Kitabı oku: «¡PARAGUAY, MI AMOR!», sayfa 3

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Die ganzen neuen Eindrücke, dieses exotische Land und meine neue Familie versetzen mich in eine sehr euphorische Stimmung.

Entgegen meinem Naturell rede ich viel und wie immer genieße ich die Gesellschaft vieler Menschen um mich herum.

Plötzlich höre ich Jorge stolz seinen Eltern auf Spanisch berichten: „Valeska kommt mit mir in die Schule und erzählt von Deutschland!“

Jost schaut mich erfreut an: „Wirklich, Valeska? Wie schön! Das ist sehr lieb von dir!“

„Jorge weiß es sehr zu schätzen, danke“, sagt Isabella auf Englisch.

„Ich weiß nur noch nicht, was ich erzählen soll“, gestehe ich.

„Das ergibt sich. Erzähl doch erstmal von deinem Leben in Deutschland, ein paar allgemeine Sachen zur jüngeren Geschichte und zur Geografie. Was junge Leute in Deutschland so machen ...“

„Okay, das kann ich so machen. Aber bestimmt waren schon einige der Kinder in Deutschland oder kennen etwas davon.“

„Ja stimmt!“, ruft Jorge begeistert dazwischen. „Ich war ja auch schon mal da. Wir waren in Hamburg, als Papa eine Geschäftsreise gemacht hat, und wir durften ihn begleiten, weil es während der großen Ferien war! Es war wundervoll! Wir haben Oma und Opa König besucht und unsere Tanten auch!“

Ich erstarre, als ich verstehe, was er da sagt.

„Moment“, murmele ich fassungslos, „alle wussten Bescheid? Tante Betty und Tante Birga, Oma und Opa, am Ende auch mein Cousin und meine Cousinen??“

Eine plötzliche Wut überkommt mich: „Entschuldigt mich bitte“, rufe ich erstickt aus und laufe aus dem Zimmer in den Flur.

ISABELLA

Josts Tochter rennt aus dem Wohnzimmer, bevor wir ihre Tränen sehen können. Das arme Ding ist ziemlich überfordert, es wundert mich sowieso, dass es erst jetzt aus ihr herausbricht.

„¡José, por favor! Tröste deine Tochter!“, sage ich zu meinem Gatten.

Er schaut mich etwas unwillig an, aber dann steht er auf und folgt seiner ältesten Tochter.

„¡Lo siento, Mama!“, sagt mein Jüngster zerknirscht. „Ich bin schuld, dass Valeska traurig ist!“

„Nein Schatz. Es ist nicht deine Schuld. Es ist die ganze Situation. Sie hat vor nicht mal fünf Wochen erfahren, dass José ihr Vater ist, und der Mann, den sie ihr Leben lang für ihren Vater hielt, eigentlich ihr Onkel ist.

Wenn jemand schuld ist, dann ist es leider José, der in seinem Leichtsinn diese verhängnisvolle E-Mail schrieb und sie dann auch noch hierher einladen musste.“

„Findest du es nicht gut, dass Valeska hier ist?“, mischt sich Juanita ein.

„Doch, aber wir müssen ihr mehr Zeit geben. Vielleicht hätte sie nicht sofort anreisen sollen. Aber nun ist sie da und ich mische mich da nicht ein. Das ist eine Sache zwischen José und seiner Tochter.

Er hat sich ja auch immer neutral verhalten, wenn es um die Familie von Ramóns Vater ging.“

„Oh Mama, ich erinnere mich noch gut! Du meinst, als Ramón fast ins Gefängnis gekommen wäre!“, ruft meine Tochter mitgenommen aus.

„Mama, was ist damals genau passiert? Ich war doch erst sechs!“, will Jorge wissen.

Ich seufze, aber entscheide, dass er alt genug ist, es zu erfahren.

„Ramón liebte seine beiden älteren Cousins Angelo und Carlos. Als er 17 Jahre alt war, verbrachte er, wie so oft, drei Ferienwochen bei ihnen in der Nähe von Asunción.

