Kitabı oku: «Philosophisches Taschenwörterbuch», sayfa 7

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DE LA CHINE – Über China

Wir holen Erde aus China, als hätten wir keine, dazu Stoffe, als fehlten uns welche; ein winziges Kräutlein, um es dann mit Wasser aufzugießen, so, als ob wir in unseren Breitengraden keine Heilkräuter hätten.* Zum Lohn dafür wollen wir die Chinesen bekehren,* was zwar ein sehr löblicher Eifer ist, aber man sollte ihnen nicht ihr Altertum wegnehmen wollen und ihnen sagen, dass sie Götzendiener sind.* Fände man es tatsächlich gut, wenn ein Kapuziner, der in einem Schloss der Herzöge von Montmorency freundlich aufgenommen wurde, ihnen einreden wollte, dass sie, ebenso wie die Sekretäre des Königs, zum frischgebackenen Adel gehören, und er sie des Götzendienstes beschuldigte, bloß weil er in ihrem Schloss zwei oder drei Statuen der obersten Heerführer vorfand, denen man tiefen Respekt zollte?

Der berühmte Wolff, Mathematikprofessor an der Universität von Halle, hielt einmal einen sehr guten Vortrag zum Lob der chinesischen Philosophie;* er lobte diese alte Menschenart, die sich von uns durch den Bart, die Augen, die Nase, die Ohren und die Argumentationsweise unterscheidet; er lobte, sage ich, die Chinesen dafür, dass sie einen höchsten Gott verehren und die Tugend lieben; er ließ den Kaisern Chinas Gerechtigkeit widerfahren, den Koalos*, den Gerichten, den Gebildeten. Die Gerechtigkeit, die man den Bonzen zukommen lässt, ist von anderer Art.

Man muss wissen, dass dieser Wolff tausend Studenten aus allen Nationen nach Halle lockte. Es gab aber an der gleichen Universität einen Theologieprofessor namens Lange, der niemanden anlockte; dieser Mann wollte nun, aus Verzweiflung darüber, dass er in seinem Hörsaal alleingelassen vor Kälte erfrieren könnte, aus gutem Grund den Mathematikprofessor beseitigen; er versäumte also nicht, wie es bei Leuten seinesgleichen üblich war, ihn zu beschuldigen, dass er nicht an Gott glaube.

Einige europäische Schriftsteller, die niemals in China gewesen waren, hatten nun behauptet, die Regierung in Peking sei atheistisch. Wolff hatte die Philosophen von Peking gelobt, also war Wolff ein Atheist; Neid und Hass führen niemals zu den besten logischen Schlüssen. Diese Argumentation von Lange, unterstützt von einer Intrige und einem Gönner, wurde vom König des Landes als überzeugend befunden, woraufhin er dem Mathematiker ein jedem philosophischen Dilemma genügendes Schreiben zusandte; dieses Dilemma ließ ihm die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, nämlich entweder Halle innerhalb von 24 Stunden zu verlassen oder aber gehängt zu werden. Und da Wolff sehr folgerichtig urteilte, verfehlte er nicht abzureisen; seine Amtsaufgabe kostete den König zwei- oder dreihundert Taler pro Jahr, die dieser Philosoph durch den Zustrom seiner Schüler dem Königreich eingebracht hatte.

Dieses Beispiel soll den Herrschern deutlich machen, dass man nicht immer auf Verleumdungen hören und einen großen Mann der Wut eines Dummkopfes opfern sollte. Doch kommen wir zu China zurück.

Was tun wir eigentlich, wenn wir, die wir am Rande des Abendlandes wohnen, uns mit Verbissenheit und Unmengen von Beschimpfungen darüber streiten, ob es vor dem chinesischen Kaiser Fo-hi vierzehn andere Herrscher gab oder nicht, und ob dieser Fo-hi dreitausend oder zweitausendneunhundert Jahre vor unserer gewöhnlichen Zeitrechnung lebte? Ich wünschte mir, dass in Dublin zwei Irländer darauf verfielen, sich darüber zu streiten, wer im 12. Jahrhundert wohl den Grund und Boden besessen hat, der heute mir gehört; ist es nicht einleuchtend, dass sie sich dann an mich wenden müssten, da ich derjenige bin, der die Urkunden in Händen hält? Meiner Meinung nach verhält es sich mit den ersten Kaisern Chinas ebenso, man muss sich an die Gerichte im Lande selbst wenden.

