tali dignus amico

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Seriler: Classica Monacensia #54
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Interessant ist auch, dass im selben Buch das Thema noch weiter entfaltet wird. Derselbe Adressat Maximus31 erhält jetzt (2,53) eine Unterweisung in Moralphilosophie. Die Unfreiheit, die der Sprecher in 2,18 für sich selbst feststellte, indem er sich im sozialen Gefüge als servus klassifizierte, wird jetzt dem Maximus erneut vorgehalten, aber mit den Mitteln und der Begrifflichkeit der Moralphilosophie. Als Auslöser für diese Unterweisung wird die heuchlerische Behauptung des Maximus zitiert, frei sein zu wollen. Martials Sprecher zeigt ihm jetzt im Stil des Horaz auf (vgl. epist. 1,6; 1,18),Horazepist. 1,6Horazepist. 1,18 was es heißt, frei zu sein. Der Verzicht auf cenare foris steht dabei an erster Stelle32 (2,53):Martial2,53


Vis fieri liber? mentiris, Maxime, non vis:
sed fieri si vis, hac ratione potes.
liber eris, cenare foris si, Maxime, nolis,
Veientana tuam si domat uva sitim,
si ridere potes miseri chrysendeta Cinnae, 5
contentus nostra si potes esse toga,
si plebeia Venus gemino tibi vincitur asse,
si tua non rectus tecta subire potes.
haec tibi si vis est, si mentis tanta potestas,
liberior Partho vivere rege potes. 10

Um die innere Freiheit zu erreichen, müsse man auf unnötigen Luxus verzichten, was der Sprecher durch sechs Punkte exemplifiziert: Man müsse bereit sein, 1) keine cena-Einladungen mehr anzunehmen,33 2) einen bescheidenen Wein zu trinken,34 3) das luxuriöse Besteck eines Cinna zu verachten,35 4) eine bescheidene Toga anzulegen, 5) sich mit einer bescheidenen Dirne zufrieden zu geben und schließlich 6) ein kleines Haus zu bewohnen. Das Schlussdistichon greift wieder auf die Vorstellung vom König zurück: Mit dieser Willensstärke (potestas mentis) könne Maximus dann freier als der Partherkönig leben, der als Inbegriff des Autokraten gilt, in einem Reich, in dem sich alle Untertanen dem Großkönig nur auf Knien nähern. Martials Sprecher bringt in dieser Pointe ironisch noch einmal zum Ausdruck, was für ein Leben Maximus sich wünscht: Mächtig und reich wie ein Tyrann zu sein – weit entfernt von der horazischen Freiheit. Man denke hierbei auch an die otia liberrima, die bei Horaz mit den divitiae Arabum in epist. 1,7,36Horazepist. 1,7,36 kontrastiert werden. Zugleich aber wäre die Forderung erfüllt, die der Sprecher in 2,18Martial2,18an Maximus gestellt hat: Sich wenigstens wie ein rex zu benehmen, wenn er schon clientes hat.

v) Der Sprecher als Gastgeber: der Gast als animal oder amicus?

In Buch 5 stellt Martials Sprecher in einer Reihe von Epigrammen (5,44; 5,47; 5,50; 5,78) die cena wiederum als problematischen Punkt im patronus-cliens-Verhältnis dar, jedoch aus einer anderen Perspektive. Entweder aus der Sicht des bescheidenen Gastgebers oder der des gern scherzenden Beobachters spricht er über das Gastgeber- bzw. Gast-Sein, sowie über den Zusammenhang zwischen parasitären Verhältnissen und philosophischer amicitia.

Als patronus und Gastgeber präsentiert sich der Sprecher in 5,44. Dort attackiert er seinen Adressaten Dento, weil dieser ihn zugunsten großzügigerer Patrone verlassen hat:Martial5,44


Quid factum est, rogo, quid repente factum,
ad cenam mihi, Dento, quod vocanti –
quis credat? – quater ausus es negare?
sed nec respicis et fugis sequentem,
quem thermis modo quaerere et theatris 5
et conclavibus omnibus solebas.
sic est, captus es unctiore mensa
et maior rapuit canem culina.
iam te, sed cito, cognitum et relictum
cum fastidierit popina dives, 10
antiquae venies ad ossa cenae.