Angelo und Carlos waren damals 20 und 22 Jahre alt – leider waren sie in illegale Machenschaften verwickelt, in die sich Ramón hineinziehen ließ. Die beiden kamen dafür einige Jahre ins Gefängnis. Ramón kam aber aufgrund seiner Jugend und weil er zum Glück nur geringfügige Gesetzesverstöße begangen hatte, mit einem blauen Auge davon.“

„Er wurde doch von der Polizei verprügelt, die Narben sieht man ja noch am Arm“, sagt Juanita, dann fährt sie fort: „Ich weiß noch, wie wütend Papa war! Er hat Ramón sogar geschlagen!“

„Papa?“, fragt Jorge sowohl zweifelnd, als auch etwas ängstlich, als er überlegt, was sein Halbbruder wohl genau gemacht hat, um den sonst so freundlichen Jost aus der Fassung zu bringen.

„Ja, aber er hat sich später bei ihm entschuldigt“, sage ich eilig.

„Leider hat Ramón ihn zu sehr provoziert. Ramóns Unfähigkeit zu erkennen, dass er etwas Falsches getan hatte und die Angst um ihn, ließen José die Kontrolle verlieren.“

„Mama, ich habe Angst, dass er es wieder tun könnte“, sagt Juanita leise.

Alarmiert blicke ich auf. Blufft sie, bringt es ihr Spaß, mich zu testen?

Aber sie sieht mich ängstlich und ernst an.

„Juna“, sage ich eindringlich, „du musst uns unbedingt Bescheid geben, wenn du vermutest, dass Ramón sich wieder mit den falschen Leuten eingelassen hat.

Damals behielt er nur die Narben am Rücken und am Arm von der ‚Polizeibefragung‘ zurück, aber würde er heute nochmals die gleichen Fehler begehen wie damals, würde er nicht nur ins Gefängnis kommen, sondern sich auch seine gesamte Zukunft zerstören.“

JOST

Mit schnellen Schritten laufe ich Valeska hinterher und hole sie an der Haustür ein, wo sie kurz stehenbleibt. Sie überlegt wohl, ob sie in ihr Zimmer oder gleich nach draußen gehen soll.

„Schatz“, sage ich hilflos. „ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut!“

„Aha, es tut dir leid?! Was denn? Das du 19 Jahre geschwiegen hast und dich ans Ende der Welt zurückgezogen hast?

Dass du nicht den Mumm hattest, es mir zu erzählen, als ich größer war?!

Wann wart ihr in Deutschland?“, will sie wütend wissen.

„Vor drei Jahren“, sage ich beschämt.

„Aha, ihr hieltet mich also mit 16 für unfähig, die Wahrheit zu verstehen und zu ertragen?!

Was seid ihr nur für feige Menschen und du vorneweg!“

„Valeska, bitte, ich verstehe deine Wut, aber bitte beruhige dich und lass uns in Ruhe miteinander reden!“

„Es tut mir weh, dass alle Bescheid wussten, außer ich!“

Nun strömen die Tränen über ihre Wangen. Ich versuche, sie in den Arm zu nehmen, aber sie entwindet sich meiner Umarmung und sagt im Gehen: „Sorry, Jost, ich kann nicht. Du hast nicht das Recht, mich zu trösten. Ich gehe jetzt eine Weile spazieren. Ich hole nur schnell meine Jacke und dann bin ich weg. Mein Handy würde ich gerne mitnehmen, aber es funktioniert in dieser elenden Pampa ja nicht.“

Ich bin getroffen von ihren Worten, die mir die Kehle zuschnüren.

Alles, was ich herausbringe ist: „Warte einen Augenblick. Die deutschen Handys funktionieren hier nicht. Ich hole dir eines von unseren Handys. Ich habe gerade eine neue Karte dafür gekauft. Da sind auch schon meine Nummer und die von der Estancia drauf. Du kannst es während deines Aufenthaltes hier benutzen.

Wenn etwas ist, ruf bitte an. Ich komme dich dann mit dem Auto abholen.“

„Nein danke, ich komme schon zurecht. Aber das mit dem Handy ist cool. Danke!“

Sie stapft nach oben und ich hole das Telefon.

