ei­nem schma­len Spalt. Sie war nei­disch auf die dür­re Lara, die in Rebeccas Au­gen null Po­ten­ti­al be­saß, Ce­d­ric in ihre ha­ge­ren Hän­de zu be­kom­men.

»Kopf hoch«, trös­te­te sie Eme­ly. Doch das Lä­cheln, das sie ihr zu­rück­gab, war nicht ehr­lich ge­nug, um Rebecca zu über­zeu­gen.

Auf dem Gang hör­te sie Ge­räu­sche: Stim­men durch­dran­gen den Flur; zu­dem Schu­he, die über das Lin­ole­um trap­pel­ten. Je­den Mo­ment wür­de der Gong er­schal­len, der den Be­ginn der ers­ten Stun­de an­kün­dig­te.

»Wir müs­sen jetzt Schluss ma­chen«, sag­te Rebecca. »Dan­ke, dass du so of­fen warst.«

Jetzt strahl­te Eme­ly wie­der. »Gern.« Sie moch­te ihre Schü­le­rin schon jetzt.

Am Frei­tag führ­te Rebecca wei­te­re Ge­sprä­che mit den Mä­dels ih­res Kur­ses. Ce­d­ric und Li­nus hat­te sie sich für die neue Wo­che auf­ge­ho­ben, ge­nau wie ei­ni­ge der Mäd­chen. Die Ge­sprä­che of­fen­bar­ten, was sie be­reits ge­ahnt hat­te: Dass sie ganz freund­li­che Men­schen be­saß, die sie den Rest des Schul­jah­res be­glei­ten durf­te. Ein en­ger Draht wur­de noch nicht auf­ge­baut, aber zu­min­dest ers­te Ban­de ge­knüpft, die die Ba­sis für einen ge­lun­ge­nen Start bo­ten.

Am Mon­tag­abend, eine Wo­che vor der Kurs­fahrt, hat­ten Ro­bert und Sa­bri­na den El­tern­abend an­ge­setzt, an dem Rebecca of­fi­zi­ell als drit­te Tu­to­rin und als Ver­tre­tung für die sich im Ba­by­jahr be­find­li­che Kol­le­gin vor­ge­stellt wer­den soll­te. Ob­wohl es be­reits 18:30 Uhr war, drück­te sich die Hit­ze in alle er­denk­li­chen Win­kel der Aula des Sport­gym­na­si­ums hin­ein. Als Rebecca er­schien, riss Ro­bert ge­ra­de an den Grif­fen sämt­li­cher Fens­ter, die es in dem Saal gab, wäh­rend Sa­bri­na auf der Büh­ne stand und sich mit ei­nem Pa­pier­strei­fen Luft zu­fä­chel­te. »Ich glau­be nicht, dass du Er­folg da­mit hast, Ro­bert. Im­mer­hin ist es drau­ßen auch nicht käl­ter als hier drin!«, rief sie mit ih­rer krat­zi­gen Stim­me dem Kol­le­gen zu. Un­ab­läs­sig we­del­ten ihre knol­li­gen Hän­de durch die sti­cki­ge Luft.

Rebecca steu­er­te auf Sa­bri­na zu, die an den Tisch trat, der sich ne­ben dem Red­ner­pult be­fand. Dort sor­tier­te sie zwei Sta­pel mit Zet­teln, Be­leh­run­gen und Über­sich­ten der Un­ter­neh­mun­gen. Die El­tern kann­ten den gro­ben Ab­lauf und soll­ten nun ge­nau­e­re In­struk­ti­o­nen er­hal­ten.

»Meinst du, dass alle El­tern da sein wer­den?«, frag­te Rebecca zö­ger­lich, weil sie einen bre­chend vol­len Raum be­fürch­te­te mit hun­der­ten Au­gen­paa­ren, die sie wie Dol­che durch­sto­ßen wür­den.

»Nein. Du brauchst kei­ne Angst zu ha­ben. Guck mal, man­che El­tern ha­ben ihr Kind am In­ter­nat un­ter­ge­bracht, weil sie in ei­nem ganz an­de­ren Bun­des­land woh­nen. Auf der an­de­ren Sei­te«, wäg­te Sa­bri­na ab, »neh­men sich et­li­che El­tern auch be­wusst frei, da­mit sie her­kom­men kön­nen.«

Bit­te nicht. Rebecca hoff­te auf einen ab­ge­mil­der­ten Zu­strom, wur­de aber ei­nes Bes­se­ren be­lehrt, denn die ers­ten Müt­ter und Vä­ter flu­te­ten be­reits den Saal. Wäh­rend ein Bruch­teil Rich­tung Büh­ne lief und die Tu­to­ren per­sön­lich be­grüß­te, lie­ßen sich die meis­ten El­tern­tei­le gleich nach dem Ein­tre­ten auf den Stüh­len nie­der. Da sich vie­le aus den Jah­ren der Klas­sen­ge­mein­schaft kann­ten, folg­ten lau­te Wort­wech­sel, teils über gan­ze Sitz­rei­hen hin­weg.