Streitet euch doch so viel ihr wollt über die vierzehn Herrscher, die vor Fo-hi regierten, euer schöner Streit wird letztlich nur beweisen, dass China damals ein sehr volkreicher Staat war und dass dort die Gesetze herrschten. Nun frage ich euch, ob eine so wohlgefügte Nation, die Gesetze und Herrscher hat, nicht ein ungeheures Alter voraussetzt. Denkt einmal darüber nach, wie viel Zeit es braucht, bis das einzigartige Zusammentreffen von Umständen dafür sorgt, dass man die Lagerstätten des Eisens findet, es in der Landwirtschaft anwenden kann, das Weberschiffchen erfindet und alle die anderen Künste.

Diejenigen, die Kinder auf dem Papier zeugen, haben eine sehr lustige Berechnung angestellt. Der Jesuit Petau schätzt die Erdbevölkerung 285 Jahre nach der Sintflut auf hundertmal mehr Bewohner, als man heute anzunehmen wagt. Cumberland und Whiston haben ähnlich seltsame Berechnungen angestellt;* diese guten Leute hätten nichts anderes tun müssen, als sich einmal die Personenstandsregister unserer Kolonien in Amerika anzusehen, sie wären sehr erstaunt gewesen und sie hätten gelernt, wie wenig sich die Menschheit doch vermehrt, und dass sie sehr oft abnimmt, anstatt sich zu vermehren.

Lassen wir also, wir, die wir erst von gestern sind, wir Nachkommen der Kelten, die wir gerade die Wälder unserer wilden Gegend gerodet haben, lassen wir doch die Chinesen und Inder in Frieden ihr schönes Klima und ihr Altertum genießen. Hören wir vor allem auf, den Kaiser von China und den Suba von Dekkan Götzendiener zu nennen;* dazu muss man kein fanatischer Anhänger der Verdienste der Chinesen sein; denn die Verfassung ihres Kaiserreiches ist in Wahrheit die beste, die es auf der Welt gibt, die einzige, die vollständig auf der väterlichen Autorität beruht (was die Mandarine nicht daran hindert, ihren »Kindern« kräftige Stockschläge zu versetzen); es ist die einzige, nach der der Gouverneur einer Provinz bestraft wird, wenn er aus dem Amt scheidet und das Volk ihm nicht zujubelt; die einzige, die Preise für die Tugend ausgesetzt hat, während überall sonst die Gesetze sich damit begnügen, das Verbrechen zu bestrafen; und die einzige, welche ihre Bezwinger dazu brachte, ihre Gesetze zu übernehmen, während wir noch immer den Bräuchen der Burgunder, der Franken und der Goten anhängen, die uns bezwungen haben. Aber man muss zugeben, dass das einfache Volk, das von den Bonzen regiert wird, ebenso spitzbübisch wie bei uns ist, dass man dort den Fremden, genauso wie bei uns, alles so teuer wie möglich verkauft; dass sich die Chinesen in den Wissenschaften auf einem Stand befinden, wo wir vor zweihundert Jahren waren; dass sie wie wir tausend lächerliche Vorurteile haben, dass sie an Talismane und die Voraussagen der Astrologie glauben, wie wir das auch lange Zeit getan haben.