„Hast du Wasser dabei?“ – „Claro.“

Dann schaue ich ihr nach, wie sie in ihrer dunkelblauen Cordjacke und dem roten Rucksack über unser Gelände läuft und den Weg zum Flusslauf einschlägt.

VALESKA

Nach einem dreistündigen Spaziergang mit einer kleinen Rast durch die wunderschöne grüne und blütenreiche Landschaft rund um die Estancia kehre ich wieder zurück. Als das Wohnhaus in Sicht kommt, zögere ich. Ich möchte Jost und Isa nicht schon jetzt begegnen.

Tatsächlich hat mich der lange Spaziergang in der Ruhe der Natur wieder etwas beruhigt. Auch wenn ich zuerst tränenblind und schluchzend loslief. Da mir aber niemand begegnete und ich auch niemanden hier kenne, ist es mir echt egal.

Als mein Blick auf den Pferdestall fällt, beschließe ich spontan, dort reinzugehen und mich in den weichen Heuhaufen zu setzen. Ich habe ein Buch mit und möchte endlich die SMS an meine Freundinnen und Freunde schreiben.

Bei Jola und Hugo habe ich mich heute Morgen gemeldet.

Zufrieden lasse ich mich in den Heuhaufen plumpsen, dessen komfortable Eigenschaften ich schon am Vorabend unfreiwillig testen durfte.

Die SMS sind schnell verfasst, obwohl ich es immer noch etwas mühselig finde, so eine Textnachricht zu tippen.

Sie ähneln sich im Großen und Ganzen und haben diesen Text: „Ich bin gut am Ende der Welt angekommen. Hier ist ein warmer Winter – ca. 20°C.

Gestern habe ich meinen biologischen Papa kennengelernt. Dabei auch erfahren, dass ich neben den zwei Halbgeschwistern auch einen Stiefbruder habe, mit dem ich zum Glück nicht verwandt bin!

Heute emotionaler Tag – die Sache nimmt mich schon noch mit. Bis bald in DE! Val“

Anschließend lese ich meinen neuen Krimi von John Grisham.

Hufgetrappel und lachende Männerstimmen schrecken mich eine Stunde später aus meiner Lektüre auf.

Ehe ich noch mein Buch zur Seite legen kann, kommen Ramón und drei der „Gauchos“ in den Stall.

„¡Dios mío, Valeska! Was machst du hier?“, fragt Ramón überrascht.

Ich stehe schnell auf und zupfe mir etwas Heu aus meinen Klamotten.

„Ich wollte das gemütliche Heuhotel ausprobieren“, versuche ich zu scherzen.

Ramón übergeht diesen hilflosen Versuch meinerseits, meine Peinlichkeit zu überspielen und stellt in einer Mischung aus Spanisch und Englisch seine Begleiter vor.

„Das sind Luis, Sebastiano und Matteo, hervorragende Männer, die viel von ihrer Arbeit verstehen.

- Compañeros, esta es la hija alemana de José, Valeska.“

Alle drei geben mir höflich die Hand. Luis ist wohl um die 40, hager, mit freundlichen runden braunen Augen. Sebastiano schätze ich auf Mitte 30, er trägt einen Dreitagebart und eine verschmitzte Miene zur Schau. Matteo ist mit seinen ca. 25 Jahren der Jüngste. Sein jungenhaftes Gesicht wird von neugierig schauenden grünen Augen und einer markanten Nase dominiert.

Alle drei tragen die typischen Lederhosen der Viehhirten, mit denen man einen Tag auf dem Pferd ohne große Blessuren überstehen kann. Dazu haben sie T-Shirts und leichte Jacken an.

Ramón hat sich dieser Arbeitskleidung angepasst, wirkt aber mit seiner olivfarbenen Haut fast blass gegen die wettergegerbten Gesichter der Männer.

Die „compañeros“ mustern mich neugierig und Sebastiano sagt etwas zu Ramón, das großes Gelächter auslöst. Ramón hat die Neckerei, die sich eindeutig auf ihn und mich bezog, gutmütig aufgenommen und verabschiedet sie mit einem freundlichen

„¡Adiós, hasta mañana!“.

