Kitabı oku: «Romeo und Juliette», sayfa 2
Fünfte Scene
(Eine Strasse vor Capulets Haus.)
(Romeo, Mercutio, Benvolio mit fünf oder sechs andern Masken,
Fakel-Trägern und Trummeln.)
Romeo. Wie, soll diese Rede unsre Entschuldigung machen, oder wollen wir ohne Apologie auftreten?
Benvolio. Diese Weitläufigkeiten sind nicht mehr Mode. Wir brauchen keinen Cupido, mit einer Schärpe von Flittergold und einem gemahlten Tartar-Bogen von Schindeln, der die armen Mädchen, wie ein Vögel- Schrek die Krähen, zu fürchten macht. Sie mögen von uns halten was sie wollen, wenn wir ihnen nicht gefallen, oder sie uns nicht, so gehen wir wieder.
Romeo.
Gebt mir eine Fakel; ich bin nicht im Humor, Sprünge zu machen.
Mercutio.
Nicht doch, mein lieber Romeo, ihr müßt eins tanzen.
Romeo.
Ich gewiß nicht, das glaubt mir; ihr habt Tanzschuhe mit dünnen Solen, ich habe eine Seele von Bley,7 die mich so zu Boden zieht, daß ich nicht von der Stelle kommen kan.
Mercutio. Ihr seyd ein Liebhaber; borgt dem Cupido seine Flügel ab, und schwingt euch damit empor.8
Romeo. Ich bin zu hart von seinem Pfeil verwundet, als daß ich mich auf seinen Flügeln erheben könnte —
Mercutio.
Gebt mir ein Futteral, worein ich mein Gesicht steken kan —
(Er nimmt seine Maske ab.)
– Eine Maske für ein Frazen-Gesicht! – wozu brauch ich eine Maske? Es wird niemand so vorwizig seyn, ein Gesicht wie das meinige genau anzusehen.
Benvolio. Kommt, wir wollen anklopfen und hineingehn; und wenn wir einmal drinn sind, dann mag ein jeder seinen Füssen zusprechen.
(Hier fallen noch etliche sinnreiche Wizspiele von der grammaticalischen Art, zwischen Mercutio und Romeo weg.)
Romeo. Wir gedenken uns bey diesem Ball eine Kurzweil zu machen, und doch sind wir nicht klug, daß wir gehen.
Mercutio.
Warum, wenn man fragen darf?
Romeo.
Mir träumte vergangne Nacht —
Mercutio.
Mir auch.
Romeo.
Gut, was träumte euch?
Mercutio.
Daß Träumer manchmal lügen.
Romeo.
Ja, in ihrem Bette,9 wo sie oft wahre Dinge träumen.
Mercutio. O, dann seh ich, daß ihr einen Besuch von der Königin Mab gehabt habt. Sie ist die Heb-Amme der Phantasie, kommt bey Nacht, nicht grösser als ein Agtstein am Zeigfinger eines Aldermanns, und fährt euch mit einem Gespan von kleinen Atomen über die Nasen der Schlafenden hin. Ihre Rad-Speichen sind von langen Spinnen-Beinen, die Deken von Grashüpfers-Flügeln, das Geschirr vom feinsten Spinnen-Web, die Kummet von Mondscheins-Stralen; ihre Peitsche von einem Grillen-Bein, und der Riemen von der feinsten Membrane; ihr Kutscher eine dünne grau-rokichte Schnake, nicht halb so dik als ein kleiner runder Wurm, den der schleichende Finger eines kleinen Mädchens aufgestochert hat. Ihr Wagen ist eine leere Hasel-Nuß, von Schreiner Eichhorn, oder Meister Wurm gemacht, die seit unfürdenklicher Zeit die Wagner der Feen sind: und in diesem Staat galloppiert sie, Nacht für Nacht, durch das Gehirn der Verliebten, und dann träumen sie von Liebe; über die Kniee der Hofleute, welche dann straks von Aufwartungen; über die Finger der Advocaten, die straks von Sporteln; über die Lippen der Damen, die straks von Küssen träumen, aber oft von der erzürnten Mab mit Hiz-Blattern gestraft werden, wenn ihr Athem nach parfümiertem Zuker-Werk riecht. Zuweilen galloppiert sie über eines Hofschranzen Nase, und da träumt er, er hab' eine Pension ausgespürt: ein andermal kommt sie mit dem Wedel eines Zehend-Schweins in der Hand, und küzelt den schnarchenden Pfarrer; straks träumt er, daß er eine bessere Pfründe bekommen habe. Zuweilen fährt sie über eines Soldaten Hals, und da träumt er von ausländischen Hälsen die er abgeschnitten, von Friedens-Brüchen, Scharmüzeln, Spanischen Klingen, und fünf-Faden- tieffen Gesundheiten; dann trummelt sie wieder in seinen Ohren und er fährt erschroken auf, und erwacht, schwört ein paar Stoß-Gebette, und schläft wieder ein. Das ist die nemliche Mab, die den Kühen die Milch aussaugt, und den Pferden im Schlaf die Mähne verstrikt; das ist die Drutte,
(der Alp,)
welche die Mädchens drükt, wenn sie Nachts auf dem Rüken ligen – das ist —
Romeo.