Dento1 wird hier vorgeworfen, die cena-Einladungen des Sprechers schon viermal abgelehnt zu haben (3), um wohl reichere cenae bei reicheren Gastgebern zu besuchen. Dabei verachtet und vermeidet er den Sprecher, der ihn sogar sucht (4). Die drei Verse lange Anfangsfrage betont die Verstimmung des Sprechers. Der Adressat wird eher grollend als ein üblicher Mahlzeitjäger beschrieben, wie man ihn z.B. in der Selius-Gruppe findet: Jemand, der in den Thermen, Theatern und sogar auf öffentlichen Toiletten2 (5‑6) auf eine cena-Einladung wartet. Er sei jedoch wählerischer als Selius, denn Dento könne sich für eine Einladung zu einer luxuriösen cena entscheiden und den früheren Gastgeber meiden. Der Sprecher, der sich um Dento bemüht hat, fasst seinen Groll zusammen: Dento ist als ein captator cenae entlarvt, weil er nur darauf achtet, wo er aufwändiger speisen kann, nicht, mit wem er speisen wird. Daraus geht hervor, dass der Sprecher das gegenseitige Verhältnis nicht so sehr als patronus-cliens-Verhältnis gesehen hat, sondern eher als eine amicitia verstanden wissen wollte. Deshalb ist er jetzt so enttäuscht, dass er Dento vorwirft, sich nicht anders als ein Hund zu verhalten, wenn er sich von einer unctior mensa sowie einer maior culina einfangen lasse. Dieses Verhalten ist aber so leicht durchschaubar, dass der neue, reiche Gastgeber ihn nicht lange einladen wird.3 Die luxuriöse cena wird abwertend als popina bezeichnet, weil Dentos Verhalten und Einstellung diese cena dazu machen: Zu einer Kneipe, wo er billig und reichlich verköstigt wird. Die Drohung des Sprechers führt die Hunde-Metapher fort: Dento wird dann wieder zu dem Sprecher und seinen „Knochen“ (11) kommen. Damit ist deutlich geworden, dass er auch in den Augen des alten Gastgebers kein Freund mehr ist, sondern nur noch ein Hund, der servil ist, wenn man ihn füttert.

In 5,47 wird Philo dagegen ironisch als Parasit dargestellt, der allerdings nicht immer Erfolg bei seinen Mahlzeitjagden erzielt:Martial5,47

Numquam se cenasse domi Philo iurat, et hoc est:

non cenat, quotiens nemo vocavit eum.

Die Schande des domi cenare wird hier thematisiert: Philo wird als ein Angeber dargestellt, der beteuert, nie (allein) zu Hause zu essen. Einladungen zu bekommen, stellte offenbar ein Status-Symbol dar, denn dann wurde man von vielen wohlwollenden Gastgebern umworben. Der Sprecher kehrt jedoch die Situation ins Lächerliche um: Philo ist nichts weiter als ein armer Teufel, der sich nicht einmal sein Essen leisten kann. Formell esse er nie zu Hause, denn er esse wirklich nur, wenn er eingeladen werde – sonst aber bleibt er hungrig, wie der Typus des Komödienparasiten.4

Fällt es jedoch dem parasitären Philo schwer zuzugeben, allein zu Hause zu essen, da er den Schein wahren will, so bricht der Martial-Sprecher in 5,50 gerne das Tabu des domi cenare, indem er es nicht nur zugibt, sondern es sogar positiv bewertet. Der Sprecher beschwert sich wie in 5,44Martial5,44 aus der Sicht des Gastgebers, der sich vom Gast schlecht behandelt fühlt,5 bei seinem Adressaten Charopinus (5,50):6Martial5,50


Ceno domi quotiens, nisi te, Charopine, vocavi,
protinus ingentes sunt inimicitiae,
meque potes stricto medium transfigere ferro,
si nostrum sine te scis caluisse focum.
nec semel ergo mihi furtum fecisse licebit? 5
improbius nihil est hac, Charopine, gula.
desine iam nostram, precor, observare culinam,
atque aliquando meus det tibi verba cocus.

