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II. Stammesstaaten (bis 1180)
1. Die Stämme, das Königtum und das Imperium

Vor Mitte des ersten Jahrtausends ist es im heutigen Deutschland zu keinen großräumigen Herrschaftsbildungen gekommen. Zu Beginn unserer Zeitrechnung siedeln hier zahllose germanische Kleinstämme. Eine Zentralgewalt gibt es nicht; die römische Herrschaft endet an Rhein, Limes und Donau. Seit Anfang des dritten Jahrhunderts verschwinden die bisherigen Stammesverbände; an ihre Stelle treten Großstämme, von denen sechs – Friesen, Franken, (Nieder-)Sachsen, Thüringer, Alemannen und Bayern – bis zum heutigen Tag die Teilethnien des deutschen Volkes bilden. Die neuen Stämme organisieren sich als Personenverbände; die wichtigsten politischen Organe sind die Stammesversammlung, der Stammesherzog und – auf unterer Ebene – die Gauversammlungen. Erst mit der Ostexpansion des fränkischen Großreiches, das seinen Schwerpunkt in Nordfrankreich hat, ändern sich die Verhältnisse. Die Franken unterwerfen zunächst die Thüringer, dann die Friesen und die Alemannen, im Zeitalter Karls des Großen (768–814) schließlich auch die Bayern und die Sachsen. Zum ersten Mal gehört alles Land bis zur Slawengrenze an Elbe, Saale und Enns einem gemeinsamen staatlichen Verband an, dessen König über seine Grafen, die Inhaber des Königsbanns auf unterer Ebene, seinen Willen zur Geltung bringt.

Aber wie später noch sooft in der deutschen Geschichte, wie noch während der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur des 20. Jahrhunderts, sind die regionalen und föderalen Potenzen nur zeitweilig durch die Zentralgewalt überlagert, nicht wirklich beseitigt worden. Sie leben sofort wieder auf, als die spätkarolingischen Könige, durch die Reichsteilung von Verdun (843) geschwächt, bei der Abwehr der gerade damals besonders aggressiven Ungarn, Slawen und Normannen versagen. Es kommt – vom Rhein-Mosel-Gebiet abgesehen – überall zur Renaissance der alten Stammesstaaten, wobei in der Regel ein Angehöriger einer im Abwehrkampf besonders bewährten Familie die Herzogswürde übernimmt und eine regionale Machtstellung erringt, gegenüber der die Zentralgewalt in den Hintergrund tritt.

An dieser machtpolitischen Konstellation ändert sich zunächst auch nach Beginn der eigentlichen deutschen Geschichte noch nichts. Das Deutsche Reich, das sich 911 durch die Wahl des Frankenherzogs Konrad zum König als eigenständiger Nachfolgestaat des Frankenreiches konstituiert, ist eine lockere und äußerst labile Konföderation von Stammesherzogtümern; König Konrad I. (911–919), ohnehin nur „primus inter pares“, kann sich zu keinem Zeitpunkt außerhalb seines eigenen Herzogtums durchsetzen.

So sind also bereits bei Beginn der deutschen Geschichte die politischen Gewichte eindeutig zugunsten der Regionalgewalten verteilt; ein Zerfall der eigentlich nur nominellen königlichen Zentralgewalt und damit langfristig die Balkanisierung Mitteleuropas hätte durchaus im Bereich des historisch Möglichen gelegen.

Daß es anders gekommen ist, verdankt Deutschland dem politischen Wirken einer ganzen Reihe von Königen, unter denen vor allem die beiden ersten Ottonen, Heinrich I. (919–936) und Otto der Große (936–973), der Salier Konrad II. (1024–1039) und der Staufer Friedrich Barbarossa (1152–1190) hervorzuheben sind. Um die Mitte des 10. Jahrhunderts gewinnt das Königtum die politische Prärogative gegenüber den Regionalgewalten und entwickelt auch in der Folgezeit eine so starke Eigendynamik, daß die Stammesstaaten demgegenüber in den Hintergrund treten, fortlaufend schwächer werden und schließlich um 1200 erneut als politische Einheiten verschwinden.