Stille, Stille, Mercutio, wie lange kanst du von nichts reden?
Mercutio. In der That, ich rede von Träumen, diesen Kindern die ein müßiges Hirn mit der eiteln Phantasie erzeugt, welche so wenig Leib hat als die Luft, und unbeständiger ist als der Wind, der nur eben um den kalten Busen des Nords buhlte, und den Augenblik drauf, in einem Anstoß von Laune, hinwegstürmt, und sein Gesicht dem thauichten Sud zudreht.
Benvolio. Dieser Wind von dem ihr euch so gelassen besprecht, bläßt uns von uns selbst weg; das Gastmal ist indeß vorbey, und wir werden zu spät kommen.
Romeo.
Ich fürchte, nur zu früh – Denn mein Gemüth weissagt mir irgend eine schwarze noch in den Sternen hangende Begebenheit, die von den Spielen dieser Nacht ihren furchtbaren Anfang nehmen, und vielleicht das Ziel meines verhaßten Lebens durch die gewaltsame
Hand eines frühzeitigen Todes beschleunigen wird. Doch Er, der das Steuer-Ruder meines Lauffes führt, lenk' ihn nach seinem Gefallen! —
Wohlan, meine muntern Freunde!
Benvolio.
Rührt die Trummel! —
(Sie ziehen über den Schauplatz, und treten ab.)
Sechste Scene
(Verwandelt sich in eine Halle in Capulets Hause.)
(Etliche Bediente, mit Handtüchern.)
1. Bedienter.
Wo ist Potpan, daß er uns nicht aufräumen hilft – er hat einen Teller weggeschnappt! Er hat einen Teller mit sich gehen heissen!
2. Bedienter. Wenn gute Manieren alle in eines oder zweener Händen liegen, und die noch dazu ungewaschen sind, das ist eine garstige Sache.
1. Bedienter. Fort mit den Lehnstühlen, das kleine Schenk-Tisch'gen aus dem Wege, seht zu dem Silber-Geschirr; du, guter Freund, mache daß du mir ein Stük Marzipan auf die Seite kriegst; und wenn du mich lieb hast, so sorge, daß der Thorhüter Susanna Mühlstein und Nell, Antoni und den Potpan hereinläßt —
2. Bedienter. Gut, Junge, das will ich.
3. Bedienter. Man sieht sich nach euch um, man ruft euch, man fragt nach euch, man sucht euch, im grossen Saal.
2. Bedienter. Wir können nicht an zween Orten zugleich seyn; hurtig, ihr Jungens; seyd eine Weile munter, und wer alle andre überlebt, kriegt alles! —
(Sie gehen ab.)
(Die Gäste und Damen, nebst den Masken treten sämtlich auf.)
1. Capulet. Willkommen, meine Herren – Und ihr, meine Damen, ihr habt noch keine Hüner-Augen an den Zehen, wir wollen eins lustig mit einander machen. Ich will doch nicht hoffen, meine Königinnen, daß mir eine unter euch ein Tänzchen abschlagen wird – eine jede, die sich lange bitten läßt, hat Hüner-Augen, das schwör' ich; – He? bin ich euch zu nah gekommen? – Willkommen allerseits, ihr Herren; ich weiß die Zeit auch noch, da ich eine Maske trug, und einem jungen Fräulein hübsche Sachen ins Ohr flüstern konnte; aber es ist vorbey, vorbey, vorbey!
(Die Musik fangt an; man tanzt.)
Mehr Lichter her, ihr Schurken, und die Tische aus dem Weg; und laßt das Feuer abgehen, es ist zu warm im Zimmer – Gelt, junger Herr, ein unvermutheter Spaß ist der angenehmste – Nun sezt euch, sezt euch, mein guter Vetter Capulet, denn die Tanz-Zeit ist doch bey euch und mir vorbey: Wie lang ist es wohl, seit ihr und ich das leztemal auf einem Masken-Bal tanzten?
