Kitabı oku: «Mörderischer Handel», sayfa 3

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7

Bianca war mit frisch geschnittenen Haarspitzen einkaufen gewesen und hatte sich danach auf den Heimweg gemacht. Beim Friseur hatte sie Riva angerufen und sich mit ihr zum Abendessen verabredet. Sie wollten sich in Erbach im Weinhof Martin treffen, ein gutes Glas Wein trinken und Juttas berühmten Zwiebelkuchen probieren.

Vor dem Haus stand ein fast leerer Möbelwagen. Oh, dachte Bianca, da zieht doch nicht etwa jemand in die Wohnung gegenüber. Sie hoffte, dass es niemand war, der auf eine gemütliche Nachbarschaft pochte und ständig Mehl und Zucker leihen wollte. Seufzend ging sie um ihr Auto herum und öffnete den Kofferraum, um den Einkaufskorb herauszunehmen. Als sie die Klappe wieder schloss, blieb ihr Herz stehen, um zwei Sekunden später heftiger denn je in ihrer Brust zu hämmern. Unwillkürlich zog sie den Bauch ein und spürte, wie sie rot wurde.

Am Möbelwagen stand ein Mann und schloss gerade die hinteren Türen. Er nickte ihr freundlich zu und Bianca konnte nicht wegsehen, so sehr hatte sie der Anblick des Mannes aus dem Konzept gebracht. Er war groß, schlank und sportlich, seine Haut gebräunt, er trug Flipflops und kurze Sporthosen. Über den Schultern lag sein T-Shirt und Bianca starrte seine straffen Brustmuskeln an. Sie musste schlucken, als er jetzt sein blondes Haar zurückstrich. Seine blauen Augen und die sanft geschwungenen Lippen weckten Erinnerungen an eine Zeit, als sie sich noch wie eine richtige Frau gefühlt hatte. Sie dachte: Verzeih mir, Michael.

„Hallo, Eike Strengler, ich bin Ihr neuer Nachbar“, sagte er mit tiefer Stimme, während er ihr an der Haustür den Vortritt ließ.

„Hallo“, kam es heiser über ihre Lippen, „ich bin Bianca.“

„Ah, dann wohnen wir ja einander gegenüber.“

Er lächelte erneut und als sich ihre Blicke trafen, ahnte Bianca, dass hier genau das geschehen war, was sie vor kurzem Ferdinand erklärt hatte: Es musste richtig knallen, wenn sie jemals wieder einen Mann in ihr Leben lassen sollte.

„Darf ich Ihnen etwas abnehmen?“, fragte der Mann höflich.

„Nein, danke, es geht schon. Außerdem haben Sie doch wohl genug geschleppt heute. Herzlich willkommen in Eltville.“

„Danke“, sagte er, zwinkerte und verschwand in seiner Wohnung.

Bianca schob ihre Tür mit dem Fuß zu, stellte den Korb in die Küche und sank auf den Küchenstuhl. Sie versuchte zu atmen und an etwas anderes zu denken, aber es gab nur ein einziges Bild in ihrem Kopf: den neuen Nachbarn. Sie räumte die Einkäufe weg, kochte sich eine Tasse Kaffee und dann fiel ihr wieder ein, dass sie eine Verabredung mit Riva hatte. Sie duschte und musste ständig gegen den Gedanken ankämpfen, dass sie sich mit ihrem neuen Nachbarn gemeinsam unter der Dusche sah.

„Jetzt ist aber Schluss!“, beschimpfte sie ihr Spiegelbild, nachdem sie in ein Handtuch gewickelt ihre Haare bürstete. „Das ist bestimmt ein Blender und so etwas brauche ich ganz sicher nicht.“

Sie wollte diesen vernünftigen Gedanken nicht verlieren, aber irgendwie gelang es ihr nicht. So, wie der Mann sich ihr gegenüber verhalten hatte, schien er echt und nett zu sein. Seit langer Zeit hatte sie ihren Instinkt nicht mehr bei sich selbst gespürt, aber jetzt wusste sie tief in ihrem Inneren, dass dieser Eike Strengler ohne Anlauf ihr Herz erobert hatte.

