Kitabı oku: «Lebendige Seelsorge 4/2019», sayfa 2
Interaktive Theologie
Wie der Religionsdialog weitergehen kann
In Europa entstehen neue theologische Zentren. Muslimische Mitmenschen betreiben dort ihre eigene Religionsreflexion. Und die christlichen Theologinnen und Theologen? Sie suchen noch: was die neue Gesprächsmöglichkeit bedeuten könnte; und wie man sich theologisch weiterführend begegnen kann.
Felix Körner SJ
Wir müssen hier systematisch und programmatisch reden. Zuvor ist jedoch eine historische Frage zu stellen; eine Frage, an der sich entscheidet, ob die christlich-muslimische Begegnung als theologischer Dialog doch nur ein Krampf ist: Islamische Theologie – entspringt sie nicht bloß westeuropäischem Wunschdenken?
Theologie lässt sich knapp bestimmen als „der rationale Diskurs einer Religion“ (Körner 2017a). Sie kann sich „apologetisch“ betätigen – dann versucht sie darzulegen, dass der eigene Glaube wahr ist. Sie kann sich „hermeneutisch“ betätigen – also fragen, was das Glaubensgut für heute bedeutet; und sie kann sich „talmudisch“ betätigen – wenn sie sich schlicht, als heiliges Tun, mit ihrer Überlieferung beschäftigt, um sich davon prägen zu lassen. Gibt es so etwas im Islam? Ja, und sogar von früh an (vgl. van Ess, 39-56).
Hier lohnt es sich nachzuhaken: Warum entwickelte der Islam so schnell seine Theologie? Die ersten Christinnen und Christen hatten die theologisch fruchtbare Herausforderung, die Ostererfahrung zu erklären – nämlich, dass Christus die Erfüllung ist: Erfüllung des Gottesbundes mit Israel, Erfüllung allen Lebens und damit auch Erfüllung jeglicher Wahrheitssuche. Und der Islam? Wenn für die muslimi-
sche Seite ebenfalls eine Kurzantwort angeboten sein soll, dann diese: Der Entstehungszusammenhang der islamischen Theologie ist eine Frage der Verantwortung: Verantwortung in der Regierung, Verantwortung im Religionsgespräch und Verantwortung für Spaltungen. Was heißt das im Einzelnen?
THEOLOGIE ALS VERANTWORTUNG
Der frühe Islam – die Vereinigungsbewegung aus der als Gottesoffenbarung verstandenen Muhammad-Verkündigung – erobert im Eiltempo Gebiete Westasiens, Nordafrikas und Südeuropas. Die Verwaltung soll sogleich islamisch sein. Nur ist den Zuständigen vorerst kaum klar, was das sein könnte: islamisches Regieren. Man muss die vor Ort zur Verfügung stehenden Verfahren und Fachleute in das Verwaltungsgeschäft einbeziehen. Die Regierungsverantwortung bringt es mit sich, dass der entstehende Islam rechtlich denkt und schreibt. Der juristisch-textwissenschaftliche Einschlag des Islam hat hier sein erstes Übungsfeld.
Felix Körner SJ
Dr. phil., Dr. theol. habil., Islamwissenschaftler und katholischer Dogmatiker; forscht über gegenwärtige islamische Theologie und unterrichtet seit 2008 an der Päpstlichen Universität Gregoriana; zuvor hat er sechs Jahre in Ankara gelebt.
In allen Gebieten des frühen Islam leben Juden und – mehr noch: Christen. Der neu hinzukommende und sogleich mächtig auftretende Glaube will sich nun im Streitgespräch mit Andersgläubigen verantworten. Im Kampf der Meinungen wollen sowohl die arabischen Quasi-Adligen als auch – stärker – nichtarabische Konvertiten die Wahrheit ihrer Religion erweisen. Der kontroverstheologische Einschlag bildet sich aus. Er lässt sich dann auch für die Glaubensverbreitung einsetzen.