2. Capulet. Bey unsrer Frauen! dreißig Jahre.
1. Capulet. Wie, Mann? Es ist noch nicht so lang, es ist noch nicht so lang; es war an Lucentio's Hochzeit; es wird auf kommende Pfingsten fünf und zwanzig Jahre, daß wir in Masken tanzten.
2. Capulet. Es ist mehr, es ist mehr; sein Sohn ist älter, Herr; sein Sohn hat schon dreißig.
1. Capulet. Das werdet ihr mir nicht weiß machen; sein Sohn war vor zwey Jahren noch nicht mündig.
Romeo (in einem andern Theil des Saals.)
Wer ist die junge Dame, die dort jenem Ritter die Hand giebt?
Bedienter.
Ich weiß es nicht.
Romeo. O, sie glänzt mehr als alle diese Fakeln zusammen genommen; ihre Schönheit hängt an der Stirne der Nacht, wie ein reiches Kleinod an eines Mohren Ohr: Und welch eine Schönheit! Sie ist zu reich zum Gebrauch, und zu kostbar für diese Erde. So glänzt die schneeweisse Daube aus einem Schwarm von Krähen, wie dieses Fräulein unter ihren Gespielen glänzt. Wenn der Tanz vorbey ist, will ich mir den Plaz merken, wo sie steht, und ihr meine Hand geben. Welch eine Glükseligkeit ihre Hand zu berühren! – Nein, ich habe noch nie geliebt – Schwör es, mein Auge; vor dieser glüklichen Nacht wußtest du nicht, was Schönheit ist.
Tybalt (der dem Romeo bey den lezten Worten sich nähert.) Der Stimme nach sollte dieß ein Montague seyn – hol mir einen Degen, Junge – wie? der Sclave darf sich erfrechen in einer Maske hieher zu kommen, und unsrer feyerlichen Lust zu spotten? Nein, bey der bejahrten Ehre meines Geschlechts, es ist keine Sünde, den Nichtswürdigen zu todt zu schlagen.
Capulet.
Wie, wie, Vetter? Warum so stürmisch?
Tybalt.
Oheim, hier ist einer unsrer Feinde, ein Montague; ein Bube der gekommen ist, uns unter die Nase zu lachen, und unsre Familien-
Freude zu stören —
Capulet.
Ist es vielleicht der junge Romeo?
Tybalt.
Er selbst, der Schurke Romeo!
Capulet. Gieb dich zu frieden, lieber Vetter, laß ihn gehen; er sieht einem jungen wakern Edelmann gleich; und, wenn ich die Wahrheit sagen soll, er hat den Ruf eines tugendhaften wohlgesitteten Jünglings, der Verona Ehre macht. Ich wollte nicht um unsre ganze Stadt, daß ihm in meinem Hause was zu Leide gethan würde. Seyd also ruhig, thut als ob ihr ihn nicht kennet; ich will es so haben, und wenn ihr einige Achtung für mich habt, so heitert eure Stirne auf, und macht keine Gesichter, die sich so übel zu einer Lustbarkeit schiken.
Tybalt. Sie schiken sich, wenn ein solcher Bube sich zum Gast aufdringt: ich will ihn nicht dulden!
Capulet. Das sollt ihr aber! Wie, Herr Junge? – Ihr sollt, sag ich – Geht, geht, bin ich hier Meister oder ihr? Geht, geht – Ihr wollt ihn nicht dulden? Hol mich Gott, ihr würdet mir einen feinen Lermen unter meinen Gästen anrichten! Ihr wollt mir hier den Eisenfresser machen? Gelt, das wollt ihr?
Tybalt.
Wie, Oehm, es ist eine Schande —
Capulet.
Geht, geht, ihr seyd ein abgeschmakter Knabe —
(auf die Seite zu einem von der Gesellschaft.)
Ist es so, in der That? —
(zu Tybalt)
ihr könnt was anfangen, das euch gereuen wird, ich weiß was ich sage —
(Seitwärts;)
wohl gesprochen, meine Kinder —
(zu Tybalt,)
Ihr seyd ein Hasenfuß, geht – seyd ruhig, oder —
(seitwärts.)