„Ich muss das unbedingt mit Riva besprechen.“

Mit ernstem Blick löschte Bianca das Licht im Bad, zog sich an und machte sich auf den Weg nach Erbach. Bevor sie die Wohnung verließ, sah sie durch den Türspion, um sicherzugehen, dass ihr der Mann nicht noch einmal über den Weg lief. Sie war genügend durcheinandergeraten und musste wirklich erstmal mit jemandem reden.

Im Weingut angekommen setzte sie sich unter das Dach des Pavillons und bestellte ein Glas weißen Burgunder. Zehn Minuten später traf auch Riva ein. Die Frauen umarmten sich herzlich und Riva orderte auch ein Glas Wein und dazu die Karte.

„Ich könnte ein ganzes Schwein verschlingen, so einen Hunger habe ich“, rief die temperamentvolle Freundin und atmete tief durch. „Mann, was für eine gute Luft. Im Keller ist es einsam, seit du nicht mehr da bist und ich habe so viel Arbeit, dass ich kaum noch Freizeit habe. Liebe Bianca, wie geht es dir denn?“

„Es geht mir gut. Und ich muss dir nach dem Essen dringend etwas erzählen.“

„Oh, ich bin gespannt. Zweimal Zwiebelkuchen bitte!“

Die Teller kamen und sie aßen mit Genuss, wobei Riva vom geplanten Urlaub erzählte. Sie wollte unbedingt nach Südfrankreich, aber ihr Mann hatte mehr Interesse an einer Reise nach Südafrika. Jeden Abend diskutierten sie, was das bessere Urlaubsziel war.

„Na, am Ende werde ich gewinnen und mein Schatz ist glücklich, wenn ich es bin. So, das war sehr lecker. Prost, Bianca, auf die Liebe!“

Bianca hob ihr Glas und grinste.

„Das ist genau das richtige Thema. Ich habe einen neuen Nachbarn.“

Riva begann zu husten und lachte. Das ist ja eine Überraschung, dachte sie, und stützte ihr Kinn auf die Hände.

„Erzähl!“

Bianca begann bei der Begegnung mit Hannes und machte dann ein geheimnisvolles Gesicht.

„Als ich nach Hause kam, sah ich IHN.“

Nun erzählte sie ihrer Freundin detailliert von der ersten Begegnung mit Eike. Sie schwärmte von seiner äußeren Erscheinung genauso wie von seiner netten Art, denn sie wusste, dass Riva sich nicht über sie lustig machen würde.

„Was soll ich denn jetzt machen?“, beendete sie ihren Bericht. „Ich bin hin und weg, aber ich kann ja schlecht bei ihm läuten und ihn anspringen.“

„Och, warum eigentlich nicht. Aber vielleicht wartest du erstmal ab, bis er seine Wohnung eingerichtet hat. Sonst musst du nachher noch helfen und seine Gardinen aufhängen. Süße, wenn du ihn willst, dann geh ruhig auf ihn zu. Wie alt ist er denn?“

„Das ist das nächste Problem. Ich würde sagen, er ist um einige Jahre jünger.“

„Das ist doch kein Problem. Du kannst dir locker einen jüngeren Liebhaber gönnen, so wie die Prominenten. Wenn es passt, ist das Alter egal. Aber … und das meine ich ernst … lass ihn vielleicht doch den ersten Schritt machen. Nach so langer Zeit Enthaltsamkeit wäre eine Enttäuschung nicht gut. Vielleicht ist er schwul oder hat eine Freundin, also lass ihn kommen und dann greif zu.“

„Gut“, sagte Bianca entschlossen, „ich denke auch, dass es besser ist, wenn er auf mich zukommt.“

Sie nippte gedankenverloren an ihrem Wein. Plötzlich verfinsterte sich ihr Blick.