»Er­kennst du El­tern aus mei­nem Kurs?«, frag­te Rebecca ihre neue Kol­le­gin, wäh­rend sich ihr ge­hemm­ter Blick durch den Saal be­weg­te und ver­such­te, Ähn­lich­kei­ten zwi­schen Mut­ter und Toch­ter be­zie­hungs­wei­se zwi­schen Va­ter und Sohn zu ent­de­cken.

»Da sind schon wel­che da. Ju­li­as El­tern sehe ich«, sag­te Sa­bri­na, dreh­te ih­ren Kopf aber wie­der weg, um sich er­neut der Zet­tel­wirt­schaft auf dem Tisch­chen zu­zu­wen­den.

»Und sonst?«, frag­te Rebecca zö­ger­lich.

Sicht­lich ge­nervt stri­chen Sa­bri­nas skep­ti­sche Au­gen durch die Rei­hen der An­we­sen­den. »Ja, da sind noch wel­che da, glau­be ich. Ro­bert hat­te mehr­heit­lich dei­ne Leu­te in sei­ner Klas­se. Ich kann dir da we­nig hel­fen.«

Ro­bert re­de­te ab­seits der Büh­ne stark ges­ti­ku­lie­rend mit ei­nem El­tern­teil. Er lach­te. Ge­heu­chel­tes Ge­tue, schoss es Rebecca durch den Kopf. Ob­wohl: Bei Ro­bert war sie sich da nicht so si­cher. Er hat­te ir­gend­wie im­mer gute Lau­ne.

Rebecca dach­te zu­rück an die Zeit an ih­rer al­ten Schu­le: Sie hass­te El­tern­aben­de, weil sie sich einen gan­zen Abend lang ein Dau­er­grin­sen ins Ge­sicht mei­ßeln muss­te. Po­si­ti­ve Wor­te zu fin­den hat­te, wo es Kri­tik ge­ben soll­te. Bloß nicht an­e­cken, um nicht beim Schul­lei­ter zu sit­zen und sich recht­fer­ti­gen zu müs­sen.

So hing Rebecca ih­ren Ge­dan­ken nach. Ver­lo­ren stand sie auf der Büh­ne und be­trach­te­te die na­men­lo­se Mas­se, die sich in die Sitz­rei­hen zwäng­te. Sie muss­te zu­se­hen, ihre Auf­re­gung, die Vi­bra­ti­o­nen und Elek­tro­stö­ße durch ih­ren Kör­per schick­te, un­ter Kon­trol­le zu be­kom­men.

Es war heiß in der Aula.

Wie be­reits in den Ein­füh­rungs­ver­an­stal­tun­gen fühl­te Rebecca einen un­säg­li­chen Druck auf ih­rem Kör­per. Da sie nur leicht be­klei­det war – sie hat­te sich einen som­mer­lich kur­z­en Rock über­ge­wor­fen – konn­te sie we­nigs­tens das Schwit­zen halb­wegs re­gu­lie­ren. Bei ih­rem Bauch war sie sich da nicht so si­cher. Es drück­te und gur­gel­te laut hör­bar. Hät­te sie doch bloß zu Hau­se Abend­brot ge­ges­sen, an­statt mit lee­rem Ma­gen in die Schu­le zu ge­hen.

Und nun stand sie auch noch auf der Büh­ne! Sie konn­te sich nicht ein­fach in die ers­te Rei­he set­zen und sich ver­krie­chen. Erst recht durf­te sie nicht ab­hau­en. Ob­wohl sie nichts zu sa­gen brauch­te, son­dern von ih­ren bei­den Kol­le­gen vor­ge­stellt wur­de, droh­te ihr Herz aus der Brust zu sprin­gen, als sie die im­mer vol­ler wer­den­de Aula re­gis­trier­te und die in­ter­es­sier­ten Bli­cke der El­tern wahr­nahm, die sie er­dolch­ten.

»Gu­ten Abend, lie­be El­tern«, un­ter­brach die re­so­lu­te Stim­me von Sa­bri­na die Un­ru­he im Saal. Rebecca kne­te­te ihre durch­tränk­ten Hän­de vor dem Schoß und müh­te sich zag­haf­te Freund­lich­keit ab. »Ich freue mich, dass Sie so zahl­reich zu un­se­rem El­tern­abend er­schie­nen sind.« Eine kur­ze Pau­se. Rebeccas Au­gen wan­der­ten über die Un­be­kann­ten. »Wir wer­den Sie an die­sem Abend über die Fahrt nach Ita­li­en auf­klä­ren. Sie er­hal­ten das de­tail­lier­te Pro­gramm vor­ge­stellt. Au­ßer­dem be­kom­men Sie die Be­leh­run­gen mit­ge­teilt, die auch die Schü­ler von ih­ren Tu­to­ren er­hal­ten ha­ben oder noch er­hal­ten wer­den.«

