Kitabı oku: «Würde Jesus bei IKEA einkaufen?», sayfa 3
Vom Schreibtisch zum Herzen
So weit so gut, jedem sei ein ordentlicher Schreibtisch und ein glückliches Leben gegönnt. Und doch frage ich mich, ob das auf diese Weise gefundene Lebensglück auf Dauer auch wirklich hält. Sicher ist es gut, sich auf die wichtigsten Dinge des Lebens zu konzentrieren, nicht jedem Trend hinterherzuhecheln und Ordnung und Zufriedenheit in sein Leben zu bekommen. Biblische Prinzipien aus dem Alten wie Neuen Testament zeigen, dass Gott sich für die innere und die äußere Gestaltung unseres Lebens interessiert.
Wir kümmern uns oft um alles Mögliche, gehen in der frommen Szene ein und aus und wollen keinen geistlichen Trend verpassen. Wir können die Zeichen der Zeit deuten, haben immer einen Blick auf Israel, diskutieren, wer und was bibeltreu ist, und erhoffen uns von der nächsten Konferenz endlich das ersehnte geistliche Feuer, das den Tretmühlen des Alltags länger als zwei Wochen standhält. Wir wollen endlich die Bibelstellen begreifen, über die schon Augustin und Luther gestolpert sind und über die wir einen super Vortrag gehört haben, ohne auch nur das Geringste zu verstehen. Ja, wir lieben es, in die Tiefe zu gehen!
Aber vielleicht brauchten wir es wieder einfacher. Vielleicht sollte hier die »Revolte gegen das Zuviel« starten. In unserem Herzen. In unserem Handeln. In unseren geistlichen Prioritäten. Vielleicht sind die Grundbegriffe des Glaubens mal wieder dran. Gott lieben. Meinen Nächsten lieben. Ihm vorleben in Wort und Tat, was Christus mir bedeutet. Vergebung empfangen und anderen vergeben. Die ganz einfachen Dinge der Bibel wieder neu entdecken und neu aufatmen in der Gegenwart Jesu. Frommen Ballast abwerfen und meinen geistlichen Stolz besiegen. Die Bibel frei und unvoreingenommen neu entdecken und in Gottes offenen Armen grenzenlose Freiheit spüren. Das ist wahre Revolte!
Zum Weiterdenken:
• Bruder Lorenz, All meine Gedanken sind bei dir – In Gottes Gegenwart leben. Herausgeg. von Reinhard Deichgräber, Neufeld, Schwarzenfeld
• Richard J. Foster, Das Geschenk der Einfachheit – Wege zum erfüllten Leben, R. Brockhaus, Witten
»Deine Armut kotzt mich an!«
Manchmal fällt es mir schwer, mich an die Gebote unseres Herrn zu halten, vor allem, wenn es um Nächstenliebe oder sogar Feindesliebe geht. Natürlich bin ich ein friedliebender Christ. Aber es gibt Situationen, da wünschte ich mir eher den Inhalt eines Rachepsalms als die Seligpreisungen. So erging es mir, als ich kürzlich auf einem superedlen BMW 850 Coupé den Aufkleber: »Deine Armut kotzt mich an!« sah. Alles, was an Gerechtigkeitswahn in mir vorhanden war, bäumte sich auf und ich hatte den unbändigen Wunsch, den Besitzer dieses Wagens um genau diesen ärmer zu machen. Meine Gedanken blitzten sündig in mir auf und ich überlegte für den Bruchteil einer Sekunde, ob es verdient wäre, mit meinem Schlüssel neben seinen Aufkleber: »... und mich kotzt deine geistige Armut an!« in den Lack zu ritzen. Oder wenigstens die Reifen aufzuschlitzen. Zum Glück wurden meine autonomen Aussetzer schnell von meinem frommen Verstand besiegt und ich begann, für den Besitzer des Autos zu beten.