Doch wiederum sind die regionalen Kräfte keinesfalls ausgeschaltet; trotz aller Kaiserherrlichkeit kann von einem Weg in einen wie auch immer gearteten Zentralstaat keine Rede sein. Erben der Stammesherrschaft sind schließlich nicht die Könige und Kaiser, sondern die fürstlichen Landesherren, deren Territorien sich seit dem 10. Jahrhundert sehr stark entwickeln. Ihre Stellung beruht vielfach auf Grundlagen, die das Königtum, um Gegengewichte gegen die Stammesgewalten zu errichten, seit dem 10. Jahrhundert selbst geschaffen hat. Das ist beispielsweise bei den geistlichen Reichsfürsten der Fall, denen seit Otto dem Großen erhebliche politische Befugnisse übertragen worden sind.

Die regionalen und lokalen Machthaber profitieren insbesondere von den großen reichspolitischen Auseinandersetzungen, vor allem vom Investiturstreit zwischen Kaiser und Papst (1074–1122) und den beiden staufisch-welfischen Bürgerkriegen Mitte des 12. Jahrhunderts und um 1200.

Die Fürsten lassen sich ihre jeweilige Parteinahme durch immer umfassendere politische Privilegien entgelten; wo die Zentralgewalt nicht zu Geltung kommt, entstehen überdies Herrschaften „aus wilder Wurzel“, also ohne reichsrechtliche Legitimation.

Das Königtum hat durchaus versucht, dieser bereits früh einsetzenden Territorialisierung entgegenzuwirken. Erste und wichtigste Machtgrundlage der Zentralgewalt ist dabei das von Otto dem Großen begründete ottonisch-salische Reichs-Kirchen-System. Durch die Übertragung politisch-administrativer Befugnisse an hohe kirchliche Würdenträger wie Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte großer Klöster schafft sich das Königtum eine loyale Gefolgschaft, die sich in der Regel auch deswegen königstreu verhält, da die Geistlichkeit aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt im Hinblick auf die Heidenmission, an einem starken Imperium interessiert ist. Der Vorteil des Systems für das Reich besteht darin, daß, da die Bischöfe keine legitimen Erben haben, ihre Positionen im Todesfall immer wieder mit zuverlässigen Leuten besetzt werden können, häufig mit speziell auf ihre politische Aufgabe vorbereiteten Mitgliedern der Hofkapelle.

Die Hofkapelle dient nämlich nicht nur der gottesdienstlichen Versorgung des Hofes, sondern auch als Nachwuchsschule für hohe Staatsämter. Die wechselseitige Beziehung zwischen Reich und Region, wie sie für das Reichs-Kirchen-System typisch ist, kommt bei dieser Institution besonders deutlich zum Ausdruck. Befähigte junge Adlige aus allen Teilen des Reiches leisten einige Zeit ihren Dienst, bevor sie bei Vakanz eines Bischofsstuhls in die Region zurückversetzt werden und hier – in genauer Kenntnis der Intentionen der jeweiligen königlichen Politik – als Hoheitsträger des Reiches fungieren. Vielfach übernehmen sie darüber hinaus auch zentrale Reichsämter, so stets die der Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, die zu den engsten Ratgebern des Königs gehören und die drei Reichskanzleien – für die Königreiche Deutschland, Italien und Burgund – leiten. In diesen Kanzleien wiederum arbeiten und lernen die jungen Geistlichen der Hofkapelle, so daß eine ständige Verbindung zwischen königlicher Zentralgewalt und regionalem Hochadel besteht. Dieses enge Zusammenwirken von Reich und Region, von königlicher Zentralgewalt und politischen Kräften vor Ort ermöglicht es überhaupt erst, ein so großes Reich ohne technische Kommunikationsmittel zu regieren.