Das Epigramm gliedert sich in zwei Teile.7 Im ersten wird die Problematik pathetisch dargelegt, jeweils in zwei Versen. Im zweiten bittet der Sprecher durch eine rhetorische Frage den Adressaten um Ruhe. Eine ironische Bemerkung beschließt das Gedicht.

 

Der Versanfang betont den Tabubruch des cenare domi. Wer zu Hause ist und Besuch bekommt, muss aber als Gastgeber einer cena fungieren, wie mit der Einladung an den angesprochenen Charopinus verdeutlicht wird. Charopinus reagiert über, wenn er einmal nicht eingeladen wird, als wäre das nicht nur eine Aufkündigung der amicitia, sondern sogar ein Anlass für inimicitia, die einen Mord rechtfertigt. Der Gastgeber deutet diese Überreaktion analog zu einem Liebesverhältnis: Eine solche Eifersucht macht nämlich das Verhältnis der beiden zu dem eines verheirateten Paars: Da muss man ab und an einen Ehebruch (furtum) begehen können. Charopinus ist also nicht nur der Typus eines Komödienschmarotzers, sondern er verhält sich noch schlimmer, nämlich so wie die eifersüchtige Ehefrau in der Komödie, die ihrem Mann hinterherspioniert. Denn der Koch muss jetzt die Rolle übernehmen, die manchmal dem Schmarotzer zufällt, um die Ehefrau zu beruhigen: verba dare, um den Ehebruch zu vertuschen.

Charopinus als nomen loquens lässt jedoch, wie Dento in 5,44, einige Besonderheiten erkennen. Wurde „große-Zähne“-Dento mit einem Hund verglichen, der sich vom reicheren Essen einfangen ließ (8) und vom mageren Essen des Sprechers, als Knochen dargestellt, nicht mehr abnagen wollte (11), so blickt Charopinus „in freudiger Erwartung“, gierig auf die culina des Sprechers, wie ein χαροπὸς κύων auf seine Beute. Denn tatsächlich charakterisiert das griechische Epitheton χαροπός im Epos und in der Lyrik wilde Tiere,8 v.a. Löwen,9 aber auch Hunde,10 die mit Gier auf der Jagd nach Fressen suchen. Spielerisch wird das mit der beinahe animalischen gula im Vers 6 angedeutet und wiederum etymologisierend mit dem Verb observare (7) stark betont.11 Der Klient als Gast wird mit einer beinahe tierischen Begierde nach Essen beim Patron als parasitär charakterisiert12 – gerne möchte er ihn für seine Zwecke ausnutzen. Der Sprecher stellt sich jeweils anders dar: Einerseits zeigt er sich beleidigt, weil seine bescheidene cena verschmäht wird, andererseits widerwillig, weil gerade diese cena gesucht wird. Konstant bleibt die Figur des gierigen Gastes, der daher kaum ein amicus ist.

Als Gegenbild zu einem solchen Panorama werden allerdings andere Epigramme eingesetzt, die Freundschaftseinladungen zur cena thematisieren, und zwar im Rahmen aufrichtiger amicitia. Solche Freundschaftsepigramme greifen eine lange Tradition auf, die schon bei Catull, Philodem und Horaz vorzufinden ist, und leben davon, dass sie die Kritikpunkte aus dem patronus-cliens-Verhältnis als bekannt voraussetzen und sie ablehnen oder ins Gegenteil verkehren, um damit die „wahre“ Freundschaft anstelle der patronus-cliens-amicitia zu verdeutlichen. Catulls Carmen 13 Catull13an Fabullus, Philodems Epigramm an Piso (AP 11,44)Philodems Epigramm an PisoAP 11,44 sowie die horazische Epistel 1,5 an TorquatusHorazepist. 1,5sind gute Beispiele dafür. Auf diese wird auch gern von Martial angespielt, so dass die Einreihung in die Tradition dieses Diskurses betont wird.