Dann wendet er sich mir zu, während sein Blick mich genauer erfasst: „¿Por qué has llorado?“, erschrocken beugt er sich zu mir herunter und streicht mir über die Wangen.

Dann nimmt er mich in den Arm und sagt auf Deutsch: „Du sollst nicht weinen, Liebes.“

Ich lasse mich von ihm trösten, es tut gut, denn trotz allem ist er die neutralste Person in dieser Geschichte.

Ich drücke noch ein paar Tränchen heraus, als ich Ramón den Grund meines Kummers erzähle.

„Du musst dir mehr Zeit geben, das ist alles zu viel für dich“, meint er freundlich.

„Ich verstehe nur nicht, warum Jost mich nie kontaktiert hat, als ich etwas älter war. Warum hat keiner den Mut aufgebracht, mir etwas zu sagen; hätte Jost sich nicht auch früher schon zu mir bekennen können, anstatt nach Paraguay abzuhauen?“

Ich schluchze noch mal wild auf.

„Sch, sch, du siehst schlimm aus, wenn du weinst. Dein hübsches Gesicht verzieht sich zu einer Fratze und deine wundervollen blauen Augen sind total angeschwollen.“

Ich lehne mich an seine Schulter, was mir unendlich guttut.

„Lloro siempre mucho. I‘m sorry Ramón. I don‘t want to bother you.“

„You see, I always wished my father would come back one day and it would come out that there was a terrible misunderstanding in the former days and that they made a mistake.

Even when I was 14 I sometimes imagined he would appear one day at the Estancia and would say: „Hola Ramón, mi hijo. Soy aqui ahora y me encargo de tí desde ahora en adelante.“

Ich habe nicht alles verstanden, was er auf Spanisch gesagt hat, aber Ramón übersetzt mir, dass er geglaubt habe, Enrique würde ihm eines Tages sagen, dass er jetzt hier sei und sich von nun an um ihn kümmern würde.

„Du siehst, ich habe damals tatsächlich noch an Märchen geglaubt.“

„Ramón, es tut mir leid! Ich bin so eine dumme Kuh! Du hast deinen Vater für immer verloren, als du ganz klein warst, und ich heule, weil ich meinen echten Vater gefunden habe!“

Ich nehme seine Hand und drücke sie kurz.

„Gracias, Valeska. Jost hat dir also meine Familiengeschichte schon erzählt.“

„Nur ganz kurz. Entschuldige, es muss furchtbar für Euch gewesen sein“, sage ich schnell.

Er blinzelt kurz, aber dann sagt er höflich:

„Ja, schon, aber dann kam Jost in unser Leben und gab Mama so viel Lebenskraft und Freude zurück.

Für mich ist er wie ein zweiter Vater, er war immer gut zu mir und ich liebe und achte ihn. Ich habe noch ein paar wenige, schöne Erinnerungen an meinen Vater und auf den Fotos, die wir von ihm und mir haben, schaut er mich an, als ob ich für ihn das größte Glück der Erde sei und das Wertvollste bin, was er je besaß. In jedem dieser Bilder liegt eine vollkommene, bedingungslose Liebe.“

„Es tut mir leid, dass ich so dumm bin!“, flüstere ich.

„Nein, du bist nicht dumm! Du bist nur durcheinander, und das ist völlig normal. Du fragst dich, warum Jost sich nie bemüht hat, mit dir Kontakt aufzunehmen? Nun, ich denke, er hatte damals keine Chance, als du geboren wurdest. Er wollte auch um nichts in der Welt die Ehe von Onkel Hugo und Tante Jola zerstören. Das wäre passiert, wenn er sich zur Vaterrolle bekannt und auf einem teilweisen Sorgerecht bestanden hätte.

Außerdem hatte er damals Probleme, Verantwortung zu übernehmen. Seit er aber Mama kennengelernt hat, hat sich das geändert. Natürlich hat er Fehler gemacht und hätte dir irgendwann selbst die Wahrheit sagen müssen. Aber gib ihm bitte eine Chance – das hat er verdient!

