Wilhelm Busch
Illustrierte Geschichten
1. Band
Texte: © Copyright by Wilhelm Busch
Umschlag: © Copyright by Gunter Pirntke
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
gunter.50@gmx.net
Inhalt
Impressum
Geschichten 1- 10
Der vergeßliche Stadtschreiber
Aus dem Rathausener Tagblatt
Der harte Winter
Der Freimaurer
Eine Nachtgeschichte
Übertriebene Gefälligkeit
Die Täuschung
Liebesglut
Lieder eines Lumpen
Populäre Bilder aus der Naturgeschichte
Geschichten 11 - 20
Eigentümliche Anschauung
Die kleinen Honigdiebe
Der kleine Maler mit der großen Mappe
Unglücklicher Zufall
Wie die Kränzl-Bötin die ganze Woch mit ihrem kranken Maxl geplagt ist
Die Maus oder Die gestörte Nachtruhe
Naturgeschichtliches Alphabet für größere Kinder und solche, die es werden wollen
Ein interessanter Fall
Wohlgemeinter Zuspruch.
Die Mohrenträne
Geschichten 21 – 30
Der kleine Pepi mit der neuen Hose
Aus dem Regen in die Traufe
Es kommt nicht immer nur das Gute von oben
Das erste Bad im Freien
Verschiedene Wirkungen des Dampfes
Der Frosch und die beiden Enten
Die Ballade von den sieben Schneidern
Die Fliege
Der Bauer und der Windmüller
Das Rabennest
Es war ein kalter, regnigter Abend, als der Stadtschreiber Dröge aus dem Wirtshause trat, seinen Regenschirm aufspannte und, da seine Wohnung ganz am Ende der Stadt lag, mit eiligen Schritten sich auf den Heimweg machte. Schon hatte er den größten Teil des Weges zurückgelegt, da – plötzlich – überkam ihn jenes sonderbare unbehagliche Gefühl, welches den Menschen zu befallen pflegt, wenn er glaubt, etwas vergessen zu haben. Ja, es fehlte ihm etwas; er mußte etwas vergessen haben – und wußte doch nicht, was. Daß er aber etwas vergessen hatte, das wußte er ganz genau; denn als er ins Wirtshaus gegangen war, hatte er etwas unter dem Arme getragen.
Unser Stadtschreiber entschließt sich kurz; er geht wieder zurück, das Vermißte zu suchen. In der Nähe des Wirtshauses hört der Regen auf und der Stadtschreiber klappt infolgedessen seinen Regenschirm zu. Nicht lange, so verspürt er einen gewissen Gegenstand unter seinem Arme, der es ihm auf einmal klarmacht, daß er eigentlich nichts vergessen als dies: daß es bei seiner Einkehr ins Wirtshaus nicht geregnet und er also zu der Zeit schon denselben Gegenstand unter dem Arme getragen hatte, den er jetzt darunter trug, nämlich – den zugeklappten Regenschirm.
I.
Rathausen, den 7. Oktober.
Soeben kommt das Gerücht einer ebenso beklagenswerten als ruchlosen Tat zu unsern Ohren, einer Tat, die sich nur aus der tiefen moralischen Verderbnis unserer modernen gesellschaftlichen Zustände erklären läßt. Der Tatbestand ist folgender:
Ein junger Maler aus hiesiger Stadt lockt durch Schmeicheleien ein junges, schönes, aber noch sehr schüchternes weibliches Modell in sein Atelier. Da sie ihm nicht zu Willen ist, ermordet er sie. Alles Schreien der Unglücklichen wird überhört, da das Atelier des Malers im Hintergebäude über drei Stiegen liegt. Bei einbrechender Nacht schleppt der Mörder den Leichnam der Ermordeten in den Hof, um ihn dort eigenhändig in den Sand zu scharren.
Unmittelbar darauf begibt sich derselbe in eine nahegelegene Brauerei und trinkt wie gewöhnlich seine sechs Glas Bier, ohne daß eine besondere Aufregung an ihm bemerklich gewesen wäre.