Bald zeigen sich allerdings auch inner-islamische Lehrunterschiede. Sie machen ebenfalls eine Religionsdebatte notwendig; und was hier entsteht, ist eine für die Muslime höchst bedauerliche Spaltung der Gemeinde. Zu ihr zu gehören ist dabei doch heilsbedeutend. Gegen die, die später „Sunniten“ heißen werden, formiert sich die Schia. Auch andere Gruppierungen beanspruchen, sie seien die wahre Verwirklichung dessen, was Gott mit dem Koran und durch Muhammad gründen wollte. Der Ärger über den islamischen Einheitsverlust äußert sich durchaus auch argumentativ. Wie konnte es zum Bruch kommen? Die Frage lässt eine islamische Geschichtsschreibung wachsen; und ist denn der augenblickliche Herrscher überhaupt der legitime? Mit diesem Bedenken wird die politische Theologie des Islam groß.
Weiterhin zu beantworten ist die Grundfrage, ob nicht Gott in allem wirksam ist – und wie dann die treulosen Menschen zur Verantwortung zu ziehen sind: Die systematische Theologie hat damit schon eines ihrer Hauptthemen gefunden.
Entstanden ist jedoch keiner der drei genannten islamisch-theologischen „Einschläge“ – das juristische Regeln, die Glaubenskontroverse und die Theorie menschlich-freien Handelns – erst nach Muhammads Tod. Was sich jetzt ausprägt, ist bereits im Koran angelegt. Denn schon in Medina ergehen – mit Offenbarungsanspruch – genaue Rechtsregelungen (z. B. 4:176). Auch Diskussionen mit Andersgläubigen finden sich von Anfang an im Koran (29:46); und Fragen nach legitimer Herrschaft sowie dem Verhältnis von Gottesmacht zur Menschenfreiheit sind ebenfalls schon koranisch (48:17, 74:31).
Es gibt sie also, die islamische Theologie, es gibt sie von Anfang an, und es gibt sie von Anfang an mit einem Einschlag, der sie auf Gespräche mit Juden und Christen ausrichtet. Wie sind solche Gespräche heute anzulegen?
THEOLOGIE ALS VERGLEICH?
Man könnte es mit einer „komparativen Theologie“ versuchen. Wohlgemerkt laufen unter dieser Bezeichnung auch deutlich weiter führende Ansätze als der hier skizzierte, vielleicht sogar karikierte (vgl. von Stosch; Clooney 2013). Ein komparativ-theologischer Rahmen würde die Religionsbegegnung wohl „positional“ anlegen. Das heißt, man erklärt gleich eingangs, man habe selbst eine bestimmte Glaubens- „Position“, die man denn auch nicht zur Debatte stellt; sie soll ja einen der Vergleichspunkte abgeben. Zweitens wählt man nun eine genau eingegrenzte Fragestellung, die man in mindestens zwei Glaubenstraditionen – der eigenen und einer anderen – darstellt. Was ist etwa die „Position“ der frühen Schia bezüglich unschuldigem Leiden? Drittens sucht man sich nun auf jeder Seite einen Text, ein Symbol oder einen Vollzug und hält das so Herauspräparierte vergleichend nebeneinander. Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden sichtbar.
Ein solches komparatives Verfahren ließe jedoch drei Grundzüge der christlichen Glaubenserkenntnis unter den Tisch fallen. Sie ist gerade keine Position, sondern Teil der Geschichte. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil heißt das riskant geschichtliche Vorankommen des Christuszeugnisses durch Begegnung mit dem anderen: „Dialog“. Dieser geschichtstheologische Grundgestus ist allerdings bereits biblisch. Man kann das anhand eines Ausdrucks im Kolosserbrief zeigen: Alle, so der Wunsch dort, sollen „getröstet werden, verbunden in der Liebe, um die tiefe und reiche Einsicht zu erlangen und das Geheimnis Gottes zu erkennen, das Christus ist. In ihm sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen“ (2,2f.).