Mehr Lichter, mehr Lichter, es ist eine Schande, so dunkel ist's —
(zu Tybalt)
ich will euch ruhig machen —
(Seitwärts:)
Wie, munter, meine Herzen!
Tybalt. Geduld und Zorn vertragen sich nicht wohl bey mir zusammen; sie stossen, indem sie sich begegnen, die Köpfe so hart an einander an, daß mir alle Glieder davon wakeln. Ich will mich entfernen, aber er soll mir diese Zudringlichkeit bezahlen!
(Tybalt geht ab.)
Romeo (zu Juliette.) 10 [Wenn meine unwürdige Hand diesen heiligen Leib entweiht hat, so laß dir diese Busse gefallen: Meine Lippen, zween erröthende Pilgrimme, stehen bereit den Frefel, mit einem zärtlichen Kuß abzubüssen.
Juliette. Ihr thut eurer Hand unrecht, mein lieber Pilgrim; sie hat nichts gethan, als was die bescheidenste Andacht zu thun pflegt; Heilige haben Hände, die von den Händen der Wallfahrenden berührt werden, und Hand auf Hand ist eines Pilgrims Kuß.
Romeo.
Haben Heilige nicht Lippen, und andächtige Pilgrimme auch?
Juliette.
Ja, Pilgrim, sie haben Lippen, aber zum Beten.
Romeo.
O so erlaube, theure Heilige, erlaube den Lippen nur, was du den Händen gestattest; sie bitten, (und du, erhöre sie,) daß du den Glauben nicht in Verzweiflung fallen lassest.
Juliette.
Heilige rühren sich nicht, wenn sie gleich unser Gebet erhören.
Romeo.
O so rühre du dich auch nicht, indem ich mich der Würkung meines Gebets versichre —
(Er küßt sie.)
Die Sünde meiner Lippen ist durch die deinige getilgt.]
Juliette. Also tragen nun meine Lippen die Sünde, die sie von den deinigen weggenommen haben.
Romeo. Sünde von meinen Lippen? O! angenehme Strenge! Gebt mir meine Sünde nur wieder zurük.
Juliette.
Ihr habt küssen gelernt; ich verstehe mich nicht darauf.
Amme. Gnädiges Fräulein, eure Frau Mutter möchte gern ein Wort mit euch sprechen —
(Juliette entfernt sich.)
Romeo.
Wer ist ihre Mutter?
Amme. Sapperment, junger Herr, ihre Mutter ist hier die Frau vom Hause, und eine brave, gescheidte, tugendsame Frau. Ich säugte ihre Tochter, mit der ihr geredet habt; und ich sag euch, wer sie kriegt, bekommt so gewiß eine Jungfer —
Romeo (indem er sich entfernt, vor sich.) Eine Capulet? O Himmel! Mein Herz und mein Leben sind unwiderbringlich in der Gewalt meiner Feindin.
Benvolio.
Weg, wir wollen gehen, der gröste Spaß ist vorbey.
Romeo. Das fürcht' ich selbst, das übrige wird mich mehr als meinen Schlaf kosten.
Capulet. Nein, ihr Herren, geht noch nicht weg, wir haben noch ein kleines schlechtes Nachtessen vor uns – Wie, muß es denn seyn? Nun dann, so dank ich euch allen – Ich dank euch, meine liebe Herren, gute Nacht – Mehr Fakeln her —
(Zu den übrigen:)
Kommt hinein, und dann zu Bette. – Ah, guter Freund, bey meiner Treu, es ist schon späte. Ich will in mein Bette.
(Sie gehen nach einander ab.)
Juliette.
Ein wenig hieher, Amme – Wer ist der junge Herr dort?
Amme.
Der einzige Sohn des alten Tiberio.
Juliette.
Wer ist der, der eben izt zur Thüre hinausgeht?
Amme.
Das ist der junge Petrucchio, bild' ich mir ein.
Juliette.
Wer ist der, der ihm folgt, der nicht tanzen wollte?
Amme.
Ich kenn' ihn nicht.
Juliette.
Geh, frage nach seinem Namen
(leise.)
Wenn er schon vermählt ist, so ist sehr wahrscheinlich, daß mein Grab mein Braut-Bette seyn wird.
Amme. Er heißt Romeo, er ist ein Montague, der einzige Sohn von unserm großen Feind.
Juliette (vor sich.) O Himmel! der, den ich einzig lieben kan, ist der, den ich einzig hassen sollte – Zu früh gesehn, eh ich ihn kannte; und zu spät erkannt; was für eine seltsame Mißgeburt ist meine Liebe – ich liebe – meinen verhaßtesten Feind.
