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Kitabı oku: «Hamlet, Prinz von Dännemark», sayfa 2

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Fünfte Scene

(Verwandelt sich in ein Zimmer in Polonius Hause.)

(Laertes und Ophelia treten auf.)

Laertes.

Mein Geräthe ist eingepakt, lebet wohl Schwester, und wenn die Winde meiner Reise günstig sind, so verschlaft mein Andenken nicht, sondern laßt mich Nachrichten von euch haben.

Ophelia.

Wie könnt ihr daran zweifeln?

Laertes. Was den Hamlet und die Tändeley seiner Liebe betrift, haltet sie für einen flüchtigen Geschmak, und ein Spiel des jugendlichen Blutes; ein Veilchen in den ersten Frühlings-Tagen der Natur, frühzeitig aber nicht dauerhaft; angenehm, aber hinfällig; ein lieblicher Geruch für eine Minute; nicht mehr —

Ophelia.

Nicht mehr als das?

Laertes. Glaubt mir, nicht mehr, liebe Schwester. Wir nehmen in unsrer Jugend nicht nur an Grösse und Stärke zu; die Seele wächßt mit, und ihre innerliche Verrichtungen und Pflichten dehnen sich mit ihrem Tempel aus. Vielleicht liebt er euch izt aufrichtig, mit der reinen Zuneigung eines noch unverdorbnen Herzens: Aber ihr müßt bedenken, daß, sobald er seine Grösse in Erwägung ziehen wird, seine Neigung nicht mehr in seiner Gewalt ist: Denn er selbst hangt von seiner Geburt ab; er darf nicht für sich selbst wählen, wie gemeine Leute: Die Sicherheit und das Wohl des Staats hängt an seiner Wahl, und daher muß sich seine Wahl nach der Stimme und den Wünschen des Körpers, wovon er das Haupt ist, bestimmen. Wenn er also sagt, er liebe euch, so kömmt es eurer Klugheit zu, ihm in so weit zu glauben, als er nach seiner Geburt und künftigen Würde, seinen Worten Kraft geben kan; und das ist nicht mehr, als wozu er die Einwilligung des Königs erhalten kan. Überleget also wol, was für einen grossen Verlust eure Ehre leiden kan, wenn ihr seinem lokenden Gesang ein zu leichtgläubiges Ohr verleihet; entweder ihr verliehrt euer Herz, oder sein Ungestüm, den zulezt nichts mehr zurükhalten wird, sieget gar über eure Keuschheit. Fürchtet es, Ophelia, fürchtet es, meine theure Schwester; steuret einer noch unschuldigen Neigung, die so gefährlich ist, und überlaßt euch nicht dem Strom schmeichelnder Wünsche. Das gefälligste Mädchen ist verschwenderisch genug, wenn sie ihre keusche Schönheit dem Mond entschleyert: Die Tugend selbst ist vor den Bissen der Verläumdung nicht sicher; nur allzu oft frißt ein verborgner Wurm die Kinder des Frühlings, bevor ihre Knospen sich entwikelt haben; und mengender Meel-Thau ist nie mehr zu besorgen als im Thauvollen Morgen der Jugend. Seyd also vorsichtig; hier giebt Furcht die beste Sicherheit; die Jugend hat einen Feind in sich selbst, wenn sie auch keinen von aussen hat.

Ophelia. Ich werde diese guten Erinnerungen zu immer wachsamen Hütern meines Herzens machen. Aber, mein lieber Bruder, macht es ja nicht, wie manche ungeheiligte Seelen-Hirten, die euch den engen und dornichten Pfad zum Himmel weisen, indessen daß sie selbst, ihrer eignen Lehren uneingedenk, in ruchloser Freyheit auf dem breiten Frühlings-Wege der Üppigkeit dahertraben.

Laertes.

O, davor seyd unbekümmert.

Sechste Scene

(Polonius zu den Vorigen.)

Laertes. Ich halte mich zulang auf – Aber hier kommt mein Vater: Desto besser; ich werde seinen Abschieds-Segen gedoppelt erhalten.

Polonius.