Wie­der ließ Sa­bri­na ei­ni­ge Se­kun­den ver­ge­hen, be­vor sie wei­ter­sprach: »Zu­nächst aber zu der Frau, die hier ne­ben mir steht.« Sa­bri­na streck­te ihre wuls­ti­ge Hand nach Rebecca aus. »Frau Pe­ters wird in die­sem Schul­jahr die Schwan­ger­schafts­ver­tre­tung für Frau Frit­sche über­neh­men. Als Tu­to­rin wird sie uns selbst­ver­ständ­lich nach Ita­li­en be­glei­ten.« Sa­bri­na hielt kurz das Mi­kro­fon zu und wand­te sich an Rebecca: »Willst du noch selbst ein paar Wor­te zu dir sa­gen?«, frag­te sie.

Sa­bri­na hat­te noch nicht ein­mal den Satz be­en­det, da schüt­tel­te Rebecca schon mit schreck­ge­wei­te­ten Au­gen den Kopf. Ihr war gleich­gül­tig, wie das auf die an­we­sen­den El­tern wir­ken muss­te. So­lan­ge sie nicht ge­zwun­gen wur­de zu spre­chen.

»Frau Pe­ters steht Ih­nen für ein per­sön­li­ches Ken­nen­ler­nen zur Ver­fü­gung. Am Ende die­ser Ver­an­stal­tung kön­nen Sie gern mit ihr in Kon­takt tre­ten, wenn Sie Fra­gen zum Kurs ha­ben oder wenn Sie un­se­re neue Kol­le­gin ken­nen­ler­nen möch­ten.« Rebecca hoff­te, dass nicht all­zu vie­le da­von Ge­brauch ma­chen wür­den. In­ner­lich dank­te sie ih­rer neu­en Kol­le­gin da­für, dass sie nicht selbst vor al­len An­we­sen­den einen Mo­no­log füh­ren muss­te. Sa­bri­na zog die Mund­win­kel in die Höhe. Rebecca er­kann­te die Ge­quält­heit, die in ih­rer Mi­mik lag. Of­fen­bar war sie nicht die Ein­zi­ge, die Freund­lich­keit vor­täusch­te.

Mit je­dem wei­te­ren Satz, den Sa­bri­na durch das Mi­kro­fon sand­te, ent­spann­ten sich ihre Ner­ven und ihr Herz schlug in ei­nem ge­sün­de­ren Rhyth­mus. Ihre Kol­le­gin schien schon öf­ter der­ar­ti­ge El­tern­aben­de ab­ge­hal­ten zu ha­ben, da sie mit ei­ner Leich­tig­keit sprach, die Rebecca ehr­fürch­tig wer­den ließ. So­gar Ro­bert brauch­te kaum Er­gän­zun­gen vor­zu­neh­men, als Sa­bri­na den de­tail­lier­ten Ab­lauf mit­hil­fe ei­ner Pow­er Point Prä­sen­ta­ti­on er­klär­te und an die Ein­hal­tung der Re­geln ap­pel­lier­te. Erst, als ge­gen Ende der Ver­an­stal­tung Fra­gen ge­stellt wer­den durf­ten, misch­te sich Ro­bert in die Er­läu­te­run­gen ein. Aber auch er wirk­te kein biss­chen un­si­cher.

Ins­ge­samt dau­er­te es eine ge­schla­ge­ne Stun­de, bis alle Un­kla­r­hei­ten be­sei­tigt wa­ren und die El­tern zu­frie­den die Aula ver­lie­ßen. Nur we­ni­ge ka­men noch ein­mal nach vorn, um Rebecca per­sön­lich die Hand zu schüt­teln und mit ihr ins Ge­spräch zu kom­men. Sie lern­te die El­tern von Ju­lia ken­nen, und auch die Mut­ter von Eme­ly war er­schie­nen. Ihre Schü­le­rin mach­te im­mer so einen ein­ge­schüch­ter­ten Ein­druck. Ihre Mut­ter hin­ge­gen strahl­te Le­bens­mut und Elan aus. Die Wor­te spru­del­ten nur so aus ihr her­aus, als sie wis­sen woll­te, wie es ih­rer Toch­ter ging. Da Rebecca die Klas­sen­kon­stel­la­ti­o­nen da­vor nicht kann­te, konn­te sie der Mut­ter we­nig Rü­ck­mel­dun­gen ge­ben. Sie zog trotz al­lem be­ru­higt ab und Rebecca war froh, dass nie­mand sonst ihre wert­vol­le Abend­ru­he stör­te.

Am Diens­tag er­war­te­te sie Li­nus. Rebecca saß auf ei­ner Bank im Schul­hof. Über ihr spen­de­te das dich­te Ge­äst ei­ner Kas­ta­nie ein we­nig Schutz vor der Son­ne, die nach wie vor un­er­bitt­lich ihre Kraft zur Erde schick­te. Rebecca spür­te das hei­ße Holz un­ter ih­rem Ober­schen­kel, da sie einen ka­rier­ten Fal­ten­rock trug, der ihr noch nicht ein­mal bis zum Knie reich­te.