Amme.
Was sagtet ihr da? Was habt ihr?
Juliette.
Ein paar Reime, die ich eben von einem gelernt, mit dem ich tanzte.
(Man ruft hinter der Scene Juliette.)
Amme. Gleich, gleich; Kommt, wir wollen gehen, die Fremden sind schon alle fort.
(Sie gehen ab.)
([Zum Beschluß dieses Aufzugs tritt ein Chor auf, und sagt den Zuschauern in vierzehn Reimen, was sie vermuthlich von selbst errathen hätten – daß Romeo, seit der Nacht, da er die schöne Juliette gesehen, seine erste Liebste nicht mehr schön befunden – daß er nun Julietten liebe, und von ihr wieder geliebt werde) – (daß die tödtliche Feindschaft ihrer Häuser zwar die Sympathie ihrer Herzen nicht habe verhindern können, aber ihnen hingegen alle Gelegenheit abschneide, sich zu sehen und zu sprechen, ohne daß jedoch dieser harte Zwang eine andre Würkung gethan habe, als die Heftigkeit ihrer Liebe und Sehnsucht zu verdoppeln.])
Zweyter Aufzug
Erste Scene
(Die Strasse.)
(Romeo tritt allein auf.)
Romeo.
Kan ich weggehen, wenn mein Herz hier ist? Dreh dich zurük, plumpe Erde, und suche deinen Mittelpunct.
(Er geht ab.)
(Indem er sich entfernt, treten Benvolio und Mercutio von der
andern Seite auf und werden ihn gewahr.)
Benvolio.
Romeo, Vetter Romeo!
Mercutio.
Er ist klug, und schleicht sich, auf mein Leben, heim zu Bette.
Benvolio. Nein er lief diesen Weg, und sprang dort über die Garten-Mauer. Ruf ihm, Mercutio!
Mercutio. Nicht nur das, ich will ihn gar beschwören. He! Romeo! Grillenfänger! Wetterhahn! Tollhäusler! Liebhaber! Erscheine du, erschein in der Gestalt eines Seufzer, rede, aber in lauter Reimen, und ich bin vergnügt. Ächze nur, Ach und O! reime nur Liebe und Triebe, sag meiner Gevatterin Venus nur ein einziges hübsches Wörtchen, häng' ihrem stokblinden Sohn und Erben nur einen einzigen Über-Namen an, (dem jungen Abraham Cupido, ihm der so gut schoß, als König Cophetua um ein Bettel-Mädchen seufzte11 – doch er hört nicht, er rührt sich nicht, er giebt kein Zeichen von sich; der Affe ist todt, ich muß ihn schon beschwören – So beschwör' ich dich dann bey Rosalinens schönen Augen, bey ihrer hohen Stirne, und bey ihren Purpur-Lippen, bey ihrem niedlichen Fuß, schlanken Bein, runden Knie, und bey den angrenzenden schönen Gegenden, beschwör' ich dich, daß du uns in deiner eignen Gestalt erscheinest!
Benvolio.
Wenn er dich hörte, würdest du ihn böse machen.
Mercutio. Das kan ihn nicht böse machen: Das würd' ihn böse machen, wenn ich einen Geist von irgend einer seltsamen Gestalt in seines Mädchens Circel citierte, und ihn so lange dort stehen liesse, bis sie ihn gelegt und zu Boden beschworen hätte; das wäre was, das er vielleicht übel nehmen könnte – Aber meine Citation ist ehrlich und redlich, und ich beschwör' ihn, in seiner Liebsten Namen, einzig und allein zu seinem eignen Besten.
Benvolio.
Kommt, er hat sich vermuthlich hinter diese Bäume verstekt, um keine andre Gesellschaft zu haben, als die schwermüthige Nacht; die Liebe ist blind, und schikt sich am besten in die Dunkelheit.
Mercutio. Izt wird er dir unter einem Mispeln-Baum sizen, und wünschen, daß seine Liebste von der Art von Früchten seyn möchte, welche die Mädchens Mispeln nennen, wenn sie allein zusammen schwazen – Gute Nacht, Romeo, ich will in mein Roll-Bette, ich; dieses Feld-Bette ist mir zu kalt; kommt, wollen wir gehen?
Benvolio. Es wird klüger seyn, als hier jemand zu suchen, der sich nicht finden lassen will.
Zweyte Scene
(Verwandelt sich in Capulets Garten.)