Geben wir auch noch zu, dass sie über unser Thermometer erstaunt waren, über unsere Methode, Flüssigkeiten mit Salpeter zum Gefrieren zu bringen, und über alle Experimente von Torricelli und Otto von Guericke,* ganz so erstaunt, wie wir es waren, als wir zum ersten Mal diesen physikalischen Vorführungen beiwohnten; fügen wir noch hinzu, dass ihre Ärzte nicht mehr tödliche Krankheiten heilen als die unseren und dass in China ebenso wie bei uns die Natur die kleinen Wehwehchen ganz alleine heilt; aber all das ändert nichts an der Tatsache, dass die Chinesen vor viertausend Jahren, als wir noch nicht lesen konnten, alle die wirklich nützlichen Sachen wussten, mit denen wir uns heute brüsten.

CATÉCHISME CHINOIS – Chinesischer Katechismus
oder
Gespräche zwischen Zisi, einem Schüler des Konfuzius, mit dem Fürsten Gu, Sohn des Königs von Lu, Tributpflichtiger des chinesischen Kaisers Gnenvan, 417 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Ins Lateinische übersetzt von Pater Fouquet, ehemals Jesuit. Das Manuskript befindet sich in der Vatikanischen Bibliothek, Nummer 42759.

GU

Was muss ich darunter verstehen, wenn man mir sagt, ich solle den Himmel (Shangdi) anbeten?

ZISI

Das ist nicht der materielle Himmel, den wir sehen; denn dieser Himmel ist nichts anderes als Luft, und diese Luft wiederum setzt sich aus sämtlichen Ausdünstungen der Erde zusammen. Es wäre heller Wahnsinn, Dämpfe anzubeten.

GU

Es würde mich jedoch nicht überraschen. Mir scheint, die Menschen haben noch viel größere Torheiten begangen.

ZISI

Das ist wahr: Doch Sie sind dazu bestimmt, zu regieren, Sie müssen Bescheid wissen.

GU

Es gibt so viele Völker, die den Himmel und die Planeten anbeten!

ZISI

Die Planeten sind nur Erdkugeln wie die unsrige. Der Mond zum Beispiel täte genauso gut daran, unseren Sand und unseren Dreck anzubeten, wie wir vor dem Sand und dem Dreck auf dem Mond auf die Knie gehen.

GU

Was soll es dann heißen, wenn man sagt: Himmel und Erde, zum Himmel aufsteigen, des Himmels würdig sein?

ZISI

Man gibt enormen Unsinn von sich.* Es gibt keinen Himmel. Jeder Planet ist von seiner Atmosphäre wie von einer Schale umgeben und beschreibt im Raum eine Bahn um seine Sonne. Jede Sonne ist das Zentrum mehrerer Planeten, die beständig um sie kreisen. Es gibt keine Höhen und Tiefen, noch ein Aufsteigen oder Absteigen. Sie sehen sicher ein, dass es eine überspannte Äußerung wäre, wenn die Bewohner des Mondes sagen würden, dass sie zur Erde aufsteigen, dass sie sich der Erde würdig erweisen müssen. Wir äußern gleichfalls etwas Sinnloses, wenn wir sagen, dass man sich des Himmels würdig erweisen muss, das ist, wie wenn man sagte: »Man muss sich der Luft würdig erweisen, des Sternbilds Drache, des Weltraums.«

GU

Ich glaube, ich verstehe Sie. Man soll nur den Gott anbeten, der Himmel und Erde gemacht hat.

ZISI

Gewiss, man soll nur Gott anbeten. Doch wenn wir sagen, dass er Himmel und Erde geschaffen habe, sagen wir gottesfürchtig etwas sehr Dürftiges. Wenn wir unter dem Himmel den gewaltigen Raum verstehen, in dem Gott so viele Sonnen entzündete und so viele Planeten kreisen ließ, ist es sehr viel lächerlicher, vom Himmel und der Erde zu reden, als von den Bergen und einem Sandkorn. Unsere Erdkugel ist unendlich weniger als ein Sandkorn im Vergleich zu diesen Millionen von Milliarden von Welten, unter denen wir verschwinden. Alles, was wir tun können, ist, hier unsere schwache Stimme der Stimme der unzähligen Wesen in der grenzenlosen Weite hinzuzufügen.

GU

Man hat uns also ordentlich hinters Licht geführt, als man uns erzählte, dass Fo* vom vierten Himmel zu uns herabgestiegen und als weißer Elefant erschienen ist.