Die Erkenntnis Christi ist eben noch kein vollständiges Begreifen, sondern immer erst ein Vorausgreifen, und zwar auf das Ganze, das uns schon ergreift (vgl. Philipper 3,12). Alles, was in der Geschichte geschieht, kann weiter erhellen, was das denn ist, was in Christus noch verborgen ist. Glauben geschieht nicht im Gestus der Position, sondern der Antizipation (vgl. Pannenberg, 121, 126, 175: „proleptisch“, „doxologisch“). Daher wird man christlicherseits nicht vor der nächsten Begegnung mit Menschen anderen Glaubens behaupten wollen, man habe ja schon seine durchklärte Position. Die komparativ-methodische Herauslösung eines Teilbereichs der Glaubenslehre soll den Vergleich ermöglichen. Dieses – das sogenannte mikrologische – Verfahren scheint auszublenden, dass eine religiöse Sichtweise gewöhnlich keine Ansammlung von Einzelpositionen ist. Vielmehr gehört in einer Glaubenssicht alles zusammen und deutet sich gegenseitig. Denn das Einzelne hat seinen Sinn als Teil des Gesamten. So lässt sich aus christlicher Sicht die oben als Beispiel gestellte Frage nach dem unschuldigen Leiden nur im Zusammenhang mit der Christusgeschichte – und von dort aus mit Schöpfungs- und Erlösungslehre – beantworten.
Drittens wird ein „positionaler“ Vergleich der ja immer geschichtlichen Christuserkenntnis deshalb nicht gerecht, weil sie sich in der Begegnung erweitert. Jede dialogisch interreligiöse Begegnung kann die Gläubigen beider Seiten „reinigen und bereichern“ (Franziskus 2013, § 250; Sekretariat, § 21).
THEOLOGIE ALS INTERAKTION
Wenn eine Theologie sich – im hier gezeichneten und möglicherweise überzeichneten – Sinn ans Vergleichen macht, scheint sie aus sich selbst und aus dem anderen je ein Stück herauszuschneiden, um beides von sich weg, vor sich nebeneinander halten zu können. So ist man noch nicht wirklich in der Dynamik des Dialogs. Er kann ja erst aufgrund von Begegnung entstehen; und aus einer Begegnung kann man sich selbst und sein eigenes Werden nicht heraushalten. Schematisch beschreiben lassen sich Begegnungen als Geschehen mit dreierlei Ausrichtung.
Von Angesicht zu Angesicht - Seite an Seite - Rücken an Rücken.
Vielleicht sollte man beginnen mit der Ausrichtung „Seite an Seite“, wenn denn „Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in gleicher Richtung blickt“ (de Saint-Exupéry, 216). Von dieser Ausrichtung geprägt ist die „kooperative Theologie“ (Specker, 9). Beide legen ihre augenblicklichen Kräfte und überlieferten Lösungsmuster zusammen, um sich den heute in den Blick tretenden Herausforderungen gemeinsam zu stellen.
Theologie über Religionsgrenzen hinweg ist erst dann Begegnung, Dialog, Interaktion, wenn beide Seiten zur selben Zeit leben.
Vor jedem gemeinsamen Problemlösen aber geschieht Begegnung natürlich „von Angesicht zu Angesicht“. Was wäre dann eine treffende Bezeichnung für ein solches theologisches Lernen miteinander, in gegenseitiger Anregung, durch immer neue Missverständnisse und Verständigungen, Einwände und Einsichten? Hierfür bietet sich ein neuer Name an: „interaktive Theologie“.
Für eine interaktive Theologie genügt es nun nicht, dass beispielsweise ein katholischer Theologe Rahner- und von Balthasar-Zitate gegen Stücke aus tamilischen Kommentaren der Vishnu-Frömmigkeit des 12. und 13. Jahrhunderts hält; so eindrucksvoll solche Vergleiche auch sein mögen (vgl. Clooney 2001). Theologie über Religionsgrenzen hinweg ist erst dann Begegnung, Dialog, Interaktion, wenn beide Seiten zur selben Zeit leben. Dann können sie nämlich beide aufeinander eingehen. Das verlangt nun aber auch, dass sie einander verstehen – zumindest den in weiteren Begegnungen überprüfbaren Eindruck bekommen, man beginne einander zu verstehen. Eine solche Begegnungsgeschichte setzt zugleich voraus und bewirkt, dass man sich annähernde Begriffe davon hat, was vernünftig ist. Eine Universität ist dafür wohl der günstigste Rahmen.