Eine weitere Machtbasis des Königtums bilden die Reichsburgen, die seit Konrad II. (1024–1039) vor allem in Franken, in Südwest- und Mitteldeutschland errichtet und mit Reichsministerialen besetzt werden, ursprünglich unfreien Rittern, die eben deshalb unbedingt loyal sind, den Kern des Reichsheeres stellen und vor Ort die Präsenz der Reichsgewalt verkörpern. Die Staufer (1138–1254) bauen das Netz der Reichsburgen immer mehr aus und ergänzen es durch hunderte von „Freien Reichsstädten“, die für das Königtum aus wirtschaftlichen Gründen und als Gegengewicht gegen die Fürsten von größter Bedeutung sind. In manchen Gegenden häufen sich Königsland, Pfalzen, Reichsburgen und Freie Reichsstädte so stark, daß man von „Reichslandschaften“ spricht. So erstreckt sich ein breiter Gebietsstreifen mit zahlreichen reichsunmittelbaren Herrschaften vom Elsaß über das Bodensee- und Neckargebiet nach Mittel- und Mainfranken und von dort über Nordthüringen und das Harzgebiet bis Sachsen.

Friedrich Barbarossa (1152–1190) und sein Sohn Heinrich VI. (1190–1197) haben zum letzten Mal einen groß angelegten Versuch unternommen, dem längst eingetretenen Territorialisierungsprozeß Einhalt zu gebieten und die Machtstellung des Königtums gegenüber den immer stärker aufkommenden fürstlichen Regionalgewalten zu festigen („staufische Reichsreform“). Durch die systematische Förderung aller reichsunmittelbaren Herrschaften, die Umwandlung der letzten Stammesherzogtümer in kleinere und folglich schwächere „Gebietsherzogtümer“, die geplante Errichtung einer Erbmonarchie anstelle des bestehenden Wahlkönigtums, schließlich durch die Feudalisierung der Reichsverfassung und die dadurch bewirkte persönliche Lehnsbindung der Reichsfürsten an den König hofft man, die Stammesgewalten endgültig auszuschalten und der territorialen Zersplitterung begegnen zu können.

Das erste Ziel wird erreicht, das zweite nicht. Der frühe Tod Heinrichs VI., der wieder aufflammende staufisch-welfische Bürgerkrieg, vollends dann die Katastrophe des staufischen Hauses und der zeitweilige Ausfall der Zentralgewalt („Interregnum“ 1254–1273) lassen die Bedeutung der Regionen immer mehr steigen, die des Königtums immer mehr sinken. Die Erben der Stammesherzöge sind nicht Könige und Kaiser, sondern die Landesherren.

Deutschland ist auf Grund seiner geographischen Zentrallage seit jeher stark in die europäische Gesamtentwicklung involviert, stärker jedenfalls als manche anderen Teile des Kontinents. Von Anfang an haben sich sowohl Könige als auch regionale Machthaber nicht nur mit konkurrierenden Gewalten im Inneren, sondern auch mit auswärtigen Mächten auseinanderzusetzen. Unter Otto dem Großen (936–973) wächst die Reichspolitik ganz in europäische Dimensionen hinein. Otto schiebt die Reichsgrenzen im Osten bis zur Oder vor, vereinigt Deutschland mit Ober- und Mittelitalien, schlägt die Ungarn endgültig in der Schlacht auf dem Lechfeld (955) und befreit damit nicht nur das christliche Abendland von einer ständigen Gefahr, sondern schafft auch die Voraussetzungen für Siedlung und Mission im Südosten und für die Einbeziehung der Ungarn in die europäische Völkerfamilie.

Es entspricht daher der inneren Logik des Geschehens, wenn Otto im Jahre 962 zum römischen Kaiser gekrönt wird und damit das höchste Amt der Christenheit wahrnimmt. Die Deutschen, die sich bis dahin kaum als einheitliche Nation begriffen haben, werden damit in Nachfolge der Römer und der Franken zu Trägern der imperialen Idee, zur Reichsnation. Das Regnum wird zum Imperium, der deutsche König ist als römischer Kaiser Schutzherr der Christenheit, die sich laut Missionsbefehl Christi „in alle Welt“ ausbreiten soll; auch wenn sich die „Welt“ damals noch auf Europa beschränkt, ist das Kaisertum also mit besonderer Verantwortung für den christlichen Glauben und die christliche Kirche verbunden.