Sie war­te­te. Ent­we­der kam Li­nus nicht pünkt­lich aus dem Un­ter­richt oder er ließ sie be­wusst war­ten. Letz­te­res glaub­te Rebecca al­ler­dings nicht, da sie ih­ren Schü­ler für zu­ver­läs­sig und acht­sam hielt. Doch nun das: Fünf Mi­nu­ten wa­ren ver­stri­chen, ohne dass Li­nus er­schien. Kost­ba­re Zeit, die sie drin­gend be­nö­tig­te, um mit ihm zu spre­chen.

Die Schwing­tür des Schul­ge­bäu­des öff­ne­te sich und her­aus trat Li­nus, der so­fort in eine Glo­ri­o­le aus Son­nen­licht ge­taucht wur­de, als er den Schul­hof durch­schritt. Sei­ne wei­ße Haut an den Ar­men und an den Bei­nen bil­de­te einen auf­fal­len­den Kon­trast zu der dunk­len Klei­dung, die er am Kör­per trug.

»Ent­schul­di­gen Sie bit­te, Frau Pe­ters«, sag­te er, »aber Herr Krenz hat noch mit mir …«

»Ist gut«, fiel sie ihm ins Wort. »Setz dich erst ein­mal hin und dann re­den wir in Ruhe, okay?«

Li­nus nick­te, stell­te sei­nen Ruck­sack ab und ließ sich auf die Bank nie­der.

Rebecca blick­te in ihre Un­ter­la­gen. Sie woll­te nach­se­hen, wel­che Fra­gen sie ih­rem Schü­ler un­be­dingt stel­len muss­te. Li­nus dreh­te sei­nen Ober­kör­per leicht in ihre Rich­tung.

»Er­zähl mir, wie du an die­se Schu­le ge­kom­men bist. Du bist im­mer­hin ein Jahr äl­ter als dei­ne Mit­schü­ler.«

»Ich kom­me ur­sprüng­lich nicht aus die­ser Stadt. Mei­ne Fa­mi­lie wohnt gute hun­dert Ki­lo­me­ter weg. Ich habe in mei­ner al­ten Hei­mat die zehn­te Klas­se mit ganz pas­sablen No­ten ab­ge­schlos­sen.«

»Und da woll­test du das Ab­itur nach­ho­len, oder wie?«

»In der Grund­schu­le war ich in ei­nem Hand­ball-Ver­ein. Ich habe wahn­sin­nig gern Hand­ball ge­spielt, müs­sen Sie wis­sen. Vie­le Kin­der ka­men und gin­gen. Ich war ir­gend­wie im­mer in die­sem Ver­ein ak­tiv, vie­le vie­le Jah­re lang. Mit je­der Trai­nings­stun­de ver­bes­ser­te ich mich. Das gab mir un­glaub­lich Selbst­ver­trau­en. Ir­gend­wann kam der Trai­ner auf mich zu und mein­te, dass er mehr in mir sieht. Er sag­te, wenn ich wei­ter übe, wür­de ich es noch weit brin­gen mit dem Sport. Er er­kann­te, dass ich sehr ehr­gei­zig war. In der Schu­le hat­te ich da­mals kei­ne be­son­ders gu­ten No­ten. Ich schwamm im­mer im Mit­tel­feld mit, aber es gab kein Fach, in dem ich be­son­ders gut war. Sport al­ler­dings habe ich schon im­mer gern ge­macht, ob­wohl es ei­ni­ge Jun­gen gab, die bes­ser wa­ren als ich. Als mich der Trai­ner un­se­res Ver­eins ge­lobt hat, war es das ers­te Mal, dass mir je­mand ein Kom­pli­ment ge­macht hat, das sich auf den Sport be­zog. Ich war mega stolz auf mich. Also dach­te ich: Mach was aus dei­ner Lei­den­schaft und stu­die­re Sport! Da­für reich­te aber der Re­al­schul­ab­schluss nicht aus. Also habe ich mich nach der zehn­ten Klas­se hier be­wor­ben und wur­de ge­nom­men. Die Auf­nah­me­prü­fung war schwer. Da wur­den Dis­zi­pli­nen ab­ge­prüft, die mir nicht so lie­gen. Sprint zum Bei­spiel ist gar nicht meins.« Li­nus senk­te den Kopf und starr­te auf die aus­ge­dörr­te Erde zu sei­nen Fü­ßen. Mit den Turn­schu­hen zeich­ne­te er Krei­se in den tro­ckenen Sand.

»Aber nun bist du ja hier«, lä­chel­te Rebecca ihn an. Li­nus hob sein Ge­sicht und blick­te sie an. Da lag et­was in sei­nen grü­nen Iri­den, das sie nicht er­grün­den konn­te.