Jede theologische Interaktion muss aber auch lernen, eine bisher noch nicht genügend benannte Gefahr zu erkennen. Sie ließe sich bezeichnen als „die personalistische Falle“. Nicht selten hört man, mit „dem Islam“ ließe sich ja schon deshalb nicht reden, weil es „den Islam“ nicht gibt, sondern nur verschiedene Musliminnen und Muslime. Wenn jedoch eine Theologie der rationale Diskurs einer Religion ist, nicht nur einer Privatperson, dann ist ein wirklich theologisches Religionsgespräch mehr als eine persönliche Begegnung. Denn Theologinnen und Theologen stehen auch selbst für Denktraditionen und Gemeinschaften. Darin unterscheiden sich Theologie und Religionswissenschaft. Außerdem erhofft, wer in der Begegnung wirklich theologisch fragt, dabei nicht nur die Welt seines Gegenübers besser kennenzulernen; vielmehr betreibt man Theologie auch mit der Erwartung, dass damit die ganze Wirklichkeit verständlicher wird.
Nun kommt es durchaus vor, dass mir muslimische Gesprächspartnerinnen und -partner eine Frage stellen, auf die ich augenblicklich keine Antwort weiß, die mich selbst überzeugt. Für einen ernsten theologischen Dialog braucht man manchmal Zeit zum Nachschlagen, manchmal zum Nachdenken, manchmal zum Nachfragen bei Kolleginnen und Kollegen der eigenen Zunft. Ich will gar nicht aus der einen Begegnung leben – das eben wäre die personalistische Falle.
Weiterhin: eine Erkenntnis, die uns im Religionsdialog „interaktiv“ gekommen ist, muss ich in meinen religiös anderen Lebenszusammenhang einbringen. Sie durchläuft so den Praxistest. Gesichtspunkte, die wir zuvor im Religionsgespräch übersehen hatten, können jetzt auftauchen. Manches verflüchtigt sich wieder, manches muss ich in den nächsten Dialog erneut einbringen, manches aber kann meine eigene Tradition auch nachhaltig ändern (vgl. Körner 2016).
Jedenfalls gehören offenbar zur vollen Begegnungsdynamik Zeiten einer dritten Ausrichtung: Nach und neben und vor jedem „von Angesicht zu Angesicht“ und allem „Seite an Seite“ muss es auch das Vertrauen geben für ein „Rücken an Rücken“ (Körner 2014). Papst Franziskus hat offenbar genau im selben Sinne als grundlegend für den interreligiösen Dialog nicht nur den „Mut zum Anderssein“ betont; noch davor stellte er „die Pflicht zur Identität“ (Franziskus 2017). Die andere Person und ich, wir brauchen auch Gelegenheiten, wieder eine eigene Blickrichtung einzunehmen. Gerade wenn wir unsere Religionen als lebendige Traditionen verstehen, müssen wir sie auch weiter erforschen und befruchten.
Für einen wahrhaft dreidimensionalen Religionsdialog – von Angesicht zu Angesicht, Seite an Seite und Rücken an Rücken – ist daher die sinnvollste Zusammenstellung wohl nicht ein Gesamtinstitut Religionsstudien, in dem alle dieselben Veranstaltungen besuchen. Mehr verspricht hier die lebendige Interaktion universitärer Institutionen der verschiedenen Glaubenstraditionen mit ihrer je eigenen Klientel, in der die Lehrenden und die Studierenden aber eine Reihe von Seminaren und Vorlesungen gemeinsam erleben. Dasselbe gilt für den schulischen Religionsunterricht.
Gerade wenn wir für die soziale Arbeit und für das öffentlich-politische Engagement, für die
Medien und Behörden nicht nur Religionsexperten qualifizieren wollen, sondern religiöse Experten, also Gläubige, die ihren Glauben auch in immer neue Gegenwarten übersetzen können, dann ist auch eine echte Vertrautheit mit den eigenen Lebens-, Sprach- und Denkformen erforderlich; und gerade wenn wir eine neue Generation von Religionsvertreterinnen und -vertretern für Schulunterricht und Gemeinde ausbilden wollen, müssen wir ihnen einen theologischen Eigenraum schaffen. Hier können sie Dialogkompetenz in der Begegnung lernen, hier können sie aber auch erforschen, wie sich ihre eigene Tradition gebildet und vielfältig entwickelt hat.