„Und was ist, wenn er nicht auf mich zukommt?“

„Dann hakst du ihn ab und schaust dich weiter um. Das ist doch nicht schlimm. Es gibt viele nette Männer, die sich nach einer Frau wie dir den Hals verrenken.“

„Oh, es wäre sehr schlimm. Ich kann an nichts anderes denken als an diesen Kerl, dabei haben wir einen Fall, der uns völlig in Anspruch nehmen wird. Was ist, wenn er keine Polizistin mag?“

„Jetzt hör auf mit deinem Wenn und Aber, ich bin gespannt, wie es weitergeht. Du musst mich auf dem Laufenden halten. Meine Liebe, es ist spät, ich muss heim. Wir telefonieren morgen, ja?“

Bianca zahlte für sie beide, dann machten sie sich auf den Heimweg. Vor ihrem Haus schaute sie nach oben. Bei ihrem Nachbarn brannte Licht. Sie lächelte und ging schlafen.

8

„Ich finde das Angebot unschlagbar. An deiner Stelle würde ich die alte Hütte abstoßen und mir eine moderne Wohnung in Wiesbaden gönnen. Warum unterschreibst du nicht einfach?“

Timur Bröck hatte den Kopf geschüttelt, als Peter Jischeck erklärte, dass er sein Haus niemals verkaufen würde. Beatrice und ihr Mann waren zum Abendessen eingeladen und saßen im Wohnzimmer auf der Couch.

„Das verstehst du nicht, Schatz, es ist mein Elternhaus. Papas Herz hängt daran und meins auch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir hier nicht mehr herkommen können.“

Beatrice glaubte ihren Ohren nicht zu trauen, als ihr Mann ihrem Vater empfahl, auf das ominöse Angebot einzugehen. Auch Peter runzelte jetzt die Stirn.

„Man könnte meinen, dass du mit denen unter einer Decke steckst“, sagte er nachdenklich. „Es ist mein Haus und ich werde es irgendwann meiner Tochter und meinen Enkeln vererben.“

Timur sprang auf und sah aus dem Fenster.

„Ich will diese Bruchbude nicht, da wäre ich für den Rest meines Lebens mit Renovierungsarbeiten beschäftigt. Auf keinen Fall!“

Peter war nun sichtlich böse.

„Ich werde das Haus auch nicht dir vererben, sondern meiner Tochter, die du gar nicht verdient hast. Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber ich finde dein Verhalten Beatrice gegenüber nicht richtig. Du kümmerst dich nur um deine Arbeit und dein Vergnügen.“

„Papa!“, rief Beatrice entsetzt. „Sag doch sowas nicht. Ich liebe Timur und du kannst nicht so mit ihm reden. Bitte hört beide auf. Papa behält das Haus und wir lassen alles so, wie es ist. Ich möchte keinen Streit in der Familie.“

Timur winkte ab und sah seine Frau ernst an.

„Ach, ihr Gutmenschen, ich wollte deinem Vater nur die beste Option schmackhaft machen. Aber ihr seid total unrealistisch. Guck mal, hier muss das Dach gemacht werden, die Fenster sind alt und undicht, der Keller immer feucht, also wenn ihr mich fragt, ist das ein Fass ohne Boden. Und da schlägt man eine halbe Million nicht einfach aus.“

„Mein lieber Schwiegersohn, du denkst nur mit dem Kopf, aber ich denke mit dem Herzen und ich hänge an dem Haus. Ich würde es nicht verkaufen, wenn mir jemand fünf Millionen bieten würde.“

„Mein lieber Schwiegervater“, gab Timur zynisch zurück, „träum weiter. Wenn du mal nicht mehr bist, ist es das Erste, was wir machen: Diese Bude wird verkauft. Also pass schön auf dich auf, nicht, dass du noch in den Rhein fällst.“

„Timur!“, rief Beatrice und begann zu weinen. „Wie kann man nur so hässlich reden. Ich erkenne dich nicht wieder.“

„Lass gut sein, mein Kind, du siehst, ich habe recht. Ich wollte es dir nie so direkt sagen, aber dein Mann ist kein guter Mensch. Er ist egoistisch und sicher hat er eine Leiche im Keller. Ich wünschte, du hättest ihn nie geheiratet.“

In dem Moment, als der letzte Satz Peters Mund verlassen hatte, tat es ihm schon leid, denn er hatte seine Tochter tief verletzt. Das konnte er an ihrem Blick erkennen. Sie raffte ihre Jacke auf, griff nach ihrer Handtasche und verließ fluchtartig das Haus.