Im Einladungsgedicht 5,78 greift der Sprecher das domi cenare als Hauptmotiv wieder auf, welches der amicitia gegenübergestellt wird. Dabei wird der „wahre“ Freund angesprochen, der offenbar die Bescheidenheit (und den Sprecher selber) zu schätzen weiß:Martial5,78


Si tristi domicenio laboras,
Torani, potes esurire mecum.
non derunt tibi, si soles προπίνειν,
viles Cappadocae gravesque porri,
divisis cybium latebit ovis. 5
ponetur digitis tenendus ustis
nigra coliculus virens patella,
algentem modo qui reliquit hortum,
et pultem niveam premens botellus,
et pallens faba cum rubente lardo. 10
mensae munera si voles secundae,
marcentes tibi porrigentur uvae
et nomen pira quae ferunt Syrorum,
et quas docta Neapolis creavit,
lento castaneae vapore tostae: 15
vinum tu facies bonum bibendo.
post haec omnia forte si movebit
Bacchus quam solet esuritionem,
succurrent tibi nobiles olivae,
Piceni modo quas tulere rami, 20
et fervens cicer et tepens lupinus.
parva est cenula — quis potest negare?—
sed finges nihil audiesve fictum
et voltu placidus tuo recumbes;
nec crassum dominus leget volumen 25
nec de Gadibus inprobis puellae
vibrabunt sine fine prurientes
lascivos docili tremore lumbos;
sed quod nec grave sit nec infacetum,
parvi tibia Condyli sonabit. 30
haec est cenula. Claudiam sequeris.
quam nobis cupis esse tu priorem?

Der Sprecher begründet bescheiden seine Einladung als Witz damit, dass Toranius offenbar allein daheim essen müsste. Nur unter der Bedingung wagt er ihn einzuladen, denn es sei besser, zu zweit zu ‚hungern‘ (potes esurire mecum, 2). Damit sind also Erwartungen an eine lautior cena von vornherein ausgeschlossen; der Sprecher stellt sich als ein pauper dar. Die Situation des Toranius (und des Sprechers) wird dramatisiert: Sie leiden an domicenium. Da der Begriff in der römischen Literatur nur zweimal, und zwar bei Martial, vorkommt,13 wird angenommen, dass es sich um einen von ihm erfundenen Terminus handelt.14 Beide Male ist das Wort parodistisch in einer drastischen Situation eingesetzt: Hier als eine Art Leiden oder Qual, ja ein Krankheitszustand und in 12,77 als göttliche Strafe.15

Wie in Catulls EinladungsgedichtCatull13wird auch hier der Adressat Toranius als guter und aufrichtiger Freund inszeniert (er wird im Proömium des 9. Buchs freundlichst mit mi Torani, frater carissime angesprochenMartial9,pr.). Der größte Teil des Epigramms besteht aus der Aufzählung und Beschreibung der bescheidenen Gerichte, die ein frugales Mahl versprechen und v.a. aus dem eigenen Garten kommen.16 Im Unterschied zu den ungleichen cenae zwischen (geizigen) patroni und (parasitären) clientes stellen die bescheidenen cenae zwischen wahren amici den richtigen Ort dar, um sich entweder in einer vertraulichen Atmosphäre wertvollen Diskussionen und Lektüren zu widmen oder sich einfach freundlicher Entspannung hinzugeben.17 Daher wird hier die cenula (und nicht cena) als Begriff für das verwendet, was der Sprecher in diesem Epigramm seinem Adressaten anbieten kann.

Durch die zweimalige Erwähnung der cenula (22; 31) wird der bescheidene Charakter des Zusammenseins betont. Topisch wird z.B. auf die Qualität des Weins angespielt: Galt ein ungleicher Wein als Zeichen für eine ungleiche und unfaire Behandlung vom geizigen Gastgeber gegenüber dem einfachen Gast (etwa in 3,60), so wird hier die Gleichheit der Gäste betont, indem beide z.B. denselben eher bescheidenen Wein trinken – denn die Qualität, meint der Sprecher freundlich, stecke in der angenehmen Gesellschaft (vinum tu facies bonum bibendo, 16).18