Otto der Große hat nicht gezögert, diesen Erwartungen an sein Amt gerecht zu werden. Mit der Eroberung des Elb-Oder-Raumes korrespondiert die Errichtung des Erzbistums Magdeburg, das im Osten ein unbegrenztes Missionsfeld erhält. Die Missionsaufgabe für den Südosten übernimmt das 799 gegründete Erzbistum Salzburg, das erst jetzt, nach der Zurückdrängung der Ungarn, seine volle Wirksamkeit entfalten kann. Für den Norden ist das Erzbistum Hamburg zuständig, das ebenfalls bereits in karolingischer Zeit gegründet worden ist, seine eigentliche Bedeutung aber erst jetzt mit der in großem Stil betriebenen Missionsarbeit in Dänemark, Norwegen, Island, Schweden und im Baltikum gewinnt. Mit welcher Selbstverständlichkeit Otto dabei vom Grundgedanken der Gemeinsamkeit kirchlicher und politischer Expansion ausgeht, zeigt sich daran, daß, wo immer die Möglichkeit dazu besteht, die Missionsarbeit der Reichskirche und die Markenpolitik des Reiches aufeinander abgestimmt sind und Hand in Hand gehen. Auch aus vielen Einzelmaßnahmen ergibt sich die Grundvorstellung des Königs, etwa aus der Tatsache, daß er 948 in Schleswig, Ripen und Aarhus, also außerhalb der deutschen Grenzen, drei neue Bistümer errichten läßt und sie der Hamburger Kirche unterstellt.

Die imperiale Stellung des Reiches hat die von der Geographie vorgegebene Notwendigkeit der Begegnung mit zahlreichen Nachbarn, vom geistigen Austausch bis zur kriegerischen Auseinandersetzung, erheblich ausgeweitet. Durch die Personalunion mit Italien und Burgund treten insbesondere die süddeutschen Stämme in enge Verbindung mit ihren romanischen Nachbarn im Süden und Westen. Durch die Ostsiedlung, an der im Norden vor allem Niederdeutsche, im Süden vor allem Bayern beteiligt sind, eröffnet sich östlich des Altsiedellandes ein viele hundert Kilometer tiefer Begegnungsraum zwischen Deutschen und Slawen. Zahllose Ritter aller deutschen Stämme haben, da die Verbindung nach Rom, dem Ort der Kaiserkrönungen, politisch und militärisch gesichert werden mußte, an den Heerfahrten „über Berg“ nach Italien teilgenommen. Auch zu den Kreuzzügen brechen immer wieder Ritterheere aus allen deutschen Ländern auf; gerade bei diesen Unternehmungen läßt sich das spannungsreiche Mit- und Gegeneinander regionaler, nationaler und europäischer Kräfte besonders klar erkennen.

2. Länderübersicht

Entlang der Nordseeküste – von Sinkfal bei Brügge bis zum Land Wursten östlich der Wesermündung – erstreckt sich das Siedlungsgebiet des friesischen Stammes, hinzu kommt mit der friesischen Besiedlung im frühen Mittelalter noch das im Norden des heutigen Schleswig-Holstein gelegene Nordfriesland mit den Inseln Sylt, Föhr, Amrum, den Halligen und Helgoland. Die Friesen, zunächst wie die anderen Stämme von Herzögen regiert, haben nach dem Zerfall des Fränkischen Reiches kein neues Stammesherzogtum entwickelt. Die Randbezirke ihres Siedlungsgebietes fallen vielmehr an andere Territorien, vor allem an die Grafschaften Seeland, Holland und Geldern, das Bistum Utrecht und das Erzbistum Hamburg-Bremen. Nordfriesland steht – bei lokaler Selbstverwaltung – unter der Oberhoheit der schleswigschen Herzöge und der dänischen Könige.