Eine religiöse Identität ist nicht dann stark, wenn sie starr ist.
Jedes ernsthafte theologische Studium bewirkt dabei Fremdheitserlebnisse, enttäuscht und verwirrt gläubige Studierende, übrigens oft mehr bei der Begegnung mit der eigenen Geschichte als bei der Begegnung mit Andersgläubigen; jedenfalls aber soll es in der theologischen Forschung auch das andere Erlebnis geben dürfen: dass man hier trotz allem daheim ist – oder zuhause ankommt. Eine religiöse Identität ist nicht dann stark, wenn sie starr ist. Sie ist vielmehr die Bereitschaft und Fähigkeit, in der eigenen Glaubenstradition und -erfahrung weiter zu wachsen.
In Europa entstehen derzeit islamisch-theologische Zentren. Hier bietet sich die Gelegenheit, von Angesicht zu Angesicht und Seite an Seite und Rücken an Rücken miteinander zu arbeiten. Hier bietet sich eine einzigartige Gelegenheit für interaktive Theologie.
LITERATUR
Clooney, Francis X., Hindu God, Christian God. How Reason Helps Break Down the Boundaries between Religions, New York 2001.
Clooney, Francis X., Komparative Theologie. Eingehendes Lernen über religiöse Grenzen hinweg, Paderborn 2013 (englisches Original: Comparative Theology. Deep Learning Across Religious Borders, Oxford 2010).
de Saint-Exupéry, Antoine, Wind, Sand und Sterne, Dessau 1941 (französisches Original: Terre des hommes, Paris 1939).
Franziskus, Papst, Apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium (2013), abrufbar unter: http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazioneap_20131124_evangelii-gaudium.html.
Franziskus, Papst, „Discorso ai participanti alla conferenza internazionale per la pace“ (2017), abrufbar unter: http://w2.vatican.va/content/francesco/it/speeches/2017/april/documents/papa-francesco_20170428_egitto-conferenza-pace.html.
Körner, Felix, Rücken an Rücken. Die dritte Dimension interreligiösen Miteinanders, in: Augustin, George/Sailer-Pfister, Sonja/ Vellguth, Klaus (Hg.), Christentum im Dialog. Perspektiven christlicher Identität in einer pluralen Gesellschaft, Festschrift Günter Riße (Theologie im Dialog, Band 12), Freiburg 2014, 235-242; abrufbar unter felixkoerner.de.
Körner, Felix, Islam und abendländische Kultur. Begegnungen, Auseinandersetzungen, Einflüsse, in: Brunner, Rainer (Hg.), Islam. Einheit und Vielfalt einer Weltreligion, Stuttgart 2016, 527-549; abrufbar unter felixkoerner.de.
Körner, Felix, Islamic Theology, Past and Present. A Comparative Perspective, in: Studia Bobolanum 28/4 (2017a) 61-75; abrufbar unter felixkoerner.de.
Körner, Felix, Das Dialogverständnis der katholischen Kirche. Eine theologische Grundlegung, in: Zeitschrift für Missionswissenschaft und Religionswissenschaft 101 (2017b) 78-93; abrufbar unter felixkoerner.de.
Pannenberg, Wolfhart, Grundfragen systematischer Theologie. Gesammelte Aufsätze [Bd. 1], Göttingen 1967.
Sekretariat für die Nichtchristen, The Attitudes of the Church Towards the Followers of Other Religions. Reflections and Orientations on Dialogue and Mission (1984); abrufbar unter www.pcinterreligious.org/the-attitudes-of-the-church-towards-the-followers-of-other-religions.
Ströbele, Christian/Specker, Tobias/Dziri, Amir/Tatari, Muna (Hg.), Welche Macht hat Religion? Anfragen an Christentum und Islam, Regensburg 2019.
van Ess, Josef, Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam, Bd. 1, Berlin 1991.
von Stosch, Klaus, Komparative Theologie als Wegweiser in der Welt der Religionen, Paderborn 2012.