Du bist noch hier, Laertes! Zu Schiffe, zu Schiffe, mein Sohn; der Wind schwellt eure Segel schon, und man wartet auf euch. Hier, empfange meinen Segen,

(Er legt seine Hand auf Laertes Haupt)

und diese wenigen Lebens-Regeln, womit ich ihn begleite, schreib in dein Gedächtniß ein. Gieb deinen Gedanken keine Zunge, und wenn du je von unregelmässigen überrascht wirst, so hüte dich wenigstens, sie zu Handlungen zu machen: Sey gegen jedermann leutselig, ohne dich mit jemand gemein zu machen: Hast du bewährte Freunde gefunden, so hefte sie unzertrennlich an deine Seele; aber gieb deine Freundschaft nicht jeder neuausgebruteten, unbefiederten Bekanntschaft preiß. Hüte dich vor den Gelegenheiten zu Händeln; bist du aber einmal darinn, so führe dich so auf, daß dein Gegner nicht hoffen könne, dich ungestraft zu beleidigen. Leih' dein Ohr einem jeden, aber wenigen deinen Mund; nimm jedermanns Tadel an, aber dein Urtheil halte zurük. Kleide dich so kostbar als es dein Beutel bezahlen kan, aber nicht phantastisch; reich, nicht comödiantisch: Denn der Anzug verräth oft den Mann, und in Frankreich pflegen Leute von Stand und Ansehen sich gleich dadurch anzukündigen, daß sie sich mit Geschmak und Anstand kleiden. Sey weder ein Leiher noch ein Borger; denn durch Leihen richtet man oft sich selbst und seinen Freund zu Grunde; und borgen untergräbt das Fundament einer guten Haushaltung. Vor allem, sey redlich gegen dich selbst, denn daraus folget so nothwendig als das Licht dem Tage, daß du es auch gegen jedermann seyn wirst. Lebe wohl, mein Sohn; mein Segen befruchte diese Erinnerungen in deinem Gemüthe!

Laertes.

Ich beurlaube mich demüthigst von euch, Gnädiger Herr Vater.

Polonius.

Du hast hohe Zeit; geh, deine Bediente warten —

Laertes.

Lebet wohl, Ophelia, und erinnert euch dessen was ich gesagt habe.

Ophelia. Es ist in mein Gedächtniß verschlossen, und ihr sollt den Schlüssel dazu mit euch nehmen.

Laertes.

Lebet wohl.

(Er geht ab.)

Polonius.

Was sagte er denn zu euch, Ophelia?

Ophelia.

Mit Eu. Gnaden Erlaubniß, etwas, das den Prinzen Hamlet angieng.

Polonius. Wahrhaftig, ein guter Gedanke! Ich habe mir sagen lassen, daß er euch seit einiger Zeit ziemlich oft allein gesprochen habe, und daß ihr ihm einen sehr freyen Zutritt verstattet, und geneigtes Gehör gegeben habt. Wenn es so ist, (wie es mir dann von sichrer Hand zukommt) so muß ich euch sagen, daß ihr euch selbst nicht so gut versteht, als es meiner Tochter und eurer Ehre geziemt. Was ist denn zwischen euch? Sagt mir die reine Wahrheit.

Ophelia. Gnädiger Herr Vater, er hat mir zeither verschiedene Erklärungen von seiner Zuneigung gemacht.

Polonius.

Von seiner Zuneigung? He! Ihr sprecht wie ein junges Ding, das noch keine Erfahrung von dergleichen gefährlichen Dingen hat.

Glaubt ihr denn seine Erklärungen, wie ihr es nennt?

Ophelia.

Ich weiß nicht was ich denken soll, Herr Vater.

Polonius. Potz hundert! Das will ich dich lehren; denk du seyst ein Kindskopf, daß du seine Erklärungen für baar Geld genommen hast, da sie doch falsche Münze sind. Du must bessere Sorge zu dir selbst haben, oder ich werde wenig Freude an dir erleben —

Ophelia. Gnädiger Herr Vater, er bezeugt zwar eine heftige Liebe zu mir, aber in Ehren —

Polonius.

Ja, in Thorheit solltest du sagen; geh, geh —

Ophelia. Und hat seine Worte durch die feyrlichsten und heiligsten Schwüre bekräftiget.