Im Kernbereich des Stammesgebietes, in Ostfriesland und im später niederländischen Westfriesland, entsteht ein System von „Ländern“, von denen das Jeverland, Harlingen, Ammerland, Butjadingen, Wursten, Stedingen und Rüstringen die bekanntesten sind. Es handelt sich dabei um kleine Bauernrepubliken, deren freiheitlich-genossenschaftliche Verfassung insbesondere durch das große Deichbauwerk um die Jahrtausendwende kräftige Impulse erhält. Sie schließen sich später zu einer lokkeren Konföderation zusammen, dem „Upstalsboomverband“. Einmal im Jahr versammeln sich die Vertreter der „Länder“ am Upstalsbaum bei Aurich, um über gemeinsame Angelegenheiten zu beraten.

Südlich und östlich des friesischen Gebiets erstreckt sich bis 1180 das Stammesherzogtum Sachsen. Es umfasst den gesamten niederdeutschen Raum, von der Eider bis zur hochdeutschen Sprachgrenze, die über das Rothaargebirge, den Kaufunger Wald und den Harz verläuft. Der Stamm umfasst zunächst etwa hundert Gaue, von denen drei, der Holsten-, Stormarn- und Dithmarschengau, nördlich der Elbe gelegen sind („Nordelbingen“). Der Machtschwerpunkt der Stammesherzöge liegt im Osten, wo die verschiedenen Dynastien jeweils beträchtliche Eigengüter besitzen, so die Ottonen vor allem im Harz-Elbe-Raum, die Welfen innerhalb eines von Göttingen bis Hamburg reichenden Gebietsstreifens. Der Welfe Heinrich der Löwe, der als Herzog von Sachsen und Bayern zeitweilig eine königsgleiche Stellung erlangt, bringt überall in rigoroser Weise seine Herrschaft zur Geltung, auch in Teilen des vormals slawischen Neusiedellandes östlich der Elbe. Mit seinem norddeutschen „Einheitsstaat“ nimmt er gleichsam das spätere Preußen vorweg.

Auch in diesem scheinbar noch im 12. Jahrhundert so fest gefügten Stammesstaat hat allerdings bereits seit Otto dem Großen die Territorialisierung eingesetzt. In Westfalen und an der Ems gewinnt das Bistum Münster erheblichen politischen Einfluß, am Teutoburger Wald das Bistum Osnabrück, zwischen unterer Weser und unterer Elbe das Erzbistum Hamburg-Bremen, das hier die frühere Grafschaft Stade beerbt, im südlichen Westfalen das Erzbistum Köln. Geringere Bedeutung haben die Bistümer Paderborn, Minden, Verden, Hildesheim und Halberstadt, in politischer Hinsicht auch das Erzbistum Magdeburg, erst recht die Reichsabteien Corvey, Gandersheim und Quedlinburg.

Die weltlichen Territorien spielen bei weitem noch nicht die Rolle wie nach dem Sturz Heinrichs des Löwen. Wichtig sind zeitweilig die Grafschaften Stade, Arnsberg und Northeim, weniger die Grafschaften Dassel, Wernigerode, Blankenburg, Dannenberg und Schwerin. Überregionale Bedeutung gewinnt die Grafschaft Holstein, in der 1111 die von der mittleren Weser stammenden Schauenburger zur Herrschaft gelangen (bis 1459). Diese Dynastie bricht die Macht der bis dahin nördlich der Elbe tonangebenden alten Gauverbände, gibt den Anstoß zur Ostsiedlung und erobert nicht nur das ehemals slawische Ostholstein, sondern auch das Herzogtum Schleswig, ein dänisches Grenzterritorium, das von der Eider bis zur Königsau reicht und damit auch den südjütischen Teil des heutigen Dänemark umfaßt.