Das Epigramm schließt mit auf Entspannung und Gelassenheit deutenden Elementen, die an den freundlichen Anfangston anknüpfen. Der Freund Toranius wird, von sozialem Druck befreit (sed finges nihil audiesve fictum, 23), die libertas genießen (dazu s. folgendes Epigramm) und daher als placidus (24) dargestellt, der entspannt ohne die sonst üblichen Luxus-Elemente einer cena (neben den kostbaren Gerichten etwa recitationes durch den Herrn (dominus) und aufreizende Tänzerinnen aus Gades)19 diese cenula unter wahren Freunden20 auskostet (haec est cenula, 31).21

Besonders die Freundschaft betonende Elemente findet der Leser im 10. Buch vor (dazu s.u. amicitia-Abschnitt), ein ähnliches Panorama wie in 5,78 bietet dem Leser das Epigramm 10,48. Dort übermittelt der Sprecher seinen Freunden, die zwar sozial auf unterschiedlichen Niveaus stehen, aber geistig als ebenbürtig vorgestellt werden,22 eine Einladung zur (bescheidenen) cena (10,48):Martial1,48

 

Nuntiat octavam Phariae sua turba iuvencae,
et pilata redit iamque subitque cohors.
temperat haec thermas, nimios prior hora vapores
halat, et inmodico sexta Nerone calet.
Stella, Nepos, Cani, Cerialis, Flacce, venitis? 5
septem sigma capit, sex sumus, adde Lupum.
exoneraturas ventrem mihi vilica malvas
adtulit et varias, quas habet hortus, opes,
in quibus est lactuca sedens et tonsile porrum,
nec deest ructatrix menta nec herba salax; 10
secta coronabunt rutatos ova lacertos,
et madidum thynni de sale sumen erit.
gustus in his; una ponetur cenula mensa,
haedus inhumani raptus ab ore lupi,
et quae non egeant ferro structoris ofellae, 15
et faba fabrorum prototomique rudes;
pullus ad haec cenisque tribus iam perna superstes
addetur. saturis mitia poma dabo,
de Nomentana vinum sine faece lagona,
quae bis Frontino consule trima fuit. 20
accedent sine felle ioci nec mane timenda
libertas et nil quod tacuisse velis:
de prasino conviva meus venetoque loquatur,
nec facient quemquam pocula nostra reum.

Der Sprecher spricht seine Freunde und Dichterfreunde namentlich an und lädt sie (wohl nach vorherigem Thermenbesuch) zur cena bei sich ein (1‑6). Der freundschaftliche Ton ist klar erkennbar und wird durch die Beschreibung der Gerichte noch klarer. Die cenula (13) wird zwar als reichhaltiger als in 5,78 dargestellt – hierbei geht es aber natürlich um ein Gastmahl mit mehreren Eingeladenen und nicht um ein Essen zu zweit – doch ist der Aufwand recht bescheiden, wie das Anbieten von lokalen Produkten und nicht von Luxus-Waren zeigt.23 Das Ergebnis dieses Zusammenseins inter pares, das im Sinne einer geistigen Parität zu verstehen ist, da alle die dichterische Leidenschaft teilen, ist die libertas (21f.), die wieder an finges nihil audiesve fictum (5,78,23) anknüpft.

In 11,5224 wird schließlich noch eine bescheidene cena unter wahren Freunden dargestellt, allerdings wie in 5,78 zu zweit. Das Catulls Carmen 13 parodistisch aufgreifende Epigramm ist an den Freund Iulius Cerialis25 adressiert:Catull5,78 Martial11,52 13


Cenabis belle, Iuli Cerialis, apud me;
conditio est melior si tibi nulla, veni.
octavam poteris servare; lavabimur una:
scis quam sint Stephani balnea iuncta mihi.
prima tibi dabitur ventri lactuca movendo 5
utilis, et porris fila resecta suis,
mox vetus et tenui maior cordyla lacerto,
sed quam cum rutae frondibus ova tegant;
altera non deerunt tenui versata favilla,
et Velabrensi massa coacta foco, 10
et quae Picenum senserunt frigus olivae.
haec satis in gustu. cetera nosse cupis?
mentiar, ut venias: pisces, coloephia, sumen
et chortis saturas atque paludis aves,
quae nec Stella solet rara nisi ponere cena. 15
plus ego polliceor: nil recitabo tibi,
ipse tuos nobis relegas licet usque Gigantas,
rura vel aeterno proxima Vergilio.