(Romeo tritt auf.)
Romeo. Der lacht über Narben, die nie keine Wunde fühlte – Aber stille! was für ein Licht bricht aus jenem Fenster hervor? Es ist der Osten, und Juliet ist die Sonne —
(Juliette erscheint oben am Fenster.)
Geh auf, schöne Sonne, und lösche diese neidische Luna aus, die schon ganz bleich und krank vor Verdruß ist, daß du, ihr Mädchen, schöner bist als sie. Sey nicht länger ihre Aufwärterin, da sie so neidisch ist; ihre Vestalen-Livree ist nur blaß und grün, und wird nur von Thörinnen getragen; wirf sie ab – Sie spricht, und sagt doch nichts; was ist das? – Ihr Auge redt, ich will ihm antworten – Wie voreilig ich bin! Sie redt nicht mit mir: Zween von den schönsten Sternen des ganzen Himmels, die anderswo Geschäfte haben, bitten ihre Augen, daß sie, indessen bis sie wiederkommen, in ihren Sphären schimmern möchten – Wie wenn ihre Augen dort wären, und jene in ihrem Kopfe? Der Glanz ihrer Wangen würde diese Sterne beschämen, wie Tag-Licht eine Lampe; ihre Augen, wenn sie am Himmel stühnden, würden einen solchen Strom von Glanz durch die Luft herabschütten, daß die Vögel zu singen anfiengen, und dächten, es sey nicht Nacht: Sieh! sie lehnt ihre Wange an ihre Hand! O daß ich ein Handschuh an dieser Hand wäre, damit ich diese Wange berühren möchte!
Juliette.
Ach! ich Unglükliche! —
Romeo. Sie redt. O, rede noch einmal, glänzender Engel! Denn so über meinem Haupt schwebend scheinst du diesen Augen so glorreich als ein geflügelter Bote des Himmels den weitofnen emporstarrenden Augen der Sterblichen, die, vor Begierde ihn anzugaffen, auf den Rüken fallen – wenn er die trägschleichenden Wolken theilend auf dem Busen der Luft in majestätischem Flug dahersegelt.
Juliette. O Romeo, Romeo – Warum bist du Romeo? – Verläugne deinen Vater und entsage deinem Namen – oder wenn du das nicht willt, so schwöre mir nur ewige Liebe und ich will keine Capulet mehr seyn.
Romeo (leise.)
Soll ich länger zuhören, oder auf dieses antworten?
Juliette. Nicht du, bloß dein Nahme ist mein Feind; du würdest du selbst seyn, wenn du gleich kein Montague wärest – Was ist Montague? – Es ist weder Hand noch Fuß, weder Arm noch Gesicht, noch irgend ein andrer Theil. Was ist ein Name; Das Ding das wir eine Rose nennen, würde unter jedem andern Namen eben so lieblich riechen. Eben so würde Romeo, wenn er schon nicht Romeo genannt würde, diese ganze reizende Vollkommenheit behalten, die ihm, unabhängig von diesem Namen, eigen ist – Romeo, gieb deinen Namen weg, und für diesen Namen, der kein Theil von dir ist, nimm mein ganzes Ich.
Romeo.
Ich nehme dich beym Wort; nenne mich nur deinen Freund, und ich will meinem Taufnamen entsagen, ich will von nun an nicht mehr Romeo seyn.
Juliette.
Wer bist du, der hier, in Nacht gehüllt, mein einsames Selbstgespräche belauscht?
Romeo.
Durch einen Namen weiß ich dir nicht zu sagen, wer ich bin; mein Name, theure Heilige, ist mir selbst verhaßt, weil er ein Feind von dir ist. Ich wollt' ihn zerreissen, wenn ich ihn geschrieben hätte.
Juliette.
So neu sie mir ist, so kenn' ich doch diese Stimme – Bist du nicht Romeo, und ein Montague?
Romeo.
Keines von beyden, schöne Heilige, wenn dir eines davon mißfällt.
Juliette. Wie kamst du hieher, sage mir das, und warum? Die Garten-Mauer ist hoch und schwer zu ersteigen, und der Ort Tod, wenn dich einer von meinen Verwandten gewahr würde.
Romeo. Mit der Liebe leichten Flügeln überflog ich diese Mauern, einen zu schwachen Wall gegen den mächtigsten Gott; was die Liebe thun kan, dazu hat sie auch den Muth; und deßwegen können deine Verwandten mich nicht abschreken.
Juliette.