»Ich bin nach der Schu­le um­ge­zo­gen, im In­ter­nat un­ter­ge­kom­men und muss­te die zehn­te Klas­se wie­der­ho­len. Seit­dem ken­ne ich auch Ce­d­ric.« Ein dunk­ler Schat­ten leg­te sich um sei­ne Au­gen. Zu­min­dest glaub­te Rebecca, eine kur­ze Re­ak­ti­on, ein Zu­cken um sei­ne Au­gen­par­tie, wahr­ge­nom­men zu ha­ben.

Da er die An­deu­tung selbst gab, bohr­te Rebecca wei­ter nach. »Wie ist dein Ver­hält­nis zu ihm?«

Er hielt kurz inne, dann frag­te Li­nus: »Bleibt das Ge­spräch un­ter uns?«

Sie nick­te. Das gab ihm das nö­ti­ge Ver­trau­en, um wei­ter­zu­spre­chen: »Als ich in nach mei­nem Ab­schluss her­kam, war Ce­d­ric der Schwarm der Mäd­chen. So­wohl in un­se­rer Klas­se als auch in der Stu­fe. Ich glau­be, dass ihn auch man­che Acht- oder Neunt­kläss­le­rin an­ge­schmach­tet hat.« Der Neid zer­fraß ihn. »In un­se­rer Klas­se gab es noch elf an­de­re Jungs, mit mir zwölf, aber Ce­d­ric war der ab­so­lu­te Star. Beim Sport war er im­mer der Bes­te, ob­wohl er an­sons­ten nicht un­be­dingt gute No­ten hat­te. Aber dazu kön­nen Sie ihn selbst be­fra­gen.«

Rebecca hör­te in­ter­es­siert zu. Ob­wohl Li­nus sehr kon­trol­liert sprach, merk­te sie trotz­dem, dass es in dem Ju­gend­li­chen ar­bei­te­te, denn er zog die Au­gen­par­tie zu­sam­men und ver­kniff den Mund zu ei­nem dün­nen Schlitz. Sein Ge­sicht war schmal, aber nicht un­be­dingt häss­lich. Er be­saß eine ge­ra­de Nase, die ihm einen ele­gan­ten Touch ver­lieh. Sei­ne schwa­r­zen Haa­re wa­ren ak­ku­rat ge­schnit­ten. Nicht so un­ge­zähmt wie die sei­nes Mit­schü­lers. Li­nus trug ein ziem­lich auf­dring­li­ches Pa­r­fum, das Rebecca be­reits in der Dis­co un­an­ge­nehm auf­ge­fal­len war. Es stach in ih­rer Nase. Da sie nicht un­freund­lich sein woll­te, blieb sie nah ne­ben ihm sit­zen, auch wenn der pe­ne­tran­te Ge­ruch ihr zu schaf­fen mach­te.

»Je­den­falls ließ er mich recht of­fen­sicht­lich wis­sen, dass er von mei­nen sport­li­chen Leis­tun­gen nicht viel hielt.« Li­nus press­te die Lip­pen noch fes­ter auf­ein­an­der und über­leg­te be­müht, was er preis­ge­ben woll­te. Er sprach aber nicht wei­ter.

»Wur­dest du ge­mobbt?«, sprach Rebecca die Ver­mu­tung of­fen­siv aus.

»Nicht di­rekt«, deu­te­te er an. »Er hat es mir nie ins Ge­sicht ge­sagt, was er von mir hält. Aber wenn ich zum Bei­spiel ge­rannt bin, hat er manch­mal selt­sa­me Ge­räu­sche von sich ge­ge­ben, ge­pfif­fen oder sich in ei­nem ganz spe­zi­el­len Ton­fall ge­räus­pert. Alle an­de­ren Jungs ha­ben mich ko­misch an­ge­glotzt. Ich den­ke, dass sie hin­ter mei­nem Rü­cken ge­läs­tert ha­ben. In der Um­klei­de­ka­bi­ne wur­de es je­den­falls im­mer still, wenn ich rein­kam.«

Rebecca be­schloss, Ce­d­ric un­auf­fäl­lig dazu zu be­fra­gen, ohne ihr Ge­spräch mit Li­nus zu er­wäh­nen. »Re­den wir doch mal dar­über, dass ihr bei­de in ei­nem Kurs seid.«

»Sie mei­nen, weil wir bei­de Deutsch-Leis­tungs­kurs ge­wählt ha­ben und nicht Ma­the? Nun ja, ich bin eine Nie­te in Ma­the. Von da­her war klar, dass ich nach der zehn­ten Klas­se Deutsch als Leis­tungs­kurs neh­men wer­de. Ce­d­ric hat­te ähn­li­che Pro­ble­me mit den Zah­len und Glei­chun­gen. Alle an­de­ren Jungs ha­ben sich für den Ma­the-Leis­tungs­kurs ent­schie­den. Ich habe in­stän­dig ge­hofft, im an­de­ren Deutsch-Kurs zu sein, aber das Schick­sal woll­te es, dass wir zu­sam­men­blei­ben. Hm…« Ein an­ge­spann­tes Grin­sen trat auf sein Ge­sicht.