So, aber jetzt lächelst du bitte einmal!“, befiehlt er bestimmt und streicht noch mal zart über mein Gesicht. Ich gebe mir Mühe und schenke ihm mein bezauberndstes Lächeln.

Das Lächeln, mit dem er mir antwortet, ist atemberaubend.

Die Zeit dehnt sich und lässt die zehn Sekunden, in denen wir uns intensiv mustern, auf das Zehnfache anschwellen. Sein kurzgeschorenes Haar umrahmt vorteilhaft sein ovales Gesicht mit den tiefbraunen, runden Augen, den langen Wimpern und einer hübschen, römisch anmutenden Nase. Diese sitzt über herzförmig geformten, vollen Lippen, auf den Wangen deuten sich neue dunkle Bartstoppeln an.

Seine nackten Oberarme und auch der Rest seines Körpers erscheinen sehnig und muskulös, aber nicht aufgepumpt, sondern geschmeidig und durch viel Bewegung an der frischen Luft erzielt.

An seinem linken Arm bemerke ich eine fingerdicke und mehrere Zentimeter lange weiße Narbe.

Er ist kein klassischer Beau, aber ein attraktiver Junge mit einer Ausstrahlung und einer Selbstsicherheit, die mich beeindrucken.

Sein Blick, der meinen kreuzt, ist feurig.

Seine Augen versinken in meinen blauen Augen und für einen Moment nehmen wir nur uns beide wahr.

Ein vorwurfsvolles Wiehern holt uns in die Realität zurück.

„Oh, Black Lightning ist nicht versorgt!“, rufe ich mit schlechtem Gewissen aus. Resolut trete ich zu dem Hengst hin, nehme ihn am Zügel und führe ihn zu seiner Box.

Ramón schaut mir verdattert nach. Dann besinnt er sich und sagt: „Warte! Ich nehme ihm noch seinen Sattel und das Zaumzeug ab!“ Nachdem er das erledigt hat, streift er dem Hengst ein Halfter über und bringt Sattel und Zaumzeug weg, dabei sagt er: „Halte ihn bitte noch kurz.“

Ich bleibe gehorsam stehen und streiche dem wunderschönen Tier über den Hals.

„Na, er scheint dich zu mögen. Willst du mir weiterhelfen?“

„¡Sí claro!“, rufe ich begeistert aus

Ramón reibt ihn trocken und putzt ihn. Dann darf ich seine Hufe auskratzen.

Da ich drei Jahre geritten bin, greife ich ungezwungen den Hufauskratzer und nehme den linken Vorderhuf in die Hand, den Black Lightning mir willig überlässt.

Angetan beobachtet Ramón meine Arbeit, dann füllt er Wasser in die Tränke und Kraftfutter sowie eine große Portion Heu in den Futtertrog der Pferdebox.

„So, du kannst ihm seinen Halfter abnehmen. Er läuft dann allein in seine Box.“

„Okay“, sage ich und er verabschiedet sich von seinem Pferd, dass fröhlich in seinen Stall gelaufen ist und jetzt eifrig trinkt.

Dann tritt er zu mir und sagt beeindruckt: „¡Muy bien! Du kennst dich mit Pferden aus.“

„Ich liebe Pferde und Ausritte, bin aber keine besonders gute Reiterin. Aber ich halte mich oben!“

„Juanita hat für euch einen Ausritt geplant, du wirst es mögen! Aber bitte sag ihr, dass du Rubia nehmen sollst. Sie ist gutmütig und ein Anfängerpferd. Wenn du möchtest“, dabei schaut er mich wieder mit diesem Blick an, der ein heftiges Kribbeln in meinem Unterleib auslöst, „können wir in den nächsten Tagen einen Ausritt auf Black Lightning machen.

Du sitzt vor mir und ich halte dich fest, so dass du nicht runterfällst.

Ich kann dir wunderschöne Plätze zeigen.“

„Ja, warum nicht?“

„So, nun sollten wir aber ins Haus gehen, ich will mich noch duschen und dann gibt es Abendbrot. ¡Vamos, Valeska! Morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus! Ihr geht shoppen!