ZISI

Das sind Märchen, die die Bonzen den Kindern und den alten Weibern erzählen; wir sollen nur den ewigen Schöpfer aller Wesen anbeten.

GU

Doch wie hat ein Wesen die anderen erschaffen können?

ZISI

Betrachten Sie diesen Stern, er ist fünfzehnhunderttausend Millionen Li* von unserem kleinen Erdball entfernt. Es gehen davon Strahlen aus, die von Ihren Augen bis zum Scheitelpunkt zwei gleiche Winkel bilden. Sie bilden mit den Augen aller Tiere ebensolche Winkel. Ist da nicht eine deutliche Absicht bemerkbar? Ist das nicht eine bewundernswerte Gesetzmäßigkeit? Wer erschafft denn nun aber ein solches Werk, wenn nicht ein Schöpfer? Wer macht die Gesetze, wenn nicht ein Gesetzgeber? Es gibt also einen Schöpfer, einen ewigen Gesetzgeber?

GU

Aber wer hat diesen Schöpfer geschaffen? Und wie ist er beschaffen?

ZISI

Mein Fürst, ich bin gestern bei dem ausgedehnten Palast spazieren gegangen, den Ihr Vater, der König, erbaut hat. Ich hörte zwei Grillen, von denen die eine zur anderen sagte: »Das ist ein erstaunliches Bauwerk.« »Ja«, sagte die andere, »so ruhmreich ich auch bin, ich gebe zu, dass derjenige, der dieses Wunderwerk errichtet hat, mächtiger ist als die Grillen; doch ich habe überhaupt keine Ahnung von diesem Wesen. Ich sehe, dass es existiert, aber ich weiß nicht, was es ist.«

GU

Ich sage Ihnen, dass Sie eine weit gebildetere Grille sind als ich, und was mir an Ihnen gefällt, ist, dass Sie nicht vorgeben, etwas zu wissen, wovon Sie keine Ahnung haben.

Zweites Gespräch

ZISI

Sie stimmen also zu, dass es ein allmächtiges Wesen gibt, das aus sich selbst heraus existiert und der über Allem stehende Schöpfer der gesamten Natur ist?

GU

Ja, aber wenn er aus sich selbst heraus existiert, kann ihn also nichts einschränken, er ist demnach überall? Er ist also in der gesamten Materie vorhanden, in allen Teilen meiner selbst?

ZISI

Warum nicht?

GU

Ich wäre demnach selbst ein Teil der Gottheit?

ZISI

Das folgt vielleicht nicht daraus. Dieses Stück Glas wird ganz und gar vom Licht durchdrungen, ist es deshalb selbst Licht? Es ist nur Sand, und weiter nichts. Alles ist zweifellos in Gott, denn was allem Leben verleiht, muss überall sein. Gott ist nicht wie der Kaiser von China, der in seinem Palast wohnt und seine Befehle durch seine Kolaos* übermitteln lässt. Sobald er existiert, erfüllt seine Existenz notwendigerweise den ganzen Raum und alle seine Werke, und da er in Ihnen ist, ist das eine beständige Mahnung, nichts zu tun, für das Sie vor ihm erröten müssten.

GU

Was muss man tun, um es noch wagen zu können, sich ohne Abscheu vor sich selbst und ohne Scham vor dem höchsten Wesen anzusehen?

ZISI

Gerecht sein.

GU

Und was noch?

ZISI

Gerecht sein.

GU

Aber die Sekte des Laotse sagt, dass es weder Gerechte noch Ungerechte gibt, weder Laster noch Tugend.

ZISI

Sagt die Sekte des Laotse auch, dass es keine Gesundheit und keine Krankheit gibt?

GU

Nein, einen so einen großen Irrtum äußert sie keineswegs.