Nein, das hätte ich vielleicht machen sollen, habe ich aber nicht geschafft. Ich bin, um ehrlich zu sein, einfach wütend weggestapft und in meinem Hirn tanzten die verschiedensten Gedanken durcheinander. Nach einer Weile regte ich mich ab und es blieb die unangenehme Frage nach meiner sozialen Verantwortung, nach unserer Verantwortung als Christen gegenüber den Ärmsten der Armen. Klar, sie kotzen uns nicht an. Im Gegenteil, sie wecken unser Mitleid und, wenn es gut läuft, öffnen sie sogar unseren Geldbeutel. Aber ist es damit getan? Geht das Leben nicht so schnell weiter, dass wir uns um das normale Elend gar nicht kümmern können? Weiter bis zum nächsten Missionsvortrag, in dem einen die dickbäuchigen Kinder mit ihren fliegenverklebten Augen so notvoll anschauen, dass wir wieder unseren Geldbeutel öffnen, unser Gewissen beruhigen und ...
... und was sagt Jesus? Bitte, kein frommes Ende, kein moralischer Schluss; ist das Leben nicht hart genug? Ja, weil wir uns oft nur um uns selber drehen und die Augen verschließen vor denen, die Gott liebt. Wir kreisen um unsere Alltagsprobleme, sind dabei chronisch unzufrieden und versinken in Selbstmitleid. Dabei vergessen wir, dass wir unseren Glauben ohne Angst ausüben können, ohne bedroht, gefoltert oder getötet zu werden – im Gegensatz zu drei Milliarden Menschen auf der Erde. Wir vergessen, dass wir Essen im Kühlschrank, Kleider am Leib, ein Dach über dem Kopf und einen Platz zum Schlafen haben und somit reicher als 75 Prozent der Menschen dieser Erde sind. Dass – wenn wir Geld auf der Bank und in unseren Portemonnaies haben – wir zu den privilegierten acht Prozent dieser Welt gehören. Schon wieder vergessen?
Gott stellte sich sowohl im Alten als auch im Neuen Testament auf die Seite der Armen, der Ausgestoßenen, der Vertriebenen. Gott ist ein Gott der Gerechtigkeit, auch der sozialen Gerechtigkeit. Gott freut sich nicht am Elend dieser Welt, sondern er hat uns den Auftrag gegeben, etwas dagegen zu tun! Wir haben Verantwortung, nicht nur für unser eigenes geistliches Süppchen, sondern auch für die Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Jesus identifiziert sich mit den Armen (den Asylbewerbern, den Alleinerziehenden, den Obdachlosen, den Einsamen, den Enttäuschten ...) und wird dich später mal fragen, ob du ihnen zu essen gegeben hast. Zu trinken? Kleider? Besucht? (Matthäus 25,31–46)?
Äh, nur mal so vorneweg: Hast du?
Zum Weiterdenken:
• Leonardo Boff, Dass ich liebe, wo man hasst – Das Friedensgebet von Assisi, Patmos, Düsseldorf
• Tobias Faix/Stephan Volke (Hrsg.), WELTBLICK — Was Christen über Armut denken ... Die Compassion-Studie, Neufeld, Schwarzenfeld
• René Padilla, Anstiftung – Evangelium für die armen Reichen, Brendow, Moers
Würde Jesus bei IKEA einkaufen?
Wie hieß noch das Thema eben? Da ging es doch um ..., genau, äh ... »Deine Armut kotzt mich an!« Danke, wusste ich’s doch. Irgendwas mit sozialer Verantwortung von uns Christen und dass es uns in Deutschland eigentlich besser geht, als wir manchmal zugeben wollen. Tja, so ist das: Gehört, kurz betroffen zu Boden geschaut und dann geht der Alltagstrott weiter. Sorry, dass ich dich damit jetzt wieder nerve. Aber das Thema ist zu wichtig, als dass es in Vergessenheit gerät.
Armut und unser Umgang als Christen damit? Berührt mich das überhaupt? Bin ich arm? Wenn ich ehrlich bin, eher nicht! Mir geht’s eigentlich ganz gut, auch wenn wir das manchmal im Konsumrausch unserer postmodernen Optionsgesellschaft vergessen. Wie gesagt: Wenn du Kleider am Leib, eine Wohnung und sogar etwas Geld in deinem Geldbeutel oder auf dem Konto hast, gehörst du zu den acht Prozent Privilegierten dieser Welt. Also: 92 Prozent der Weltbevölkerung geht es schlechter als dir. Das solltest du nicht vergessen, wenn es mal wieder nicht so rund bei dir läuft.