Timur folgte ihr. An der Tür drehte er sich noch einmal um und grinste gehässig.

„Das hast du ja prima hinbekommen. Herzlichen Glückwunsch, du hast gerade deine Tochter verloren. Überleg dir das mit dem Haus, ich helfe dir gerne es abzustoßen.“

„Niemals!“

Peter saß zitternd in seinem Wohnzimmer. Tränen traten in seine Augen, denn er hatte nicht gewollt, dass aus der Diskussion solch ein Streit wird. Doch die sture Art von Timur hatte ihn zum Äußersten getrieben. Seufzend räumte er den Tisch ab und sah aus dem Küchenfenster in den Garten, den die Dämmerung in ein gleichmäßiges Grau tauchte.

„Oh Herr, wie konnte ich nur so hart sein? Ich hätte den Kerl mit handfesten Argumenten umstimmen müssen, stattdessen habe ich mich wie ein Trottel verhalten. Morgen werde ich Beatrice besuchen und die Wogen wieder glätten.“

Er verließ die Küche und lief noch einmal den Weg entlang bis zum Bach, um sich davon zu überzeugen, dass das kleine Tor verschlossen war. Dort schaute er zum Himmel, wo sich die ersten Sterne zeigten. Er lächelte, denn er war zuversichtlich, dass ihm eine Versöhnung mit Beatrice gelingen würde. Er betete und ging schlafen.

Am nächsten Morgen fühlte Peter sich zerschlagen und müde, denn ihm war die Drohung, die sein Schwiegersohn so unverhohlen ausgesprochen hatte, erst in der Nacht so richtig bewusst geworden. Das hatte ihn gegen zwei Uhr aus dem Schlaf schrecken lassen. Er hatte geträumt, dass zwei Männer ihn gepackt und an den Rhein geschleppt hatten. Als sein Gesicht dem Wasser immer nähergekommen war, war er schweißgebadet aufgewacht. Das Einschlafen war ihm nicht mehr gelungen, stattdessen hatte er sich hin und her gewälzt.

Er blieb noch einen Moment liegen und erhob sich später stöhnend, um ins Bad zu schlurfen. Im Spiegel sah er ein graues Gesicht und dicke Ränder unter seinen Augen. Bartstoppeln sprossen an den Wangen und am Kinn. Peter duschte, rasierte sich und bei einem erneuten Blick in den Spiegel gefiel er sich schon besser. Nach einem guten Frühstück und einer Tasse starkem Kaffee fühlte er sich stark genug, seine Tochter anzurufen.

„Guten Morgen Beatrice, ich wollte mich bei dir entschuldigen.“

Peter hörte die Stimme seiner Tochter, die immer noch sehr unterkühlt klang.

„Papa, ich kann wirklich nicht glauben, dass du so mit uns geredet hast. Ich weiß nicht, ob ich dir verzeihen kann.“

„Wollen wir zusammen zu Mittag essen? Dann können wir noch einmal reden. Es würde mir sehr viel bedeuten.“

„Heute kann ich nicht, ich will mit Timur nach Wiesbaden fahren. Vielleicht an Wochenende.“

Peter seufzte, aber er ahnte, dass er im Augenblick nicht mehr verlangen konnte.