ZISI

Der Irrtum, zu denken, es gebe weder die Gesundheit der Seele noch die Krankheit der Seele, weder Tugend noch Laster, ist ebenso groß und noch verhängnisvoller. Diejenigen, die gesagt haben, dass alles das Gleiche sei, sind Monster. Ist es denn das Gleiche, seinen Sohn zu nähren oder ihn auf dem Stein zu zerquetschen? Seiner Mutter Hilfe zu leisten oder ihr einen Dolch ins Herz zu stoßen?

GU

Sie machen mich schaudern, ich verabscheue die Sekte des Laotse; aber es gibt so viele Abstufungen von Recht und Unrecht! Da ist man häufig sehr unsicher. Welcher Mensch weiß genau, was erlaubt oder was verboten ist? Wer kann schon mit Sicherheit Grenzen ziehen, die das Gute vom Bösen trennen? Welche Regel können Sie mir angeben, um sie voneinander zu unterscheiden?

ZISI

Die des Konfuzius, meines Meisters: Lebe, wie du gelebt haben möchtest, wenn du stirbst; behandele deinen Nächsten, wie du willst, dass er dich behandelt.*

GU

Diese Maximen, das gebe ich zu, sollten der Moralkodex der Menschheit sein. Aber was wird mir im Augenblick des Todes daran liegen, richtig gelebt zu haben? Was werde ich damit gewinnen? Wird diese Uhr, wenn sie einst zerstört wird, glücklich sein, die Stunden gut geschlagen zu haben?

ZISI

Diese Uhr fühlt nicht, denkt nicht, sie kann keine Gewissensbisse haben, und Sie haben welche, wenn Sie sich schuldig fühlen.

GU

Doch was ist, wenn es mir gelingt, nachdem ich mehrere Verbrechen begangen habe, keine Gewissensbisse mehr zu haben?

ZISI

Dann wird man Sie umbringen müssen, und seien Sie sicher, dass sich unter den Leuten, die es nicht mögen, wenn man sie unterdrückt, welche finden werden, die Sie außer Stande setzen, neue Verbrechen zu begehen.

GU

So wird also Gott, der in ihnen ist, ihnen erlauben, böse zu sein, nachdem er mir erlaubt hatte, es zu sein?

ZISI

Gott hat Ihnen die Vernunft gegeben, missbrauchen Sie sie nicht, weder Sie noch die anderen. Sie werden nicht nur in diesem Leben unglücklich sein, denn wer hat Ihnen gesagt, dass Sie es dann nicht noch in einem anderen sein werden?

GU

Und wer hat Ihnen gesagt, dass es ein anderes Leben gibt?

ZISI

Auch im Zweifel sollten Sie sich so verhalten, als ob es eines gäbe.

GU

Aber wenn ich sicher bin, dass es überhaupt keines gibt?

ZISI

Das beweisen Sie mir erst einmal.

Drittes Gespräch

GU

Sie treiben mich ganz schön in die Enge, Zisi. Damit ich belohnt oder bestraft werden kann, wenn ich nicht mehr sein werde, muss etwas von mir übrig bleiben, das auch dann noch fühlt und denkt. Da vor meiner Geburt nichts von mir weder ein Gefühl noch einen Gedanken hatte, warum sollte es dann nach meinem Tode so etwas geben? Was könnte dieser rätselhafte Teil von mir sein? Wird das Summen dieser Biene andauern, wenn die Biene gestorben ist? Bleibt das Wachstum einer Pflanze erhalten, wenn die Pflanze entwurzelt ist? Und ist Wachstum nicht ein Wort, dessen man sich bedient, um die unerklärliche Art und Weise zu bezeichnen, mit der das höchste Wesen gewollt hat, dass die Pflanze die Säfte aus der Erde zieht? Die Seele ist ebenfalls ein Wort, das erfunden wurde, um schwach und dunkel auszudrücken, was die Triebfeder unseres Lebens ist. Alle Tiere bewegen sich, und dieses Vermögen, sich zu bewegen, nennt man Lebenskraft, aber es gibt kein von ihnen verschiedenes Wesen, das diese Kraft ist. Wir haben Leidenschaften, ein Gedächtnis, Vernunft. Doch diese Leidenschaften, dieses Gedächtnis, diese Vernunft sind zweifellos keine eigenständigen Dinge, es sind keine in uns existierenden Wesen, es sind keine kleinen Personen, die eine gesonderte Existenz haben. Das sind Allgemeinbegriffe, die erfunden wurden, um unsere Vorstellungen festzuhalten. Ist also die Seele, die unser Gedächtnis, unsere Vernunft, unsere Leidenschaften bedeutet, selbst nichts als ein Wort? Wer bringt die Bewegung in die Natur? Es ist Gott. Wer lässt alle Pflanzen wachsen? Es ist Gott. Wer lässt die Tiere sich bewegen? Es ist Gott. Wer lässt die Menschen denken? Es ist Gott.