Parallel zu 5,78Martial5,78 wird durch den Konditionalsatz („wenn du nichts Besseres vorhast“) im Understatement vor zu großen Erwartungen gewarnt. Zugleich wird aber nach Aufzählung aller frugalen Zutaten der cena selbstironisch behauptet: „Ich erfinde jetzt noch ein paar Delikatessen, damit du kommst“ (13‑15). Das geht natürlich nur, wenn Martial weiß, dass der Eingeladene trotzdem kommt.

Während bei Catull das himmlische Parfüm angepriesen wird, hat Martial noch etwas viel Attraktiveres zu bieten: Er selbst als Gastgeber wird nichts rezitieren. Dafür darf der Gast seine Werke vortragen. Da der Eingeladene offenbar als ein Dichterkollege behandelt wird und nicht als ein dilettantischer Patron, darf man hier nicht an die quälenden recitationes der Gastgeber aus anderen Epigrammen Martials (etwa Ligurinus) denken. Bei der epischen Gigantomachie könnte man zwar noch überlegen, ob hier nicht Ironie wirksam wird, aber das Kompliment der Vergil-Nähe im letzten Vers lässt m.E. Zweifel am Ernst des Lobs nicht zu (selbst wenn ein humorvoller Ton im Ausdruck relegas licet usque Gigantas (17) mitschwingt). Die Markierung als Freundschaftsdichtung, die schon durch die Catull-Parodie plakativ geleistet wird, verhindert also, dass sich beim Leser ein falsches Verständnis von der Beziehung der beiden Freunde einstellt. Vielmehr wird auch hier die Rezitation des Cerealis zum beiderseitigen Genuss und Zeichen echter Freundschaft.

Es ist damit festzustellen, dass der Sprecher einerseits parasitäre Gäste/clientes einführt, die durch ihr Benehmen nur zur Last werden und dem Gastgeber Verdruss bereiten, andererseits jedoch sich selbst gerne seinen Freunden gegenüber als Gleichgestellten inszeniert und topisch auf seine Bescheidenheit stolz ist. Ein letztes Beispiel dafür ist Epigramm 12,48, wo der Sprecher als Gast eine kostbare cena kategorisch ablehnt, da der Gastgeber als Erbschleicher entlarvt wird. Damit werden die Köstlichkeiten mit Heuchelei in Verbindung gebracht, und diese mit der wahren amicitia kontrastiert, welche ihrerseits mit Bescheidenheit in Zusammenhang steht (12,48):Martial12,48


Boletos et aprum si tamquam vilia ponis
et non esse putas haec mea vota, volo:
si fortunatum fieri me credis et heres
vis scribi propter quinque Lucrina, vale.
lauta tamen cena est: fateor, lautissima, sed cras 5
nil erit, immo hodie, protinus immo nihil,
quod sciat infelix damnatae spongia virgae
vel quicumque canis iunctaque testa viae:
mullorum leporumque et suminis exitus hic est,
sulphureusque color carnificesque pedes. 10
non Albana mihi sit comissatio tanti
nec Capitolinae pontificumque dapes;
inputet ipse deus nectar mihi, fiet acetum
et Vaticani perfida vappa cadi.
convivas alios cenarum quaere magister, 15
quos capiant mensae regna superba tuae:
me meus ad subitas invitet amicus ofellas.
haec mihi quam possum reddere cena placet.

Ähnlich wie in 3,45 und 3,50Martial3,45Martial3,50 werden hier Edelpilze, Wildschwein, Lucrinussee-Auster, Meeresrotbarbe usw. topisch als kostbare, dem Gast nur selten angebotene Gerichte dargestellt, welche der Sprecher allerdings ablehnt, da der Gastgeber damit unverhohlen ein zweites, stark negativ konnotiertes Ziel bzw. Hintergedanken verfolgt. Durch die lauta cena (sogar lautissima, wie der Sprecher ironisch steigert: 5), inszeniert sich das sprechende Ich als ein vom Erbschleicher umworbener Gast.

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