Aber ist das alles? Ist dieses Thema damit abgehakt? Wie bewusst lebe ich überhaupt? Interessiere ich mich nur für meinen Mikrokosmus oder schaffe ich es, einen Blick über den Tellerrand meiner eigenen kleinen Welt zu werfen? Wie gehe ich mit meinem Leben um? Wie verantwortlich bin ich und vor allem, wofür habe ich Verantwortung? Für das, was ich täglich mache? Für mein Geld? Wie ich es ausgebe? Was ich kaufe? Was kaufe ich denn? Ist mir das überhaupt klar? Wen unterstütze ich mit meiner Kaufkraft und wen beute ich dadurch aus?
Ich habe beim Schreiben dieses Abschnitts ein kleines Spiel gemacht, indem ich mich gefragt habe, in welchen Ländern wohl die meisten Gegenstände, Klamotten etc. aus meiner Wohnung hergestellt wurden (das »Made-in-Spiel«). Das Ergebnis war erstaunlich:
Mein IKEA-Regal kommt aus Polen, mein IKEA-Schrank aus China und Tschechien, mein Pullover aus der Türkei, meine Turnschuhe aus Südkorea, das (deutsche) Kinderbuch meiner Tochter aus China, meine Lautsprecherboxen auch aus China, meine IKEA-Deckenlampe auch aus China, meine Glühbirnen wieder aus China, das Quietsche-Entchen meiner Tochter, ja, genau ... China, mein Taschenrechner, schon wieder China, meine JesusHouse-Kappe, tut mir leid: auch China, meine Trinkbecher aus Thailand, mein Werkzeugkoffer aus Israel, mein Monitor aus Thailand, meine Schüsseln aus Malaysia, meine Vorhänge aus Rumänien, mein CD-Player aus Korea, meine Mexx-Jacke aus Hongkong. Und so könnte ich seitenweise fortfahren ...
Mach das kleine Spiel bei dir zu Hause auch mal. Woher kommen deine Klamotten und Einrichtungsgegenstände? Schau doch mal nach!
Es ist schon erstaunlich, was für Länder dabei herauskommen. Darunter sind Länder, in denen die Menschenrechte nicht gerade groß geschrieben werden. Länder, in denen es keinen Mindestlohn und keine Arbeitszeitbegrenzung gibt. Länder, wo selbst Kinder arbeiten müssen. Länder, wo Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt werden. Länder, in denen fast wahllos die Todesstrafe verhängt wird. Länder, in denen Menschen verhungern. Länder, in denen Krieg und Elend herrscht. Länder ...
Worauf kommt es mir beim Einkaufen an: »Hauptsache billig«? (Damit ich natürlich noch mehr Geld in die Mission geben kann! Oder doch in den Urlaub fliegen?) Wir haben Verantwortung auch für Menschen, denen wir nie persönlich begegnen. Dessen sollten wir uns bewusst sein. 92 Prozent der Menschen geht es schlechter als mir. Einige von ihnen arbeiten vielleicht, ohne dass ich es überhaupt wahrnehme, für einen Hungerlohn für mich und meinen Wohlstand. Hauptsache billig ist nicht immer das beste Argument. Ich jedenfalls bin über mich und meine Kaufgewohnheiten erschrocken und habe mich gefragt: Würde Jesus bei IKEA einkaufen?
P. S. Da fällt mir ein: War Jesus nicht Zimmermann?
Zum Weiterdenken:
• Garth Lean, Wilberforce – Lehrstück christlicher Sozialreform, Brunnen, Gießen
• Ronald J. Sider, Die Jesus-Strategie, Brendow, Moers
Warum Nächstenliebe mit fairem Handel zu tun hat
und Glauben mit dem Spritverbrauch meines Autos
Rückblick: Ich studiere in Amerika, an der Columbia International University, Theologie. Ich freunde mich mit meinen amerikanischen Kollegen an. Wir diskutieren, lachen und kommen irgendwann und irgendwie auf das Thema Umweltschutz zu sprechen. Ich weise vorsichtig darauf hin, dass Amerika da wohl noch einiges zu lernen habe, Mülltrennung ist ein Fremdwort und spritsparende Autos kein Thema. So etwas passt einfach nicht zum »American Dream«. Anyway, ich versuche gerade, das deutsche Mülltrennungssystem zu erklären, als meine Freunde anfangen, lauthals zu lachen. Wir Deutschen seien schon ein verrücktes Volk!