Wenn die menschliche Seele* eine kleine, in unseren Körper eingeschlossene Person wäre, die seine Bewegungen und die Gedanken lenkte, würde das dann nicht auf die Unfähigkeit des ewigen Schöpfers der Welt und einen Trick hindeuten, der seiner unwürdig ist? Er wäre also nicht fähig gewesen, Automaten zu erschaffen, die selbst über die Gabe der Bewegung und des Denkens verfügen. Sie haben mir das Griechische beigebracht, Sie haben mich Homer lesen lassen, und ich finde, dass Hephaistos ein göttlicher Schmied ist, wenn er goldene Dreifüße macht, die ganz alleine zum Rat der Götter gehen:* Wenn nun aber dieser Hephaistos im Körper dieser Dreifüße einen seiner Söhne versteckt hätte, der sie sich bewegen ließ, ohne dass man es bemerkte, dann würde er mir als ein armseliger Scharlatan erscheinen.

Es gibt ungerührte Träumer, die den Gedanken, dass sich die Planeten dadurch bewegen, dass Geister sie ohne Unterlass rollen und schieben, für eine schöne Vorstellung gehalten haben. Gott war aber nicht auf dieses erbärmliche Hilfsmittel angewiesen: Mit einem Wort, warum sollte seine Schöpfung zwei Antriebskräfte bekommen, wenn eine einzige Kraft völlig ausreicht? Sie würden doch nicht zu leugnen wagen, dass Gott die Macht hat, das wenig bekannte Wesen, das wir Materie nennen, lebendig werden zu lassen, warum sollte er dann noch einen anderen damit beauftragen, diese Materie zu bewegen?

Es gibt da noch viel mehr zu fragen. Was könnte diese Seele sein, die Sie so freizügig unserem Körper verleihen? Wo käme sie her, wann käme sie? Müsste der Weltenschöpfer beim Beischlaf von Männern und Frauen nicht ständig auf der Lauer liegen, dass seiner Aufmerksamkeit nicht der Moment entgeht, wo ein Spermium den Körper eines Mannes verlässt und in den Körper einer Frau eindringt, damit er dem Spermium dann schnellstens eine Seele schicken kann? Und wenn dieses Spermium zugrunde geht, was wird dann aus der Seele? Sie wurde also umsonst geschaffen, oder sie wartet eine andere Gelegenheit ab.

Das wäre allerdings, da muss ich Ihnen recht geben, eine recht merkwürdige Beschäftigung für den Herrn der Welt. Und er muss nicht nur ständig auf die Begattung bei den Menschen aufpassen, er muss auch bei allen Tieren ein Gleiches tun, denn sie haben alle wie wir ein Gedächtnis, Vorstellungen, Leidenschaften. Und wenn also eine Seele nötig ist, um diese Gefühle, dieses Gedächtnis, diese Vorstellungen, diese Leidenschaften möglich zu machen, dann muss Gott ohne Unterlass arbeiten, um den Elefanten, den Flöhen, den Eulen, den Fischen und den Bonzen eine Seele zu verleihen.

Welche Vorstellung soll ich mir nun, Ihrer Meinung nach, von dem Architekten so vieler Millionen von Welten machen, der gezwungen wäre, andauernd unsichtbare Dübel zu erschaffen, damit sein Werk fortbestehen kann?