„Bitte, Beatrice, es tut mir wirklich leid. Ich weiß nicht, was mich da gestern geritten hat. Die ganze Sache mit dem Haus und dann noch Bernds Tod, das hat mich durcheinandergebracht. Es wäre schön, wenn du mir eine Chance geben könntest. Ich würde mich natürlich auch bei Timur entschuldigen.“

„Ich muss jetzt auflegen, ruf doch am Wochenende nochmal an. Tschüss Papa.“

Beatrice legte auf und bemerkte erst jetzt, dass ihr Mann hinter ihr gestanden und mitgehört hatte. Er legte die Arme um die Taille seiner Frau und küsste sie auf die Wange.

„Richtig so, Schatz, lass den alten Mann ein bisschen schmoren. Was denkt der sich denn? Beleidigt mich und das als Pfarrer. Am liebsten würde ich ihm eine reinhauen.“

„Das wirst du nicht tun. Ich hasse diese Diskussion über das Haus und ich hasse Streit. Vertragt euch! Aber es muss nicht heute sein. Papa hat mich sehr verletzt. Ich liebe dich, Schatz, und ich bereue es nicht dich geheiratet zu haben.“

„Ich liebe dich auch. Jetzt muss ich los. Versuch du doch mal deinen Vater zu überzeugen, dass es besser ist, wenn er das Haus verkauft, solange er so viel Geld dafür bekommt. Wenn wir das später erben, ist es so marode, dass wir es abreißen lassen müssen und dann haben wir keinen Gewinn, sondern nur Kosten.“

„Papa wird es nicht verkaufen. Schlag dir das aus dem Kopf.“

Timur ließ sie los und nahm seine Jacke. Er verstaute sein Handy in der Hose und machte sich auf den Weg zur Arbeit in die Firma für Import und Export, die er ganz allein führte. Sie verabredeten sich für den Abend zum Essen und Beatrice blieb allein zurück.

Sie war durcheinander: Wer hatte recht? Papa, der sagte, die Immobilienleute seien Betrüger oder Timur, der das Ganze sehr sachlich sah?

9

„Guten Morgen, Frau Nachbarin.“

Es war acht Uhr und als Bianca die Wohnung verließ, stand auch Eike Strengler plötzlich im Hausflur.

„Guten Morgen“, sagte Bianca erschrocken und blickte zu Boden, weil sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss.

Eike Strengler trug einen schmal geschnittenen dunkelblauen Anzug, passende Schuhe und eine beige Aktentasche unter dem Arm. Seine blauen Augen leuchteten, als er seine neue Nachbarin ansah. Sie war lässig gekleidet, die Haare fielen ihr sanft über die Schultern und er fand es absolut entzückend, dass sie jetzt schon das zweite Mal rot wurde. Er fragte sich im Stillen: Liegt das an mir oder ist sie einfach nur schüchtern?

„Arbeiten?“, fragte er kurz.

„Ja, was muss, das muss. Bis dann.“

Leichtfüßig lief sie die Treppe hinunter.

„Moment bitte!“, rief Eike ihr nach.

Bianca blieb auf dem unteren Treppenabsatz stehen und schaute nach oben.

„Ja?“

„Haben Sie einen Akkuschrauber? Meiner hat gestern den Geist aufgegeben. Ich hatte bei Ihnen geklingelt, aber Sie waren wohl unterwegs.“

„Ich war mit meiner Freundin in Erbach zum Wein trinken.“

Bianca biss sich auf die Lippe und dachte: Warum, zum Teufel, erzähle ich dem Kerl so etwas?

„Das hört sich gut an. Also, haben sie einen?“

„Einen was?“

„Haben Sie einen Akkuschrauber?“

„Oh Mann, ich bin noch so müde“, redete sich Bianca heraus und zwang sich zu einem Lächeln, „natürlich habe ich einen Akkuschrauber und Sie können ihn gerne ausleihen.“

„Gut, dann werde ich nach der Arbeit noch einmal bei Ihnen läuten. Bis später.“

Bianca murmelte im Auto vor sich hin: „Ich habe ein Date, nein, ich habe kein Date. Ich leihe ihm nur meinen Akkuschrauber. Ganz ruhig bleiben. Nur der Akkuschrauber.“

Entschlossen startete sie den Motor und fuhr ins Büro. Dort wartete Ferdinand bereits und sah seine Kollegin an.