Und dann erklären sie mir, dass es sich dabei nicht etwa um ein Umweltproblem handle, sondern um ein theologisches. Allmählich werde ich hellhörig – ein theologisches Problem, ach ja? Die Lösung, so meine Freunde, sei im Grunde so einfach wie biblisch und finde sich in der Offenbarung: Jesus kommt wieder und wird die Erde erneuern.
Pause. Ich frage unsicher nach, verstehe nicht ganz, worauf sie hinauswollen. Aber das ist bereits alles, was es dazu zu sagen gibt. Umweltschutz ist sozusagen das Problem von Jesus; er wird das dann schon lösen und bis dahin können wir ruhig weiter Müll im Atlantik versenken – bis der voll ist, ist Jesus schon lange da! Alle lachen, nur ich sitze etwas bedröppelt da und bringe kein Wort mehr heraus.
Inzwischen sind etliche Jahre vergangen und es hat sich, auch in Nordamerika, einiges verändert. Fast-Präsident Al Gore reist werbewirksam als unermüdlicher Anwalt und Aufklärer in Sachen Umwelt durch die Welt und erhielt 2007 dafür den Friedensnobelpreis. In Deutschland gibt es weiter das Duale System und trotzdem habe ich den Eindruck, dass gerade Christen immer noch Probleme mit dem Umweltschutz haben. Keiner würde es so schlicht ausdrücken wie meine damaligen Studienkollegen. Und doch ist Umweltschutz etwas für Grüne, Idealisten und Weltverbesserer, oder? Unter uns Evangelikalen herrscht eine allgemeine Verunsicherung: Beginnt das Reich Gottes etwa mit dem Grünen Punkt? Fängt Mission mit fair gehandeltem Kaffee an? Will Jesus, dass ich mich wirklich um die Klimakatastrophe sorge? Haben wir als Gemeinde eine Verantwortung für die Armut in der Zwei-Drittel-Welt?
Was vor einigen Jahren noch leichtfertig mit dem Hinweis auf die Wiederkunft Jesu vom Tisch gewischt wurde, krallt sich mittlerweile hartnäckig in unserem Gewissen fest. Noch, so scheint es, kämpfen wir erfolgreich dagegen an, aber Einzelne werden schon schwach! Umweltschutz als Aufgabe von uns Christen. Ja, wo kommen wir denn da hin?! Was, wenn der Jugendkreis zum Grünen-Nachwuchs wird!? Evangelium contra Umweltschutz? Sagt die Bibel überhaupt etwas über unseren Umgang mit der Schöpfung?
Oh ja, das tut sie und zwar nicht nur an vielen Stellen, sondern auch in ihrer theologischen Gesamtaussage. Ich möchte das kurz anhand von zwei zentralen Begriffen aus dem Alten und Neuen Testament erläutern. Der hebräische Begriff Schalom ist nicht nur ein frommer Gruß, mit dem jemand seinen Zeitgenossen »Frieden« wünscht, sondern umfasst im Alten Testament alle Beziehungsebenen des menschlichen Seins: 1. Mensch – Gott (Gottesliebe), 2. Mensch – er selbst (Selbstliebe), 3. Mensch – der Nächste (Nächstenliebe) und 4. Mensch – Natur (Schöpfung). Durch die Sünde sind diese Beziehungsebenen gestört und doch bleibt die Sehnsucht des Menschen und der Natur bestehen, in diesen Beziehungen zu leben, sie zu gestalten, bis die endgültige Erlösung kommt und alles wieder »perfekt« hergestellt wird (Römer 8,18–25).
Diese Sehnsucht des Menschen nach Erlösung wird im zweiten Begriff deutlich: dem »Heil«. Der Begriff Heil (soteria) umfasst dieselben Ebenen des alttestamentlichen Begriffs Schalom im Neuen Testament: 1. Mensch – Gott (Johannes 3,16), 2. Mensch – er selbst (Matthäus 22,36–40), 3. Mensch – der Nächste (Matthäus 5,38–48) und 4. Mensch – Natur (Johannes 3,17; 12,47).