Und das ist nur ein sehr kleiner Teil der Gründe, die mich an der Existenz der Seele zweifeln lassen können.

ZISI

Sie urteilen nach gutem Glauben; und diese tugendhafte Auffassung wäre, selbst wenn sie falsch wäre, dem höchsten Wesen angenehm. Sicher können Sie sich irren, aber Sie versuchen den Irrtum zu vermeiden und sind folglich entschuldbar. Doch bedenken Sie, dass Sie mir nur Zweifel vorgetragen haben und dass diese Zweifel traurig sind. Lassen Sie tröstlichere Wahrscheinlichkeiten zu. Es ist hart, ausgelöscht zu werden, hoffen Sie auf das Leben. Sie wissen, dass ein Gedanke keine Materie ist, Sie wissen, dass er überhaupt nichts mit der Materie zu tun hat, warum also sollte es Ihnen dann so schwer fallen zu glauben, dass Gott Sie mit einem göttlichen Prinzip ausgestattet hat, das nicht aufgelöst werden und folglich dem Tode nicht unterworfen sein kann? Würden Sie zu sagen wagen, dass es unmöglich ist, dass Sie eine Seele haben? Zweifellos nicht, und wenn dies möglich ist, ist es dann nicht auch sehr wahrscheinlich, dass Sie eine haben? Könnten Sie ein für die Menschheit so schönes und so notwendiges System ablehnen? Und werden ein paar Schwierigkeiten Sie davon abhalten?

GU

Ich würde dieses System schon gern annehmen, aber ich möchte, dass man es mir beweist. Ich kann nicht einfach an etwas glauben, wenn ich keinen Beweis dafür habe. Immer wieder beeindruckt mich diese großartige Idee, dass Gott alles geschaffen hat, dass er überall ist, dass er alles durchdringt, dass er allem Leben und Bewegung verleiht; und wenn er in allen Teilen meiner Existenz ist, wie er in allen Teilen der Natur ist, so sehe ich nicht ein, warum ich dann noch eine Seele brauche. Was soll ich mit diesem kleinen untergeordneten Wesen, wenn ich von Gott selbst belebt werde? Was sollte mir diese Seele nutzen? Nicht wir selbst geben uns unsere Vorstellungen ein, denn wir haben sie fast immer, ohne dass wir es wollen; wir haben welche, wenn wir schlafen, das alles geschieht in uns ohne unser Zutun. Die Seele könnte dem Blut und den esprits animaux* lange sagen: »Lauft, ich bitte euch, auf diese Weise, um mir Freude zu machen«, sie werden immer in der Art und Weise zirkulieren, die Gott ihnen vorgeschrieben hat. Ich bin lieber die Maschine eines Gottes, der mir bewiesen ist, als die Maschine einer Seele, an deren Existenz ich zweifle.

ZISI

Nun gut, wenn Gott selbst Sie bewegt, besudeln Sie nie diesen Gott, der in Ihnen ist, durch Verbrechen; und wenn er Ihnen eine Seele gegeben hat, sollte diese Seele sich niemals gegen ihn versündigen. Sowohl in dem einen als auch dem anderen System haben Sie einen Willen und Sie sind frei; das heißt, es liegt in Ihrer Macht, das zu tun, was Sie wollen; nutzen Sie diese Macht, um dem Gott, der sie Ihnen gegeben hat, zu dienen. Es ist gut, dass Sie weise sind, aber es ist notwendig, dass Sie gerecht sind. Und Sie werden es noch mehr sein, wenn Sie glauben, dass Sie eine unsterbliche Seele haben.

Geruhen Sie nun bitte, mir zu antworten: Ist es etwa nicht wahr, dass Gott die oberste Gerichtsbarkeit ist?

GU

Zweifellos, und wenn es möglich wäre, dass er aufhörte, es zu sein (was einer Gotteslästerung gleichkommt), so möchte ich, was mich angeht, nach Recht und Billigkeit handeln.