Wenn sie dich sehen, so ermorden sie dich.
Romeo.
O Götter! Es ist mehr Gefahr in deinem Aug als in zwanzig ihrer Schwerdter; sieh nur du mich huldreich an, so verlache ich alles was ihr Groll gegen mich unternehmen kan.
Juliette.
Ich wollte nicht um die ganze Welt, daß sie dich hier sähen.
Romeo. Der Mantel der Nacht wird mich vor ihren Augen verbergen, und wenn nur du mich liebst, so mögen sie mich immer finden; besser daß ihr Haß mein Leben ende, als daß der Mangel deiner Liebe meinen Tod verlängre.
Juliette.
Wer gab dir Anweisung diesen Plaz zu finden?
Romeo. Die Liebe, die mich antrieb ihn zu suchen; sie lehnte mir Wiz, und ich lehnte ihr Augen – Ich bin kein Steuermann, aber wärst du so fern als jenes vom entferntesten Ocean bespülte Ufer, ich würd' um ein solches Kleinod mein Leben wagen.
Juliette. Die Maske der Nacht liegt auf meinem Gesicht, sonst würde meine glühende Wange dir zeigen, wie beschämt ich bin, daß du mich reden hörtest da ich allein zu seyn glaubte. Vergeblich würd' ich izt mich befremdet stellen wollen, vergeblich, vergeblich läugnen wollen was ich gesprochen habe – So fahre dann wohl, Verstellung! Liebst du mich? Ich weiß, du wirst sagen, ja; und ich will mit deinem Wort zufrieden seyn – wenn du schwörst, so könntest du meineydig werden; Jupiter lacht nur, sagen sie, zu den falschen Schwüren der Verliebten. O werther Romeo, sey redlich, wenn du mir sagst, du liebest mich: Oder wenn du denkst, ich lasse mich zu leicht gewinnen, so will ich sauer sehen, und verkehrt seyn, und dir nein sagen – aber anders nicht um die ganze Welt – In der That liebenswürdiger Montague, ich bin zu zärtlich; du könntest deswegen nachtheilig von meiner Aufführung denken; Aber glaube mir, edler Jüngling, du wirst mich in der Probe zuverläßiger finden, als diejenigen welche List genug haben sich zuverstellen und Umstände zu machen. Ich würde selbst mehr gemacht haben, ich muß es bekennen, wenn der Zufall dich nicht, mir unwissend, zum Zeugen meiner zärtlichen Gesinnungen gemacht hätte. Vergieb mir also, und denke, um dieser schleunigen Ergebung willen, nicht schlimmer von einer Liebe, die dir die dunkle Nacht so unverhoft entdekt hat.
Romeo. Fräulein, bey jenem himmlischen Mond schwör' ich, der alle diese frucht-vollen Wipfel mit Silber mahlt —
Juliette.
O schwöre nicht bey dem Mond, dem unbeständigen Mond, der alle Wochen in seinem cirkelnden Kreise sich ändert – oder deine Liebe könnte eben so veränderlich werden.
Romeo.
Wobey soll ich denn schwören?
Juliette. Schwöre gar nicht, oder wenn du ja willst, so schwöre bey deinem anmuthsvollen Selbst, bey dem theuren Gegenstand meiner Anbetung, und ich will dir glauben.
Romeo.
Wenn jemals meine redliche Liebe —
Juliette. Gut, schwöre nicht – So angenehm du selbst mir bist, so ist mir doch diese nächtliche Verbindung nicht angenehm; sie ist zu rasch, zu unbesonnen, zu plözlich zu ähnlich dem Bliz, der schon aufgehört hat zu seyn, eh man sagen kan, es blizt – Gute Nacht, mein Liebster. Diese Knospe von Liebe kan durch des Sommers reiffenden Athem sich zu einer schönen Blume entfalten, bis wir wieder zusammen kommen. Gute Nacht, gute Nacht – Eine so süsse Ruhe komme über dein Herz, als die, so ich in meiner Brust empfinde!
Romeo.
O, willt du mich so unbefriediget verlassen?
Juliette.
Und was für eine Befriedigung kanst du noch verlangen?
Romeo.
Die Auswechslung des Gelübds deiner treuen Liebe gegen das Meinige.
Juliette. Das that ich schon, eh du mich darum batest, und ich wollte lieber ich hätt' es nicht gethan.
Romeo.
Möchtest du dein Herz wieder zurüknehmen? Warum das, meine Liebe?