Das wird dich auf andere Gedanken bringen.“

Wir sind mittlerweile aus dem Stall herausgetreten. Die Luft ist mild und die Sonne steht schon tief im Westen, im Begriff unterzugehen.

„In ein paar Wochen werde ich dich und Juna für ein Wochenende nach Asunción mitnehmen.

Tagsüber machen wir Sightseeing und abends die Klubs in der Umgebung unsicher!

Wir werden zusammen tanzen und dann wirst du wieder fröhlich sein!“

Unvermittelt nimmt er mich in den Arm und beginnt, mit mir zu tanzen, dabei singt er einen spanischen Tanzhit des letzten Jahres, der auch in Deutschland rauf- und runtergespielt wurde.

Ich lache und sage, dass ich nicht so gut tanzen kann. „Entspann dich und lass mich machen!“

Dann fasst er mich unvermittelt an der Taille, in diesem Moment macht sich ein Megaschwarm Schmetterlinge in meinem Bauch auf den Weg.

Ich atme so scharf ein, dass Ramón es bemerkt und mich entsetzt anschaut. Gleichzeitig lösen wir uns voneinander - ich verschämt ob meiner heftigen körperlichen Reaktion.

„Entschuldige bitte!“, sage ich zerknirscht.

„Was entschuldigst du dich? Mir tut es leid!“, ruft er aus.

Dann hat er es plötzlich sehr eilig, ins Haus zu kommen.

„Wir sehen uns gleich beim Essen“, sagt er und eilt voraus.

Ich folge verdattert und peinlich berührt. Was denkt mein Stiefbruder nun von mir?

Ich habe immer noch rote Wangen, als ich das Haus betrete.

Jost kommt mir entgegen. „Valeska, Liebes! Wir haben uns schon Sorgen gemacht! Komm rein!“

„Jost entschuldige bitte! Ich habe mich wie ein schmollender Teenager benommen!“

„Nein, hast du nicht, Valeska. Es tut mir leid, es scheint, das alles hier ist ein bisschen viel für den ersten Tag.“

„Ja, aber morgen gehen wir ja shoppen!“

„Ja, das wird dir Spaß machen. Schau, Valeska, nur eine kleine Sache. Pass ein bisschen auf Juanita auf, ja? Es wäre mir lieb, wenn du das Geld nimmst und bezahlst.“

Er reicht mir einen Umschlag. „Damit könnt ihr euch einen schönen Tag machen“, sagt er fröhlich.

Ich umarme ihn und er erwidert gerührt meine Umarmung, ehe wir uns zufrieden plaudernd ins Wohnzimmer zum Rest der Familie begeben.

RAMÓN

Ich sprinte schon fast zum Haus und gelange unbeobachtet ins Badezimmer.

¡Chale! Das war verflucht heftig!

Irgendwie gefiel mir meine kleine Stiefschwester schon, als ich sie versehentlich nackt im Bad gesehen habe. Das war erst gestern!

Aber ich hätte nie gedacht, dass mein Körper so heftig reagiert, als ich sie bei meinem spontanen Tanz dichter an mich heranzog.

Ich glaube, sie hat meine Latte gespürt, warum sonst wäre sie nach einem scharfen Atemzug sofort zurückgesprungen?

Seit Esma sich vor sechs Monaten von mir getrennt hat, habe ich nicht mehr mit dieser Heftigkeit auf eine Frau reagiert, auch wenn ich zuerst jede Frau, die mitkam, mit zu mir in mein Bett genommen habe. Seit drei Monaten pausiere ich allerdings und das aus gutem Grund.

Mierda, ich muss mich von ihr fernhalten!

Etwas Ernsthaftes passt im Moment sowieso nicht in mein Leben. Ein Urlaubsflirt wäre allerdings nicht zu verachten, da die Kleine nach sechs Wochen eh ins 10000 km entfernte Deutschland zurückkehrt.