Es steht zu erwarten, daß es der anerkannten Umsichtigkeit unserer hochlöblichen Polizei sehr bald gelingen werde, die näheren Umstände und tieferliegenden Motive dieser Tat ans Licht zu ziehen.
Nachschrift.
Wie wir aus glaubwürdiger Quelle vernehmen, soll eine würdige alte Dame unserer Stadt bei diesem Vorfalle sehr nahe und schmerzlich beteiligt sein. – Der Täter ist bereits eingezogen und wird jetzt möglicherweise schon sitzen.
II.
Rathausen, den 8. Oktober
Dem von uns unter dem gestrigen Datum berichteten und bereits in weiteren Kreisen vielfach besprochenen Vorfalle scheint zu unserem Bedauern lediglich ein mutwillig verbreitetes Gerücht zugrunde zu liegen und ist dasselbe dahin zu berichtigen, daß allerdings ein junger Maler ein junges, weibliches Modell ermordet hat, und daß allerdings eine alte würdige Dame von diesem Vorfalle nahe berührt ist; daß aber dieser Maler ein Tiermaler und das Modell die Lieblingskatze einer alten Dame ist, in deren Hause der Maler vor kurzem ein Atelier bezogen hatte.
Daß er demzufolge eingezogen, ist gewiß, und daß er jetzt schon sitzt, nämlich im Wirtshause, wird niemandem, der ihn näher kennt, unmöglich scheinen.
Es war einmal ein unvernünftig kalter Winter; da gingen zwei gute Kameraden miteinander auf das Eis zum Schlittschuhlaufen. Nun waren aber hin und wieder Löcher in das Eis geschlagen, der Fische wegen; und als die beiden Schlittschuhläufer in vollem Zuge waren, sintemalen der Wind auch heftig blies, versah's der eine, rutschte in ein Loch und traf so gewaltsam mit dem Halse an die scharfe Eiskante, daß der Kopf auf das Eis dahinglitschte und der Rumpf ins Wasser fiel. Der andere, schnell entschlossen, wollte seinen Kameraden nicht im Stich lassen, zog ihn heraus, holte den Kopf und setzte ihn wieder gehörig auf, und weil es eine so barbarische Kälte in dem Winter war, so fror der Kopf auch gleich wieder fest. Da freute sich der, dem das geschah, daß die Sache noch so günstig für ihn abgelaufen war. Seine Kleider waren aber alle ganz naß geworden; darum ging er mit seinem Kameraden in ein Wirtshaus, setzte sich neben den warmen Ofen, seine Kleider zu trocknen, und ließ sich von dem Wirte einen Bittern geben. »Prosit, Kamerad!« sprach er und trank dem andern zu. »Auf den Schrecken können wir wohl einen nehmen.«
Nun hatte er sich durch das kalte Bad aber doch einen starken Schnupfen geholt. Da er nun die Nase zwischen die Finger klemmte, sich zu schneuzen, behielt er plötzlich seinen Kopf in der Hand, denn der war in der warmen Stube wieder losgetaut.
Das war nun freilich für den armen Menschen recht fatal, und er meinte schon, daß er jetzt in der Welt nichts Rechtes mehr beginnen könnte; aber er wußte doch Rat zu schaffen, ging hin zu einem Bauherrn und ließ sich anstellen als Dielenträger. Das war eine gar schöne, passende Arbeit für ihn, weil ihm dabei der Kopf niemals im Wege saß, wie vielen andern Leuten, die auch Bretter tragen müssen.
Mißverständnis. Doktor: »Also Appetit habt Ihr?« – Bauer: »Jo!« – Doktor: »Ruhigen Schlaf auch?« – Bauer: »Jo, Herr Doktor!« – Doktor: »Habt Ihr vielleicht keinen Stuhl?« – Bauer: »Gar kanen!« – Doktor: »Und wie lange denn ...?« – Bauer: »Voriges Jahr hab' mer noch anen g'habt und zu Weihnachten hat mei' Bub' den letzten Stuhl zerbrochen und seitdem behelfen wir uns mit einer Bank.«
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