Juliette. Nur damit ich dir's noch einmal geben könnte – und doch, was wünsch' ich mir damit, als was ich schon habe? Meine Zärtlichkeit ist so grenzenlos als die See, meine Liebe so tief; je mehr ich dir gebe, je mehr ich habe, denn beyde sind unerschöpflich – Ich höre ein Getöse – Lebe wohl, mein Geliebter —
(Man ruft Julietten hinter der Scene.)
Gleich, gute Amme; lieber Romeo, sey getreu warte nur ein wenig, ich komme gleich wieder.
(Sie geht weg.)
Romeo. O, glükliche, glükliche Nacht! Ich besorge nur, weil es Nacht ist, daß alles das nur ein Traum sey; es ist zu schmeichelnd-süß um würklich zu seyn. (Juliette kommt wieder.)
Juliette. Drey Worte, liebster Romeo, und dann gute Nacht, im Ernst – Wenn die Absicht deiner Liebe rechtschaffen ist, und auf eine geheiligte Verbindung abzielet, so laß mich durch jemand, den ich morgen an dich schiken will, wissen, wann und wo du die Ceremonien verrichten lassen willst, und ich bin bereit, mein ganzes Glük zu deinen Füssen zu legen, und dir, mein Liebster, durch die ganze Welt zu folgen.
(Man ruft Julietten hinter der Scene.)
Ich komme gleich – wenn du es aber nicht wohl meynst, so bitt' ich dich —
(Man ruft wieder)
Den Augenblik – ich komme – gieb deine Bewerbung auf und überlaß mich meinem Gram – Morgen will ich schiken —
Romeo.
So möge meine Seele leben —
Juliette.
Tausendmal gute Nacht —
(Sie geht weg.)
Romeo.
Wie kann dein Wunsch erfüllt werden, da du mich verlässest? —
Schmerzen-volles Scheiden! – Liebe zu Liebe eilt so freudig wie Schulknaben von ihren Büchern – aber wenn Liebe sich von Liebe scheiden soll, da geht's der Schule zu, mit schwermüthigen Bliken —
(Er entfernt sich.)
(Juliette kommt noch einmal zurük.)
Juliette.
St! Romeo! St! – Wo nemm' ich eines Falkeniers Stimme her, um diesen Terzelot sachte wieder zurük zuloken – Ich darf nicht laut ruffen, sonst wollt ich die Höle wo Echo ligt zersprengen, und ihre helle Zunge von Wiederholung meines Romeo heiser machen.
Romeo.
Ist es meine Liebe die mir bey meinem Namen ruft? welche Musik tönt so süß als die Stimme der Geliebten durch die Nacht hin dem Liebenden tönt!
Juliette.
Romeo!
Romeo.
Meine Liebe!
Juliette.
In welcher Stunde soll ich morgen zu dir schiken?
Romeo.
Um neun Uhr.
Juliette. Ich will es nicht vergessen, es ist zwanzig Jahre bis dahin – Ich habe vergessen, warum ich dich zurükrief.
Romeo.
Laß mich hier stehen, biß es dir wieder einfällt.
Juliette. Deine Gegenwart ist mir so angenehm, daß ich vergessen werde, daß ich dich zu lange hier stehen lasse.
Romeo.
Und ich stehe so gerne hier, daß ich mich nicht erinnre eine andre Heimat zu haben als diese.
Juliette. Es ist bald Morgen – Ich wollte du wärest weg, und doch nicht weiter als der Vogel eines spielenden Mädchens, den sie ein wenig von ihrer Hand weghüpfen läßt, aber aus zärtlicher Eifersucht über seine Freyheit, wenn er sich zu weit entfernen will, den armen kleinen Gefangnen gleich wieder an einem seidnen Faden zurükzieht.
Romeo.
Ich wollt' ich wäre dein Vogel.
Juliette. Das wollt' ich auch, mein Herz, wenn ich nicht fürchtete daß ich dich gar zu tode liebkosen möchte. Gute Nacht, gute Nacht. Das Scheiden kommt mich so sauer an, daß ich so lange gute Nacht sagen werde, biß es Morgen ist.
(Sie geht weg.)
Romeo.
Schlummer ruhe auf deinen Augen, und süsser Friede in deiner Brust!
Möcht' ich der Schlaf und der Friede seyn, um so lieblich zu ruhen! —
Ich gehe nun in die Celle meines Geistlichen Vaters, ihm mein Glük zu entdeken und ihn um seinen Beystand zu bitten.
(ab.)