Den Anstoß zu einer planmäßigen Ostmarkenpolitik gibt Lothar von Supplinburg, Herzog von Sachsen, deutscher König (1125–1138) und römischer Kaiser. Er setzt die Schauenburger in Holstein, die Askanier in Brandenburg und die Wettiner in der Mark Meißen ein, wo sie – später als Herzöge und Könige von Sachsen, zeitweilig auch von Polen – bis 1918 regiert haben. Heinrich der Löwe gründet im Slawenland die Grafschaften Ratzeburg und Schwerin und bringt auch die östlich davon gelegenen Küstenregionen unter seine Herrschaft; noch unter Barbarossa werden die slawischen Fürsten von Mecklenburg und Pommern in den deutschen Reichsfürstenstand aufgenommen. Um die gleiche Zeit entstehen auch die Bistümer Lübeck, Ratzeburg, Schwerin, Brandenburg, Havelberg und Kammin, die jedoch allesamt in territorialpolitischer Hinsicht bedeutungslos bleiben.

Den Westen des Reiches nimmt zu Beginn der deutschen Geschichte das Herzogtum Lothringen ein, das sich über die gesamten Rheinlande und das angrenzende französischsprachige Gebiet erstreckt. Es zerfällt allerdings bereits im 10. Jahrhundert, und der Name haftet seither lediglich an dem Territorium, das sich beiderseits der Sprachgrenze an der oberen Mosel bildet. Die Erben der Lothringer Herzöge sind in erster Linie die Erzbischöfe von Köln und Trier, die am Niederrhein und entlang der Mosel geschlossene Herrschaftsgebiete aufbauen, ferner eine große Zahl weltlicher Fürsten, von denen die Grafen von Saarbrücken und die späteren Herzöge von Geldern, Brabant, Luxemburg, Jülich, Kleve und Berg die größte Bedeutung erlangen. Insbesondere in der Eifel und im Hunsrück entstehen viele Klein- und Kleinstterritorien, die jedoch nur eine begrenzte regionale, häufig nur eine lokale Rolle spielen. Größer sind einige geistliche Herrschaften, die sich im Schatten der beiden Erzbistümer entwickeln, vor allem die Bistümer Utrecht und Lüttich sowie die Reichsabtei Prüm.

Das Herzogtum Franken umfaßt nur den östlichen Teil des fränkischen Siedlungsgebietes, nämlich Hessen, Mainfranken und die nördliche Oberrheinregion. Herzog Konrad, der erste deutsche König, kann sich gegenüber den übrigen Stammesherzögen nicht durchsetzen. Auch im weiteren Verlauf des 10. Jahrhunderts erweist sich das Herzogtum Franken als wenig stabil, so daß die politische Prärogative in diesem Raum an andere Gewalten übergeht, in erster Linie an die Erzbischöfe von Mainz, die Bischöfe von Würzburg und in zunehmendem Maße an die Pfalzgrafen bei Rhein, die im Süden des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz und am unteren Neckar ihr Territorium ausbilden.

Die Erzbischöfe von Mainz, die als Erzkanzler des Reiches eine herausragende politische Stellung einnehmen, setzen sich nicht nur im Rheingau und am unteren Main fest, sondern greifen auch nach Thüringen aus, wo sie das Gebiet um Erfurt und das Eichsfeld erwerben. Die Bischöfe von Würzburg, deren Herrschaftsgebiet den Kern Mainfrankens einnimmt, erhalten Mitte des 12. Jahrhunderts von König Barbarossa die fränkische Herzogswürde zugesprochen – ein Titel, der freilich angesichts der fortdauernden politischen Zersplitterung Frankens nicht mehr viel besagt. Das Bistum Bamberg, 1008 von König Heinrich II. gegründet, wird zum großen Teil mit Königs- und Reichsgut ausgestattet, das sich gerade in Franken ansammelt, besonders um Frankfurt, Bamberg und Nürnberg. Im Aufstieg begriffen sind außerdem die Grafschaften Hessen und Nassau, während, verglichen mit Mainz, Würzburg und Bamberg, die übrigen geistlichen Herrschaften – die Bistümer Eichstätt, Speyer und Worms und die Reichsabteien Fulda, Hersfeld und Lorch – nur eine begrenzte politische Rolle spielen.