»Hat sich das Ver­hält­nis zwi­schen euch ge­bes­sert, als ihr in die elf­te Klas­se ge­kom­men seid?«, woll­te Rebecca wis­sen, weil Li­nus nach wie vor auf­ge­rührt wirk­te.

»Wir wa­ren die ein­zi­gen Jun­gen im Kurs. Ir­gend­wie hat sich Ce­d­ric am ers­ten Schul­tag in der elf ne­ben mich ge­setzt. Frau Frit­sche hat ganz er­staunt ge­guckt, als sie uns auf ei­ner Bank ge­se­hen hat. Sie wuss­te na­tür­lich, dass wir kei­ne Freun­de wa­ren. Aber schein­bar hat­ten die Som­mer­fe­ri­en da­vor be­wirkt, dass Ce­d­ric ein­fach die zehn­te Klas­se ver­ges­sen hat. Er saß dort am ers­ten Tag nach den Fe­ri­en und seit­dem im­mer. Aber nur im Tu­tor­kurs. So­bald Pau­se war und er mit sei­nen Freun­den ab­hing oder wenn er mit sei­nen frü­he­ren Kum­pels zu­sam­men Un­ter­richt hat­te, war ich Luft.«

Rebecca schwieg. Ließ nach­wir­ken, was er ihr of­fen­bar­te.

»Hast du noch den Wunsch, Sport zu stu­die­ren?«

»Un­be­dingt. Ich ar­bei­te sehr hart da­für, trai­nie­re im­mer flei­ßig, wenn ich nach­mit­tags im In­ter­nat bin.« In sei­ner Stim­me lag der un­be­ding­te Wil­le, sein Ziel zu er­rei­chen. Das ach­te­te Rebecca sehr. Bis­her hat­te sie ge­glaubt, in Li­nus einen we­nig ehr­gei­zi­gen Schü­ler zu fin­den. Doch er steck­te vol­ler Über­ra­schun­gen. Auch als er ihr er­zähl­te, dass er sehr gläu­big er­zo­gen wur­de und sich spä­ter eine Fa­mi­lie mit Kin­dern wünsch­te.

»Hast du schon eine Freun­din, mit der du die­sen Plan durch­zie­hen willst?«

Doch auch dar­auf re­a­gier­te Li­nus selt­sam in sich ver­sun­ken. »Ich hat­te noch nie eine Freun­din«, sag­te er und blick­te Rebecca zum ers­ten Mal in die­ser Un­ter­hal­tung für län­ge­re Zeit in die Au­gen, ohne wei­ter­zu­spre­chen. Ein Krib­beln durch­zuck­te die Luft. Der Schul­hof knis­ter­te. Das Grün über ih­ren Köp­fen be­weg­te sich kei­nen Mil­li­me­ter. Rebecca spür­te den ver­dorr­ten Bo­den un­ter ih­ren Fuß­soh­len. Sie hat­te die Pumps aus­ge­zo­gen und streif­te mit dem gro­ßen Zeh den war­men Sand. Li­nus stieß mit sei­nem Bein an ihr nack­tes Knie an. Statt es so­fort zu­rück­zu­zie­hen, harr­te es dort aus. Er drück­te sein Bein so­gar noch fes­ter ge­gen ih­res. Sie hiel­ten die Zeit mit ih­rem Schwei­gen an.

Die Hand von Li­nus, die bis­her auf sei­nem Ober­schen­kel ge­le­gen hat­te, rück­te nur we­ni­ge Zen­ti­me­ter in Rich­tung sei­nes Knies. Zen­ti­me­ter, die aus­reich­ten, um auch Rebeccas Haut zu strei­fen. Sie schluck­te und ließ zu, dass er sie zart be­rühr­te. Se­kun­den ver­stri­chen, in de­nen sie gar nichts fühl­te, au­ßer den sanf­ten Druck der Fin­ger­kup­pen auf ih­rem Knie. Erst ein Wind­hauch riss sie aus ih­rer Le­thar­gie.

»Okay«, sag­te sie und zer­schnitt den Mo­ment mit ih­rer lau­ten Stim­me. Li­nus zog die Hand zu­rück und er­hob sich ge­mein­sam mit ihr. »Ich dan­ke dir, dass du so of­fen warst und mir so viel er­zählt hast. Ich den­ke, dass du das Abi schaf­fen kannst, aber dir auch ir­gend­wie klar ma­chen musst … Dass es ein wei­ter Weg für dich ist. Ich mei­ne, dass du in den Fä­chern, die dir Pro­ble­me be­rei­ten … Also in Ma­the und Phy­sik ir­gend­wie die Kur­ve schaffst.« Sie ei­er­te furcht­bar her­um, an­statt kla­re An­sa­gen zu ma­chen. Sei­ne Au­gen la­gen trotz­dem kon­zen­triert auf ih­rem Ge­sicht und be­weg­ten sich erst von dort weg, als sie ihre Ta­sche er­griff und mit ihm Rich­tung Schul­haus ging.