„Du siehst verändert aus. Ist etwas passiert?“

Bianca überlegte, ob sie Ferdinand von Eike erzählen sollte. Ja, dachte sie, er ist mein bester Freund und bringt mich vielleicht wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

„ER ist mir passiert … mein neuer Nachbar.“

Ferdinand grinste breit und sah plötzlich ganz zufrieden und glücklich aus.

„Das ist super!“, rief er enthusiastisch. „Du siehst wirklich aus, als wärst du einem guten Geist begegnet. Und ich dachte schon, du findest Hannes doch ganz passabel.“

„Ach, Ferdinand, Hannes ist ein netter Typ, aber es gab nicht den kleinsten Funken.“

„Und bei deinem Nachbarn hat es gefunkt?“

„Es war, als hätte mich der Blitz getroffen. Er leiht sich heute meinen Akkuschrauber, ich muss also pünktlich heim.“

Der Kommissar lachte, kam um den Schreibtisch herum, zog Bianca vom Stuhl hoch und nahm sie in den Arm.

„Den Akkuschrauber also. Dann wünsche ich dir mal viel Spaß bei der Übergabe. Ich gönne es dir von Herzen und das weißt du, aber sei trotzdem vorsichtig, ja? Ich will nicht, dass dir jemand wehtut.“

Bianca lehnte sich in Ferdinands Arme und nickte.

„Ich kenne ihn ja nur von den drei Minuten, die wir uns bisher gesehen haben. Wenn er ein Mistkerl ist, darfst du ihn verhauen. Aber jetzt müssen wir arbeiten, damit ich einen klaren Kopf bekomme. Zu Peter Jischeck?“

„Jawohl, Chefin. Komm!“

Sie fuhren in die Felsstraße, die Fotos der Mitarbeiter von Ludger von Etzelsbach in der Tasche. Der Pfarrer öffnete nach wenigen Sekunden und hatte eine Einkaufskiste in der Hand.

„Ah, guten Morgen. Ich wollte gerade einkaufen, aber das kann ich auch später noch machen. Kommen Sie bitte herein.“

Er ging voraus in die Küche und bot den beiden Besuchern einen Platz an.

„Sie waren bei uns, sagte der Staatsanwalt“, begann Bianca.

„Ja, ich wollte Ihnen von meinen Gesprächen mit den Nachbarn berichten. Kann ich Ihnen etwas anbieten?“

„Nein danke“, sagte Ferdinand, „dann schießen Sie mal los. Wir hätten jetzt die gesamte Nachbarschaft befragt.“

Peter Jischeck holte einen Schreibblock aus dem Arbeitszimmer und setzte sich neben Ferdinand. Er fuhr mit dem Zeigefinger über den ersten Namen.

„Neben dem Haus von Bernd Fregge wohnen die Röbergs, Ottmar und Sigrun. Wie ich erfahren habe, haben sie ihr Haus an den Makler verkauft, auch die Wieglers, Hennes und Mira mit ihren zwei Kindern. Ich war entsetzt, aber sie schienen irgendwie erleichtert, dass der Stress mit den Männern vorbei ist. Die Wieglers ziehen nach Geisenheim und die Röbergs nach München.“

„Es scheint, sie haben aufgegeben. Herr Jischeck, wer hat denn noch nicht unterschrieben?“

„Ich.“

„Hm, und Sie wollen bleiben?“

„Auf jeden Fall. Aber ich denke, diese Typen haben meinen Schwiegersohn irgendwie mit eingebunden. Timur und meine Tochter waren letztens hier und wir haben uns deswegen gestritten. Mir sind da Dinge herausgerutscht, die ich nie so sagen wollte. Aber Timur hat ewig auf dem Thema herumgehackt und wollte mich partout davon überzeugen, dass es das Beste wäre zu verkaufen. Ach ja, und natürlich Bernd. Er hat auch nicht verkauft.“

Bianca und Ferdinand sahen sich an.