Polonius. Ja, Schlingen, um Schnepfen zu fangen. Ich weiß wie verschwendrisch das Herz in Schwüre aussprudelt, wenn das Blut in Flammen ist. Mein gutes Kind, du must diese Aufwallungen nicht für wahres Feuer halten; sie sind wie das Wetterleuchten an einem kühlen Sommer-Abend, sie leuchten ohne Hize, und verlöschen so schnell als sie auffahren. Von dieser Stunde an seyd etwas sparsamer mit dem Zutritt zu eurer Person; sezt eure Conversationen auf einen höhern Preiß als einen Befehl, daß man euch sprechen wolle. Was den Prinzen Hamlet betrift, so glaubt so viel von ihm, daß er jung ist; und daß er sich mehr Freyheit herausnehmen darf, als der Wolstand euch zuläßt. Mit einem Wort, Ophelia, trauet seinen Schwüren nicht; desto weniger, je feyrlicher sie sind; sie hüllen sich, gleich den Gelübden, die oft dem Himmel dargebracht werden, in Religion ein, um desto sichrer zu betrügen. Einmal für allemal: Ich möchte nicht gern, deutlich zu reden, daß du nur einen einzigen deiner Augenblike in den Verdacht seztest, als wißtest du ihn nicht besser anzuwenden, als mit dem Prinzen Hamlet Worte zu wechseln. Merk dir das, ich sag dir's; und geh in dein Zimmer.

Ophelia.

Ich will gehorsam seyn, Gnädiger Herr Vater.

(Sie gehen ab.)

Siebende Scene

(Verwandelt sich in die Terrasse vor dem Palast.)

(Hamlet, Horatio und Marcellus treten auf.)

Hamlet.

Die Luft schneidt entsezlich; es ist grimmig kalt.

Horatio.

Es ist eine beissende, scharfe Luft.

Hamlet.

Wie viel ist die Gloke?

Horatio.

Ich denke, es ist bald zwölfe.

Marcellus.

Nein, es hat schon geschlagen.

Horatio. Ich hörte es nicht: Es ist also nah um die Zeit, da der Geist zu gehen pflegt.

(Man hört eine kriegrische Musik hinter der Scene.)

Was hat das zu bedeuten, Gnädiger Herr?

Hamlet. Der König hält Tafel, und verlängert den Schmaus, wie es scheint, in die tiefe Nacht, und so oft er den vollen Becher mit Rhein-Wein auf einen Zug ausleert, verkündigen Trompeten und Kessel-Pauken den Sieg, den Seine Majestät davon getragen hat.

Horatio.

Ist das so der Gebrauch?

Hamlet. Ja, zum Henker, das ist es; aber nach meiner Meynung, ob ich gleich ein Dähne und zu diesem Gebrauch gebohren bin, ein Gebrauch der mit größrer Ehre gebrochen als gehalten wird. Diese taumelnden Trink- Gelage machen uns in Osten und Westen verächtlich, und werden uns von den übrigen Völkern als ein National-Laster vorgeworffen: Sie nennen uns Säuffer, und sezen schweinische Beywörter dazu, die uns wenig Ehre machen; und in der That, der Ruf worinn wir deßwegen stehen, nimmt unsern Thaten, so groß und rühmlich sie sonst sind, ihren schönsten Glanz. In diesem Stüke geht es oft ganzen Völkern wie einzelnen Leuten, welche um irgend eines Natur-Fehlers willen, als etwann wegen der angebohrnen Obermacht eines gewissen Temperaments (woran sie doch keine Schuld haben, da sich niemand seine ursprüngliche Anlage selber auswählen kan,) welches sie manchmal durch den Zaun der Vernunft durchbrechen macht; oder wegen irgend einer angewöhnten Manier, einer Grimasse oder so etwas, welches mit dem eingeführten Wohlstand einen allzugrossen Absaz macht – ich sage, daß solche Leute um eines einzigen solchen Fehlers willen, es mag nun seyn, daß die Natur oder ein Zufall Schuld daran habe, sich's gefallen lassen müssen, ihre guten Eigenschaften, so groß und zahlreich sie immer seyn mögen, in dem Urtheil der Welt abgewürdiget zu sehen. (Der Geist tritt auf.)

Horatio.

Hier, Gnädiger Herr; seht, es kommt.