Auch in Thüringen wird in der Zeit des slawischen und ungarischen Drucks das alte, auf die germanische Zeit zurückgehende Stammesherzogtum, das bereits die Merowinger beseitigt hatten, erneuert. Es ist jedoch wesentlich kleiner als das benachbarte Sachsen, unter dessen Einfluß es sich bald auflöst. Zwar haben die Landgrafen von Thüringen wiederholt versucht, die politische Einheit des Landes wiederherzustellen. Sie scheitern jedoch aus drei Gründen: Nordthüringen ist inzwischen wie andere Teile des Harzraums weitgehend Königs- und Reichslandschaft geworden, im Eichsfeld und um Erfurt, also gerade in der Mitte des Landes, behauptet sich das Mainzer Erzstift, und auch die kleineren einheimischen Herrschaften stellen sich dem Anspruch der Landgrafen entgegen, allen voran die Grafschaften Schwarzburg und Weimar-Orlamünde.

Östlich der Saale entstehen im Zuge der politisch-kirchlichen Expansion des ottonischen Reiches auf slawischem Boden die Bistümer und Markgrafschaften Merseburg, Meißen und Zeitz-Naumburg, die – anders als die Marken im Norden des Elb-Oder-Gebiets – ununterbrochen in deutscher Hand bleiben und die auch hier im 12. Jahrhundert einsetzende Ostsiedlung politisch absichern können. Dies gilt auch für die Mark Lausitz (Niederlausitz um Cottbus, Oberlausitz um Bautzen), wo sich jedoch die slawische Bevölkerung länger behauptet, teilweise bis heute.

In Süddeutschland, wo die Ungarngefahr besonders groß ist, kommt es in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts ebenfalls zur Neubildung der von den Franken beseitigten Stammesherzogtümer, deren Grenzen sich – wie in Sachsen und Thüringen – genau mit denen des jeweiligen Siedlungsgebietes decken. Im Südwesten entsteht zwischen Alpenhauptkamm, Vogesen, Lech und alemannisch-fränkischer Sprachgrenze (Hagenauer Forst – Lauter- und Murgtal – Hornisgrinde – Asperg – Hohenberg) das Herzogtum Schwaben, wobei das Elsaß zeitweilig ein eigenes Teilherzogtum bildet.

Schwaben wird zunächst von verschiedenen Dynastien regiert (Burchardinger, Konradiner, Liudolfinger), bevor Kaiser Heinrich IV. 1079 die Herzogwürde an die Staufer überträgt, die sie bis zur Auflösung des Herzogtums im Jahre 1268 behalten. Das Land gewinnt in dieser Zeit große Bedeutung für die Reichspolitik, doch stellen die Staufer keineswegs die einzige politische Macht im Stammesgebiet dar. Den – durchweg sehr alten – Bistümern Straßburg, Basel, Chur, Konstanz und Augsburg werden auch hier seit der Zeit Ottos des Großen weltliche Hoheitsrechte übertragen, in geringerem Umfang auch den in Schwaben besonders zahlreichen Reichsabteien (St. Gallen, Reichenau, Kempten, Beuron, Ottobeuren, Altdorf/Weingarten, Marchtal, Ellwangen, Zwiefalten, Neresheim). Als politische Konkurrenten der Staufer treten jedoch vor allem die Zähringer in Erscheinung, die im Breisgau, im Südschwarzwald, in Burgund und in der Nordschweiz erheblichen Besitz erwerben und die ebenfalls den Herzogstitel führen. 1078 spaltet sich von ihnen die Linie der Markgrafen von Baden ab, neben denen noch die Grafen von Habsburg (Stammsitz: Habichtsburg an der Aare) Bedeutung haben.

Einen beträchtlichen Teil Schwabens nimmt das Reichs- und Königsgut ein, das sich vor allem zwischen Kolmar und Hagenau, um Zürich, im Allgäu-Bodensee-Gebiet und im Lech-Donau-Raum konzentriert und sich nach dem Aussterben der Staufer noch beträchtlich vergrößert. In diesen Gebieten sind die zahlreichen Klein- und Kleinstterritorien entstanden, wie sie für die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Geschichte Schwabens typisch sind.