„Er hat“, sagte Bianca leise.

„Nein!“, rief Peter. „Das kann nicht sein. Er war noch bei mir und hat immer gesagt, dass er sich nicht kleinkriegen lässt. Das geht nicht mit rechten Dingen zu.“

Ferdinand holte jetzt die Fotos heraus, die ihnen Hannes mitgegeben hatte. Er legte sie nebeneinander auf den Tisch und wollte wissen, ob Peter jemanden erkennen würde. Der Pfarrer tippte auf eines der Bilder. Es war das von Sandro Dieck.

„Der war Anfang der Woche hier und hat geklingelt. Ich habe nicht aufgemacht, nur aus dem Fenster geschaut. Der und der mit dem brutalen Gesichtsausdruck haben den Brief gebracht und waren auch nebenan bei Bernd.“

Auf dem zweiten Bild sah Ferdinand Jewgeni Sabritschek. Er konnte sich vorstellen, welchen Eindruck die beiden zusammen auf die Bewohner der Straße gemacht hatten.

„Ist noch jemand von den Nachbarn hier oder sind sie schon ausgezogen?“

„Die Wieglers packen. Der Mann muss arbeiten, aber die Frau ist sicher zuhause, denn sie betreut die kleinen Kinder. Soll ich Sie begleiten?“

Bianca schüttelte den Kopf.

„Nein, wir gehen lieber allein. Vielleicht ist es den Leuten unangenehm über den Verkauf zureden. Gibt es noch andere Menschen, die von den Männern unter Druck gesetzt wurden?“

„Nein, nur wir vier. Die anderen drei Häuser sind schon länger leer.“

„Also sieben Häuser. Wenn alle verkauft haben und Bernd womöglich getötet wurde, dann sind nur noch Sie übrig. Im Moment bedeutet das für mich, dass Sie in Gefahr sind. Wir könnten Ihnen jemanden vor die Tür stellen oder öfter Streife fahren.“

„Ach, Frau Kommissarin, machen Sie sich nicht so viel Mühe. Die werden mir nichts tun. Außerdem wacht der da oben über mich.“

Er lächelte und zeigte mit dem Zeigefinger nach oben. Es war etwas an dieser Geste, die bei Bianca ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit auslöste. Es musste gut sein, wenn man so stark in seinem Glauben war. Sie selbst hatte in ihrem Leben wenige Kontakte mit der Kirche gehabt, doch dann waren diese Kontakte auch immer sehr respekteinflößend gewesen. So war es dabei geblieben, dass sie sich zwar gerne alte Kirchen ansah, aber ansonsten Abstand hielt. Auch vor Peter Jischeck hatte sie Respekt, allerdings fühlte sich das jetzt anders an. Sie war vor allem von seinem Urvertrauen begeistert.

„Bitte achten Sie trotzdem auf sich und melden Sie sich sofort, wenn die Männer wieder auftauchen.“

„Ja, das werde ich tun, Frau Verskoff. Ich hoffe, Sie können denen Einhalt gebieten. Sonst ist bald ganz Eltville in ihrer Hand.“

Ferdinand nickte und versprach, genau das zu verhindern. Er war aber auch überzeugt, dass sie über diesen Fall erst ganz wenig wussten und ihnen noch die eine oder andere Überraschung blühte. Als sie Peters Haus verlassen hatten, liefen sie schweigend zum Nachbarhaus.

Wie der Pfarrer gesagt hatte, war Mira Wiegler zuhause. Sie machte einen entspannten Eindruck, auch wenn sie gerade zwischen Bergen von Kartons stand und ein kleines Mädchen in einem von ihnen saß und weinte. Ein Junge im selben Alter fuhr mit einem Feuerwehrauto laut lachend zwischen den Füßen seiner Mutter hindurch.

Bianca musste wieder einmal voller Schmerz daran denken, wie gerne sie mit Michael ein Kind haben wollte, da streckte ihr das kleine Mädchen die Arme entgegen. Unbeholfen hob sie die Kleine aus dem Karton.