Interaktiv interreligiös? Das Gespräch mit dem Islam im christlichen Verstehenshorizont
Die Replik von Anja Middelbeck-Varwick auf Felix Körner SJ
Zunächst mag irritieren, dass eine Abhandlung, die zu skizzieren sucht, wie der christlich-islamische Religionsdialog weitergehen kann, eingangs ausführt, dass auch der Islam so über etwas wie Theologie – von Körner enggeführt als „rationaler Diskurs einer Religion“ – verfügt. Doch dass diese Selbstverständlichkeit nur eine vermeintliche ist, lehrt die Praxis: Denn stets von neuem wird islambezogenen Formaten in Frage gestellt, inwiefern denn ein rationaler Diskurs über die koranische Offenbarung muslimischerseits überhaupt geführt werde.
Vermutlich bedarf es noch einiger weiterer Einübung in das kleine Einmaleins christlich-muslimischer Begegnung, bevor diese ewig wiederkehrende Rechtfertigungsübung geflissentlich übergangen werden kann. Zumindest im Zusammenhang christlich-theologisch informierter Personen sollte sie möglichst bald obsolet werden, wie doch auch die Zeiten, da man den Glauben der Sarrazenen zu den christlichen Häresien zählte, schon etwas zurück liegen. Jedoch verweist schon diese Irritation darauf, dass Grundkenntnisse über die Religion der „anderen Gläubigen“ eine Eingangsvoraussetzung für den qualifizierten Dialog darstellen: Wer über den Koran, den muslimischen Glauben und die religiöse Praxis von Musliminnen und Muslimen urteilen will, muss diese kennen.
Eine interaktive Theologie, wie Körner sie vorschlägt, lebt von der Begegnung, die die Dynamik des Dialogs in seiner dreidimensionalen Ausrichtung („Seite an Seite“, „von Angesicht zu Angesicht“ und „Rücken an Rücken“) ausmacht. So richtig und annehmbar diese Überlegungen grundsätzlich sind, so wenig ist es notwendig, sie in völliger Opposition zu den Anliegen Komparativer Theologie (KT) zu sehen. Diese „überzeichnet“ oder „karikiert“ Körner nicht, sondern trifft sie vielmehr nur sehr vage.
Wenngleich nachvollziehbar wird, welche Kritik an einem schlichten Vergleichen von Positionen zu üben wäre, so wird hingegen in keiner Weise gewürdigt, was komparative Ansätze zu leisten im Stande sind. Entschieden zu widersprechen ist der KT gewiss, wenn ihr hiesiger maßgeblicher Vertreter, der Paderborner Theologe Klaus von Stosch, einen grundlegenden Paradigmenwechsel fordert: „Weg von einer Theologie der Religionen mit ihren Diskussionen um die Klassifikationen von Religionen hin zu einer Komparativen Theologie“ (von Stosch, 131). Gleichwohl ist zu prüfen, was eine vergleichende Theologie leisten kann und wie sie sich von anderer interreligiöser Theologie unterscheidet.
Gegenwärtig ist eine Zunahme komparativer Studien zu beobachten und zu begrüßen, die interreligiöse Vergleiche in konfessioneller Perspektive darstellen, die die klassischen Aporien der religionstheologischen Modelle im dialogischen Interesse zu überwinden suchen. Ursprünglich als Comparative Theology im anglo-amerikanischen Sprachraum beheimatet, siedelte sich die KT erst jüngst auch im deutschsprachigen Raum an.
Nun kommt es entscheidend darauf an, was unter KT verstanden wird, denn das so betitelte Spektrum ist ein sehr weites. Allgemein kann festgehalten werden, dass die Stärke der KT ist, entschieden die Zuwendung zu konkreten Einzelstudien zu leisten und spezifische Themen, Texte, Fragen und Riten mikroperspektivisch im konkreten Dialog zu relationieren. Die komparativ-theologischen Ansätze kennzeichnet entsprechend ein Verzicht auf jedwede religionstheologische Metaperspektive und die Zuwendung zu spezifischen Untersuchungen, Dialogen und Begegnungen.