»Ver­zei­hen Sie mir?«, wech­sel­te Li­nus un­er­war­tet das The­ma und sorg­te da­für, dass Rebecca kurz vor dem Ein­tritt ins Ge­bäu­de in­ne­hielt.

»Was?«

Li­nus for­cier­te einen Au­gen­kon­takt, der viel zu in­ten­siv war.

»Dass ich in der Dis­co mit Ih­nen ge­flir­tet habe.«

Er wuss­te es also doch noch. »Ich dach­te, du wärst zu be­trun­ken ge­we­sen, um dich dar­an zu er­in­nern.«

»Ce­d­ric war sehr spenda­bel an die­sem Abend. Er hat alle aus der Stu­fe, die in die Dis­co kom­men woll­ten, ein­ge­la­den. Er hat den Ein­tritt be­zahlt, die Ge­trän­ke. Ein­fach al­les.« Wo­her hat­te er so viel Geld? Be­vor sie nach­fra­gen konn­te, re­de­te Li­nus wei­ter. »Es hat mich ge­freut, dass ich mal raus­kam und Ce­d­ric aus­ge­ge­ben hat. Da hat­te ich viel­leicht das ein oder an­de­re Bier­chen zu viel in­tus.«

»Und dann hast du mich ge­se­hen und ge­dacht …« Sieht gut aus, kann ich mal pro­bie­ren. Rebecca ver­kniff sich, ins De­tail zu ge­hen. Sie ahn­te, dass er mehr für sie fühl­te.

»Alle Mäd­chen hat­ten nur Au­gen für Ce­d­ric an die­sem Abend«, sag­te er. Und nach ei­ner Pau­se füg­te er hin­zu: »Sie auch.« Dass er sich trau­te, mit ihr über sol­che pi­kan­ten Din­ge zu spre­chen. Rebecca wuss­te nicht, wie sie dem Ge­spräch et­was Un­ver­fäng­li­ches ab­ge­win­nen konn­te, ohne sich zu ver­stri­cken. Ohne ihm Ant­wor­ten zu lie­fern, die sich nicht ge­ziem­ten.

Sie schwieg da­her ein­fach. Und sieg­te, denn Li­nus setz­te die Un­ter­hal­tung fort: »Also, was ist? Ver­zei­hen Sie mir?«

»Schwamm drü­ber. Ich muss jetzt in den Un­ter­richt.«

Er nick­te, hielt ihr die Tür zum Schul­ge­bäu­de auf und ver­schwand in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung. Nicht ohne Rebecca vor­her ein dop­pel­deu­ti­ges Lä­cheln zum Grü­beln mit­zu­ge­ben.

»Ich hat­te euch ja schon ge­sagt, dass wir uns ei­ni­ge Ge­dich­te aus der Zeit des Sturm und Drang an­se­hen, be­vor wir nach der Kurs­fahrt mit den ›Räu­bern‹ von Fried­rich Schil­ler ein­stei­gen. Ich habe ein Ar­beits­blatt vor­be­rei­tet, auf dem vier Ge­dich­te ent­hal­ten sind«, sag­te Rebecca und zeig­te den vor­be­rei­te­ten Blät­ter­sta­pel in die Höhe.

»Ihr wer­det gleich zu dritt zu­sam­me­n­a­r­bei­ten und sollt je­weils ein Ge­dicht da­von un­ter­su­chen.« Da­mit überg­ab sie Vic­to­ria den Schwung an Blät­tern, die so­fort auf­stand und mit dem Ver­tei­len be­gann.

Das Los ent­schied. Li­nus wur­de Sa­rah und Ju­lia zu­ge­teilt. Ce­d­ric soll­te mit Eme­ly und He­le­na zu­sam­me­n­a­r­bei­ten. Als die Zu­ord­nung vor­ge­le­sen wur­de, strahl­te Eme­ly wie ein Ho­nig­ku­chen­pferd. Sie war so was von ver­knallt in Ce­d­ric, dass sie er­rö­te­te, als sie sich an einen ge­mein­sa­men Tisch setz­ten und ihr männ­li­cher Mit­schü­ler ihr di­rekt ge­gen­über­saß. Scheue Bli­cke wur­den ge­wech­selt. Eme­ly konn­te dem Au­gen­kon­takt mit ihm über­haupt nicht stand­hal­ten. Sie schau­te im­mer wie­der auf das Pa­pier, das sich un­ter ih­ren klam­men Fin­gern ver­bog. »Er ist so süß«, wa­ren ihre Wor­te, als sie vor Kur­z­em mit Rebecca das Ge­spräch ge­führt hat­te. Ce­d­ric schien gar nicht zu be­mer­ken, dass die Mit­schü­le­rin tie­fe­re Ge­füh­le für ihn heg­te, son­dern war nur dar­an in­ter­es­siert, die Auf­ga­ben­stel­lung mög­lichst schnell zu er­fül­len, um da­nach quat­schen oder auf sein Han­dy schau­en zu kön­nen.