ZISI

Stimmt es etwa nicht, dass es Ihre Aufgabe sein wird, tugendhafte Handlungen zu belohnen und verbrecherische zu bestrafen, wenn Sie auf dem Thron sitzen werden? Möchten Sie, dass Gott nicht das tut, was Sie selbst zu tun angehalten sind? Sie wissen, dass es in diesem Leben glücklose Tugend und ungestrafte Verbrechen gibt und immer geben wird. Deshalb ist es nötig, dass das Gute und das Schlechte ihr Urteil in einem anderen Leben finden. Es ist dieser so einfache, so natürliche, so allgemein verbreitete Gedanke, der bei derart vielen Völkern den Glauben an die Unsterblichkeit unserer Seelen und an die göttliche Gerechtigkeit hervorgebracht hat, nach der sie beurteilt werden, wenn sie ihre sterbliche Hülle abgelegt haben. Gibt es ein System, das vernünftiger, der Gottheit angemessener und der Menschheit nutzbringender wäre?

GU

Warum aber haben dann mehrere Völker dieses System nicht angenommen? Sie wissen, dass es in unserer Provinz ungefähr zweihundert Familien ehemaliger Sinous* gibt, die früher im steinigen Arabien lebten. Weder sie noch ihre Vorfahren haben jemals an die unsterbliche Seele geglaubt: sie haben ihre fünf Bücher,* wie wir unsere fünf King-Bücher* haben. Ich habe deren Übersetzung gelesen, ihre Gesetze sind notwendigerweise denen aller anderen Völker ähnlich, sie befehlen ihnen, ihre Vorfahren zu ehren, nicht zu stehlen, nicht zu lügen, keinen Ehebruch zu begehen und niemand zu töten. Doch in eben diesen Gesetzen steht kein Wort von Belohnungen oder Strafen in einem anderen Leben.

ZISI

Wenn dieser Gedanke bei diesem armen Volk bisher noch nicht entwickelt wurde, dann wird er es eines Tages sicherlich werden. Aber was schert uns dieses unglückliche kleine Volk, haben doch die Babylonier, die Ägypter, die Inder und alle anderen zivilisierten Völker dieses heilsame Dogma erhalten. Wenn Sie krank wären, würden Sie dann ein Medikament, das von allen Chinesen geschätzt wird, unter dem Vorwand ablehnen, dass einige Barbaren aus den Bergen sich seiner nicht bedienen würden? Gott hat Ihnen die Vernunft gegeben, sie sagt Ihnen, dass die Seele unsterblich sein muss, es ist also Gott, der es Ihnen selbst sagt.

GU

Aber wie kann ich belohnt oder bestraft werden, wenn ich nicht mehr ich selbst bin, wenn ich nichts mehr von dem an mir habe, was einmal meine Person ausmachte? Nur durch mein Gedächtnis bin ich immer noch ich. Verliere ich bei meiner letzten Krankheit mein Gedächtnis, muss sich dann nicht nach meinem Tod ein Wunder ereignen, um es mir wiederzugeben, damit ich aufs Neue in meine Existenz zurückkehren kann, die ich verloren haben werde?

ZISI

Wenn also ein Fürst seine Familie umgebracht hätte, um an die Regierung zu kommen, und er dann seine Untertanen tyrannisiert hätte, würde er damit davonkommen, dass er zu Gott sagte: »Das bin nicht ich, ich habe mein Gedächtnis verloren, Sie irren sich, ich bin nicht mehr die gleiche Person.« Denken Sie, dass Gott sich mit diesem Scheinbeweis zufriedengeben würde?

GU

Nun gut, meinetwegen, ich gebe nach. Ich wollte das Gute um meiner selbst willen tun, ich werde es ebenfalls tun, um dem höchsten Wesen zu gefallen. Ich dachte, es reiche aus, dass meine Seele in diesem Leben gerecht war, ich werde von nun an hoffen, dass sie in einem anderen glücklich sein wird. Mir ist klar, dass diese Überzeugung für die Völker und die Fürsten gut ist, aber der Gotteskult bringt mich in Verlegenheit.

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