Zum größten und geschlossensten deutschen Stammesstaat entwikkelt sich das Herzogtum Bayern. Die gegen Ende des 9. Jahrhunderts auftretende Dynastie der Luitpoldinger knüpft an die Tradition der Agilolfinger an, die bereits im 8. Jahrhundert das gesamte Stammesgebiet vom Lech bis zum Wienerwald, also auch das heutige Österreich mit Ausnahme des alemannischen Vorarlbergs, beherrscht haben. Otto der Große setzt 947 seinen mit einer Luitpoldingerin verheirateten Bruder Heinrich als Herzog ein, der die bayrische Linie der Ottonen begründet. Der Höhepunkt der bayrischen Machtstellung ist erreicht, als sein gleichnamiger Enkel 1002 zum deutschen König gewählt wird und von Regensburg und Bamberg aus das Reich regiert (Heinrich II., 1002–1024).

Von 1070 bis 1180 herrschen in Bayern die Welfen, die aber während des staufisch-welfischen Bürgerkriegs zeitweilig den Babenbergern weichen müssen. 1156 erhält der Welfe Heinrich der Löwe von seinem Vetter Friedrich Barbarossa das Herzogtum zurückerstattet, vermindert lediglich um die „Mark Ostarrichi“ (heutige Bundesländer Wien und Niederösterreich), mit der die Babenberger abgefunden werden.

Anders als in anderen Stammesherzogtümern können in Bayern regionale Gewalten neben der Herzogsmacht nur schwer aufkommen. Die ausgedehnteste Herrschaftsbildung gelingt den Erzbischöfen von Salzburg, die im gesamten Salzachgebiet, also noch über das heutige Bundesland hinaus, politische Befugnisse ausüben. Demgegenüber ist der Besitz der Bistümer Freising, Brixen, Regensburg und Passau mehr als bescheiden, obgleich letzteres in kirchlicher Hinsicht zeitweilig bis zum Wienerwald reicht. Unter den Abteien des Herzogtums ragen neben den Donauklöstern Weltenburg und Melk vor allem Berchtesgaden und St. Emmeram in Regensburg heraus.

Auch die weltlichen Herren des Landes bleiben den Herzögen gegenüber ziemlich ohnmächtig. Sieht man einmal von der Markgrafschaft Krain, dem zeitweilig von Bayern gelösten Herzogtum Kärnten und der Grafschaft Tirol ab, so entwickeln sich nur kurzzeitig einige kleinere Territorien wie die Grafschaften Andechs, Scheyern-Wittelsbach, Ortenburg, Wasserburg und Burghausen.

Den ersten entscheidenden Schritt zur Loslösung Österreichs aus dem bayerischen Stammesverband stellt die erwähnte Vereinbarung zwischen Heinrich dem Löwen und Barbarossa von 1156 dar. Die damals von Bayern abgetrennte Ostmark, die in ein „Herzogtum Österreich“ umgewandelt wird, ist zwar nur klein, doch gesteht der Kaiser, um den Babenbergern den Verzicht auf das Gesamtherzogtum schmackhaft zu machen, dem neuen Land so weitgehende Hoheitsrechte zu, daß es als „territorium clausum“, als erster Flächenstaat im modernen Sinne, bezeichnet werden kann. Insofern stellt es in der Folgezeit das Vorbild für alle nach „Landesherrschaft“ strebenden Fürsten dar.

Beim Sturz Heinrichs des Löwen im Jahre 1180 werden seine beiden Herzogtümer Sachsen und Bayern zerschlagen; damit geht das Zeitalter der Stammesstaaten endgültig zu Ende. An die Stelle des Stammesherzogtums Bayern treten die neuen „Gebietsherzogtümer“ Bayern, Österreich, Kärnten und Steiermark; damit bahnt sich im Südosten des Reiches die Entwicklung vom „Personenverbandsstaat“ zum „institutionellen Flächenstaat“ an. 1180 stellt auch insofern ein Epochenjahr dar, als damals der größte Teil der heutigen Republik Österreich aus dem bayrischen Stammesverband herausgelöst wird, Bayern und Österreich haben seither jeweils eine eigene politische Entwicklung genommen.