Ei­ni­ge Grup­pen ver­zo­gen sich nach drau­ßen, zwei blie­ben im Klas­sen­raum sit­zen, dar­un­ter Ce­d­ric mit sei­nen Mäd­chen. Rebecca be­ob­ach­te­te, wie er zur In­ter­pre­ta­ti­on ei­nes Ge­dichts an­setz­te, aber von He­le­na aus den An­geln ge­ho­ben wur­de. Mit ihr hat­te sich Rebecca ges­tern un­ter­hal­ten. Sie war eine der Spit­zen des Kur­ses, un­glaub­lich ehr­gei­zig, in al­len Fä­chern sehr be­müht, den An­for­de­run­gen ge­recht zu wer­den. Das streb­sa­me Aus­se­hen un­ter­strich sie durch einen stren­gen Zopf, der ihr ge­mein­sam mit dem stram­men Ge­sicht und den böse bli­cken­den Au­gen das Aus­se­hen ei­ner Do­mi­na ver­lieh.

Ce­d­ric hat­te ih­ren Aus­sa­gen über­haupt nichts ent­ge­gen­zu­set­zen und so wur­de letzt­lich die Deu­tung von He­le­na ge­wählt. Eme­ly hat­te so­wie­so nichts zur Un­ter­hal­tung bei­zu­tra­gen, son­dern saß stumm auf ih­rem Platz und glitt mit ih­ren Au­gen an Ce­d­ric auf und ab, der noch im­mer nicht durch­schau­te, mit wel­cher In­brunst er an­ge­st­arrt wur­de. Nur Rebecca merk­te das Knis­tern in der Luft. Sie wür­den ein ver­dammt sü­ßes Pär­chen ab­ge­ben, mut­maß­te sie, als sie die bei­den be­trach­te­te.

Nach zwan­zig Mi­nu­ten tauch­ten die an­de­ren Grup­pen auf, so­dass die Prä­sen­ta­ti­o­nen der Ge­dich­te be­gin­nen konn­ten. Ce­d­rics Grup­pe war die letz­te. Als sie dran wa­ren, er­hob er sich we­nig ener­gisch vom Platz und schlen­der­te nach vorn. He­le­na ging stram­men Schrit­tes Rich­tung Lehrer­tisch. Sie strahl­te ein Selbst­be­wusst­sein aus, das Rebecca Angst mach­te. Wenn Sie je­mals mit He­le­na in einen Dis­put ge­ri­et, konn­te sie schon jetzt die Gei­gen ein­pa­cken. Der lan­ge Zopf von He­le­n­as pech­schwa­r­zen Haa­ren flog von links nach rechts, als sie sich nach vorn be­weg­te. Eme­ly trot­te­te ih­ren Mit­schü­lern hin­ter­her. Es war klar, dass sie nichts zu mel­den hat­te. Mit ei­nem sol­chen Auf­tre­ten wür­de sie un­mög­lich bei Ce­d­ric lan­den kön­nen, der si­cher­lich auf Mäd­chen mit Cha­rak­ter stand. Eme­ly sah zwar bes­ser aus als He­le­na, aber sie wür­de nie über den Sta­tus ei­nes grau­en Mäus­chens hin­aus­ge­lan­gen.

»Wir ha­ben uns das Ge­dicht ›Der Bau­er an sei­nen Durch­lauch­ti­gen Ty­ran­nen‹ von Gott­fried Au­gust Bür­ger an­ge­se­hen«, stieg He­le­na forsch in die In­ter­pre­ta­ti­on ein.

»Wie ihr le­sen könnt, geht es um einen Bau­ern, der sei­nen Herrn an­klagt. Er wirft ihm zum Bei­spiel vor, dass sein Jagd­hund über den Acker rennt, den er be­wirt­schaf­ten muss.«

Wäh­rend He­le­na das Ge­dicht für die Mit­schü­ler aus­ein­an­der­nahm, stan­den Ce­d­ric und Eme­ly schwei­gend da­ne­ben. Ce­d­ric schau­te ent­we­der ge­lang­weilt aus dem Fens­ter oder warf ge­nerv­te Bli­cke in Rich­tung Lara. Es war of­fen­sicht­lich, was er da­von hielt, Deutsch zu ha­ben. Eme­ly schau­te scheu durch den Raum oder lug­te ver­stoh­len nach rechts zu Ce­d­ric. Da­bei knab­ber­te sie ner­vös an ih­rer Un­ter­lip­pe her­um. He­le­na be­en­de­te ihre Aus­füh­run­gen sou­ve­rän.

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