Hamlet. Ihr Engel und himmlischen Mächte alle, schüzet uns! Du magst nun ein guter Geist oder ein verdammter Kobolt seyn, du magst himmlische Lüfte oder höllische Dämpfe mit dir bringen, und in wohlthätiger oder schädlicher Absicht gekommen seyn; die Gestalt die du angenommen hast, ist so ehrwürdig, daß ich mit dir reden will. Ich will dich Hamlet, ich will dich meinen König, meinen Vater nennen: O, antworte mir; laß mich nicht in einer Unwissenheit, die mir das Leben kosten würde: Sage, warum haben deine geheiligten Gebeine ihr Behältniß durchbrochen? Warum hat das Grab, worein wir dich zu deiner Ruhe bringen sahen, seinen schweren marmornen Rachen aufgethan, um dich wieder auszuwerfen? Was mag das bedeuten, daß du, ein todter Leichnam, in vollständiger Rüstung den Mondschein wieder besuchst, um die Nacht mit Schreknissen zu erfüllen, und unser Wesen auf eine so entsezliche Art mit Gedanken zu erschüttern, die über die Schranken unsrer Natur gehen.

(Der Geist winkt dem Hamlet.)

Horatio. Es winkt euch, mit ihm zu gehen, als ob es euch etwas allein zu sagen habe.

Marcellus. Seht, wie freundlich es euch an einen entferntern Ort winkt: Aber geht ja nicht mit ihm.

Horatio (Den Hamlet zurükhaltend.)

Nein, um alles in der Welt nicht.

Hamlet.

Weil es nicht reden will, so will ich ihm folgen.

Horatio.

Das thut nicht, Gnädiger Herr.

Hamlet. Und warum nicht? Wofür sollt' ich mir fürchten? Mein Leben ist mir um eine Stek-Nadel feil, und was kan es meiner Seele thun, die ein unsterbliches Wesen ist wie es selbst? – Es winkt mir wieder weg – ich will ihm folgen —

Horatio. Und wie dann, Gnädiger Herr, wenn es euch an die Spize des Felsens führte, der sich dort über die See hinaus bükt, und dann eine noch fürchterlichere Gestalt annähme, welche euern Verstand verwirren und in sinnloser Betäubung euch in die Tiefe hinunter stürzen könnte? Denket an diß! Der Ort allein, ohne daß noch andere Ursachen dazu kommen dürfen, könnte einem, der so viele Faden tief in die See hinab schaute, und sie von unten herauf so gräßlich heulen hörte, einen Anstoß von Schwindel geben.

Hamlet.

Es winkt mir noch immer: Geh nur voran, ich will dir folgen.

Marcellus.

Wir lassen euch nicht gehen, Gnädiger Herr.

Hamlet.

Zurük mit euern Händen!

Marcellus.

Laßt euch rathen, ihr sollt nicht gehen.

Hamlet.

Mein Verhängniß ruft; seine Stimme macht jede kleine Ader in diesem Körper so stark, als den Nerven des Nemeischen Löwens: Er ruft mir noch immer: Laßt eure Hände von mir ab, ihr Herren —

(Er reißt sich von ihnen los.)

Beym Himmel, ich will ein Gespenst aus dem machen, der mich halten will – Weg, sag ich – Geht – Ich will mit dir gehen —

(Hamlet und der Geist gehen ab.)

Horatio.

Seine Einbildung ist so erhizt, daß er nicht weiß was er thut.

Marcellus. Wir wollen ihm folgen; bey einer solchen Gelegenheit wär' es wider unsre Pflicht, gehorsam zu seyn.

Horatio.

Das wollen wir – Was wird noch endlich daraus werden?

Marcellus.

Es muß ein verborgnes Übel im Staat von Dännemark liegen.

Horatio.

Der Himmel wird alles leiten.

Marcellus.

Fort, wir wollen ihm nachgehen.

(Sie gehen ab.)

Achte Scene

(Verwandelt sich in einen entferntern Theil der Terrasse.)

(Der Geist und Hamlet treten wieder auf.)

Hamlet.

Wohin willt du mich fuhren? Rede; ich gehe nicht weiter.

Geist.

Höre mich an.

Hamlet.

Das will ich.

Geist. Die Stunde rükt nah herbey, da ich in peinigende Schwefel-Flammen zurükkehren muß.

Hamlet.

Du daurst mich, armer Geist!

Geist. Bedaure mich nicht, sondern höre aufmerksam an, was ich dir entdeken werde.

Hamlet.

Rede, ich bin schuldig, zu hören —

Geist.

Und zu rächen, was du hören wirst.

Hamlet.

Was?