„Mäuschen, nicht weinen. Die Tante Bianca spielt mit dir und der Onkel Ferdinand redet mit deiner Mama, einverstanden? Wie alt bist du denn?“

Das Mädchen hielt drei Finger hoch und schmiegte sich an Bianca, die ihre Tränen hinunterschlucken musste. Ferdinand ging mit Mira Wiegler in die Küche.

„Frau Wiegler, sicher wissen Sie vom Tod Ihres Nachbarn Bernd Fregge. Wir müssen davon ausgehen, dass er getötet wurde.“

„Oh mein Gott“, sagte die zarte junge Frau und schlug die Hände vor das Gesicht. „Wer hätte denn einen Grund, diesen netten Mann zu töten? Warum?“

„Es könnte sein, dass das mit dem Verkauf dieser Häuser zusammenhängt. Ich zeige Ihnen mal ein paar Fotos. Sagen Sie mir bitte, wenn einer von den Herren auch bei Ihnen war.“

Er legte auch hier die Fotos auf den Tisch und Mira zeigte auf dieselben Männer.

„Sie waren nett und zuvorkommend. Und Sie können sagen, was Sie wollen: Das Angebot ist unschlagbar. Auch wenn wir noch nicht sehr lange hier wohnen, haben wir das Angebot gerne angenommen.“

„Hat man Ihnen Druck gemacht?“

„N … n … nein.“

„Frau Wiegler, man darf die Polizei nicht belügen!“

Ferdinand hatte in einem festen Tonfall gesprochen und das verfehlte die erwünschte Wirkung nicht. Mira Wiegler begann zu weinen.

„Bitte reden Sie ganz offen mit mir. Es ist wichtig.“

„Die … die Männer waren zuerst ganz nett. Wir wollten nicht verkaufen, weil wir ja erst alles renoviert hatten. Außerdem war alles Geld, was wir lange gespart hatten, weg. Da denkt man nicht ans Verkaufen, nur an Sicherheit.“

„Und dann?“

„Sie kamen später jeden Tag. Ich war ja immer mit den Kindern zuhause. Eines Tages kamen wir vom Einkaufen und die Männer warteten vor dem Haus. Ich hatte alle Hände voll und Lissi ist schon vorausgelaufen. Der hier, der so aussieht wie ein Schläger, hat sie auf den Arm genommen und ganz furchtbar gegrinst. Wie der Teufel persönlich. Er kam auf mich zu, setzte die Kleine ab und sagte ganz komische Sachen.“

Sie schwieg und zitterte.

„Er hat mich gefragt, ob ich meine Kinder liebe und wie es wäre, wenn ihnen etwas zustößt. Mein Mann wollte das erst nicht ernstnehmen, aber dann lag eines Tages der Teddy mit abgerissenem Kopf vor der Tür. Wir haben unterschrieben, weil uns das Leben unserer Kinder alles bedeutet.“

„Sie hätten zu uns kommen und die Männer anzeigen sollen. Man darf sich nicht bedrohen lassen.“

„Das hätte nie aufgehört. Die wollen hier etwas Neues bauen, aber ich weiß nicht genau, was. Das habe ich belauscht. Jetzt ziehen wir weg und alles ist gut.“

Sie machte plötzlich wieder ein entspanntes Gesicht, als wäre mit dem Umzug jede Gefahr einfach wie weggeblasen. Ferdinand ging zurück ins Wohnzimmer, wo Bianca den Kindern aus einem Märchenbuch vorlas. Sie sah total glücklich aus.

„Oh, seht mal, da ist der Onkel Ferdinand. Ich muss jetzt gehen.“

Die Kinder nickten und winkten fröhlich, als sich Bianca an der Tür noch einmal umdrehte. Draußen erzählte Ferdinand von dem Gespräch mit Mira.

„Ich denke schon, dass unser Pfarrer in Gefahr schwebt“, sagte Bianca anschließend und stieg ins Auto. „Leider müssen wir jetzt zum Staatsanwalt.“

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