Es wäre sogar recht unterhaltsam und exotisch, es mal mit einer Europäerin zu tun …

Außerdem würde es kaum mit meinen anderen Plänen kollidieren. Ich springe bei diesem anregenden Gedanken unter die Dusche, meine Klamotten liegen auf dem Boden verstreut.

Zuerst kümmere ich mich um mein dringlichstes Bedürfnis.

Ich komme sehr heftig, als ich mir vorstelle, wie ihr kleiner hübscher Mund an meinem Schwanz saugt. Dann genieße ich die heiße Dusche.

In meinem Zimmer entspanne ich etwas auf meinem Bett und lasse meine Gedanken schweifen. Es hat mir gefallen, wie sie sich so vertrauensvoll von mir trösten ließ. In dem Moment tat sie mir einfach nur leid, wie sie da im Heu saß, so verloren.

Obwohl wir uns erst seit gestern kennen, ist es erstaunlich, welch tiefschürfende und interessante Gespräche ich mit ihr führen kann.

Später muss ich zugeben, habe ich den Flirt absichtlich herbeigeführt, und es schien ihr zu gefallen. Die Luft zwischen uns knisterte, und wäre Black Lightning nicht gewesen, hätte ich versucht, sie zu küssen.

Beeindruckt hat mich, wie selbstverständlich sie sich um Black Lightning gekümmert hat, und mein Angebot mit dem Ausritt war zwar sehr eigennützig, aber ich wollte ihr etwas Schönes geben, damit sie sich wohler fühlt.

Beim spontanen Tanz hätte ich sie zu gerne geküsst, als ich sie dichter an mich zog, doch mein Ständer und ihr gleichzeitiges Zurückweichen machten mir einen Strich durch die Rechnung.

Wahrscheinlich hätte ich mir damit sowieso nur Ärger bei José und Mama eingehandelt.

Unwillkürlich runzele ich meine Brauen, als mir aufgeht, dass es Riesenärger gibt, wenn ich Valeska das Herz breche. Sie ist so zusagen Familie, wenn auch nicht mit mir verwandt.

Egal, ich lass es drauf ankommen. Die deutschen Mädchen sollen da locker sein und unverbindlichen Urlaubsflirts nicht abgeneigt...

Nach drei sexlosen Monaten habe ich mir das verdient, auch wenn Pedro nicht begeistert sein wird. Als mein bester Freund Miguel und ich vor vier Monaten von ihm aufgenommen wurden, mussten wir so einiges schwören, auch, sich in nächster Zeit nicht auf eine feste Beziehung einzulassen.

„Ich kenne euch Jungs“, meinte er zwinkernd, „ich war ja auch mal jung. Ich kann euch die Mädchen nicht ganz verbieten, sonst nützt ihr mir nichts!“

Dann mussten wir mit unserem Blut schwören (an dieser Stelle mussten Mig und ich lachen, so absurd und pathetisch wirkte es), mit niemand Außenstehendem über LOPED zu sprechen. Die Abkürzung steht für „La Organización por un Paraguay Equitativo y Democrático“.

„Niemals, wirklich niemals“, schärfte er uns ein, „dürft ihr uns verraten.

Sollte es dazu kommen, dass ihr verhaftet werdet, dürft ihr keine Namen preisgeben. ¿Comprendéis?“ – Schwört es auf das Leben eurer Mütter!“

Pedro hat schon allein deswegen Heldenstatus bei mir, weil er Papa sehr gut kannte. Er war einer seiner engsten Freunde und als Papa verhaftet wurde, hat er Mama unterstützt und ihr beigestanden. Er war bei der Beerdigung – ich erinnere mich noch vage an den schlanken und agilen Mann mit Bart, der heiße Tränen vergoss und eine Grabrede hielt, bei der Mama und beide abuelas grässlich zu weinen anfingen.

Pedro ist also der Kopf von LOPED. Das war er auch schon vor fünf Jahren, aber damals wusste ich es noch nicht. In drei Wochen treffen wir uns wieder.

Ich werde es so legen. dass es mit dem Wochenende zusammenfällt, wenn ich die Mädels mit nach Asunción nehme.