Damit vertritt die Komparative Theologie zwei wichtige wie richtige Einsichten: Erstens die Einsicht, dass religiöses Selbstverstehen notwendig kontextuell und damit kontingent ist, und damit zugleich zweitens die Einsicht, dass es keine universale Theologie der Religionen geben kann. Diesen Einsichten folgend, sucht sie die übergeordneten Themen der Makroebene auszuklammern. Es lässt sich hierbei kritisieren, dass angesichts der vielen Einzelstudien, die die KT anstrebt, die faktisch existenten Schlüsselthemen „des“ Islam und „des“ Christentums aus dem Blick geraten. Sicherlich kann, wie Körner zu Recht kritisiert, die Frage nach der „Wahrheit“ der geglaubten Offenbarung schwerlich jeweiligen spezifischen Dialogen nachgeordnet oder gar anheimgestellt werden. Zwar wird innerhalb der Komparativen Theologie die eigene Positionierung im
Die Stärke der Komparativen Theologie ist, entschieden die Zuwendung zu konkreten Einzelstudien zu leisten und spezifische Themen mikroperspektivisch im konkreten Dialog zu relationieren.
Dialog als Voraussetzung reflektiert, doch der Ausgang der Begegnung und damit das theologische Ergebnis bleibt offen und kann erst am Ende des interreligiösen Prozesses erhoben werden. Spätestens hier ist hinsichtlich der Konzeption(en) der KT Skepsis angezeigt.
Auch ist es für den interreligiösen Dialog unbedingt notwendig, die stete dynamische Bezogenheit der Mikro- und Makroperspektive der Religionen in ihren theologischen Fragehorizonten anzuerkennen: Die „großen“ Fragen nach dem „Ganzen“ der Weltdeutung bleibt allen Dialogbeteiligten zur jeweiligen Beantwortung aufgegeben und sind unverzichtbar, wie Körner zu Recht anmahnt. Die religionstheologische Reflexion muss anerkennen, dass das eigene religiöse Sinnsystem hermeneutisch nicht verlassen werden kann. Entsprechend ist auch Ulrich Winkler zuzustimmen, wenn er schreibt: „Komparative Theologie ist keine Alternative zur Religionstheologie, sondern beiden kommt eine unterschiedliche wie unverzichtbare Aufgabe zu. Religionstheologie verstehe ich als theologischen Begründungsdiskurs für eine Komparative Theologie“ (Winkler, 419).
Dem folgend ist einer paradigmatischen Ablösung der religionstheologischen Reflexionen durch KT nicht das Wort zu reden. Gewiss sind große Teile der komparativen Methodik zur Bearbeitung interreligiöser Fragen außerordentlich hilfreich und so ließen sich die Anliegen der KT durchaus mit denen des „wechselseitigen Inklusivismus“ (Reinhold Bernhardt) und gewiss auch einer weiter zu diskutierenden „interaktiven Theologie“ verbinden.
Dass zu deren Weiterentwicklung auch ein neues Zueinander der religionsbezogenen Fächer zu finden ist, steht außer Frage. Dieses gefährdet in keiner Weise die Rolle der Theologien, sondern wird diese konturieren helfen. Denn als Reflexion des Glaubens muss eine tragfähige Theologie der Gegenwart methodisch wie inhaltlich in der Lage sein, andere Religionen als loci alieni zu deuten; nur so kann sie schließlich interreligiös interagieren.
LITERATUR
Bernhardt, Reinhold, Ende des Dialogs? Die Begegnung der Religionen und ihre theologische Reflexion, Zürich 2005.
Rettenbacher, Sigrid, Theologie der Religionen und komparative Theologie – Alternative oder Ergänzung? Die Auseinandersetzung zwischen Perry Schmidt-Leukel und Klaus von Stosch um die Religionstheologie, in: ZMR (2005), 181-194.
Schmidt-Leukel, Perry, Limits and Prospects of Comparative Theology, in: Hintersteiner, Norbert, Naming and Thinking God in Europe today. Theology in global dialogue, Amsterdam/New York 2007, 493-505.
von Stosch, Klaus, Komparative Theologie als Wegweiser in der Welt der Religionen, Paderborn 2012.
Winkler, Ulrich, Wege der Religionstheologie. Von der Erwählung zur Komparativen Theologie, Innsbruck 2013.
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