Diese ganzheitlichen Begriffe von Schalom und Heil sind nur Beispiele des ganzheitlichen Verständnisses Gottes von seiner gesamten Schöpfung. Wir können und sollen nicht einfach eine der Beziehungen vernachlässigen oder gar ganz ignorieren. Wie sieht das aber konkret aus mit der Beziehung zur Natur? Was gehört dazu? Energie sparen, Ressourcen wie Wasser sparen, die Ausbeutung von Armen und Benachteiligten nicht gleichgültig hinnehmen.
Dies sind nur ein paar Beispiele von einem ganzheitlichen Evangelium, das immer auch die Transformation der Umwelt mit allem, was dazu gehört, beinhaltet. Deshalb hört es sich zwar provokativ an: Mission beginnt mit fair gehandeltem Kaffee, Nächstenliebe hat mit dem Kauf und Herkunftsort meiner Klamotten zu tun und meine Verantwortung gegenüber der Schöpfung hängt mit dem Verbrauch meines Autos und meiner Fahrweise zusammen.
Vielleicht geht dir das jetzt schwer über die Lippen und du denkst, dass das doch reichlich übertrieben ist und erst mal richtig überprüft werden sollte. Vielleicht liegt der Grund deines Zweifelns aber auch an unserer einseitigen Theologie, die eher auf das Geistliche und Jenseitige ausgerichtet ist. Aber ist das wirklich biblisch? Ist das nicht eher platonische Philosophie, die zwischen Geist und Körper, Geist und Natur trennt? Und war es nicht Platon, der alles Geistige hoch hob und alles andere verurteilte und auf das Ende hinwies, wenn unser Geist aus dem endlichen Körper und der vergänglichen Welt erlöst wird? Ist es also wirklich Gottes Wort oder eine latent wirkende griechische Philosophie, die unser Denken und Handeln unreflektiert im Griff hat?
Gott liebt diese Welt (Johannes 3,16). Die Welt! Nicht nur die Menschen oder gar einzelne Christen. Warum? Weil er sie geschaffen hat. Er hat sich Natur, Tiere und das gemeinsame Leben ausgedacht. Und uns hat er einen Auftrag gegeben, das Ganze zu bebauen, darauf zu achten und es zu bewahren (1. Mose 1,28–30). Dieser Auftrag wurde bis heute nicht aufgehoben, ob uns das gefällt oder nicht.
Zum Weiterdenken:
• Tim Lind/Pakisa K. Tshimika, Teilen, was wir sind und haben – Als Kirche weltweit geben und empfangen, Neufeld, Schwarzenfeld
• Bernhard Ott, Schalom – Das Projekt Gottes, Agape, Weisenheim
Micha– damals und heute
oder: Über den Zusammenhang von Ungerechtigkeit und Glauben
Die politische Lage ist entspannt und im ganzen Land macht sich mit der neuen Regierung Optimismus breit. Die Wirtschaft nimmt langsam, aber sicher, wieder Fahrt auf; die Hoffnung auf steigende Löhne und mehr Arbeit macht sich breit. Ein wachsendes Problem stellt aber die soziale Ungerechtigkeit dar: Reiche werden immer reicher und Arme immer ärmer. Es gibt immer mehr Menschen, die kein eigenes Zuhause mehr haben, die Armut nimmt zu, viele Leute sind verzweifelt. Andere leben in Luxus und sie kümmert es anscheinend nicht, wie es ihren Landsleuten geht. Offiziell glauben natürlich viele Menschen an Gott, aber säkulare und esoterische Einflüsse breiten sich immer mehr aus. Viele Leute gehen zwar in den Gottesdienst, aber sie leben ihren Glauben nicht mehr, schlimmer noch, sie werden immer offener für andere Religionen.