Geist. Ich bin der Geist deines Vaters, verurtheilt eine bestimmte Zeit bey Nacht herum zu irren, und den Tag über eng eingeschlossen in Flammen zu schmachten, bis die Sünden meines irdischen Lebens durchs Feuer ausgebrannt und weggefeget sind. Wäre mirs nicht verboten, die Geheimnisse meines Gefängnisses zu entdeken, ich könnte eine Erzählung machen, wovon das leichteste Wort deine Seele zermalmen, dein Blut erstarren, deine zwey Augen, wie Sterne, aus ihren Kreisen taumeln, deine krause dichtgedrängte Loken trennen, und jedes einzelne Haar wie die Stacheln des ergrimmten Igels emporstehen machen würde: Aber diese Scenen der Ewigkeit sind nicht für Ohren von Fleisch und Blut – Horch, horch, o horch auf! Wenn du jemals Liebe zu deinem Vater getragen hast —

Hamlet.

O Himmel!

Geist.

So räche seine schändliche, höchst unnatürliche Ermordung.

Hamlet.

Ermordung?

Geist. Jeder Mord ist höchst schändlich; aber dieser ist mehr als schändlich, unnatürlich, und unglaublich.

Hamlet. Eile, mir den Thäter zu nennen, damit ich schneller als die Flügel der Betrachtung oder die Gedanken der Liebe, zu meiner Rache fliege.

Geist. So bist du, wie ich dich haben will; auch müßtest du gefühlloser seyn, als das fette Unkraut, das seine Wurzeln ungestört an Lethe's Werft verbreitet, wenn du nicht in diese Bewegung kämest. Nun, Hamlet, höre. Es ist vorgegeben worden, eine Schlange habe mich gestochen, da ich in meinem Garten geschlaffen hätte. Mit dieser erdichteten Ursach meines Todes ist ganz Dännemark hintergangen worden: Aber wisse, edelmüthiger Jüngling, die Schlange, die deinen Vater zu tode stach, trägt izt seine Krone.

Hamlet.

O, meine weissagende Seele! Mein Oheim?

Geist. Ja, dieser ehrlose blutschändrische Unmensch verführte durch die Zauberey seines Wizes, und durch verräthrische Geschenke (o! verflucht sey der Wiz und die Geschenke, welche die Macht haben, so zu verführen,) das Herz meiner so tugendhaft scheinenden Königin. O Hamlet, was für ein Abfall war das! Von mir, dessen Liebe, in unbeflekter Würde Hand in Hand mit dem Ehe-Gelübde gieng, so ich ihr gethan hatte – zu einem Elenden abzufallen, dessen natürliche Gaben gegen die meinigen nicht einmal in Vergleichung kamen! Allein, so wie die Tugend sich niemals verführen lassen wird, wenn das Laster gleich in himmlischer Gestalt käme, sie zu versuchen; so würde die Unzucht, und wenn sie an einen stralenden Engel angeschlossen wäre, sich nicht enthalten können, selbst in einem himmlischen Bette ihre heißhungrige Lust an Luder-Fleisch zu büssen. Doch sachte! Mich däucht, ich wittre die Morgen-Luft – Ich muß kurz seyn. Ich lag, wie es nachmittags immer meine Gewohnheit war, unter einer Sommer-Laube in meinem Garten, und schlief unbesorgt, als dein Oheim sich ingeheim mit einer Phiole voll Gift herbeyschlich, welches eine so gewaltsame Wirkung thut, daß es schnell wie Queksilber alle Adern durchdringt, und das sonst flüssige und gesunde Blut gerinnen macht, wie Milch wenn etwas Saures darein gegossen wird; dieses Gift schüttete er mir in die Ohren, und es wirkte so gut, daß es mir eine plözliche Schwindeflechte verursachte, die meinen ganzen Leib mit einem ekelhaften Aussaz überzog, und in einem Augenblik in ein gräßliches Scheusal verwandelte. Solchergestalt wurde ich dann schlafend, durch die Hand eines Bruders, auf einmal des Lebens, der Krone und meiner Königin beraubt; mitten in meinen Sünden weggerissen, ohne Vorbereitung, ohne Sacrament, ohne Fürbitte; eh ich meine Rechnung gemacht, mit allen meinen Vergehungen beladen, zur Rechenschaft fortgeschikt. O, es ist entsezlich, entsezlich, höchst entsezlich! Wenn du einen Bluts-Tropfen von mir in deinen Adern hast, so duld' es nicht; laß das Königliche Bette von Dännemark nicht zu einem Tummel-Plaz der Üppigkeit und blutschändrischer Unzucht gemacht werden. Doch, so strenge du auch immer diese Greuel-That rächen magst, so befleke deine Seele nicht mit einem blutigen Gedanken gegen deine Mutter; überlaß sie dem Himmel und dem nagenden Wurm, der in ihrem Busen wühlet. Lebe wohl! Der Feuer-Wurm kündigt den herannahenden Morgen an, und beginnt sein unwesentliches Feuer auszustralen. Adieu, adieu, adieu – Gedenke meiner, Sohn!