Das ist unverfänglich und fällt niemandem auf. Aber es ist gut, dass ich keine feste Beziehung habe ...

Schmerzlich fällt mir wieder Esma ein, die so brutal mit mir Schluss machte. Ich habe sie so geliebt, zweieinhalb Jahre waren wir zusammen.

Auch wenn ich weiß, dass ich nicht gut darin bin, eine feste Beziehung zu pflegen, hätte ich mir gewünscht, mit Esma eine Familie zu gründen und alt zu werden.

Es tut auch jetzt noch weh, wenn ich daran denke.

Mig, mit dem ich mir eine Dreizimmerwohnung in der Hauptstadt teile, musste mit mir viel Geduld haben. Eine Woche weigerte ich mich zu essen und trank nur, weil Mig mir das Wasser ans Bett brachte. Ich schwänzte die Uni und stand den ganzen Tag nicht auf.

Als ich immer noch keine Anstalten machte, das Bett zu verlassen, drohte er mir: „Ramón, amigo, es reicht! Meine Geduld als dein bester Freund ist zu Ende! Wenn du jetzt nicht zur Vernunft kommst, nehme ich mir deinen Blasenkatheter und die Magensonde, die du zu Übungszwecken hier hast, und probiere sie nicht an der Übungspuppe, sondern an dir aus!“

Da Miguel Jura studiert und keine Ahnung von Anatomie hat, wusste ich, dass ich nachgeben musste, denn sein mangelndes Talent würde er mit dem ihm eigenen Ehrgeiz wettmachen, und das konnte nur schmerzlich für mich enden!

Allmählich fand ich wieder zu einem Leben ohne Esma zurück. Auf die folgenden Wochen bis zu der denkwürdigen Aufnahme in die LOPED bin ich allerdings nicht stolz.

Ich vögelte nahezu jedes Mädchen, das mir über den Weg lief und Interesse zeigte, und ich verletzte so einige.

Miguel konnte aber ein paar „trösten.“

Es war wie ein Spiel zwischen uns und wir beherrschten es perfekt.

Vor sieben Wochen hatte ich einen grässlichen Albtraum: „¡Esma, no! ¡No lo hagas! ¡Noooo!“, brüllte ich so laut im Schlaf, dass Mig aus dem Nachbarzimmer angerannt kam. Sein dunkles, lockiges Haar stand wild vom Kopf ab und seine dunkelgrünen Augen blickten besorgt, als er mich weckte: „Rami, wach auf, du träumst!“

Dann resigniert, als ich wach wurde: „Kumpel, ich dachte, du wärst endlich über sie hinweg!“

„Mig, ich habe geträumt, dass Esma auf der höchsten Brücke Asuncións steht und sich in den Río Paraguay stürzt!“

„Oh wundervoll! Ist sie dabei gestorben?“, wollte er erfreut wissen.

„Miguel Torres del Verde! Warum bist du nur so abgebrüht und achtlos gegenüber dem Leben?

Du wirst ein erfolgreicher Anwalt werden!“, erwiderte ich matt. „Ich will nicht, dass Esma stirbt!“

„Jetzt beruhige dich mal wieder! Ich bin deswegen froh, weil dein Traum bedeutet, dass selbst dein Kopf dir sagt, du sollst die Frau vergessen! Wenn man träumt, dass jemand stirbt, bedeutet das, etwas geht endgültig zu Ende. So deute ich deinen Traum und deswegen freue ich mich! Deine Esma wird bestimmt 100 Jahre alt, aber ohne dich, das muss endlich in deinen Dickschädel, Ramón Martínez Ortega!“

Daraufhin umarmten wir uns stumm und beschlossen, unsere Joggingrunde um eine Stunde vorzuverlegen.

Ich bin glücklich, Mig als Freund zu haben.

Ein Klopfen an der Tür und Junas ungeduldige Stimme reißen mich aus meinen Träumereien.

„¡A comer, Ramón!“, tönt es durch die Tür. Seufzend mache ich mich auf den Weg nach unten.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
281 s. 3 illüstrasyon
ISBN:
9783962298470
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Telif hakkı:
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Metin
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