In dieser Situation, im achten Jahrhundert vor Christus, traten verschiedene Propheten auf, um die beiden Völker Juda und Israel zurückzurufen zu Gott. Jesaja und Micha lebten und wirkten in Juda (Südreich). Jesaja war eher der Stadtprophet, Micha das »Landei«. Fast zur selben Zeit wirkten zwei weitere Propheten, nämlich Hosea und Amos, allerdings in Israel (Nordreich). Das Problem war fast identisch: Mit einer zunehmenden inneren Entfremdung von Gott handelten die Juden gottlos. Gottesdienste wurden so zur oberflächlichen Farce, man betete längst andere Götter an. Das hatte Auswirkungen auf das Verhalten der Menschen. Egoismus machte sich breit und die eigenen Leute wurden versklavt.
Gott wurde darüber traurig und zornig zugleich und sandte seine Propheten. Diese hielten den beiden Völkern den Spiegel vor und riefen sie zur Buße auf. Sie sollten ihre Herzen bekehren und zu Gott zurückkehren. Aber auch ihre sozialen Taten, ihr unmenschliches Verhalten, ihr tatenloses Zudecken der Ungerechtigkeiten wurde von Gott scharf kritisiert. Denn da gibt es einen Zusammenhang: Unglauben bringt Ungerechtigkeit hervor – Glauben Gerechtigkeit. Der Prophet Micha erinnert sein Volk daran, was Gott will, wenn er sagt: Der Herr hat euch doch längst gesagt, was gut ist! Er fordert von euch nur eines: Haltet euch an das Recht, begegnet anderen mit Güte (wörtlich: Recht üben und Güte lieben), und lebt in Ehrfurcht vor eurem Gott! (Micha 6,8).
Jahrtausende später stehen wir in einer ganz ähnlichen Situation. Unglaube und soziale Ungerechtigkeit gehen in dieser Welt Hand in Hand und wir sehen tatenlos zu. Die Prophetenworte sind längst verhallt und wir sind oftmals so mit uns selbst beschäftigt, dass wir dulden, wie die eigenen Brüder und Schwestern verhungern, verdursten, keine Chance auf Bildung und ein gerechtes Leben haben.
Seit einiger Zeit gibt es eine evangelikale Aktion, die sich genau dieses Schweigens annimmt: die »Micha-Initiative« (Micah Challenge). Ein weltweiter Aufruf an alle Christen, den sozialdiakonischen Auftrag Gottes nicht zu vernachlässigen und die Regierungen der Welt auf ihre Verantwortung hinzuweisen. Auch Christen in Deutschland machen mit und haben zum Beispiel den G8-Gipfel 2007 in Rostock als »Forum der Erinnerung« genutzt. Die Evangelische Allianz und einige Missionsgesellschaften haben für Deutschland die Koordination der Micha-Initiative übernommen.
Doch bei uns läuft die Kampagne eher schleppend und begleitet von viel Kritik an. Warum? Hat Gott sich etwa verändert? Leidet er heute nicht mehr mit den Armen und Unterdrückten? Haben wir keinen sozialdiakonischen Auftrag mehr? Dass 850 Millionen Menschen chronisch unterernährt sind, 1,4 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser haben, jeden Tag 30 000 Kinder an Armut sterben, 9 000 Menschen an Aids, Tausende Mütter während der Schwangerschaft, unzählige Menschen an Malaria und Tuberkulose … das alles kann uns nicht gleichgültig lassen. Gottes Wort fordert uns auf, mit Armen zu teilen und Elenden zur Seite zu stehen. Die Micha-Initiative greift die politische Diskussion um die Millenniumsziele der Vereinten Nationen auf und möchte:
1. unsere Regierung an ihre Versprechen erinnern, unter anderem dem Hunger, den Krankheits- und Bildungsnöten und extremer Armut energisch entgegenzutreten bzw. sie zu vermindern;
2. unsere Regierung in der Umsetzung solcher Maßnahmen unterstützen;
3. Christen in Deutschland zum Gebet motivieren, denn Gebet verändert die Welt und den Beter;
4. Christen zu einem neuen, schlichten Lebensstil und zu weltweiter Verantwortung herausfordern.
Da will ich dabei sein. Ich bin bereit, mich hinterfragen zu lassen in meinem alltäglichen Handeln. In meinem Egoismus, in meinem Wohlstand, in meinem Konsumverhalten. Aber auch in meiner Gottesbeziehung, denn ich möchte beides: Gottes Wort halten und Liebe üben: in meiner Familie, in meiner Arbeit, in meiner Stadt und darüber hinaus.
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