(Er verschwindet.)

Hamlet. O du ganzes Heer des Himmels! O Erde! Und was noch mehr? – Soll ich auch noch die Hölle aufruffen? – O Fy, halte dich, mein Herz! Und ihr, meine Nerven, werdet nicht plözlich alt, sondern traget mich aufrecht – Deiner gedenken? Ja, du armer unglüklicher Geist, so lange das Gedächtniß in diesem betäubten Rund

(er schlägt an seinen Kopf)

seinen Siz behalten wird! – Deiner gedenken? Ja, ja, ich will sie alle von der Tafel meines Gedächtnisses wegwischen, alle diese alltägliche läppische Erinnerungen, alles was ich in Büchern gelesen habe, alle andern Ideen und Eindrüke, welche Jugend und Beobachtung darinn eingezeichnet haben; ich will sie auslöschen, und dein Befehl allein, unvermischt mit geringerer Materie, soll den ganzen Raum meines Gehirns ausfüllen. Ja, beym Himmel! – O! abscheuliches Weib! O Bösewicht, Bösewicht, lächelnder verdammter Bösewicht! – Meine Schreib-Tafel – ich will es niederschreiben – daß einer lächeln und immer lächeln, und doch ein Bösewicht seyn kan – wenigstens weiß ich nun, daß es in Dännemark so seyn kan —

(Er schreibt.)

So, Oheim, da steht ihr; izt zu meinem Wortzeichen; es ist: Adieu, adieu, gedenke meiner: Ich hab' es beschworen —

Neunte Scene

(Horatio und Marcellus treten auf.)

Horatio.

Gnädiger Herr, Gnädiger Herr —

Marcellus.

Prinz Hamlet —

Horatio.

Der Himmel schüze ihn!

Marcellus.

Amen!

Horatio.

Holla, ho! ho! Gnädiger Herr —

Hamlet.

Hillo, ho, ho; Junge; komm, Vogel, komm —

Marcellus. Horatio.

Wie geht es, Gnädiger Herr? Was habt ihr Neues gehört?

Hamlet.

O, Wunderdinge!

Horatio.

Entdekt sie uns, Gnädiger Herr.

Hamlet.

Nein, ihr würdet es ausbringen.

Horatio.

Ich nicht, Gnädiger Herr, beym Himmel!

Marcellus.

Ich auch nicht, Gnädiger Herr.

Hamlet. Nun, sagt mir denn einmal, könnte sich ein Mensch zu Sinne kommen lassen – Aber wollt ihr schweigen?

Beyde.

Ja, beym Himmel, Gnädiger Herr.

Hamlet. Es wohnt nirgends im ganzen Dännemark kein Bösewicht, der nicht ein ausgemachter Schurke ist.

Horatio. Es braucht keinen Geist, Gnädiger Herr, der aus seinem Grabe aufstehe, uns das zu sagen.

Hamlet. Richtig, so ist's; ihr habt recht; und also ohne weitere Umstände, hielt ich für rathsam, daß wir einander die Hände geben und scheiden; ihr, wohin euch eure Geschäfte und Absichten weisen, (denn jedermann hat seine Geschäfte und Absichten, wie es geht) und was mich selbst betrift, ich will beten gehen.

Horatio.

Gnädiger Herr, das sind nichts als wunderliche und schnurrende Reden.

Hamlet.

Es ist mir leid, daß sie euch beleidigen, herzlich leid; in der That, herzlich.

Horatio.

Die Rede ist von keiner Beleidigung, Gnädiger Herr.

Hamlet. Ja, bey Sanct Patriz! Die Rede ist hier von einer Beleidigung, Gnädiger Herr, und von einer schweren, das glaubt mir. Was diese Erscheinung hier betrift – Es ist ein ehrlicher Geist, das kan ich euch sagen: Aber euer Verlangen zu wissen was zwischen uns vorgegangen ist, das übermeistert so gut ihr könnet. Und nun, meine guten Freunde, wenn wir Freunde, Schul- und Spieß-Gesellen sind, so gewährt mir eine einzige arme Bitte.

Horatio.

Was ist es, Gnädiger Herr?

Hamlet.

Saget niemanden nichts von dem, was ihr heute Nacht gesehen habt.

Beyde.

Wir versprechen es Euer Gnaden.

Hamlet.

Das ist nicht genug, ihr müßt mir's zuschwören.

Horatio.

Auf meine Treu, Gnädiger Herr, ich will nichts sagen.

Marcellus.

Ich auch nicht, Gnädiger Herr, bey meiner Treue.

Hamlet.

Schwört auf mein Schwerdt.

Marcellus.

Wir haben ja schon geschworen, Gnädiger Herr.

Hamlet.

Auf mein Schwerdt sollt ihr schwören, in der That.

Der Geist (ruft hinter der Bühne:)

Schwört.

Hamlet. Ha, ha, Junge, sagst du das? Bist du noch da? – Kommt, kommt, ihr hört ja was der Bursche dahinten sagt – Schwört!

Horatio.

Was sollen wir dann beschwören, Gnädiger Herr?

Hamlet.

Daß ihr niemals von dem was ihr gesehen habet, reden wollt.

Schwört bey meinem Schwerdt.1

Geist Schwört!

Hamlet.

Hier und überall? So wollen wir uns einen andern Plaz suchen.

Kommt hieher, ihr Herren, leget eure Hände nochmals auf mein Schwerdt, und schwört, daß ihr gegen niemand sagen wollt, was ihr gehört habt. Schwört bey meinem Schwerdt.

Geist.

Schwört bey seinem Schwerdt.

Hamlet. Wolgesprochen, alter Maulwurf, kanst du so schnell in den Boden arbeiten? Das heiß' ich einen geschikten Schanz-Gräber! – Noch ein wenig weiter weg, gute Freunde.

Horatio.

O Tag und Nacht, aber das ist ausserordentlich seltsam.

Hamlet. Eben darum, weil es euch so fremd vorkommt, so heißt es als einen Fremdling willkommen. Mein guter Horatio, es giebt Sachen im Himmel und auf Erden, wovon sich unsre Philosophie nichts träumen läßt. Aber kommt; schwört mir, wie zuvor, daß ihr niemals (so wahr euch Gott gnädig sey!) So seltsam und widersinnisch ich mich auch immer anstellen und betragen mag (wie ich, vielleicht, künftig vor gut befinden könnte, zu thun) daß ihr, wenn ihr mich alsdann sehen werdet, niemals durch eine solche Stellung der Arme, oder ein solches Kopfschütteln, oder durch irgend eine geheimnisvolle abgebrochne Redensart, als gut – wir wissen was wir wissen – oder, wir könnten, wenn wir wollten – oder, wenn wir reden möchten – oder, es könnte wol vielleicht – oder andere solche zweideutige Andeutungen zu erkennen geben wollet, daß ihr mehr von mir wisset als andre; das schwört mir, als euch der Himmel in eurer höchsten Noth helfen wolle! Schwört!

Geist.

Schwört!

(Sie schwören.)

Hamlet. Gieb dich zur Ruh, gieb dich zur Ruh, unglüklicher Geist. So, ihr Herren; ich empfehle und überlasse mich euch wie ein Freund seinen Freunden, und was ein so armer Mann als Hamlet ist, thun kan, euch seine Liebe und Freundschaft auszudrüken, das soll, ob Gott will, nicht fehlen. Wir wollen gehen, aber immer eure Finger auf dem Mund, ich bitte euch: Die Zeit ist aus ihren Fugen gekommen; o! unseliger Zufall! daß ich gebohren werden mußte, sie wieder zurecht zu sezen! Nun, kommt, wir wollen mit einander gehen.

(Sie gehen ab.)

1.Eine Anspielung auf die Gewohnheit der alten Dähnen, auf ihr Schwerdt zu schwören, wenn sie den feyrlichsten Eid thun wollten.
  Sehet den Bartholinus, (de Causis contemp. mort. apud Dan.) Warburton.
Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
30 eylül 2017
Hacim:
140 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
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